"Das Man ist überall dabei, doch so, daß es sich auch schon immer davongeschlichen hat, wo das Dasein zur Entscheidung drängt. Weil das Man jedoch alles Urteilen und Entscheiden vorgibt, nimmt es dem jeweiligen Dasein die Verantwortlichkeit ab. ... Es kann am leichtesten alles verantworten, weil keiner es ist, der dafür einzustehen braucht. Das »Man« war es immer und doch kann gesagt werden, »keiner« ist es gewesen" (Heidegger in "Sein und Zeit" S. 127 "§27. Das alltägliche Selbstsein und das Man") Wer die Menschen derart oberflächlich beurteilt, muss sich natürlich mit einem Vorwurf an sie wenden, indem er ihre Seinsvergessenheit beklagt und damit sich auch jederzeit kulturkritisch gegen das bürgerliche Subjekt überheben kann, das seine Seinsgewissheit nur in der Konfrontation zum Tod erfahren könne, wodurch dieser unter der Hand, bzw. ohne Verstand zum Subjekt über das Leben werden sollte. "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" wurde dies von Paul Celan in seinen "Todesfugen" treffend verdichtet. Das Leben im Tod, das von Marx längst schon weit existenzieller analysiert und dargestellt worden war, wird für Heidegger eine Mission für seinen Staat. Im Dienst für dieses "Subjekt" des Seins hat die existenzialistische Phänomenologie Martin Heideggers durch ihre Einfältigkeit immerhin ganze Generationen verselbständigter Gehirne politisch bewegt und ihrer spießbürgerliche Ursprungssehnsucht einen gewissen Eifer bis hin zur Gewissenlosigkeit vermittelt, indem er ihnen verriet, dass es ihnen an der Eigentlichkeit der Erkenntnis des Seins fehlen würde (siehe hierzu auch Bücherverbrennung). Doch Seinsvergessenheit ist an und für sich ein widersinniger Begriff (siehe hierzu Phänomenologie), an dessen Stelle wohl besser Geschichtsvergessenheit zu setzen wäre (siehe hierzu historischer Materialismus}. Was soll denn das für ein Sein sein, das man vergessen kann? Könnte es nicht jedwede Vorstellung oder Meinung sein? Aber Martin Heidegger weiß es auch "genauer": Es sei eine ontologische Identität, die eine absolute Wahrheit enthalte, die "die Macht der tiefsten Bewahrung seiner erd- und bluthaften Kräfte als Macht der innersten SeinErregung und weitesten Erschütterung seines Daseins." sei (Martin Heidegger in seiner Freiburger Rektoratsrede im Mai 1933 unter dem Titel: "Die Selbstbehauptung der deutschen Universität"). Sie sei im praktischen Leben der Menschen verborgen und bereite ihnen eine Lebensangst, solange sie diese nicht "seinsurspünglich "begreifen und "entbergen" würden, - wenn sie diese also nicht durch eine wissenschaftlichen Daseinsanalyse zu beheben würden, wenn diese schließlich von den Menschen als eine Art Lebensanleitung befolgt werden würde. Dies versucht er mit seiner Fundamentalontologie zu belegen. Solche "Erkenntnis" ist natürlich ein Schatz für den Kopf von politischen Intellektuellen, die damit über eine höhere Philosophie ihr tatsächlich verborgene Erziehungsbedürfnis (siehe erzieherische Beziehung) schließlich "ausleben" dürfen, um zu befinden, was der "Sinn des Seins" sei. Die Vorhaltung einer Seinsvergessenheit impliziert vor allem die Behauptung, dass Menschen ihre eigentliche Ursprünglichkeit nur aus ihrem Sein beziehen könnten, die sie schlicht vergessen hätten (siehe Ursprungstheorien). Dies wurde vor allem von Heidegger gegen die Moderne formuliert und war die deutlichste Begründung von reaktionärem Bewusstsein, das sich im deutschen Nationalsozialismus praktisch umgesetzt hatte. Letztlich ist sie die Wendung einer Untergangsangst. zu einem Pakt mit dem Nationalstaat. der somit die Gewähr einer Kontinuität der Geschichte zu gesprochen bekommt (siehe hierzu auch neuere Beschreibungen eines dialektischen Materialismus) Der Begriff der Seinsvergessenheit ist die Grundlage subjektivistischer Philosophie, wie sie auch von Friedrich Nietzsche eingebracht wurde. Darin besteht Wahrheit als Objektivierungsprozess des werdenden Menschen, der Anspruch auf absolute Wahrheit als geistige Identität. Der tatsächliche Mensch sei hiergegen nur die Bemühung dahin, der den Irrtümern seiner Subjektivität leicht aufsitzt und den Schwachheiten seiner Begierden unterliegt. Daraus begründe sich das Grauen der Welt und hiergegen sei es nötig, wesentliche Selbsterkenntnis als oberste Maxime des Handelns zu führen, auch wenn diese sich selbst oft nur durch Grausamkeit in der Konfrontation mit dem "Grauen" vermitteln ließe. Der Anspruch auf die Reinheit der Selbsterkenntnis dürfte die wesentlichste Grundlage des Rassismus sein. | ![]() |