"Eine Psychologie, für welche dies Buch (der vergegenständlichen Wesenskräfte des Menschen), also gerade der sinnlich gegenwärtigste, zugänglichste Teil der Geschichte zugeschlagen ist, kann nicht zur wirklich inhaltvollen und reellen Wissenschaft werden. Was soll man überhaupt von einer Wissenschaft denken, die von diesem großen Teil der menschlichen Arbeit vornehm abstrahiert und nicht in sich selbst ihre Unvollständigkeit fühlt, solange ein so ausgebreiteter Reichtum des menschlichen Wirkens ihr nichts sagt, als etwa, was man in einem Wort sagen kann: "Bedürfnis", "gemeines Bedürfnis"?" (MEW 40, S. 543). Die Psychoanalyse geht davon aus, dass die Menschen ihren Frieden in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen dadurch finden, dass sie an einander die Nöte ihrer körperlichen Existenz durch Befriedigungserlebnisse in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen finden, dass sie sich wechselseitig als Objekte ihrer Bedürfnisse besetzen und besitzen. Sie gelten sich von daher als Objekte ihrer an und für sich natürlich zu verstehenden Triebe und sind dadurch aufeinander verwiesen, dass sie einander als Objekte ihrer Lust hernehmen, jeden als Objekt eines natürlich bestimmten Nutzens verwenden (siehe hierzu Lustprinzip), einen natürlichen Anspruch durch ihre "Objektbesetzungen" schon von Anfang ihres individuellen Lebens an erfüllen und verwirklichen müssen. Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen gründen also nicht darauf, dass sie durch ihre körperliche Natur in ihrer Gesellschaft verbunden sind, sich selbst nicht nur als Material ihres Lebens (siehe Zwischenmenschlichkeit) erleben, sondern selbst als gesellschaftliche Subjekte ihres vereinzelten Lebens als dessen Objekte, also objektiv mit einander verkehren und sich selbst als Subjekte ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen objektiv verkehren. Nach dem Verständnis der Psychoanalyse nehmen sie einander als bloße Objekte einer natürlichen Lebensnot, in der Notwendigkeit ihres isolierten Lebens wahr, um ihre naturnotwendigen Bedürfnisse als ein ihrem Leben schon vorausgesetztes Verlangen ihrer Triebe zu befriedigen. So gelten ihre zwischenmenschlichen Verhältnisse schon vor aller Erfahrung als Verhältnisse ihrer Natur, sich als subjektive Objekte ihres an und für sich natürlichen Daseins. Indem sie sich in diesem Dualismus gegenseitig durch die wechselseitige Inbesitznahme ihrer Lebenskräfte hernehmen, bilden sie über die "Erinnerungsbilder" ihrer durch die Subjektivität objektivierter Triebbefriedigungen ihre Psyche im Allgemeinen zwischen einem Lustprinzip und seinem Gegenspieler, dem Realitätsprinzip zu ihrer individuellen Psyche aus. Alle psychischen Konflikte (siehe auch psychische Krankheit) und Gebrechen versteht die Psychoanalyse als besondere Erlebensformen des "Schicksals" ihrer Objektbesetzungen, aus ihrem persönlichen "Triebschicksal" ihrer Familie, aus den verdrängten Konflikten ihrer Einverleibungsinteressen entstanden. Durch ein therapeutisches Verhältnis zum Psychoanalytiker, der oder die sich als Projektionsflächen ihrer Klienten hergeben, seien diese Konflikte in den therapeutischen Übertragungsverhältnissen durch die Handhabung von Gegenübertragungen prinzipiell aufzulösen (siehe hierzu auch erzieherische Beziehung). Der erkenntnistheoretische Hintergrund der Psychoanalyse ließe sich in der Vernunft der Aufklärung finden, wenn er nicht zugleich mit philosophischen Grundlagen von Friedrich Nietzsche und Arthur Schopenhauer durchbrochen wäre. Im Unterschied zu positivistischen Interpretationen des Psychischen, die seinem Sinn und Zweck äußerlich bleiben, geht Psychoanalyse von einer Interpretation ihrer Bestrebungen und Absichten aus. Sie unterscheidet sie von Anschauung der Symptome (siehe Erscheinung) und ihrem Wesen und argumentiert von daher begrifflich (siehe auch Wesenslogik). Allerdings verbleiben die Aufklärungsversuche der Psychoanalyse in einem prinzipiellen Dualismus zwischen äußerer Kultur und der Natur der Menschen, zwischen einer dem Individuum prinzipiell fremd verstandenen Realität im