Moral ist das Verhalten in der Beurteilung zwischen dem Guten und Bösen der gegebenen Verhältnisse. Menschliche Geschichte entsteht nicht durch die Anwendung einer körperlichen Gewalt der Mächtigen gegen die Ohnmächtigen, sondern durch die Sinnlichkeit einer materialisierten Entwicklung (siehe Sinnbildung) und Gestaltung (siehe Institutionalisierung) des gesellschaftlichen Reichtums (siehe historischer Materialismus). An sich ist Gewalt nur ein Kult politischer Macht, die zu ihrem Selbsterhalt ihre Entwirklichung eine allgemeine Ohnmacht der Wirklichkeit ihrer Politik erzeugen muss. Denn ohne einen objektiv ausgewiesenen politischen Willen kann sie durch sich nur Gegengewalt produzieren (siehe Moralismus} und verbraucht deshalb zu ihrer Verwirklichung unendlich viel Material ihrer kulturellen Institutionen. Moral ist die Verallgemeinerung einer Güte des Sollens, das einem guten Willen im Allgemeinen nötig sei, – nicht selten der Güte einer Macht seiner Normaltität als Norm. Die Grundlage der Moral sind verallgemeinerte Wahrnehmungen einer abstrakten Allgemeinheit im Dasein zwischen den Menschen. Sie ist von da her immer auch schon eine verallgemeinerte Selbstwahrnehmung, die ihren Selbstwiderspruch in der bürgerlichen Kultur aus der Theorie christlicher und jüdischer Nächstenliebe aufheben will. "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" (Markus 12, 28b-34) formuliert somit eine allseitig und also allgemeine narzisstische Begründung einer zwischenmenschlichen Moral, die ebenso selbstbezogen wie zugleich selbstlos - im Grunde also immer verheuchelt auftritt. Sie bezieht sich auf das Verhalten von Menschen in gesellschaftlichen Verhältnissen, indem sie dieses in einen Gegensatz von ihrem Sollen und Wollen auftrennt und ihre Positionen in ihrer Gegensätzlichkeit bewertet. Das impliziert die Güte einer Beurteilung auf der einen Seite, die zugleich ihr Gegenteil als etwas Böses auf der anderen erzeugt. Weil damit also das Gute nur von einer Bosheit seiner Verhältnisse zehrt ist jede Moral immer schon eine implizite Bewertung eines negierten Verhalts eines selbstbezüglichen rechts, der Richtigkeit einer Selbstwahrnehmung, wodurch letztlich lediglich deren Selbstgerechtigkeit formuliert und bestärkt wird. Also ergeht Moral aus der Bewertung eines Verhaltens, dessen Vernunft sich durch die Verallgemeinerung ihrer Selbstbezogenheit in zwischenmenschlichen Verhältnissen wie einen urtümlichen Selbstwert behaupten und dessen ästhetische Urteilskraft durchsetzen und bewähren soll. Moral ist daher selbst schon ein Moment dieser Verallgemeinerung, durch die sie sich zugleich im Einzelnen auch allgemein bewahrheitet versteht. Von da her betreibt sie die objektive Subjektivität eines hermeneutischen Zirkels, aus dem sie sich als objektive Notwendigkeit einer subjektiven Wirklichkeit begründet wissen will. Sie wird allgemein als ein notwendiger Imperativ für menschliches Zusammenleben verstanden, als Statut einer menschlichen Vernunft, z.B. im Sinne des kategorischen Imperativs von Kant. Diese Vernunft gründet auf der Vorstellung eines allgemeinen Sollens, das für jeden Menschen gut zu sein hätte (siehe Güte). Dies unterscheidet sie von einem Begriff der Wirklichkeit, worin eine wesentliche Beziehung zu ihren Zusammenhängen und ihrer Geschichte reflektiert ist. Und durch das Wissen hierüber, wo es als Bewusstsein auftritt, lässt sich das Moralisieren auch im Begriff ihrer Wirklichkeit auch wirklich aufheben. Für die Regelungen im Alltag reichen die Gewohnheiten der bürgerlichen Verhältnisse, die Sitten und Gepflogenheiten hin, woraus das bürgerliche Recht entstanden ist. Moral meint aber nicht dies, worin die Verhältnisse so verstanden sind, wie sie herrschen, sondern etwas Übergesetzliches, das sein Urteil als Werturteil aus einer Ethik entnimmt, welche Lebenswerte aus dem bloßen Sein-Sollen einer Idealität, aus einer Ideologie des Seins formuliert. Und Moral unterscheidet sich zugleich von solcher Ethik dadurch, dass sie diese Werte nicht reflektiert, sondern schlicht behauptet, meist im Interesse einer einzelnen Anwendung, die sich als allgemein nützlich gibt oder sich auch als dieses erweist. Von daher ist Moral eine Form des Nutzens, aber hiergegen und auch gegenüber seiner Wirklichkeit im Allgemeinen gleichgültig. Sie ist letztlich lediglich ein theoretisches Verhältnis es Einzelnen zu sich selbst, das allgemeine Gültigkeit beansprucht, weil es dem Allgemeinnutzen im einzelnen entsprechen soll, ohne das Allgemeine wesentlich zu formulieren. Von daher wird das Einzelne damit einer abstrakten Allgemeinheit der Vorstellungen zum Nutzen der Gegebenheiten, zu den herrschenden