"Das Bewußtsein kann nie etwas andres sein als das bewußte Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß." (Marx-Engels-Werke Bd.3, S. 26) Poststrukturalismus ist ein Sammelbegriff für Theorien einer postmodernen Weltanschauung, die sich aus dem Strukturalismus gegen dessen Objektivismus herausgebildet haben. Er bezeichnet weder eine bestimmte Wissenschaft, noch die bestimmte Methode einer Erkenntnistheorie noch ein gegenständlich vermitteltes Wesen als Gegenstand von Wissenschaft. Wesentlich für eine poststrukturalistischen Lebenshaltung ist das Insistieren auf einer Inhaltlichkeit ihrer Verhältnisse gegen die Formen ihrer Gewalt, gegen die Existenz ihrer verselbständigten Form durch die Gewalt ihrer Formation. Wesentlich ist daher die Abweisung einer ganzheitlichen gesellschaftlichen Struktur, die Reduktion wissenschaftlicher Beweisführung auf deren Bezeichnungen (siehe hierzu auch Nominalismus), auf ihre sprachlichen Beziehungen als Erzählung ihrer für wahr genommenen Geschichte, einer Genealogie, die nur persönlich bekannte Inhalte darstellen kann und deren gesellschaftliche Formbestimmungen zu ignorieren versteht. „Indem man die gesellschaftlichen Charaktere, welche Sachen, oder die sachlichen Charaktere, welche gesellschaftliche Bestimmungen der Arbeit auf Grundlage einer bestimmten Produktionsweise erhalten, für bloße Zeichen [erklärt], erklärt man sie zugleich für willkürliches Reflexionsprodukt der Menschen." (K. Marx, MEW 23, S. 105) Das Insistieren auf die bloßen Inhalte befolgt einem hermeneutischen Zirkel und leugnet die wesentichen, die substanziellen Gründe der Formverwandlungen und Verkehrungen seiner Existenz und reduziert sie auf eine relativ beliebige subjektive Beziehung von Ursache und Wirkung in der vor allem die Bosheit ihrer Subjekte für wahr genommen wird (siehe Wahrnehmung). Doch ohne deren wirkliche Erkundung, ohne deren Ursachen auf ihren Sinn und Zweck zu hinterfragen, überlässt sich solches Weltverständnis den substanzellen Machtverhältnissen von Grund und Folge, das sich der objektiven Abstraktionskraft ihrer Verhältnisse letztlich ohnmächtig überantworten muss. Weil diese Verhältnisse im Jenseits ihrer wirklichen Beziehungen nur in ihren Existenzformen für wahr genommen werden, weil ihr wirklicher Betrieb, ihr Antrieb und Trieb nicht erkannt und wie eine subjektive Gegebenheit reflektiert und also nicht durchschaut wird, reduziert sich deren Widerspruch auf rein persönliche Konfrontation und bestärkt durch ihren Agnostizismus de facto deren Antriebe (siehe hierzu auch Neoliberalismus). Dem Sophismus des Poststrukturalismus ist alles gleichermaßen in sich schon aufgelöste Struktur als Moment einer inhaltlichen Konfrontation, worin die bloße Mitteilung als Ausdruck einer bloßen Geschichte verbleibt, die sich als genealogische Erzählung wie eine Archäologie ihres Werdens vermitteln ließe, sodass ihr einziger Grund in ihrem "Narrativ" zu finden sei, das ihren Gestalten und Lebensformen schon vor aller Erfahrung zugrunde gelegen habe. Solche Erzählungen haben keine Beweisführung nötig, weil die Geschichte schon für sich selbst sprechen würde und daher unbestreitbar sei, wenn sie nur hinreichens erkundet ist (vergleiche die wissenschaftliche Archäologie bei Foucault). Poststrukturalismus ist daher eher eine positivistische Glaubensangelegenheit aus subjektiv begründeten Geschichten vergangener Selbstbegründunng und will sich vor allem als Kritik fester Begriffszuweisungen begründen und verhalten. Poststrukturalismus bestreitet jegliche Wesenhaftigkeit