Verhältnis dessen "innerem Wesen", der Lebenslust der Menschen, die ihr Leben im Allgemeinen zwischen Realitätsprinzip und Lustprinzip gründen sollen. Aus den Konflikten der in ihrer Ausschließlichkeit konstruierten Gegensätze bezieht Sigmund Freud seine Konstruktion eines psychischen Systems, das sich zwischen den Polen und Widersprüche seiner Analyse behaupten soll. Aber mit seinen strukturellen, kognitiven und identitären (siehe auch identitäres Denken) Konstruktionen löst er diese nicht in der Systematik seiner Theorie auf, wie es seinem emanzipatorischen Anspruch zufolge richtig und mit der Dialektik einer kritischen Theorie auch möglich wäre. Ganz im Gegensatz hierzu entzieht er seine Erklärungen und Beweisführungen einer dialektischen Aufklärung über ihre gesellschaftlichen Gründe. Doch ohne einen gesellschaftlichen Bezug auf die Bedürfnisse der Menschen kann ihre Entfremdung von sich, von ihrer Gesellschaft und ihrer Tätigkeit nicht begriffen werden. Diese Selbstentfremdung wollte S. Freud in seinem Begriff der Psyche als naturbestimmt verstanden haben. Hiernach entstehen alle psychischen Bestrebungen (siehe auch Trieb) aus Erinnerungsbilder an Wahrnehmungen, die durch die Herstellung von Erlebnisssen einer Befriedung entstande waren, welche dem natürlichen Wesen einer allgemeinen Bedürftigkeit zur Befriedigung seiner Natur durch "fremde Hilfeleistung" zugeführt und damit zur Begründung der Psyche als ein System der Erinnerungen hergenommen werden könne. Doch diese Ableitung kann nur das Bild von einem rein passiven Menschen vermitteln (siehe auch reaktionäres Bewusstsein), dem alle wesentlichen Erfahrungen konservativ durch fremde Hilfeleistungen, durch eine fremde Kraft zu einem konsumtiven Erleben zugeführt werden (siehe hierzu auch Pfreundschuh 1975: "Zur Kritik des Freudschen Systems der Psychoanalyse") Weil S. Freud die Naturideologie seines ursprünglich psychiatrischen Verstandes auf ein Konstanzprinzip der Natur aufsetzte und einen hieraus bezogenen Lebenstriebs als Begründung der Wirkungsweisse der Psyche in ihrer Wirklichkeit nicht ideal umsetzen konnte, muste er seinem Lebenstrieb ein "Unbehagen der Kultur" entgegen stellen, musste er die positive Naturkonstriktion seines "Lustprinzip" durch einen Todestrieb beschränken, der sich den Leidenschaften der Menschen schon von Natur aus negativ entgegenstellen und bestimmen würde. Der Begriff seiner Psychoanalyse geriet hierdurch zu einer Argumenation eines reaktionäres Bewusstseins. Weil er das abstrakt Allgemeine einer positiven Naturstofflichkeit seines Systems der Psyche, die zur Erklärung der wirklichen Lebensprobleme seiner Patienten in der bürgerlichen Kultur zu Zeiten des ersten Weltkrieges überhaupt nicht hinreichen konnte, weil er den Menschen mit einer Naturideologie positiv totalisiert hatte, musste er schließlich einem ebenso objektiv notwendig scheinenden Begriff einer auch tödlich wirkenden Natur das Wort reden und einen abstrakt allgemeinen Todestrieb objektiviert begriffen wissen - eben um sich einer dem Menschen fremden Objektivität der bürgerlichen Gesellschaft anzudienen (siehe hierzu auch Naturrassismus), anstatt deren Selbstentfremdung und ihrer Sehnsüchte zum wesentlichen Gegenstand der Psychologie und Philosophie und schließlich auch der politischen Ökonomie ihrer Erinnerungen hergenommen werden könne. Das begriffliche Wesen der Freud'schen Theorie, die Libido, konnte in seinem System kein Ende finden, wodurch keine vollständige Beschreibung ihrer Erscheinungsweise möglich war. Das psychische Wesen galt schon vor aller Erfahrung zerrieben als "Triebgeschehen" einer Ontologie zwischen "Lebenstrieb" und "Todestrieb", als Grundbestimmung eines allgemeinen aber dennoch total individualisierten Menschen aufgelöst. Die Freud'sche Psychoanalyse versakte daher in einer schlechten Unendlichkeit, die auch die hiermit behandelten Patienten erleiden müssen. Freud wurde durch eine entsubstanzialisierte introspektive Methode schließlich zu einem radikalen Individualpsychologen, der die uneingeschränkte Beliebigkeit seiner Kategorien schließlich als ein eigenes