"Das Individuum A dient dem Bedürfnis des Individuum B vermittelst der Ware a, nur insofern und weil das Individuum B dem Bedürfnis des Individuums A vermittelst der Ware bedient und viceversa. Jedes dient dem andern, um sich selbst zu dienen; jedes bedient sich des andern wechselseitig als seines Mittels. Es ist nun beides in dem Bewußtsein der beiden Individuen vorhanden; erstens, daß jedes nur seinen Zweck erreicht, soweit es dem andern als Mittel dient; zweitens, daß jedes nur Mittel für das andere (Sein für anderes) wird als Selbstzweck (Sein für sich); drittens, daß die Wechselseitigkeit, wonach jedes zugleich Mittel und Zweck; und zwar nur seinen Zweck erreicht, insofern es Mittel wird, und nur Mittel wird, insofern es sich als Selbstzweck setzt, daß jeder sich also als Sein für andere setzt, insofern er Sein für sich und der andere als Sein für ihn, insofern er Sein für sich - daß diese Wechselseitig ein notwendiges Fakt ist, vorausgesetzt als natürliche Bedingung des Austauschs, daß sie aber als solche jedem der beiden Subjekte des Austausche gleichgültig ist, und ihm diese Wechselseitigkeit nur Interesse hat, soweit sie sein Interesse als das des anderen ausschließend, ohne Beziehung darauf, befriedigt. Das heißt, das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv des Gesamtakts erscheint, ist zwar als Fakt von beiden Seiten anerkannt, aber als solches ist es nicht Motiv, sondern geht sozusagen nur hinter dem Rücken der in sich selbst reflektierten Sonderinteressen, dem Einzelinteresse im Gegensatz zu dem des anderen vor." (Marx Grundrisse, MEW 42, S. 168) Was im Neuhochdeutschen „tauschen“ bedeutet geht zurück auf das mittelhochdeutsche „tūschen“, was „unwahr reden, lügnerisch versichern, anführen“ heißt (Duden 1963). Die ursprüngliche Wortbedeutung kannte noch die widersinnige Subjektivität einer Sprache, die mit ihrer Instrumentalisierung zur Bewertung von Gütern für den Warentausch immer objektiver wurde. Subjektiv und also unmittelbar ist jeder Tausch tatsächlich eine Täuschung, weil in der Wechselseitigkeit eines Tauschverhältnisses Jedes "seinen Zweck {nur} erreicht, soweit es dem andern als Mittel dient", und es kann nur Mittel sein, wenn und wo es sich als dieses sein lässt, sich selbst dazu bestimmt, "insofern es sich als Selbstzweck setzt". Die Beziehungen im Tausch sind also in ihrer Bestimmung zugleich ausschließlich und objektiv gleich geltend (siehe Gleichgültigkeit), im Widerspruch zu sich selbst, der nur durch die Wirklichkeit eines "gemeinsamen Dritten" aufgehoben werden kann (siehe Dialektik). Von daher offenbart der Tauschwert einer Sache einen Widersinn in sich, der objektiv durch sein Dasein in der Verselbständigung eines Werts an sich und zugleich für andere sich verwirklichen muss. Das einzelne Tauschverhältnis geht demnach im Allgemeinen in einem gesellschaftlichen Verhältnis einer allgemeinen Wertigkeit der Tauschwerte auf, die sich in der Preisform ihres Verhaltens objektiv erweisen muss, die also erst im Nachhinein des Austauschs sich im durchschnittlichen Verhältnis der Preise zwischen Angebot und Nachfrage erweisen und beweisen kann (siehe hierzu Geld). So entsteht im Warentausch eine formelle Gleichsetzung von Menschen und Gütern (siehe Gleichheit), die ihrem Inhalt nach der Gesellschaft entzogen sind und von der Hand eines Produzenten über die Gleichsetzung durch Geld, durch die Wertform ihres bloßen Tauschwerts, in die Hand eines Konsumenten wechselt. Die gleiche Gültigkeit, der Preis des Geldwerts, ist die Form dieses Verhältnisses als selbständiges Medium der Gleichgültigkeit einer gesellschaftlichen Beziehung von ausschließlich privaten Interessen der Menschen. Diese sind auf das reduziert, was sie auf dem Warenmarkt austauschbar macht und verarmen darin ihren sinnlichen Gehalt, ihren gesellschaftlichen Sinn., indem sie diesen einer formellen Allgemeinheit des gesellschaftlichen Zusammenhangs, ihrer abstrakt allgemeinen Beziehung unterwerfen. Dagegen ist der Austausch von Gedanken, Dingen, Arbeiten usw. bereichernd für alle daran Beteiligten, wenn er nicht um des Tauschens willen geschieht, sondern in einem gegenständlichen Zweck steht, zu welchem von den beteiligten Menschen beigetragen wird - wenn er