"Die Erdschöpfung hat einen gewaltigen Stoß erhalten durch die Geognosie, d.h. durch die Wissenschaft, welche die Erdbildung, das Werden der Erde, als einen Prozeß, als Selbsterzeugung darstellte. Die generatio aequivoca ist die einzige praktische Widerlegung der Schöpfungstheorie. Nun ist es zwar leicht, dem einzelnen Individuum zu sagen, was Aristoteles schon sagt: Du bist gezeugt von deinem Vater und deiner Mutter, also hat in dir die Begattung zweier Menschen, also ein Gattungsakt der Menschen den Menschen produziert. Du siehst also, daß der Mensch auch physisch sein Dasein dem Menschen verdankt. Du mußt also nicht nur die eine Seite im Auge behalten, den unendlichen Progreß, wonach du weiter fragst: Wer hat meinen Vater, wer seinen Großvater etc. gezeugt? Du mußt auch die Kreisbewegung, welche in jenem Progreß sinnlich anschaubar ist, festhalten, wonach der Mensch in der Zeugung sich selbst wiederholt, also der Mensch immer Subjekt bleibt. Allein du wirst antworten: Diese Kreisbewegung dir zugestanden, so gestehe du mir den Progreß zu, der mich immer weitertreibt, bis ich frage, wer hat den ersten Menschen und die Natur überhaupt gezeugt? Ich kann dir nur antworten: Deine Frage ist selbst ein Produkt der Abstraktion. Frage dich, wie du auf jene Frage kömmst; frage dich, ob deine Frage nicht von einem Gesichtspunkt aus geschieht, den ich nicht beantworten kann, weil er ein verkehrter ist? Frage dich, ob jener Progreß als solcher für ein vernünftiges Denken existiert? Wenn du nach der Schöpfung der Natur und des Menschen fragst, so abstrahierst du also vom Menschen und der Natur. Du setzest sie als nichtseiend und willst doch, daß ich sie als seiend dir beweise. Ich sage dir nun: Gib deine Abstraktion auf, so gibst du auch deine Frage auf, oder willst du an deiner Abstraktion festhalten, so sei konsequent, und wenn du den Menschen und die Natur als nichtseiend denkend, denkst,so denke dich selbst als nichtseiend, der du doch auch Natur und Mensch bist. Denke nicht, frage mich nicht, denn sobald du denkst und fragst, hat deine Abstraktion von dem Sein der Natur und des Menschen keinen Sinn. Oder bist du ein solcher Egoist, daß du alles als Nichts setzt und selbst sein willst?" (siehe MEW Band 40 Seite 545f) Nichts ist für den Menschen - ganz gleich ob als Individuum oder als Gattung - fundamentaler als die Gewissheit eines eigenen In-der-Welt-seins, wie sie Descartes als unhinterfragbare Implikation schon des Denkens überhaupt formuliert hat: "Ich denke, also bin ich". Diese Selbstevidenz des denkenden Menschen muss für alle seine Tätigkeiten gelten, weil sie menschlichen Sinn äüßern. Dies ist die einzige Gewissheit gegen Gott, die Kritik Gottes schlechthin, und damit gegen das religiöse Denken und dem Sophismus überhaupt, dass der Mensch sich selbst durch sein Tätigsein außer sich sachlich evident macht, sich gegenständlich für sich unzweifelhaft ist, wenn er vor seiner Sache und für sie steht ohne selbst Sache zu sein. Sie ist gänzlich unmittelbar, unmittelbar sinnlich und benötigt weder eine Bestimmung des Menschseins noch die Behauptung einer menschlichen Identität. Die bürgerlichen Wissenschaften haben in ihrer Entwicklung durch das Identitätsstreben ihres Selbstbewusstseins, durch die Frage nach dem Sinn ihres Daseins - durch ihren "Hermeneutischen Zirkel" - ihr eigenes Nichtsein unterstellt und suchen seitdem nach Positionen und Modellen was Identität sein könnte, und sei es auch nur die reine Funktionalität oder die reine Struktur (siehe Strukturalismus) oder das reine Wesen (siehe Idealismus). Mit der Reinheit eines objektiven Seinsollens behaupten sie aber vor allem eine Nichtigkeit ihres Menschseins, bestätigen sie ein nichtiges Subjekt, dem sie gehorchen oder schon hörig sind und wofür sie ein höheres Wesen benötigen, durch das sie sein können, was sie für sich nicht sind: Einen Gott, einen Weisen, eine Erleuchtung oder ein kosmisches Prinzip schlechthin (siehe Esoterik). Es ist der Tanz um das Nichts, in dem alle derartigen Behauptungen münden. Wie soll man sich Nichts vorstellen können - als Nirvana, als Prinzip, als Parallelwelt (schwarze Löcher) usw.? Dass Nichts eben auch als Produkt zu verstehen ist, von dem, was wir sind, führt da weiter, denn aus Nichts kann nur werden, was nicht ist, weil es die Frage auflöst, was Sein ausmachen sollte, was also nicht ist und damit nur abstrakt und selbstreferenziell ist, Nichtigkeit behauptet, die erklärt werden soll, weil man darin nun einmal die Weisheit für das sucht, was man nicht weiß (siehe Philosophie). Es ist ein Prinzip der Ungewissheit, in der bürgerliche Forschung zu verstecken sucht, dass ihre Positionen selbst schon aus dem, was ist geflüchtet sind. Es ist der Begriff ihres Eskapismus, den sie suchen, um sich zu verewigen. Es ist also eine Scheinfrage, die um jede Art von Scheinantwort nicht verlegen sein wird. Es ist das Bedürfnis einer unendlichen Erkenntnis, die an allem vorbeigeht, woran sie schon vorbeigegangen war: Die Nichtigsetzung des Menschen. Diese zu beweisen kann daher nur die einzig wahre Antwort sein: Die Erkenntnis der Entfremdung des Menschen von seinem Menschsein. Sie besteht in der Analyse der menschlichen Geschichte als Geschichte der Menschheit (siehe historischer Materialismus). | ![]() |