und also auch die Dialektik eines alllgemein entäiußerten Wesens der Wirklichkeit (siehe Entfremdung) und stellt stattdessen die Moral einer Bewertung dar, die allerdings nicht nur durch urteilende Subjekte einer historischen Moralität, sondern durch sich selbst in ihrer objektiven Gegebenheit erkennbar sein würde. Vom Poststrukturalismus wird aber zugleich ein vorausgesetztes gegenständliches Sein einer Natur bestritten. Sein sei bloße Existenz des Seienden, wie sie Heideggers Fundamentalontologie durch die Existenzialien im "Sinn des Seins" absolut objektiv beschrieben haben will. Und so wird dieses als objektives Subjekt (siehe auch objektiver Subjektivismus) selbst mit dem Bewusstsein in einer exitstenziellen Einheit identifiziert (siehe hierzu auch Existenzwert). Dies wird so auch vom "Philolex" wahrgenommen: "Der Poststrukturalismus - auch Neostrukturalismus oder Dekonstruktivismus - entstand in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Frankreich aus dem Bestreben der Überwindung bzw. der modifizierten Weiterentwicklung des ebenfalls in Frankreich entstandenen und dort einflussreichen Strukturalismus. ... Alle Richtungen des Poststrukturalismus betreiben eine rigorose Semiotisierung der Welt und der Wissenschaft, anders ausgedrückt, die Wirklichkeit erschöpft sich für sie in Zeichen und Zeichensystemen." (Philolex) Das darin betriebene Erkenntnisinteresse bezieht sich auf ein Bewusstsein, das von jeder Substanz - und also von einem wirklichen Sein, einer Wirklichkeit seiner Inhalte - absieht, eine Absicht gegen sie verfolgt und von daher selbst phänomenologisch als Dasein im Sinne von Martin Heidegger begriffen wird und über die Sprache, über die gesellschaftlichen Diskurse dessen Realität nicht nur abgebildet, sondern auch hergestellt werden soll. Poststrukturalismus ist im Grunde die Metaphysik einer allgemeinen Nützlichkeit der Kommunikation, wodurch ein sinnentleertes Dasein mit abstrakten Gemeinsinnigkeiten zu maskieren und zu füllen ist (siehe hierzu auch Dekonstruktivismus). "Die Maskerade in der Sprache hat nur dann einen Sinn, wenn sie der unbewußte oder bewußte Ausdruck einer wirklichen Maskerade ist. In diesem Falle hat das Nützlichkeitsverhältnis einen ganz bestimmten Sinn, nämlich den, daß ich mir dadurch nütze, daß ich einem Andern Abbruch tue (exploitation de l´homme par l´homme ); in diesem Falle ist ferner der Nutzen, den ich aus einem Verhältnisse ziehe, diesem Verhältnisse überhaupt fremd, wie wir oben beim Vermögen sahen, daß von jedem Vermögen ein ihm fremdes Produkt verlangt wird, eine Beziehung, die durch die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt ist - und diese ist eben die Nützlichkeitsbeziehung. Dies Alles ist wirklich bei dem Bourgeois der Fall. Ihm gilt nur ein Verhältnis um seiner selbst willen, das Exploitationsverhältnis; alle andern Verhältnisse gelten ihm nur so weit, als er sie unter dies eine Verhältnis subsumieren kann, und selbst wo ihm Verhältnisse vorkommen, die sich dem Exploitationsverhältnis nicht direkt unterordnen lassen, subordiniert er sie ihm wenigstens in der Illusion. Der materielle Ausdruck dieses Nutzens ist das Geld, der Repräsentant der Werte aller Dinge, Menschen und gesellschaftlichen Verhältnisse." (MEW 3, S. 394). Poststrukturalismus geht auf eine Lebenshaltung von Friedrich Nietzsche und von Martin Heidegger zurück und bricht mit dem dogmatischen Kunst- und Wissenschaftsverständnis der Moderne. Er entzieht sich der wissenschaftlichen Begrifflichkeit wesentlicher Zusammenhänge, den "Großtheorien" einer weltweiten philosophisch begründeten Systematik im Sinne der Kritik einer allgemeinen Ontologie eines deterministischen Denkens und begründet sich aus einer eher phänomenologischen Erkenntnismethode und Theorie, die vor allem die Missverständnisse kritischer Wissenschaftstheorie (siehe hierzu z.B. den dialektischen Materialismus) ablegen wollen - ohne sie aufzuheben oder sich damit wirklich auseinanderzusetzen. Tatsächlich war ja auch im bisherigen Marxismus das Verhältnis von Kultur und Ökonomie, von Sinn und Nutzen der gesellschaftlichen Produkte nicht hinreichend deutlich durchdacht, sodass auch deren Getrenntheit undenkbar geblieben war. Das war wohl einer der Gründe, warum die Kritik der politischen Ökonomie rückbezüglich über eine Kritik der Aufklärung (siehe auch Adorno und Horckheimer: "Dialektik der Aufklärung") philosophisch neu überdacht werden sollte. Dabei stand die Kritik einer instrumentellen Vernunft im Vordergrund, die auch in vielen strukturalistisch rezipierten Begriffen der marxististischer Theorien in der Arbeiterbewegung und einer strukturalistischen Lesart des Kapitals verankert war (Siehe hierzu auch "Über zwei Lesarten des Kapitals von Karl Marx"). Für den Poststrukturalismus ist Strukturalismus Ausgangs- als auch Angriffspunkt. Die im Strukturalismus formulierte Idee, dass Sinn als bloßer Effekt der Struktur zu verstehen sei, wird allerdings auch im Poststrukturalismus weitergeführt. Die von dem Linguisten Ferdinand de Saussure entwickelte Lehre der Semiologie gilt als eine wesentliche Grundlage des Strukturalismus. Semiologie als Zeichentheorie untersucht die Herstellung von Bedeutungen wie auch deren Vermittlung über Zeichen. Eine Bedeutung kann nach Saussure nur über Zeichen und zugleich nur in einem System von Zeichen vermittelt werden. Dabei besteht jedes Zeichen aus einer untrennbaren Verbindung von zwei Elementen, die bei jeder Äußerung zitiert werden: einem Signifikanten (durch das Laut- und Schriftbild bezeichnet) und dem Signifikaten (Vorstellung/Idee, die über das Bezeichnende repräsentiert wird). Das Verhältnis zwischen Signifikat und Signifikant ist beliebig, d.h. es gibt in der poststruktaristischen Gedankenwelt keine natürliche oder außersprachliche Begründung ihrer Beziehung. Die Bedeutung eines Zeichens ergibt sich aus der Einbindung der Wahrnehmung in ein komplexes und relational organisiertes "Zeichengewebe" der Sprache, in dem das Zeichen seine Bedeutung über die Differenz erhält, die es zu anderen Zeichen aufweist. Das heißt, kein Zeichen hat eine Identität an sich, kein Eigenschaft, sondern erhält diese immer erst über ein pragmatisches Verhältnis zu anderen Zeichen. Da Wissenschaft sich in Einzelheiten bewegt und ihren allgemeinen Zusammenhang als bloße Behauptung aus verallgemeinerten Wahrnehmungen in ihrer konkreten Lebenswelt bezieht, benötigt sie keine Beweisführung und wird auf diese Weise einfach und populär: Da die Welt nicht wie etwas physisch Ganzes vollends erfasst und erklärt werden könne, sei "das Gebälk der Begriffe" (Nietzsche) überkommen und "die Frage nach dem Sinn des Seins" (Heidegger) nur durch Annäherung an ihre "Existenzialien" durch ein Bewusstsein zu erkunden, das sich von ihrem Dasein nicht unterscheiden lässt, letztlich also nur Sprache ist. Von daher bezweifeln poststrukturalistische Ansätze die Annahme eines gewissen, gegenwärtigen und natürlichen Sinns (siehe hierzu sinnliche Gewissheit) in der Entstehung von Strukturen. Strukturen werden nicht als geschlossene (und oft auch verschlossene) Formen