Leiden in seiner Phobie gegen Mobilität erfahren musste. Immerhin versuchte Freud ein konsistente Theorie der bürgerlichen Individualität als Begriffszusammenhang seiner Psychologie. Aber im Systemzusammenhang der Aufklärung des Psychischen verlor sich die Psychoanalyse schon in der substanziellen Logik ihrer Begriffe (siehe auch Begriffssubstanz). So folgt die psychoanalysierte Psyche einem "Konstanzprinzip" ihrer Natur und würde also zur Befriedung ihrer "Libido" immer dem Prinzip des minimalsten Aufwandes streben, um im "Befriedigungserlebnis" zu sich zu kommen. Aber jeder wirkliche Trieb folgt dem Treiben seiner Abstraktionskraft, die sich aus den aufgelösten, unverwirklichten Inhalten eines Verhältnisses, der Negation einer Beziehung bestimmt, wodurch sich durch dessen Treiben in eine Formbestimmung kehrt, eine Verkehrung gegen seinen Ursprung entwickelt. Dadurch vertauscht sich Inhalt und Form seiner Beziehung, durch deren Abstraktionen die Selbstwahrnehmung getäuscht wird, sich in "Widerstandsmechanismen" pervertiert und ihre Wirklichkeit gegen veräußerlichte Erinnerungsbilder eintäuschen muss. So muss sich der Psychoanalyse zufolge die psychische Wahrnehmung ihrer Objekte bemächtigen, sie besetzen und durch ihr Einverleibungsinteresse aneignen. Doch die positiven Lebensbedürfnisse der Psyche, die in der Psychoanalyse als Libido, als ein autopoietisches Prinzip der Sebstbehauptung des Lebens in einem individualpsychologischen "Ich" verfasst sind, wie es im gesellschaftlich isolierten Individuum, in seinen zwischenmenschlichen Verhältnissen sich durchsetzen muss. Es würden sich hierdurch die verselbständigten Triebe seiner Bedürfnisse in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen als "Objektbesetzungen" im Zweck ihrer Triebbefriedigung verhalten. Die müssten sich auf ihre Gesellschaft durch die abstrakten Notwendigkeiten einer bürgerlichen Kultur, auf eine Sittlichkeit der individuellen Selbstkontrolle beziehen und beschränken. Das sei nötig, weil die Begierden eines fantastischen Lustprinzips sich in jedem Menschen durch eine eigenständige Instanz eines Realitätsprinzips beschränken und in der individuellen Psyche als Über-Ich darstellen müsse, wie es sich aus den Notwendigkeiten der familiären Selbstgefühle, aus ihrem Inzestverbot zu einer innerpsychischen ödipalen Strukturen entwickeln würde. Das Individuum der Psychoanalyse wird durch ein dualistisches Prinzip zwischen Lust und Realität angetrieben und ist zwischen individuellem Begehren und gesellschaftlichen Sanktionen verfasst, wodurch sein Dualismus zwischen Psyche und Welt unauflösbar verewigt und festgeschrieben gelten soll, worin sich das zwischenmenschliche Material der Psyche als Grundlage einer ebenso dualistisch begriffenen Gesellschaft behaupten müsse und wodurch das Individuum psychisch krank werden könne, wenn es seine psycho-logischen Beziehungen in ihrer Vernunft (siehe Aufklärung) nicht begreifen will sondern verdrängt, wenn es von seinen Gelüsten überwältigt und gesellschaftlich abgewiesen wird. Psychoanalyse will durch eine Beziehung zwischen Therapeut und Patient in einer analytischen Selbstreflexion Verdrängungen und Widerstände aufarbeiten und auflösen, die als individualpsychologisch begriffene Ursache von psychischen Störungen angenommen werden. Durch Einsicht in die Abwehrmechanismen der Psyche sei eine verbesserte Kontrolle der "Ich-Leistungen" möglich und durch diese eine Emanzipation aus einer psychischen Abhängigkeit zu ermöglichen. "Wo ES war, soll ICH sein" (Sigmund Freud) Psychoanalyse ist von daher eine "introspektive" Richtung der Psychologie, die sich von positivistischen, konstruktivistischen, interaktiven oder systemischen Ansätzen zur Erklärung der Psyche unterscheidet. Sie begründet sich im Erkenntnisinteresse der Aufklärung und will von daher einen "Irrationalismus" eines unbewussten psychischen Strebens aufdecken und erklären. Für Sigmund Freud ist die Unterscheidung von Bewusstem und Unbewusstem eine wesentliche "Grundvoraussetzung" seiner Psychoanalyse, worin er allerdings des Unbewusste zu einer höheren Wahrheit