„Die öffentliche Schuld wird einer der energischsten Hebel der ... Akkumulation. Wie mit dem Schlag der Wünschelrute begabt sie das unproduktive Geld mit Zeugungskraft und verwandelt es so in Kapital, ohne dass es dazu nötig hätte, sich der von industrieller und selbst wucherischer Anlage unzertrennlichen Mühwaltung und Gefahr auszusetzen.“ Der Staat bezieht sein Vermögen aus den Steuern und dem Inventar seiner Anlagen und Grundbesitztümer. Er gibt Geld aus, damit sich die allgemeinen Verhältnisse der Nation - insbesondere der Zahlungsmittel - und seiner internationalen Beziehungen und Pflichten zur optimalen Regeneration und Entwicklung der Verwertungsbedingungen (und damit zugleich eben auch des Wertwachstums) erhalten. Die Gemeingüter oder Sozialgelder, welche der Staat zu verwalten hat, machen aber nicht im Geringsten den Wert aus, der in den Staatsschulden dargestellt sein soll. Dort sind vor allem die Werte dargestellt, die sich nicht realisieren ließen. Die Staatsverschuldung ist zu ihrem wesentlichen Teil ein Kapital, das sich nur im Geldwert bewegt, ohne dass dieser an irgendeine Stelle seiner Kreisläufe festgehalten werden kann und also als bloße Option auf irgendeine Realisierung von Wert überhaupt existiert. Von daher sind solche Schulden zum großen Teil eine der Bewegungsforen des fiktiven Kapitals. Von daher muss der Staat alle Verwertungsprobleme des Kapitals auffangen, besonders die Entwertungen, die es erfährt, wo seine Mehrproduktion nicht mehr verkaufbar ist, wenn eine Preisbildung nicht möglich ist, welche den Wert der Produkte übertragen kann. Es entsteht dann eine ökonomische Krise, welche die Geldwerte verschleißt und der Staat sie durch Finanzkapital per Staatsanleihe stabilisieren muss. Es entsteht eine Staatsschuld. "Da die Staatsschuld ihren Rückhalt in den Staatseinkünften hat, die die jährlichen Zins- usw. Zahlungen decken müssen, so wurde das moderne Steuersystem notwendige Ergänzung des Systems der Nationalanleihen. Die Anleihen befähigen die Regierung, außerordentliche Ausgaben zu bestreiten, ohne dass der Steuerzahler es sofort fühlt, aber sie erfordern doch für die Folge erhöhte Steuern. Andererseits zwingt die durch Anhäufung nacheinander eingegangener Schulden verursachte Steuer-erhöhung die Regierung, bei neuen außerordentlichen Ausgaben stets neue Anleihen aufzunehmen. Die modernen Staatsfinanzen, deren Drehungsachse die Steuern auf die notwendigsten Lebensmittel (also deren Verteuerung) bilden, trägt daher in sich selbst den Keim automatischer Progression. Die Überbesteuerung ist nicht ein Zwischenfall, sondern vielmehr Prinzip. ..." (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 784) Staatsschulden sind, wie jeder Kredit, Vorwegnahmen einer produktiven Entwicklung der nationalen Wirtschaftsleistung - jedoch mit dem Unterschied, dass der Staat keine produktive Arbeit leistet, dass er also seine Bürger zu einem Wertwachstum verpflichtet, das sich nur über ihr Dasein als Bevölkerung des Staatswesens begründet. Von daher werden die Bürger, welche ihre Arbeitskraft im Sinne des Kapitals produktiv, also für die Schafffung von Mehrwert einbringen (siehe unbezahlte Arbeit), mehr belastet werden, und die, welche sich eher privat konsumtiv verhalten, entlastet werden. "Was die so genannte Vorwegnahme betrifft ... bei Staatsschulden, so bemerkt Ravenstone ... mit Recht: Indem sie vorgeben, die Ausgaben der Gegenwart in die Zukunft zu verschieben; indem sie behaupten, dass man die Nachkommenschaft belasten kann, um die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, behaupten sie das Absurde, dass man konsumieren kann, was noch nicht besteht, dass man von Lebensmitteln leben kann, ehe deren Samen in die Erde gesät worden sind. Die ganze Weisheit unserer Staatsmänner läuft auf eine große Übertragung von Eigentum von einer Klasse von Personen auf eine andere hinaus, indem sie einen enormen Fonds zur Belohnung von Spekulationen und Unterschlagungen schaffen." Der Staat muss immer