angesehen worin sie dann auch kritisierbar und durch bewusste Inhalte veränderbar wären, sondern als schlechthin immer auch auflösbar, eigentlich unbegründet und im Bezug auf ihre Entstehung und Geschichte beliebig, also nach Belieben - und vor allem einfach "spontan" - aufzuheben. Was wie ein in sich geschlöossener Gedanke daherkommt, steht allerdings für eine umfassende Relativierung des Denkens überhaupt und hat es auf eine Pluralisierung von Denkstilen und Formen reduziert, die ihre "Wahrheit" schon alleine durch ihre praktische Wirkung, durch deren Funktionieren belegen können sollen. Von daher war der Poststrukturalismus zu einem Gedankenspiel der Postmodernen geraten, der sich mit den politischen Gewohnheiten des Pluralismus als ein gesellschaftliches Entwicklungsmodell herausputzte und dessen Konstruktivismus zugleich mit positivistischer Kritik überzog und zu einem verallgemeinerten Relativismus auflöste (siehe hierzu auch Sophismus), die sich damit immerhin in einer guten Anschaulichkeit darzustellen versteht, die sich in jede Verhältnismäßigkeit eingliedert und mit der Wahrnehmung ihrer Gegegebenheiten wird auf ihre sprachliche Fom reduziert und hat sich in deier auch selbst durch ihren Pragmatismus schon mehr oder weniger kritisch in die Widersprüche der Gegebenheiten eingelassen und also auch eingewöhnt. Poststrukturalismus bestreitet die logische Beziehung von Antagonismen und deren materielle Negativität überhaupt, wie sie als vermeintliche Verhältnisse in der marxistischen Dialektik missverstanden wurden. Er ersetzt diese durch die Erzählform einer prozesshaften Genenealogie, wodurch alle Verhältnisse nicht mehr als Erscheinungsform eines ihnen entfremdeten, eines äußerlichen und entäußeren Wesens, sondern als Dispositionen, als positive Formulierungen einer unmittelbaren Gegenwärtigkeit unhinterfragbarer Beziehungen hergenommen werden. Die stellen ihre Geschichte nicht als Sinn aus ihrer Erzeugung dar, sondern als positive Fragmente, die als Positionen im mehr oder weniger beliebigen Dasein von Ereignissen gültig sein sollen. Sie existieren deshalb auch schon in der Sprache und den Diskursen, die zugleich Grund wie Folge ihres Daseins sein sollen. Von daher versammelt der Poststrukturalismus die Momente einer neoliberal behaupteten Voraussetzungslosigkeit der Lebensbedingungen. Von daher ist diese Ideologie auch in den Systemtheorien mit den Aufgabenstellungen der Globalisierung von fiktivem Kapital zu einer wissenschaftlichen Mode geworden, die keine wesentlichen Erkenntnisse nötig hat und sich letztlich im Funktionalismus ihrer spontanen Anwendbarkeit genügt. Wirklichkeit wird als Gegenstand ihres Wissens mit sich identisch und äußerlich wahrgenommen und somit selbst schon vor aller Erkenntnis entgegenständlicht. "Und weil das Denken sich einbildet, unmittelbar das andre seiner selbst zu sein, sinnliche Wirklichkeit, also ihm seine Aktion auch für sinnliche wirkliche Aktion gilt, so glaubt dies denkende Aufheben, welches seinen Gegenstand in der Wirklichkeit stehnläßt, ihn wirklich überwunden zu haben und andrerseits, weil er ihm nun als Gedankenmoment geworden ist, darum gilt er ihm auch in seinen Wirklichkeit als Selbstbestätigung seiner selbst, des Selbstbewußtseins, der Abstraktion." (MEW 40, Seite 581f) Von einer Postmoderne war erstmals 1979 die Rede durch den französischen Philosophen Jean-François Lyotard (1924-1998) als "La condition post-moderne". Er bezeichnet keine zeitlich eingrenzbare Epoche, sondern ist ein Sammelbegriff für eine Kritik der rationalen