des Bewusstseins macht und diesem als eine eigenständige Form der Subjektivität überordnet: "Die Unterscheidung des Psychischen in Bewußtes und Unbewußtes ist die Grundvoraussetzung der Psychoanalyse und gibt ihr allein die Möglichkeit, die ebenso häufigen als wichtigen pathologischen Vorgänge im Seelenleben zu verstehen, der Wissenschaß einzuordnen. Nochmals und anders gesagt: Die Psychoanalyse kann das Wesen des Psychischen nicht ins Bewußtsein verlegen, sondern muß das Bewußtsein als eine Qualität des Psychischen ansehen, die zu anderen Qualitäten hinzukommen oder wegbleiben mag." (S. Freud, 1923, Das Ich und das Es, S. 283, S. Fischer-Verlag, Studienausgabe) Dabei ist die Psychoanalyse in einen Erklärungsanspruch geraten, der die psychischen "Mechanismen" aus der Logik eines Naturprinzips, dem Konstanzprinzip erklärt, durch das die psychischen Absichten immer zu einen ursprünglichen Entspannungszustand zurückstreben sollen, also ihre Erregungen sich auf Erinnerungen rückbeziehen lassen, die gegenwärtiges Verhalten aus der Vergangenheit zwischenmenschlicher Verhältnisse erklärlich machen würde. Weil die Psychoanalyse darin unmittelbare Bedürfnisse als Streben nach der Herstellung eines Befriedungserlebnisses unterstellt, weil sie Bedürfnisse nicht als inneres Moment der Arbeit begreifen kann, versteht sie auch alle Erregungen als Naturform eines Triebes als Lebensbedarf, als Lebenstrieb. Psychoanalyse versteht die Persönlichkeit eines Menschen aus dem Wesen ihrer natürlichen Triebkräfte im Gegensatz zur menschlichen Kultur entwickelt, die nur soweit gelungen ist, wie sie beschwerdefrei sich in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen verhalten kann. Wiewohl dieser Anspruch durchaus gesellschaftliche Wirklichkeit in Beziehung stellt (siehe Realitätsprinzip), bleibt sie dennoch in der individualpsychologischen Betrachtung befangen, indem sie die Kultur als allgemein notwendige Sublimation des Lustprinzips unterstellt. Warum sich diese dennoch gegen das Individuum verhält, sei darin erklärlich, dass die menschliche Zivilisation in ihrer Kulturbezüglichkeit zum einen "Umwege der Wunscherfüllung" einfordert, zum anderen (beim "späten" Freud) ein Unbehagen enthält, das durch ein Todesstreben ("Todestrieb"), durch ein lebensängstliches Vorauseilen der eigenen Vernichtung (siehe Tod) zu verstehen sei. Das Individuum vollziehe dieses Verhältnis in seiner Persönlichkeit nach, um sich in seiner Kultur auch selbst zu verwirklichen. Die klassische Psychoanalyse des frühen Sigmund Freud verfolgt im Wesentlichen die These, dass alles Psychische (siehe auch Seele) auf einem Befriedigungsstreben beruhe, welches die "Wiederherstellung des Bildes eines Befriedigungserlebnisses" (Freud 1900, "Traumdeutung" ) erzielen will und den Wesenskern der Wünsche eines Menschen ausmachen würde. Das darin begründete Streben der Psyche sei aber unmittelbar nicht zu realisieren, so dass sie eine Selbstbeschränkung erfahren müsse, um Umwege zu ihrer Befriedigung ausfindig zu machen. Diese Beschränkung sei aber nicht von äußerer Natur, sondern bei Freud selbst Bestandteil des "Psychischen Apparats" (siehe System), der sich in der Kindheit in der Eigenart eines familiären "Triebschicksals" entwickeln müsse: Die schrankenlose und quasi ozeanische Liebe zum gegengeschlechtlichen Elternteil, welche aus einem unbefangenen Geschlechtswunsch im chaotischen Gebilde des "Es" als "libidinöse" Bestimmung sich naturgegebenermaßen hervortun müsse, müsse zugleich durch eine kulturell und gesellschaftlich notwendige Zäsur eine (Inzucht-)Schranke gesetzt werden. Dass diese selbst "libidinösen" Charakter habe, läge daran, dass die (Liebes-)Beziehung zum gleichgeschlechtlichen Elternteil die Kulturmacht der Schranke repräsentiere und daher der Libidobezug zu ihm aufgegeben werden müsse (Vatermord, Ödipuskomplex). Hierdurch werde ein Mensch quasi kulturell beschnitten und behält dies als Trauma in seiner "psychischen Struktur" als sein spezifisches "Triebschicksal" - etwa wie dies in anderen Kulturen als Initiationsritus praktiziert wird. Die Beherrschung der