"Wäre die Vernunft der Maßstab des Positiven, so wäre das Positive nicht der Maßstab der Vernunft. "Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode!" Hugo entheiligt daher alles, was dem rechtlichen, dem sittlichen, dem politischen Menschen heilig ist, aber er zerschlägt diese Heiligen nur, um ihnen den historischen Reliquiendienst erweisen zu können, er schändet sie vor den Augen der Vernunft, um sie hinterher zu Ehren zu bringen vor den Augen der Historie, zugleich aber auch, um die historischen Augen zu Ehren zu bringen." ((Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 78) Was einen positiven Wert darstellt hat diesen durch eine Nichtung erfahren, aus einer Not, die man nicht wenden konnte (siehe Notwendigkeit). Die bürgerlichen Wissenschaften zeigen ihren Anteil hieran, indem ihre Erklärungen in einem Hermeneutischen Zirkel verlaufen, durch ihre Positionen der Negation entgegen gearbeitet werden soll, um ihr Verhältnis hierzu zu verstetigen, sich selbst durch ihre Theorien gegen ihre profane Bedingtheit zu behaupten (siehe hierzu auch Positivismus), sich und ihre Welt zu verewigen, weil sie ihre eigenen Verhältnisse nicht wirklich aufheben können ohne sich selbst aufzuheben (siehe hierzu auch kritische Theorie). Wenn man nicht weiter weiß, dann kann man sich nur in der Bewertung unterscheiden. Und so hören wir zunehmend auch von den Politikern bei der Einschätzung unserer Wirtschaftssituation, dass es besser sei, von einer positen Einstellung auszugehen, als von einer negativen. So erscheint dann auch immer gleich das berühmte Glas, für das es angeblich ein Unterschied sei, ob man es als halbleer oder halbvoll ansehe, wenn denn sein Flüssigkeitspegel in der Mitte ist. Die Sprache liese im Zusammenhang des Sprechens nicht zu, sich hierbei frei zu sehen: Vom Standpunkt des Trinkens ist ein Glas z.B. immer halb leer und vom Standpunkt des Einschenkens immer halb voll. Aber sieht man von all dem ab, abstrahiert man also von allen Zusammenhängen, dann kann man dies auf ein Fakt reduzieren, das sich wie ein physikalisches Objekt genausogut halbleer wie halbvoll bezeichnen lässt. Das hat wenig mit Denken, dem Entwickleln von Gedanken, zu tun. Aber wenn man von einem halbvollen Glas spricht, so kennzeichnet dies das positive Denken. Und dieses verleihe Kraft und Energie, heißt es. Es eröffne Welten, die durch Zweifel, Kritik und Infragestellung verborgen blieben. Wer nie durch Auflösung von Zweifel, durch Kritik, d.h. Selbstunterscheidung, oder Gedanken, welche aus gegebenen Widersprüchlichkeiten über diese hinausgreifen, Kraft gefunden hat, mag so etwas glauben. Für ihn ist das positive Denken der Kick zu einer Lebensaktivität, die er für sich sonst nicht hätte und die vor allem die Lähmungen der Gedankenlosigkeit zumindest in ihm selbst auflöst. Er muss sich hierzu lediglich über die Bedingungen seines gegenständlichen Lebens erheben. Das Positive Denken bezieht sich auf subjektive Wertschätzung und sieht sich darin bestätigt, dass durch Beseitigung negativer Wertschätzungen tasächlich Bewegungen entstehen, die ohne diese nicht wären. Positiv sind diese Bewegungen allerdings nur, wo die Negation keinen Sinn hat, wo sie keiner Wahrnehmung mehr entspricht. Positives Denken will sich hiergegen wahrmachen. Da es ausdrücklich darauf verzichtet, was es wahrhat, verlangt es dessen Entwirklichung, die Selbstaufgabe der Erkenntnis hiervon, ist notwendig gleichgültig hierfür. Es behauptet einfach die Güte der Tat, die sich aus der reinen Vorstellung von sich und von anderen durch sich selbst schon ergibt. Insofern ist Positives Denken der Inbegriff jeder bürgerlichen Ideologie, nämlich die Abstraktion von der Wirklichkeit eines Begriffs, seine reine Vorstellung von dem, was das Gemeinte eigentlich sein sollte, seine Teleologie. Positives Denken war schon immer das Streben bürgerlichen Denkens und Bewusstseins, das darauf gründet, dass es sich voraussetzungslos versteht, dass es Geschichte überhaupt nur in einer Ontologie des Werdens ansieht und also die Welt ihm so ist, wie sie ihm erscheint. In dieser Selbständigkeit als Vorstellung der guten Tat entwickelt es sich allerdings vor allem in den Menschen über jede gesellschaftliche Wirklichkeit hinaus. Es setzt somit voraus, dass sich Menschen auch frei von ihrer gesellschaftlichen Tätigkeit verstehen können und dass sie ihre eigene Tätigkeit gesellschaftslos ansehen können, z.B. als freie Aktivität als Mensch unter Menschen (siehe Zwischenmenschlichkeit), wie das in Dienstleistungsgesellschaften möglich ist. Hierdurch ist selbst die Bindung an den Status des Besitzes aufgehoben, also reiner Geldbesitz als allgemeine Lebensgrundlage vorausgesetzt. Von daher ist das Positive Denken die Höchstform des bürgerlichen Bewusstseins, das lediglich als Vorstellung von sich zu sich kommt und im guten Glauben an die Macht der Güte, die eigene Überzeugung hierdurch gewinnt, sich entfaltet. Von daher ist es der ideologische Kern des Neoliberalismus. Solcher Glaube stellt sich allerdings notwendig gegen den Unglauben des Negativen; und das sind alle, die ihm nicht folgen können oder wollen. Das positive Denken enthält implizit eine Lebensangst vor allen Andersgläubigen und muss sich früher oder später hiergegen rüsten. Für eine Lebensvorstellung, die keinen Zweifel zulassen kann, ist jede andere Lebensvorstellung einfach nur gefährlich. Das ist die geistige Grundlage von großen Sorgen (siehe Untergangstheorien), wie sie z.B. in Huntingtons Theorie vom "Kampf der Kulturen" verbreitet wurden. Und dieses gilt als einer der ideologischen Pfeiler für die "Weltordnungskriege" der USA.
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