Moderne, welche die Vernunft im Sinne der Aufklärung (nach Immanuel Kant) zum Maßstab kultureller und wissenschaftlicher Urteile gemacht hatte. Es sollte damit das Vertrauen auf den allgemeinen Fortschritt, auf wissenschaftlich-technische, politische und ökonomische Großprojekte, auf universalistische Erklärungsmuster und Theorieentwürfe aufgelöst und die Ansprüche so genannter "Großtheorien" abwiesen werden. Die Rede war vom Ende der "großen Entwürfe" bzw. der "großen Erzählungen" in Philosophie, Kunst-, Sozial- und Geschichtswissenschaften. "Auf keinem Gebiete die Substanz voraussetzen ... heißt: kein vom Denken unterschiedenes Sein, keine von der geistigen Spontaneität unterschiedene Naturenergie, keine vom Verstand unterschiedene menschliche Wesenskraft, kein von der Tätigkeit unterschiedenes Leiden." (Karl Marx, MEW Bd. 2, S. 150) Das poststrukturelle Denken wurde allerdings durch seinen Pragmatismus schnell sehr beliebig und zerging im Relativismus seiner moralischen und ethischen Geltungsansprüche, die sich einem Realismus der Einzelheiten ausliefert, der sich den Problemen der Vereinzelung der Menschen und ihrer gesellschaftlichen Geschichte unkritisch entzog. Doch die Postmoderne endete selbst in einer "Großtheorie" indem sie zu einem Erklärungsmuster neoliberaler Ideologie wurde, mit der sich der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama (in "The End of History and the Last Man", 1992) zu der Aussage hinreißen ließ, es sei mit der globalen Entwicklung des Kapitals als Weltgeld der Finanzmärkte endlich durch dessen angebliche Widerspruchsfreiheit als fiktives Kapital - frei nach Hegel - ein "Ende der Geschichte" erreicht. Er wollte damit den angehenden Feudalkapitalismus als eine Epoche der Ewigkeit ankündigen. Von daher lässt sich im poststrukturellen Denken auch kaum eine politische Konsequenz ableiten, sodass dessen sich kritisch gebendes Erkenntnisinteresse letztlich als Ideologie einer positivistischen Antidialektik verbleibt, die den wissenschaftlichen Beschreibungen und "Erzählungen" eine Genealogie hinzufügt, die in der Entstehungsgeschichte der so genannten Realitäten mehr oder weniger vergeblich ihren positiven Inhalt als die ursprüngliche Wahrheit ihrer Aussagen zu belegen versucht, ohne hierfür einen bestimmten Gegenstand zu reflektieren und zu analysieren. Unter der Postmoderne wird der Zeitgeist des Postfordismus einer "nachindustriellen Zeitepoche" zusammengefasst, in welche besonders die Entwicklung der Globalisierung des Kapitals fällt. Mit der Ausweitung der Finanzmärkte über die Nationalstaaten hinweg wurde die Realwirtschaft zunehmend dem Finanzkapital unterworfen und die große Industrie in den Hintergrund der Kapitalmacht gedrängt. Vor allem wurde auf den Weltmärkten der Finanzen eine "neue Kraft des Kapitals" entdeckt und ideologisch (z.B. im Neoliberalismus) und kulturell dadurch wirksam gemacht, dass sie als Ende der Geschichte und daher als alternativlos behauptet wurde. Das Kapital erfuhr durch die Konzentration auf den Warenabsatz, also auf Konsum, eine ungeheuerliche Subjektivierung der Wertproduktion in den Bedürfnissen der Menschen selbst (siehe Tittytainment), die auch ideologisch zur Abkehr von allen Objektivierungsversuchen führte (siehe Konstruktivismus und Dekonstruktivismus). Im Einklang mit der Kapitalentwicklung sprach man daher auch vom Ende jeder großen Systematik in den Wissenschaften. Eine diesbezügliche Wahrheitsfindung gebe es demzufolge auch nicht mehr. Als Zeitgeist wendet sich postmodernes Denken gegen den