Triebentfaltung werde so zur inneren Kontrolle des "Es" als "Über-Ich". Im Leben eines Individuums wird mit zunehmender Realitätserfahrung eine Vermittlungsinstanz von Es und Über-Ich nötig, welche sich aus der Lustbesetzung der "Realität" herstellt und den Kern einer erwachsenen Persönlichkeit ausmacht: Das Ich. Die "Psychische Struktur" eines Menschen resultiere also aus den Konflikten naturhafter Strebungen und Triebe (Triebschicksale), die ein kulturell notwendiges Trauma, den Ödipuskomplex erleiden, das zugleich nur als psychische Struktur eines Menschen fortbesteht, weil es im Befriedigungsstreben ausschließlich innerpersönlich erfahren wird. Indem die Psychoanalyse von einem Befriedigungsbild als Inbegriff der seelischen Regungen ausgeht und dessen Streben nach Wiederholung als Trieb begreift, der zugleich von einem Naturtrieb wie von einem Willen der Natur gespeist ist (vergl. hierzu Schopenhauer), erfüllt sie die Grundlagen des Bedürfnisses, wie es in der bürgerlichen Gesellschaft als selbständiger Trieb der Einverleibung befriedigender Erlebnisse, Beziehungen oder Sachen, also nach dem Maßstab ihrer Lusterfüllung (siehe auch Reiz) hervortritt. Die Psychoanalyse beschreibt die Erfüllung abstrakter Bedürftigkeit als Lust, deren immanentes Streben logisch sei. Von da her leitet sie jegliche Identität als Identität des Bedürfens und seiner Erfüllung ab, das menschliche Verlangen letztlich als naturalisiertes Verlangen nach Menschen. Zugleich weiß sie dieses Verlangen selbst als unbeschränkt, als unendliche Bestrebung, welche nur von den Momenten der Befriedigung unterbrochen ist und welche zugleich für sich - eben so wie sie von Freud verstanden wurde - zur Lebensunfähigkeit wird, findet sie nicht durch Kulturleistung zu einem kulturfähigen Subjekt - zu eben jener Persönlichkeit, die mit einem ICH ausgestattet ist. Die Genese dieses ICHs zu erklären und zu behandeln, ist das Betätigungsfeld der Psychoanalyse. Darin verhält sie sich aufklärend und begreift den Entwicklungsprozess selbst als Naturverhältnis, welches in kulturfähiges Verhalten durch Objektbesetzung, Übertragung und Selbstkontrolle, durch eine imperative Instanz nur entwickelt werden könne. "Wo ES war, soll ICH sein", schreibt Sigmund Freud. Er drückt damit auf der Ebene von Kategorien das aus, was zugleich in gewöhnlicher Sprache seine Auffassung selbst kritisiert, wenn die Kategorien nicht als Substantive geschrieben werden: "Wo es war, soll ich sein" - ich soll sein, wo etwas war, ich soll etwas sein, was im Prinzip, also prinzipiell aufgehoben ist! Es ist dies im Prinzip die Selbstverneinung einer Kultur, die es nicht bringen kann, in der ich nicht sein kann, wohl aber sein soll, weil es darin so war, dass es nicht bleiben kann. Solches Lebensverständnis macht die Psychoanalyse zur Protagonistin des bürgerlichen Lebensverständnisses, das ihre doppelte Beziehung in ihrer Gegensinnigkeit formuliert. Es ist die Notwendigkeit des Besitzstandes, sich in seiner Bedürftigkeit zugleich kontrolliert und kontrollierend zu verhalten, sich nicht dem Sein wirklich zu überlassen, weil man in der Besitzlosigkeit untergeht. Es ist eine Kultur, in welcher die Einverleibung von Menschen in zwischenmenschlichen Beziehungen (hier Objektbesetzung genannt) das bestimmende Moment der Subjektivität ausmacht. Ontologisch liegt der psychoanalytischen Auffassung ein überhistorischer Dualismus von Naturstreben und Gesellschaftsentwicklung zugrunde, der zwischen dem Luststreben (Lustprinzip) und den realen Möglichkeiten der Befriedigung (Realitätsprinzip), verlaufen soll, und der in jedem einzelnen Menschen, also am gesellschaftlichen Ort seiner Individualität (z.B. Familie) eine sozial akzeptierte Form der Bedürfnisbefriedigung nötig habe, wie sie sich in der gesellschaftlichen Realität nicht unmittelbar vorfinden lasse - oder sich in eine kulturelle Sublimation der Triebe entwickeln müsse, welche Kulturleistungen auf höherem Niveau erbringen würden. Es äußert sich hierin die Erfahrungsgrundlage des besser gestellten Bürgertums (siehe auch Geldbesitz), dem alle Lebensentscheidungen nur in