Ausgleich schaffen zwischen dem Potenzial der nationalen Produktion und der Kaufkraft, also der Währungsstabilität des Geldes. Hiernach werden die Steuern in das Verhältnis von Kapital und Löhne gesetzt, also dem Produktivvermögen und dem Reproduktionsvermögen der Bevölkerung. Staatsverschuldung entsteht aus Steuerdefiziten, also daraus, dass die Reproduktion einer kapitalistischen Nation sich nicht vollständig aus den gesellschaftlich beanspruchten realen Anteilen, der Realwirtschaft der umlaufenden Geldwerte finanzieren kann und die Finanzmärkte national freigestellt sind. Sie entsteht, wo diese Werte nicht produktiv realisiert werden können, wo die Produktion also Wert erzeugt, der sich nicht mehr in die nationale Produktion investieren lässt, weil er sich nicht mehr über das Konsumtionsvermögen der Menschen realisieren kann. Dieser Wert erhält sich als fiktives Kapital in einem Schuldgeldsystem, das als Kredit davon zehrt, was das Wertwachstum nicht mehr als Wirtschaftswachstum realisieren kann, der also davon zehrt, dass Geld als Mehrwert im Überfluss besteht, mit dem darauf spekuliert wird, dass Schulden entstehen. Der hierin kursierende Mehrwert ergibt sich auss der Grundrente, die sich aus dem national verfügbaren Boden als nationale Grundrente in den Verhältnissen des Welthandels ergibt und in den Finanzhandel einbezogen wird. Wo sie dem Staat als politische Macht der bürgerlichen Gesellschaft zur Deckung seiner Staatsverschuldung über das Maß der allgemeinen Produktivität hinaus dient, schlägt die Grundrente in reine politische Gewalt um, die den Bürger als Bürgen seines politischen Raums auspresst (siehe Feudalkapital). Die Staatsverschuldung macht den Bürger zum Bürgen der nationalen Verwertungslage (siehe auch Feudalkapitalismus), der seine Steuern bezahlen muss, die über die Notwendigkeiten der nationalen Reproduktion hinaus ihm die Fiskalpolitik seines Landes diktiert. "Der Staat hat seinen Gläubigern jährlich ein gewisses Quantum Zins für das geborgte Kapital zu zahlen. Der Gläubiger kann hier nicht seinem Schuldner aufkündigen, sondern nur die Forderung, seinen Besitztitel darüber, verkaufen. Das Kapital selbst ist aufgegessen, verausgabt vom Staat. Es existiert nicht mehr. Was der Staatsgläubiger besitzt, ist 1. ein Schuldschein auf den Staat, sage von 100 Pfd.St.; 2. gibt dieser Schuldschein ihm den Anspruch auf die jährlichen Staatseinnahmen, d.h. das jährliche Produkt der Steuern, für einen gewissen Betrag, sage 5 Pfd.St. oder 5%; 3. kann er diesen Schuldschein von 100 Pfd.St. beliebig an andre Personen verkaufen. Ist der Zinsfuß 5%, und dazu Sicherheit des Staats vorausgesetzt, so kann der Besitzer A den Schuldschein in der Regel zu 100 Pfd.St. an B verkaufen; denn für B ist es dasselbe, ob er 100 Pfd.St. zu 5% jährlich ausleiht, oder ob er durch Zahlung von 100 Pfd.St. sich einen jährlichen Tribut vom Staat zum Betrage von 5 Pfd.St. sichert. Aber in allen diesen Fällen bleibt das Kapital, als dessen Abkömmling (Zins) die Staatszahlung betrachtet wird, illusorisch, fiktives Kapital. Nicht nur, daß die Summe, die dem Staat geliehen wurde, überhaupt nicht mehr existiert. Sie war überhaupt nie bestimmt, als Kapital verausgabt, angelegt zu werden, und nur durch ihre Anlage als Kapital hätte sie in einen sich erhaltenden Wert verwandelt werden können. Für den Originalgläubiger A repräsentiert der ihm zufallende Teil der jährlichen Steuer Zins von seinem Kapital, wie dem Wucherer der ihm zufallende Teil des Vermögens des Verschwenders, obgleich in beiden Fällen die geliehene Geldsumme nicht als Kapital verausgabt ward. Die Möglichkeit, den Schuldschein auf den Staat zu verkaufen, repräsentiert für A den möglichen Rückfluß der Hauptsumme. Was den B angeht, so ist von seinem Privatstandpunkt aus sein Kapital als zinstragendes Kapital angelegt. Der Sache nach ist er bloß an die Stelle von A getreten und hat dessen Schuldforderung auf den Staat gekauft. Diese Transaktionen mögen sich noch so sehr vervielfältigen, das Kapital der Staatsschuld bleibt ein rein fiktives, und von dem Moment an, wo die Schuldscheine unverkaufbar würden, fiele der Schein dieses Kapitals weg. Nichtsdestoweniger ... hat dies fiktive Kapital seine eigne Bewegung.