Das Problem einer jeden Demokratie ist, wie die politische Beziehung der einzelnen Menschen auf ihr gesellschaftliches Ganzes sich so verwirklichen kann, dass die darin entstehenden Entscheidungen für die hiervon betroffenen Menschen sinnvoll sind. Die repräsentative Demokratie reduziert sich auf die quantitative Repräsentation eines Meinungsproporzes, in welchem die Entstehungsbedingungen von Wählermeinungen gleichgeschaltet, also gleichgültig gegen ihre Gründe, weil nur quantitativ ausschlagegbend sind. Um zu einer qualitativen Entscheidungsgrundlage zu kommen, verschafft eine inhaltliche Formulierung durch die Herkunft der Entscheidungsträger und ihre Rückbeziehung auf diese ein wesentlich anderes Verhältnis. Dies soll durch eine Rätedemokratie ermöglicht werden. Sie ist ein politisches System im Sinne einer qualifizierten Delegation, bei dem die Herrschaft von der Bevölkerung über direkt gewählte Räte ausgeübt wird. In einer Räterepublik sind die Wähler in Basiseinheiten organisiert, beispielsweise die Arbeiter eines Betriebes oder die Bewohner eines Bezirkes. Es können aber auch speziellere Vertreter vor Ort aus den Kommunen sein, die für eine bestimmte Aufgabe gewählt und verpflichtet sind, die durch ihre politische Auseinandersetzung in den entsprechenden Einrichtungen die Beschlüsse erarbeiten, - nicht als Konkurrenten von Abordnungen, sondern als politische Sachwalter, welche die Verhältnisse so beeinflussen müssen, dass sie optimale Ergebnisse für eine ökonomische Politik erzielen und deren Verhältnisse ergänzen und deren beste Synergie erreichen können. Bedingung hierfür ist ein wirtschaftliches Verhältnis, das frei von Klassengegensätzen ist, in welchem die Reichtumsbildung also ohne politische Gewalt wirklich politisch beschlossen werden kann, das also entweder aus ihrem Mangel heraus eine gesellschaftliche Bereicherung durch eine organisch vergemeinschaftete Wirtschaft politisch organisieren will oder schon frei von einer Mangelwirtschaft ist, also ein bestimmtes organisches Niveau einer gesellschaftlichen Mehrproduktion erreicht hat, in der die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Fortentwicklung auch frei verfügbar sind. Eine Rätedemokratie ist eigentlich ein einfaches Prinzip, über das sich u.a. auch schon einige Naturvölkern in ihrem Stammeswesen, vor allem aber bisherige sozialistische Gesellschaften organisiert haben wollten. Aber es gab noch keine Gesellschaft, in der die ökonomischen Belange auch wirklich in Freiheit der Räte entschieden werden konnten. So war z.B. die Sowjetunion (Sowjet = Rätesystem) aufgrund ihrer Mangelwirtschaft nicht in der Lage, sich politisch frei zu konstituieren und hatte sich die Gewalt einer Parteiendiktatur zugelegt. Allgemein grundlegend ist, dass bestimmte Gruppen von Menschen gewählte Räte in ein Gremium entsenden, das einer „höheren“ Organisationseinheit angehört. Sie wählen z.B. Dorfräte, Dorfräte wählen Kreisräte, Kreisräte wählen Regionalräte, und so geht es weiter bis zu den höchsten Entscheidungsgremien. Auch eine eine Mischung aus subsidiarer und direkter Demokratie von ganz unten bis ganz oben kann damit gemeint sein. Letztendlich meint Rätedemokratie heute die qualifizierte Delegation einer Auseinandersetzung an besonders befähigte Menschen, Einrichtungen oder Ausschüsse, die ihre Positionen nicht persönlich, sondern auftragsgemäß umsetzen, so auseinandersetzen, dass sie deren Resultate auch rückvermitteln können. Meist sind sie dabei auch ermächtigt, Beschlüsse zu fassen und Entscheidungen zu treffen, die erst in der Rückvermittlung von ihren Auftraggebern, ihren Wählern beurteilt werden können. Rätedemokratie ist also im Wesentlichen eine Form von Demokratie, die konsequent von „unten“ nach „oben“ funktionieren soll, nicht ohne sich mit den wissenschaftlichen Kompetenzen der Wirtschaft auf allgemeinerer Ebene zu beraten und deren Resultate, dann auch wieder "nach unten" über die selben Räte zu vermitteln sind. Wesentlich ist, dass solche Demokratie in direkter Beziehung zu den wirklich politischen Entscheidungen einer Bevölkerung steht, ihre wirklichen Verhltnisse also auch politisch betreffen, und nicht über Personen nur repräsentiert wird (siehe repräsentative Demokratie), die sich wiederum aus eigenem Interesse aus ihrem Dasein als politische Klasse willkürlich oder "frei nach ihrem Gewissen" verhalten können. Wichtig dabei ist also ein qualifiziertes Stimmrecht als „imperatives Mandat“, d.h. die Räte tragen im Rat nicht ihre eigene Meinung vor, sondern geben getreulich die Meinung der Menschen wieder, von denen sie gewählt wurden, die sich aber hierbei zu einer Beziehung auf die Allgemeinheit über das bloß Meine, über den Privatbesitz emanzipiert. Und sie stimmen auch in deren Sinne ab. Die Räte sind immer nur ihrer Basis unmittelbar, also direkt verantwortlich, an deren Weisungen gebunden und jederzeit abrufbar. Ohne die Bindung an die realen Lebenszusammenhänge kann sich allerdings eine solche Demokratieform ebenso leicht verselbständigen, wie die repräsentative Demokratie, denn bloße Meinungsbildung ohne Rückvermittlung des Gemeinten durch das Allgemeine eines Gemeinwesens gerät leicht in ein populistisches Fahrwasser. Eine Kontrolle des politischen Systems jenseits der populistischen Mandatierung gab es z.B. bei der "realsozialistischen" Rätedemokratie noch nicht. Von daher wurde dem Verallgemeinerungsprozess von politischen Entscheidungen ohne Rückmeldung durch vorhandene Allgemeinheiten vertraut, die sich durch die theoretische Schematisierung von "sozialistischer Politik" ergaben. Das System der Delegierung setzte sich im sogenannten "Realsozialismus", also dem Staatssozialismus, ungebrochen bis zum Zentralrat auf staatlicher Ebene fort. Die Wahlvorgänge geschahen somit zwar angeblich von unten nach oben, wurden oben aber letztlich an der Doktrin einer "Einheitspartei" ausgerichtet, deren Entscheidungsebenen lediglich an Verwaltungsebenen gebunden waren. Im Unterschied zu klassischen Demokratiemodellen nach Locke und Montesquieu gab es in den bisherigen Staatsmodellen der Rätedemokratie keine Gewaltenteilung, wie es für eine im Staat verselbständigte Regierungsgewalt nötig wäre, um diese überhaupt als Teil eines Rechtsssystems zu halten. Bleibt die Frage, ob diese mit einer Gewaltenteilung zu ergänzen und also auch zu vereinbaren ist, also ob sich ein konsquentes Rätesystem überhaupt mit einem Staatsmodell verträgt, oder ob es nur die Gesellschaftsform eines offenen Kommunalsystems sein kann, das keine hochgeordnete Regierungsgewalt anerkennt (siehe Internationale Kommunalwirtschaft). | ![]() |