dieser Gespaltenheit zwischen Begierde und Aufwand geläufig sind, die sich in der Reflektion des Nutzens (Utilitarismus), die sie für die ganze Existenz haben, ausgleichen soll. Das gesellschaftlich notwendige Trauma stellt von da her im Elektra- und Ödipuskomplex (nach Freud) die wesentliche Kulturanpassung dar, die zwischen hedonistischen, vernünftigen und utilitaristischen Antrieben zu gelingen hat. Die Verinnerlichung dieser "Kulturleistung" verlange deshalb die bürgerliche Familie, worin der "Triebkonflikt" tiefgreifend durch die Beziehungen darin als Kulturkonflikt der Familie (Mutter-/Vatermord) wahr werde, der in jedem Menschen die Grundlage einer kulturbestimmten Trieb- und Bedürfnisausrichtung (als spezifischer Triebkonflikt und der darauf gründenden sexuellen und persönlichen Eigenschaften und Interessen) bewirkt. Das Misslingen eines "kultivierten" Triebschicksals begründet nach Sicht dieser Lehre aber auch Verdrängungen, die Entstellungen des "psychischen Apparats" (Freud) durch "Abwehrmechanismen" (wie z.B. Verkehrung, Verschiebung, Projektion) zur Folge haben. Diese entwickeln eine "inadäquate" Realitätsbewältigung, welche dann als sogenannten "Neurose" erlitten wird - oder bei Ausfall der inneren Abwehrpotentiale zu einer "Triebüberflutung" der Persönlichkeit, zu einer "Psychose" führen würden, welche die seelische Energie aufzehrt und von der "Realitätsbewältigung" abzieht. In dieser Sichtweise handelt sich um "seelische Erkrankungen", welche als Erscheinungsweisen, als Symptome einer "libidinösen" Destruktivierung der "psychischen Instanzen", dem Verhältnis von Ich, Es und Über-Ich, verläuft und die nur durch langwierige Rekonstruktionsarbeiten am Resultat der Verdrängung, am Unbewussten und der Wiedererinnerung seiner "Affekte" (siehe Gefühle) in "realitätsfähige" Strukturen übergeleitet werden können. Hierfür seien emotionale Beziehungen zu einem Therapeuten oder einer Therapeutin tragend, um auf ihrer Basis die erworbenen "Gefühlsdefekte" in einer "Übertragungssituation" erkennbar und bearbeitbar zu machen. Die "Übertragungssituation" ermöglicht den eigentlichen analytischen Prozess der psychoanalytischen Therapie, in welcher die Ausdeutung von Erlebnissen und Träumen zunächst zu einem neuen Verständnis des Geschehens führen und durch die beständige Selbstvergegenwärtigung der "libidinösen Affekte" hierin die Persönlichkeit im Sinne der Ausdeutung der "Abwehr" und dem "Realitätsverlust" zu einer "funktionsfähigen" Persönlichkeitsstruktur gelangen soll: Es handelt sich bei dieser Therapieform also um die Verarbeitung eines familiären Triebkonflikts durch die Inszenierung eines neuen therapeutischen "Triebkonflikts". Der Erfolg einer analytischen Therapie wird aus dem Bewusstwerdungsprozess durch die Deutungen begründet (nicht etwa aus formalen Vorgängen wie Kontaktmöglichkeit, Beschäftigung mit sich selbst, Beistand in schwierigen Lebenslagen). Es wird dabei behauptet, dass die Deutung die Wiederholung des Verdrängten und seine Wiederaufarbeitung in der Übertragung auf den Therapeuten oder die Therapeutin ermöglicht, wie sie sich aus dem Leben des Betroffenen ergeben müsse. Es wird hierbei quasi eine Eltern-Kind-Situation emotional nachvollzogen, die durch die Bewusstwerdung der kränkenden Anteile in einem analogen therapeutischen Verhältnis "verarbeitet" und ihr "Krankheitsgewinn" unnötig wird, den "Verdrängungen" in unkontrollierten Verhältnissen hätten. Um dies zu leisten, müsse der Therapeut oder die Therapeutin eine Lehranalyse gemacht haben, in welcher ihre eigenen Affektanteile "bewusst gemacht" würden. Dies macht quasi eine Kettenreaktion des psychoanalytischen Lebensverständnisses zur "gesicherten" therapeutischen Voraussetzung, das sich - wie in anderen geschlossenen Kulturkreisen auch - in einer Art Initiation der therapeutischen Fähigkeit umsetzen muss. Unbenommen bleibt hierbei die Wirklichkeit des vorausgesetzten Lebensverhältnisses, das weder als Lebensform als wirksam in den Gefühlen der Menschen aufgenommen ist, noch inhaltlich als gesellschaftliches (familiäres) wechselseitiges Verhältnis, sondern