"Die Maskerade in der Sprache hat nur dann einen Sinn, wenn sie der unbewußte oder bewußte Ausdruck einer wirklichen Maskerade ist. In diesem Falle hat das Nützlichkeitsverhältnis einen ganz bestimmten Sinn, nämlich den, daß ich mir dadurch nütze, daß ich einem Andern Abbruch tue (exploitation de l´homme par l´homme); in diesem Falle ist ferner der Nutzen, den ich aus einem Verhältnisse ziehe, diesem Verhältnisse überhaupt fremd, wie wir oben beim Vermögen sahen, daß von jedem Vermögen ein ihm fremdes Produkt verlangt wird, eine Beziehung, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt ist - und diese ist eben die Nützlichkeitsbeziehung." (Karl Marx, MEW 3, S. 395)) Opportunismus (opportunus lat. ‚günstig', ‚geeignet') ist eine Lebenshaltung als Bestreben, in Nützlichkeitsbeziehungen (siehe Nützlichkeit) sich über die Optimierung von Nützlichkeitserwägungen schnell und bedenkenlos einer jeweils gegebenen Lage anzupassen oder einen beendeten oder mißlungenen Nutzen - eben mal pragmatisch - durch einen anderen auszutauschen. Ein Opportunist ist dem Wesen seines Erkenntnisinteresses zufolge ein Opportunist, nutzt jede günstige Gegebenheit zum eigenen Vorteil - ohne Rücksicht auf andere Betroffenheiten, Zusammenhänge und Konsequenzen (siehe hierzu auch Phänomenologie). Und er oder sie lebt davon, dass seine Geschichte auf die möglichst weitläufige Vermittlung der Gunst (siehe Nützlichkeit) seiner Gelegenheiten, damit also seiner Besitztümer (siehe auch Geldbesitz) und seiner zwischenmenschlichen Beziehungen gründet. Der fortlaufende Nutzen besteht aus einer Folge von Nützlichkeitsbeziehungen, die einen vollzogenen oder unerfüllten Nutzen durch einen besser geeigneten ersetzen (siehe auch Selbstoptimierung), um die eigenen Konkurrenz- und Konsumverhältnisse zu optimieren. Weil damit jedes Problem mit einem bestimmten Nutzen durch einen anderen ersetzt wird entsteht eine auswechselbare Prothese, durch die jede Beziehung schon ursächlich aufgehoben ist bzw. jederzeit auflösbar erscheint, weil sie immer wieder aus anderen Gründen ausgewechselt werden kann (siehe prothetische Beziehung). So erscheint das Problem durch diesen Austausch mit einem anderen durch die Nutzung eines ihm äußerlichen Mittels unendlich lösbar (siehe schlechte Unendlichkeit), so dass sie immer wieder auch beliebig, also im Nichts an Inhaltlichkeit auflösber ist (siehe Scheinwelt). Von da her ist ein darin begründetes Verhalten immer schon eine Reaktion im Rückbezug auf den Erfolg von Vorteilen, die ausschließlich für sich selbst und gleichgültig gegen alles andere auf sich bezogen und behauptet werden können (siehe auch Selbstbehauptung). Dies enthält eine aufgestaute Abstraktionskraft, die nach Macht über ihre Objekte verlangt und sich schließlich auch in Gewalt ausdrücken kann. Es war schon im Nützlichkeitsprinzip angelegt, dass es weder ein Subjekt noch ein Objekt wahrnimmt, dieses aber als eigene Bedingtheit total wahrhaben muss, um einen Nutzen überhaupt darstellen zu können. Dieses Prinzip entsteht in und durch seine zwischenmenschliche Verhältnisse als ein Antrieb, Ohnmacht zu erzeugen (siehe auch Mobbing), um hierin sozial mächtig zu sein. Und weil weder solche Macht, noch ihre Gewalt lediglich durch die Selbstgerechtigkeit ihrer Selbstbehauptungen entstanden waren, weil sie daher aus ihren Verhältnissen nicht wirklich begründet ist, kann sie auch nicht wirklich erkannt und geschichtlich begriffen werden, müssen ihre Gegner nach Augenschein, Ansinnen oder Ansehen konstruiert werden, denn in der bloßen Subjektivität der Nützlichkeiten entstehen durch deren Einverleibungen unzählige Probleme. Von daher betreibt jeder Opportunismus eine stetige Täuschung über seine Absichten, worin Subjekt und Objekt ihrer Verhältnisse willkürlich vertauscht werden. Denn die im Tausch ungelöst verbliebenen Probleme bleiben in Wirklichkeit ungelöst. Sie werden zu einem sich verstärkenden Dilemma, denn sie sind substanziell nichtig und werden nur über die Angebote und Eigenschaften einer Konsumkultur der Nützlichkeit ersetzt und durch ihre Abstraktionskraft bestärkt (siehe auch Tittytainment). Sie werden immer inniger in ihre eigene Substanz verstoßen