"Tief neigt der bürgerliche Charakter dazu, wider bessere Einsicht am Schlechten festzuhalten; ein Grundbestand von Ideologie ist es, daß sie nie ganz geglaubt wird, von Selbstverachtung schreitet sie zur Selbstzerstörung fort. Das halbgebildete Bewußtsein beharrt auf dem ›Mir gefällt es‹, zynisch-verlegen darüber lächelnd, daß der Kulturschund eigens fabriziert wird, um den Konsumenten hinters Licht zu führen:" (Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie. Frankfurt/Main 1970, S. 349/350) "Wer hier nicht verrückt wird, der ist nicht normal." Normalität ist weder Schund noch die Angelegenheit von Kuiturbanausen, wie es Adorno verstanden wissen will. Sie ist eine zur Norm gewordenenen Anordnung oder Gewohnheit. Diese entsteht aus Wiederholungen desselben Inhalts, entweder im Zweck eines Lernprozesses oder als Mittel einer Selbstbestärkung durch die Aufhebung ihres Zweifels über eine zweifelhafte Prominenz. In deren Gewohnheiten wird die Form ihrer Beziehungen zu einem selbstverständlichen, einem sich selbst verstehenden Inhalt ihres Verhaltens (siehe hierzu auch Sitte). Gewohnheiten werden in ihrer Vergemeinschaft zu einer Normalität der Selbstwahrnehmung. Darin erzeugen sie eine subjektive Potenz einer Dichte in einer unbestimmten Menge von Menschen, die in ihrer Wirkung auf das Selbstgefühl als Masse einer unspezifischen Bestätigung einer kollektivierten Selbstbestärkung (siehe Massengefühl). In einem entsprechenden Resonanzraum potenziert sich die Entleerung der Selbstwahrnehmung durch die Überfüllung von fremdeter Eindrücklichkeit auf symbiotische Bedürfnise aus der Ohnmacht endloser Zweifel. Normalität ist das, was innerhalb einer gesellschaftlichen Norm liegt, was z.B. den allgemeinen Funktionen, Sitten und Gebräuche entspricht, was gewöhnlich ist und im Einzelnen auch als Gewohnheit gefordert wird. Die Erfordernis begründet sich aus dem Durchsatz einer reibungslosen Beziehung, die gegen die besonderen subjektiven Inhalte des menschlichen Lebens gleichgültig ist. Die Durchsetzungsfähigkeit der Normalität ist die Macht des abstrakt allgemeinen Verhaltens in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie hängt also davon ab, wieweit das Leben der Menschen formal abstrahiert, wieweit dieses also einer durchschnittlichen Bewertung unterworfen werden kann. Normalität ist der gesellschaftliche Durchschnitt einer Bewertung, also eine im Wertmaß quantifizierte Reduktion der darin definierten Qualität (z.B. Schönheit, Gesundheit, Treue, Kriminalität usw.). Normalität ist daher immer ein Wert, an dem relativiert und gemessen wird. Die macht seine Begriffsubstanz, die keinen Sinn für sich macht, zu einer absoluten Substanz, die auch keinen Snn haben muss, weil sie sich selbst nur aus einer Idealität des Gewohnten ergibt, in aller Regel eine Ideologie ist. Normal ist das Quantum des Gegebenen, in welchem es idealisiert und zugleich gewöhnlich erscheint (z.B. Gesundheit als Maß der Funktionalität eines Menschen). Normal ist, was die Menschen sein müssen, damit die Welt sein und bleiben kann, was sie ist, Fixation der Geschichte auf das Sosein des Daseins, subjektiv erfüllt von allen Notwendigkeiten der Objektivität, gebeugt im objektiven Sollen der Sache, dem Schein des Lebens, das seinen Tod nicht erkennt. | ![]() |