nur patriarchalisch oder matriachisch begriffen wird. Das Deuten mag viele kulturbeflissene Menschen faszinieren, verfängt aber gerade durch seine scheinbare Inhaltlichkeit in jeder Form. Hierfür gerade ist der theoretische Aufwand der Psychoanalyse, mit dem sie ihm eine naturhafte Wesenhaftigkeit verleiht, fatal für die Erkenntnis von unmittelbaren gesellschaftlichen Beziehungen, weil sie diese in ihrer Deutung übersinnlich mit einer Metaphysik von Naturhaftigkeit ausfüllt. Deutung selbst wäre eine praktische Angelegenheit zwischen Menschen, die keiner Theorie bedürfte, wenn sie nicht selbst als Affirmation der allgemeinen und einzelnen Lebensnotwendigkeit der bürgerlichen Kultur begründet werden müsste. Tatsächlich reproduziert die Ausdeutung von wirklichen Absichten durch naturhafte Absichten die Not, in die ein Mensch verstrickt ist, der von herrschenden Absichten bedrängt ist, aufs Äußerste und treibt seine Entwirklichung fort, die ihm schon in seiner Isolation, in der Abtrennung seiner Lebensbasis (Kulturelle Ausgrenzung) von seiner Selbstwahrnehmung gegeben ist. Indem die psychoanalytische Deutung über die theoretischen Konstrukte der Triebtheorie jeden Konflikt zu einem inneren Geschehen verabsolutiert (wenn auch mit "Objekten" und Umständen) und in allen ihren Erklärungen der psychischen Phänomene ein allumfassendes Lebensprinzip, ein "energetisches Prinzip" (Konstanzprinzip) mitschwingt, verfestigt sie jedes Erkenntnisinteresse in einem Deutungsinteresse, einem Interesse an der Bedeutsamkeit des Innenlebens im Gegensatz zum weltlichen Erleben. Die psychoanalytische Theorie überlässt außerdem dem/der Analytiker/in vor allem die Deutungshoheit, wofür er/sie zuvor selbst dem Deutungsinteresse unterworfen worden war und somit die psychoanalytischen Theorie in ihrer Therapie durchsetzen wird. Das Deutungsverhältnis funktioniert vor allem deshalb, weil es selbst einen doppelten Inhalt hat: Es ist als isolierte Gefühlsbeziehung zugleich ein Erkenntnisakt mit festen Rollen. Da die psychoanalytische Theorie darin eben über die Herkunft ihres Erkenntnisprozesses lediglich naturwissenschaftlich scheinende Paradigmen zur Verfügung stellt, kann sie keine andere Auskunft über den Sinn ihrer Deutung geben, als den, welchen sie allgemein schon im Vorhinein weiß. So entsteht in diesem Verhältnis eine Scheinwelt: die aus dem Erleben gewonnen Deutungen werden objektiviert und als Erleben und Deutung einer objektivierten Beziehung als Wahrheit ihrer Interpretation bewährt, also in der Beziehung, die sie hervorruft und festhält - solange eben, wie die Bewahrheitung einer Deutung selbst psychoanalytisch interpretiert wird. Da hierdurch ein geschlossenes Erkenntnissystem, ein Zirkelschluss von Deutung, Deutendem und Gedeutetem entsteht, wird in der Psychoanalyse ihre wirkliche und sinnliche Bewahrheitung bis auf einen kleinen Konfliktbereich im Freundeskreis ausgeschlossen und somit esoterisch. Die therapeutische Beziehung wird gerade durch die Innigkeit dieser "selbstverwalteten Wahrheit" zu einem Akt der Gefühle und ihrer Sprache, also ihrer Begrifflichkeit, zu der sich die Gefühle und Sinne früher oder später einordnen lassen, um dem so ermöglichten "Bewusstsein" zu folgen. Das begründet wohl auch den großen Zeitaufwand, den eine solche Therapie beansprucht und die Deutungssucht, welche die hiermit "Behandelten" an ihrer Umwelt austoben müssen, um sich dort zu bewähren. Die Psychoanalyse selbst entspringt philosophisch einem Gemisch aus Aufklärung und Moderne und lässt sich mit Kant ebenso wie mit Nietzsche assoziieren. Da sie vom philosophischen her ausgesprochen dilettantisch begründet ist (wie C.G. Jung mit Recht angemerkt hat), ist ihre diesbezügliche Hinterfragung wenig sinnvoll. Sowohl ihre Triebontologie wie auch ihre Prinzipien (Lustprinzip, Realitätsprinzip) sind lediglich Verallgemeinerungen von Anschaulichkeiten bürgerlicher Lebenswirklichkeit, weder deren geistige Durchdringung, noch deren wissenschaftlich gesicherte Analyse. Vor allem dadurch, dass ihre Begriffe selbst gegen jedes Begreifen gewendet werden können (Deutungswiderstand), kann sie mit ihrer Begrifflichkeit jede Kritik sich unterwerfen und ist erkenntnistheoretisch eine Form der Selbstzerfleischung, praktisch ein Prozess hochpotenter Individualisierung. Sie kann alle Wirklichkeit von Geist, Fleisch und Sinn für eine Begrifflichkeit des Sinnlichen (Trieb) benutzen, die jeder Sinnesäußerung zugeordnet werden kann, also beliebig ist und den abstrakt menschlichen Sinn dadurch absolut befolgt und befördert, dass sie ihn mit ihren Begriffen auch theoretisch vollstreckt, und ihm daher auch nichts entgegenstellen kann. Sie selbst leitet ja letztlich alles seelische Geschehen notwendig aus ihm ab und verklärt ihn zu einer Naturtatsache, an der nicht zu rütteln ist, weil sie dem Lebensinteresse des Geschlechts gleichgesetzt wird. So wird dessen kulturbedingte Not einer objektiven Notwendigkeit zur Befriedigung von äußeren Erregtheiten abstrakter Selbstwahrnehmung zugeordnet, anstatt deren soziale Entstehung und Abstraktion vom Leben der Menschen bloß zu legen. In der Kritik hieran ist die Erkenntnis entstanden, dass das Identitätsstreben der Menschen nicht aus ihren Bedürfnissen entspringen kann, sondern aus ihren Sinnen selbst kommt und in der bürgerlichen Gesellschaft nur als abstrakt menschlicher Sinn verwirklicht ist. Die Mystifikation menschlicher Bedürfnisse, diese Verkehrung sozialer "Spannungen" zu einer triebhaften Bedürftigkeit der Seele wurde in den Geistes- und Sozialwissenschaften allgemein unterstützt und fortgesetzt (z.B. von Adorno, Horkheimer, Marcuse, Reich usw.) und gilt noch heute weitgehend als Naturgrundlage zur Erklärung der Beziehung von Kultur und Mensch. Sie gilt ja vor allem auch als theoretische Grundlage für den Hedonismus, der als scheinbar emanzipatorischer Gedanke in die Theorien der subjektivistischen Emanzipation eingebracht wird. Allerdings erweist sich an der Psychoanalyse die Konsequenz des Hedonismus, der sich darin als Utilitarismus der besonderen Art formulieren muss, nämlich als Heilsgedanke der Aufklärung: Er will durch die sinnliche Befriedigung den Nutzen für eine Seele gewinnen, die sich durch die Befriedigung erst begründet. Dieser Zirkel durchzieht die gesamte Psychoanalyse als ein unendliches Prinzip der Freiheit durch Selbstbeschränkung, eine Unmöglichkeit für Erkenntnis (vergl. hierzu auch Drigalski: "Rosen auf Granit", Antipsychiatrieverlag Berlin). In der Psychiatrie hat sich eine spezielle Gruppe um den Psychiater Günter Ammon als "Dynamischen Psychiatrie" hervorgetan, der Psychoanalyse als Werkzeug der Gruppentherapie zu nutzen verstand - Resultat: Psychosekte. Was Freud wie einen Apparat behandelt, sind Momente des Erkenntnisprozesses, die bei ihm in entfremdeter Form thematisiert werden. Das Ich selbst ist schon ein Unwort: Wie kann ich mich als Ich ansehen und mich von einem "Es" in mir bestimmt und von einem Überich kontrolliert wissen? Ich als Subjekt sei die Einheit einer Persönlichkeit, die derart bestimmt ist, also Subjekt nur durch die Fähigkeit ist, die Bestimmtheit seiner selbst zu handhaben? Es ist dies ein Subjekt, das nur als identitätspsychologischer Wahrnehmungsapparat subjektiv sein darf, also im Grunde Objekt seiner Natur - als Trieb gefasst - und seiner Gesellschaft - als Realität gefasst - ist. Um ihm wirkliche Subjektivität zu geben, müssen derlei Begrifflichkeiten vollständig abgelegt werden. Nehme "Ich" wie Gedächtnis, Persönlichkeit wie Identität, "Es" wie eine natürliche Gesellschaftlichkeit des Individuums und "Über-Ich" wie die gesellschaftliche Natur des Bürgertums, und schon hast du einen gänzlich anderen Menschen vor dir! Er ist der lebende Schmerz dieser Welt, die ihre Veränderung, ihre Geschichte in ihm sucht wie er seine Identität nur durch sie findet. Hieraus ergeben sich vollständig andere Perspektiven und Handlungsweisen, als jene, welche die Psychoanalyse begründet. Es ist das vollständig gegenteilige Selbstverständnis des Menschen: Das Individuum ist als solcher Mensch das "Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" (Marx), wie seine Gesellschaft das Ensemle der Individuen ist. | ![]() |