und verlieren die ursprüngliche Vielfalt ihrer Inhalte, werden dadurch substanziell einfältiger, indem sie diese in sich vertiefen und für sich geltend machen. So ist Oppurtunismus substanziell bloßer Kulturkonsum und reaktionär, weil er schon immer Ursprung und Resultat ein und derselben Reaktion, also ein reaktionären Bewusstseins entwickelt. "Die eigentliche Wissenschaft dieser Nützlichkeitstheorie ist die Ökonomie; in den Physiokraten erhält sie ihren wahren Inhalt, da diese zuerst die Ökonomie systematisch zusammenfassen. Schon bei Helvétius und Holbach findet sich eine Idealisierung dieser Lehre, die ganz der oppositionellen Stellung der französischen Bourgeoisie vor der Revolution entspricht. Bei Holbach wird alle Betätigung der Individuen durch ihren gegenseitigen Verkehr als Nützlichkeits- und Benutzungsverhältnis dargestellt, z.B. Sprechen, Lieben etc. Die wirklichen Verhältnisse, die hier vorausgesetzt werden, sind also Sprechen, Lieben, bestimmte Betätigungen bestimmter Eigenschaften der Individuen. Diese Verhältnisse sollen nun nicht die ihnen eigentümliche Bedeutung haben, sondern der Ausdruck und die Darstellung eines dritten, ihnen untergeschobenen Verhältnisses sein, des Nützlichkeits- oder Benutzungsverhältnisses. Diese Umschreibung hört erst dann auf, sinnlos und willkürlich zu sein, sobald jene Verhältnisse den Individuen nicht ihrer selbst wegen gelten, nicht als Selbstbetätigung, sondern vielmehr als Verkleidungen keineswegs der Kategorie Benutzung, sondern eines wirklichen dritten Zwecks und Verhältnisses, welches Nützlichkeitsverhältnis heißt.(MEW 3, S.394) Opportunismus ist ein Gelegenheitsdiebstahl, entnimmt den Momenten des Lebens alles, was darin anzueignen< ist, ganz gleich in welcher Beziehung hierauf er existiert. Es muss ledigliech der Selbstbeziehung dienen oder auch nur einam Geltungsstreben Folge leisten, um seinen Selbstwert zu bestärken oder auch nur seine Wahrnehmungsidentität zu flicken (siehe hierzu auch Selbstbewusstsein). Den Opportunisten interessiert daher nicht der Ursprünge seiner Geschichte und deren jeweilige Bedingungen ihrer Erzeugung und Gestaltung. sondern allein die bloße Teilhabe am Konsum ihres Nutzens, wie der ihm von einer Konsumgesellschaft als Kulturkonsum einer Ereinisproduktion geboten wird. Der Opportunist erlebt alles in den Echoräumen seiner Selbstwahrnehmungen (siehe hermeneutischer Zirkel), die sich ihrer sinnlichen Gegenwärtigkeit entledigen müssen. Es treibt ihn (siehe Trieb), den Nutzen seiner Beziehungen gegen ihren Sinn anzueignen, ihn dann auch im fiktiven Heil eines Gemeinwesen zu entdecken, das gegen die Wirklichkeit ihrer Egozentrik für eine höhere, weil verallgemeinerte Form der Selbstbezogenheit gehalten wird. Die gilt es aus dem Unheil ihrer Gegenwart zu retten, als ein verinnerlichtes Gemeinwesen vor allem um ihren Narzissmus zu bestärken, der in solcher Allgemeinheit zu ihrer persönliche Autorität werden will (siehe autoritärer Charakter). Und wie solche Selbstbeziehung den Gegebenheiten einer heilen Welt entnommen und ästhetisch verselbständigt werden kann ist in diesem "hohen Sinn" dann lediglich eine Frage ihrer Verkleidung, ihrer Camouflage. Aber auch die verbirgt und enthält zugleich vor allem die Angst des Narzissten in seinem egozentrischen Bewusstseins, die durch Menschen ausgelöst wird, die selbständig denken können. Weil die Gedanken frei sind, werden sie in der mühsamen Selbstveredelung der autoritären Charaktere gefürchtet und können hiergegen nur im Verhältnis der Selbstbehauptungen wahrgenommen und bekämpft werden, denn sie bedrohen deren fiktive Gemeinde und stellen von daher ihre Selbstbeziehung, ihre Gemeinschaft mit sich selbst infrage. Und weil damit die mühsam errichtete Ordnung eines "inneren Gemeinwesens" dieser Charaktere in ihrer Wirkungsweise bedroht ist, stellen Menschen, die hiervon frei sind und frei denken können, eine Identitätsbedrohung dar. Von daher ist reaktionäres Bewusstsein kein wirkliches Bewusstsein, sondern eine Fixation an bekannte Gegebenheiten des Lebens, die in ihrer heilen Welt so wundervoll geborgen waren (siehe auch Lebensbergung). |
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