Autoritatismus von objektivem Systemen, gegen Prinzipien der Vernunft, der Ideale oder der Geschichtsdetermination. Aus einem quasi antiautoritären Bestreben lehnt sie jede Totalität wegen ihrem Anreiz zur Totalisierung ab und kehrt das Kreative als Subjekt der menschlichen Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung hervor. Um Geschichte oder Innovation geht es hier nicht mehr - und auch nicht mehr um Wahrheit. Die Postmoderne bewegt sich zwischen Konstruktivismus und Dekonstruktivismus in einer objektiv "stehenden Geschichtsphase", die keine Phase einer historischen Dialektik mehr, sondern abgeschlossene Geschichte sein soll. Es gilt jegliche Identität als instabil und durch viele, teils disparate, kulturelle Faktoren geprägt. Die Welt wird nicht auf ein Fortschrittsziel hin betrachtet, sondern vielmehr als pluralistisch, zufällig, chaotisch und in ihren hinfälligen Momenten angesehen, die lediglich durch ihre Funktionalität einen objektiven Zusammenhang als allgemein gesellschaftliche Struktur, als rein formelle Systematik verwirklichen. Ihre substanzielle Bedingung wird mit ihrer bloß sachlichen Natur identifiziert und somit die Gestaltungsmacht des Menschen (siehe Naturmacht) von ihrer durch ihre Geschichte entwickelte Kultur abgetrennt. Jeglicher Humanismus wird dem wissenschaftlichen Denken - wie schon mit dem Erkenntnisinteresse der Phänomenologie (siehe auch Fundamentalontologie) - entzogen und den Wissenschaften die Funktionalität einer gesellschaftlichen Systematik - und das kann von daher auch nur die Systematik des Kapitals sein - als Gegenstand ihrer Funktionalität, als ihre Funktion in der Ausführung ihrer Systemtheorie überlassen. Prägend für den Begriff war Jean-François Lyotards Bericht "Das postmoderne Wissen", in welchem er die philosophischen Systeme der Moderne für gescheitert erklärt. Sie hätten aus Fortschrittsglauben Entwicklungsziele ausgemacht und damit eine Ausgrenzung des Heterogenen betrieben, es aus den gegenwärtigen Potenzialen der sozialen Wirklichkeit ausgegrenzt. Von daher war Philosophie als Systematik des Denkens angegriffen und zu einer Metaerzählung herunter gebrochen, einem Deutungsversuch des Gegebenen. Dienten in der Moderne die Metaerzählungen noch dazu, gesellschaftliche Institutionen, politische Praktiken, Ethik und Denkweisen zu legitimieren, so ging in der Postmoderne dieser Konsens verloren und löst sich auf in eine Vielzahl von nicht miteinander zu vereinbarenden Wahrheits- und Gerechtigkeitsbegriffen. Umberto Eco sah durch den Begriff der Postmoderne lediglich das Bedürfnis nach einem allgemeinen künstlerischen Streben formuliert, wie es z.B. auch von Beys verstanden wurde. Der Anspruch der Postmoderne auf die Befreiung von belastender Systematik und Totalität wurde im Streit um Francis Fukuyamas These vom Ende der Geschichte fragwürdig, erwies sich darin doch eine ungeheure Anpassung an die Globalisierung des Kapitalismus, der gerade durch die Totalisierung des Geldsystems auch wirklich in der Lage war, jede menschliche Entwicklung zu kassieren und für sich in Geldwert aufzulösen. Der Antitotalitarismus zeigte in der Verwirklichung des Neoliberalismus seinen versteckten Totalitarismus, indem er lediglich eine Systematik im Denken bestritt, weil sie sich in der Wirklichkeit wie von selbst ereignete. Postmodernes denken erwies sich als eine bloße Totalisierung des Pragmatismus, der sich mit Leichtigkeit in den Positivismus poststrukturalistischer Denkanstöße eingliedern ließ.
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