“ (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 482f.) Der nationale Geldumlauf zwischen Produktion und Konsumtion stellt einen immer geringer werdenden Anteil am gesamten Geldumlauf des Kapitals dar, je ausgedehnter die Finanzmärkte sind. Darin verhalten sich einerseits die Kosten zur Reproduktion des gesamten Produktionsverhältnisses zur Revenue des ganzen Kapitalverhältnisses zu Lasten der Verwertung, also in negativer Realisierung von Wert. Es beweist sich darin also eine Produktion, deren Verwertung in eine Krise geraten ist, weil der damit erzeugte Wert zu einem großen Teil als reines Schuldgeld fiktiv bleibt. Die akute Überschuldung eines Staates wird meist ausgelöst durch die Erfordernisse der Geldwertdeckung durch Forderungen an die zentralen Banken (Bundesbank, Europabank). Geld, das durch Kapitalspekulation entwertet wird (vergl. z.B. der Geeldwertverlust durch die US-Immobilienkrise) muss - um Inflation abzuwenden - mit "frischem Geld" aus der zentralen Finanzstelle wieder gedeckt werden, also letztlich aus Steuergeldern oder anderen Staatseinnahmen (Wertüberschüssen aus dem Devisenhandel, Sozialkasse, Rentenkasse). Das unrealisierte Kapital ist als fiktiv gewordenes Kapital zum einen mit Arbeitsaufwänden erwirtschaftet worden, droht zum anderen aber auch wertlos zu werden, wenn es nicht durch Spekulation schließlich doch noch realisiert werden kann. Von Daher droht eine Negativverwertung real zu werden, durch welche die Staatsbürger als Schuldner herangenommen werden und für eine nachträgliche Kapitaldeckung in zweiter Instanz hergenommen werden. Dann allerdings müssen sie dasselbe Kapital noch mal erwirtschaften. Und so sind die, welche die Steuer für die Staatsverschuldung bezahlen doppelt enteignet: sowohl zur Erarbeitung des fiktiven Kapitals wie auch zur Begleichung der damit einegangenen Verschuldung. Staatsverschuldung ist de facto die Beteiligung des Staats am Finanzkapital, indem durch Staatsanleihen sein Vermögen gegen seine Schuld gerechnet wird. Und diese Anleihen gelten als besonders sicher, weil sie durch das produktive Vermögen der Staatsbürger und ihrer Institutionen gedeckt gilt. Sie ist positiv gesagt die Anlage von Wertmasse, die sich nicht realisieren lässt und sich als Soll gegenüber der Bevölkerung darstellt, z.B. durch das Deckungsversprechen durch nochmals einzubringende Arbeitszeit in Steuererhöhung oder Erhöhung der Sozialbeiträge, durch welche der unrealisierte Wert im Nachhinein nochmals gedeckt werden soll (siehe Negativverwertung), um die Gesamtanlage des Produktionsverhältnisses zugunsten der weiteren Verwertung zu erhalten. Gelingt dies nicht innerhalb der Umlaufzeiten von Kapital, so würde ein Staatsbankrott entstehen, wenn der Staat dann nicht zum Funtionär eines Feudalkapitalismus wird. Der Staat funktioniert aber nicht wie eine Betriebswirtschaft. Er kann also eigentlich nicht bankrott gehen. Seine Schulden sind immer gedeckt durch die Lebensverhältnisse selbst. Auch höchst verschuldete Staaten haben höchste Bonität bei den Finanzinstituten, weil sie ja letztlich deren letzter Rückhalt sind, der nur gemessen werden kann an der Gewalt, mit dem Forderungen durchgesetzt werden könnan. Die Staatsverschuldung ist von daher das wesentliche Handwerkzeug des Kapitals. Staatsschulden bedeuten ja für die Menschen Steuerabgaben, die keine Rückkunft mehr im praktischen Leben der Menschen (z.B. als verbessertes Bildungswesen, Gesundheitswesen usw.) haben, so etwas wie ein Ausgleich für Werte, die in der normalen Produktion nicht mehr realisiert werden können. Von daher stehen sie an erster Stelle des Krisenmanagements. Wenn das Kapital in der Krise ist, dann wachsen die Staatsschulden. Dass das Schuldgeldsystem auf Staatsverschuldung beruht, ist ein altes