Verhältnissen unterworfen. Es bleibt mit Moral der theoretische Verstand als Ur-Teil einer impliziten Selbstbewertung, die sich an anderem negativ expliziert, sich also nur in der Ablehnung wahr macht. Moral begründet sich an Abstraktionen einer rein theoretischen Position des Urteils als bloße Bewertung aus und durch sich selbst, in welcher jedes Anderssein implizit schlicht ausgeschlossen wird. Sie ist eine ausschließliche Selbstbegründung, die alles nichtig setzt, was außer ihr ist, was aber für alles auch Geltung haben soll. Sie füllt eine Leerstelle in der eigenen Position durch eine Ausgrenzung von anderem aus und begeht damit den Widerspruch, durch anderes für sich zu sein und doch gegen alles andere gleichgültig zu bleiben, weil es schon für sich gut sei. So reduziert sich Moral letztlich auf das, was sich für alle geziemen soll, was also Sitte sei, die aber zugleich lediglich als einzelnes Interesse oder aus einer Ansammlung (und nicht im Zusammenhang) von Einzelinteressen fungiert. Als Werturteil ist Moral das Gebot einer Sitte, das zu tun oder zu lassen, was ihr geboten erscheint, weil es ihre Güte ausmacht, die als die gute Form des menschlichens Lebens zu verstehen ist. Allgemein ist sie demnach kulturell begründet, auch wenn sie selbst ohne Kultur ist, sich eher geisteswissenschaftlich oder ideologisch erklären lässt. Vom ideologischen her ist Moral deren Wesensbehauptung, also die Behauptung eines idealen Lebens, welches die Menschen durch gesittetes Leben erreichen könnten. Die Geisteswissenschaften haben meist ein solches Anliegen zu ihrer Grundlage. Auch in der Politik wird Moral zur Behauptung einer übergeschichtlichen und außerpolitischen Notwendigkeit dann eingesetzt, wenn eine politisch gebotene Selbstbeherrschung mit der Begründung von Sittlichkeit abverlangt wird (siehe hierzu auch politischer Nominalismus). Im Allgemeinen wird Moral durch Ethik begründet, also durch die idell konstatierte Notwendigkeit menschlicher Lebensgrundlagen. Als solche macht Ideologie die Begründundung jeder selbständigen, also von den Lebensbedingungen der Menschen abstrahierten Rechtsform aus (z.B. absolute Freiheit und Gleichheit als Gebot des bürgerlichen Rechts, das sich vor allem dehalb nicht gebieten lässt, weil es hierfür keine Sitte gibt). Von daher entspricht die Moral immer auch einem Denken, das lediglich kategorial - also jenseits des Wirklichen - verbleibt, keine wirkliche Substanz hat. Ansonsten wäre das, was Moral beschließt, in offener Auseinandersetzung und in fortwährender Beweisnot. Dieses durch sie zu verhindern, macht sie und ihre Imperative praktisch (siehe kategorischer Imperativ). Moral bedarf daher vor allem einer substanzlosen Begrifflichkeit. Und man kann umgekehrt auch feststellen, dass substanzloses Denken wie von selbst moralisch wird. Es muss ja immer eine Güte unterstellen, die es außer ihm nicht gibt. Da Moral sich den Notwendigkeiten der Kultur verpflichtet, wie sie erscheinen, ist sie vom Theoretischen her besonders das Betätigungsfeld der Phänomenologie. Moral ist ein Gebot, nach welchem sich Menschen auf der Grundlage eines geistigen Wertmaßes, das sich aus einer gesellschaftlichen Bewertung als Maß der Güte, als Sittlichkeit des Guten, ergeben hat, und wonach man sich richten soll, um darin inbegriffen zu sein. Im Unterschied zur Sittlichkeit selbst besteht sie nicht aus Gewohnheit, sondern aus einem Wert, nach welchem ein Verhalten beurteilt und als das begriffen wird, was es für die Verhältnisse erbringt, um deren Fortbestand es ihr geht. Dieser Wert kann eine Vorstellung vom Leben oder eine Idee sein, der zu folgen in dem Kreis, wo die Moral gültig, integraler Bestandteil seines sozialen Verhältnisses ist und die als ethisch verstanden sein will, dem Erfolg des Ganzen als Welt für sich, ihrem Heil verpflichtet ist. Hinter jeder Moral steckt daher die Vorstellung von einer heilen Welt. Ganz allgemein dient die Moral dazu, die Absichten der einzelnen Mitglieder solcher Verhältnisse deren Zweck entsprechend zu befördern oder zum Wohl des Ganzen zu beschränken. Von daher richtet sie sich am allgemeinen Zweck dieses Verhältnisses aus, um ihn fortzuentwickeln und richtet die Beteiligten danach, was dem dient. Darin erscheint also alles gut, was die Ganzheit des Verhältnisses möglichst konfliktfrei und in der Verfolgung des Zwecks vernünftig gestaltet und es zugleich in der äußeren Beziehung zu anderen Verhältnissen tragfähig hält. Moral hat ihre Begründung also in der Vernunft eines Ganzen von Gegebenheiten der Verhältnisse, in ihrer Systematik, und vollzieht deren Logik als Forderung an die darin einbegriffenen Menschen. | ![]() |