Selbstausbeutung geschieht durch die Erzeugung von Mehrwert vermittelst der eigenen Arbeitskraft in der eigenen Produktionsstätte. Dieser Mehrwert entsteht also nicht in der Produktion durch die Anwendung von Produktionsmittel und Arbeitskräften bei einem ihnen fremden Unternehmen. Er wird aus selbständiger Arbeit gezogen und ist eine Verlängerung des Arbeitstags (siehe z.B. auch Ich-AG), dessen Wert den Vermietern der Betriebsräume und den Maschinen-, Rohstoff- und Geldlieferanten, also den Lieferanten der eigenen Logistik über deren materiellen Reproduktionswert hinausgehend übertragen wird. Der Wert, den ein Selbstausbeuter schafft, deckt sich mit seinem Reproduktionsbedarf nur solange, wie seine Preise auf dem Markt dem durchschnittlichen Angebot entsprechen. Er steht unter einem besonders großen Arbeits- und Existenzdruck, denn außer dem Risiko seiner Unternehmung steht er mit Leib und Seele in seinem Betrieb. Jede Krankheit ist eine Existenzgefährdung alleine schon durch den Ausfall seiner Arbeitskraft, die meist absolut in die Betriebsinterna einbezogen ist oder überhaupt nur diese beherrscht. In der Selbstausbeutung verlängert sich die objektive Marktlage auf allen Ebenen der Existenz, der leiblichen (Gesundheit), der familiären (Soziales) und der seelischen (Selbstwahrnehmung).Sie wird daher meist auch garnicht als solche wahrgenommen, sondern wirkt als permanenter Zeitdruck, permanentes "Rausholen was drin ist" und erfordert beständige Marktanpassung, Flexibilität. Zur Selbstausbeutung gehört daher auch eine flexible Persönlichkeit, durch welche jemand sich in die versetzt, sich in beständiger Selbstaufhebung durch eine unendliche Hoffnung auf Linderung, eine Art Heilserwartung durch irgend einen Erfolg irgend wann mal, zu erhalten und aus einer solchen Selbstaufgabe sogar seinen Willen zu beziehen.. Auch der Markt selbst umfasst mehrerlei Dimensionen der Selbstausbeutung: Er vernutzt den Selbstausbeuter als Kaufmann, als Arbeitskraft, als Werbemann und als Wirtschaftsstrategen. All dies teilt sich ihm nicht als Aufgyabe, sondern als Zeitdruck mit: Er ist in allem immer zu spät dran. Je größer dort die Angebote, desto größer auch die Selbstausbeutung durch die Konkurrenz der Selbständigen, in welcher sie sich mit psychologischer Überbewertung und ökonomischer Unterbewertung übertreffen, so billig sind, wie ihre Existenzangst sich vermehrt. Jeder treibt sich hierbei selbst an seine unterste Reproduktionsgrenze und oft darüber hinaus - also in den Ruin. Mehrwert kann er für sich nicht schaffen, denn der steckt nur in der Maschine, die er verbraucht und ist Mehrwert für das Maschinen produzierende Kapital und nicht für ihn. Deshalb kommen nur relativ wenige Selbständige zu einer besseren Existenz. Alle zusammen erreichen hinterrücks eher eine besondere Variante, oft eine besonders selbstzerstörerische, in der Verlängerung des Arbeitstags. Dies wird inzwischen mit dem Begriff der Ich-AG offiziell propagiert und ist nichts anderes, als dass die Preise aller Arbeit durch Erhöhung der Konkurrenz von Selbständigen mit ungezügelten Arbeitszeiten gedrückt werden, um zugleich die Konkurrenz der Selbständigen gegen die Angebotslage der unselbständigen Arbeit zu kehren. Es ist die Minimierung des variablen Kapitals, die als neue Ausrichtung für die Gewinnung von Reproduktionsmöglichkeiten in selbständiger Arbeit erscheint, indem sie im Prinzip jeden Arbeiter auf die Jagd nach potentiellen Verbrauchern oder Nutzern ihres Könnens schickt. Mithin kann es so viele Verbraucher nicht geben, solange nicht das Arbeitsquantum für alle im Durchschnitt als Arbeitstag nach Maßgabe der Produktivität im Verhältnis zum Bedarf geregelt wird. Aber gerade dies macht die moderne Form der Krisenbewältigung aus: Durch die Masse vagabundierender Selbstausbeuter bleibt ein breiter Absatzmarkt an Produktionsmittel gesichert, der, sofern sie ihre Existenzen immer wieder gründen können, auch die allgemeine Krise auf unterstem Existenzniveau ausbadet. Selbstausbeutung ist auch von anderer Seite her die moderne Form der Ausbeutung, da diese den Reproduktionsdruck unmittelbar als Existenzdruck setzt und alle Sozialverträge umgeht. Das setzt voraus, dass Mehrwertproduktion gänzlich getrennt ist von der Reproduktion der Menschen, dass also eine Welt von Reproduzenten unterstelllt wird, woraus Mehrwert nur akzidenziell ausgepresst wird durch Anlage von Aktienkapital in den prosperitären Phasen. Von den Krisen wird es dann durch Aktienverkauf zumindest situativ freigestellt. Das macht dann praktisch die Konkurrenz der Aktionäre, die im Aktienan- und -verkauf die Marktentwickjlung gegeneinander bestimmen können. Und das ist natürlich grenzenlos möglich, sobald Kapital in freie Wechselkurse gestellt ist. Das ist die Grundlage der Globalisierung. |