Wissen, an dessen Geschichte Marx erinnert: "Das System des öffentlichen Kredits, d.h. der Staatsschulden, dessen Ursprünge wir in Genua und Venedig schon im Mittelalter entdecken, nahm Besitz von ganz Europa während der Manufakturperiode. Das Kolonialsystem mit seinem Seehandel und seinen Handelskriegen diente ihm als Treibhaus. So setzte es sich zuerst in Holland fest. Die Staatsschuld, d.h. die Veräußerung des Staats - ob despotisch, konstitutionell oder republikanisch - drückt der kapitalistischen Ära ihren Stempel auf. Der einzige Teil des sogenannten Nationalreichtums, der wirklich in den Gesamtbesitz der modernen Völker eingeht, ist - ihre Staatsschuld. Daher ganz konsequent die moderne Doktrin, daß ein Volk um so reicher wird, je tiefer es sich verschuldet. Der öffentliche Kredit wird zum Credo des Kapitals. Und mit dem Entstehen der Staatsverschuldung tritt an die Stelle der Sünde gegen den heiligen Geist, für die keine Verzeihung ist, der Treubruch an der Staatsschuld." (Marx in MEW 23, S. 782) Wenn ein Betrieb Schulden vom Jahresvolumen des Jahresumsatzes (ist nicht gleich dem Jahresüberschuss!!) hat, ist es im betriebswirtschaflichen Verständnis längst bankrott, denn es kann nicht mal die Produktionskosten vorschießen. Der Staat weiß die Verschuldung aber immer als seinen Ausweg, weil er alle Forderungen an die Steuerzahler und die Generationen ihrer Nachfolger abtritt. Erbringen soll den Schuldausgleich zu über 70% die Steuer der Besitzlosen (Lohnabhängige, Kleinunternehmer). Zwar steht in den Sternen, wann jemals eine Schuld von 1,48 Billionen Euro (derzeitige Verschuldung BRD) abbezahlt sein könnte, wenn die Bundesfinanzminister nur noch darum kämpfen, überhaupt auf Null Neuverschuldung hin zu kommen und darauf stolz wären, wenn sie es denn mal erreichen könnten. Schon 10 Milliarden Euro Schuldentilgung jährlich erschienen traumhaft. Aber selbst damit könnte der Staat erst in 134,5 Jahren schuldenfrei sein, wenn er für diese Zeit immer diesen Überschuss an Steuereinnahmen machen würde und keine Zinsen bezahlen müsste. Mit Zinsen dürften das über 250 Jahre sein. Die Staatsschuld ist also sowieso ein Witz - oder besser: Das Damoklesschwert, das beständig gegen die Bevölkerung gerichtet ist, weil damit jede Forderung auf praktisch unbeschränkte Zeit begründet werden kann, die zum Erhalt des Kapitalverhältnis nötig erscheint. Die Krisen des Kapitals dauern nun schon sehr lange und in Wahrheit ist der Staat längst "bankrott". Die Staatsschulden sind die vom Kapital nicht erbrachten Reproduktionsleistungen im Lebensraum einer darin politisch zugewiesenen Bevölkerung, also eigentlich ergaunertes variables Kapital. Weniger bedeutungsvoll ist, ob der Staat eine Lobby hat, ob die Industrie ihn aktiv und bewusst bedrängt oder nicht. Eigentlich soll er ja "nur" Politik machen, Basis und Zukunft sichern usw. Dass er dabei das Kapitalverhältnis selbst unterstützen muss, ist unter dieser Bedingung selbstverständlich. Es geht also nicht um eine Erpressung der Politiker durch das Kapital, sondern alleine um die Verschleierung des allgemeinen Zustands, nämlich dass eigentlich die gesellschaftlich Grundlagen des Kapitalismus bereits ruiniert sind. Was geschieht, ist lediglich die Arterhaltung einer gesellschaftlich Geld schuld an das Kapital der Finanzmärkte, also an das fikteve Kapital. Und dieses wird eben genau hierdurch "gedeckt". D.h. statt Geld zu decken, das produzierte Güter oder politische Potenzen (Grundrente) repräsentiert, treibt das insgesamt bankrotte Kapital dahin, Staatsschulden zu verschärfen, um das Kapital wie ein Glücksspiel auf dem Aktienmarkt erscheinen zu lassen. Die Macht, die den Aktivitäten für das, was hierzu nötig ist, zugrunde liegt, kann nur noch das Militär sein. Kriege vermitteln die Gewalt, wonach die verschiedenen Staaten dazu gedungen werden, die Preise und Devisenbewertungen zu akzeptieren, die das Kapital zu seinem unendlichen Erhalt nötig hat. (Siehe hierzu auch "Petrodollar" ), | ![]() |