also gesellschaftlich ebenso wirklich ist, wie für das einzelne Individuum. Durch das Zusammenwirken der Menschen im Austausch von Inhalten entsteht so ein konkreter gesellschaftlicher Fortschritt, Gesellschaft überhaupt, worin sich die Synergie ihrer Beziehung entfalten kann. Lediglich um die Verteilung des Aufwands hierfür könnte Streit entstehen, weil es ungerecht zugeht, wenn die einen Menschen unter Druck geraten, weil die anderen nichts beitragen wollen zu dem, was sie für sich zu gewinnen suchen, wenn sie also im Ausschluss des gesellschaftlichen Verhältnisses, also privat genießen, was gesellschaftlich hergestellt wird. Privater Gewinn durch Tausch steht zu jeder gesellschaftlichen Entwicklung schon der Form nach im Widerspruch (siehe Privateigentum), besonders, wenn darauf spekuliet wird, möglichst viele Güter für sich beizuschaffen, um sich damit vor eigenem Zutun zurück zu halten, um Verfügungsmacht über die zu erlangen, die dann schließlich das herstellen müssen, was nicht von ihnen angegeignet werden kann, die sich verausgaben müssen, um das Notwendige für den Erhalt des Bestehenden zu tun, mit dem sie dennoch ihre Not haben und diese auch behalten. Als Besitzlose bleiben sie vom Tausch des Privateigentums ausgeschlossen. Sie können nur soviel erwerben, was zur Reproduktion ihrer Existenz notwendig ist, wenn andere das erwerben können, was gesellschaflich wirksam ist. Dies wechselseiteig Verhalten von Privateigentum zur Reproduktion einer isolierten Existenz bezieht sich gesellschaftlich durch den Warentausch. Aus dem Tausch wird hierdurch eine Täuschung ihrer Privatheit, indem diese gesellschaftlich vollständig gleichgültig wird, wodurch sich die Menschen nur Enttäuschen können. Ihre gesellschaftliche Beziehung ist nicht wirklich gesellschaftliche Bereicherung, sondern gesellschaftliche Verarmung. Privateigentum ist Raub, was das Wort ja im Lateinischen bedeutet, weil es entfremdetes Eigentum, fremden Eigenschaften enwendetes Vermögen ist. Privateigentum ist geraubtes Vermögen, Kraft und Sinn fremder Fähigkeiten und Eigenheiten, Besitz durch fremdes Eigentum. Man kann solche Probleme aber auch leicht beheben, indem die Beitragenden Verträge miteinander machen, also eine Vertragswirtschaft betreiben. Das Verhältnis der Tauschenden wäre so ein ihnen entsprechendes Rechtsverhältnis. Die bürgerliche Gesellschaft allerdings beruht auf einem Tauschverhältnis, worin die Güter, welche getauscht werden, darin bestimmt sind, dass sie als Arbeitsteile ohne konkrete gesellschaftliche Vermittlung in Beziehung treten, dass sie für den einen lediglich als Besitz überzählig sind, während sie für den anderen lebensnotwendig sind. Auf dem Markt werden sie als Waren gesellschaftlich behandelt. Sie werden abgesetzt, weil sie nicht gebraucht werden, und weil zugleich vieles andere gebraucht wird, das sich in fremder Hand befindet. Als Waren stellen sie sich als Erzeugnisse aus konkreter Arbeit dar, gelten allgemein aber lediglich als irgendwelche Dinge, die irgendwann und irgendwie gebraucht werden und dann private Verfügung über andere Arbeitsteile aus fremder Hand ermöglichen. Der Warentausch ist das Verhältnis, worin Besitz als Privateigentum gesellschaftlich aufeinander bezogen wird, worin also das Recht des Privateigentums bestimmend ist. Die Warenbesitzer vergleichen darin ihre Waren und bestimmen hierdurch ihren Wert. Dieser besteht in seiner konkreten unmittelbaren Form als Gebrauchswert, in seiner abstrakten Allgemeinheit als Tauschwert (siehe Wertform). Der Schein, worin sich die Waren hierdurch als Gesellschaft von Wertdingen geben, wird zum Fetisch für die Menschen, die darin ihren gesellschaftlichen Zusammenhang erfahren (siehe Warenfetisch). "Produktion, Distribution, Austausch, Konsumtion bilden so einen regelrechten Schluß; Produktion die Allgemeinheit, Distribution und Austausch die Besonderheit, Konsumtion die Einzelnheit, worin sich das Ganze zusammenschließt. Dies ist allerdings ein Zusammenhang, aber ein flacher. Die Produktion ist durch allgemeine Naturgesetze bestimmt; die Distribution durch gesellschaftlichen Zufall, und sie kann daher mehr oder weniger befördernd auf die Produktion wirken; der Austausch liegt zwischen beiden als formalgesellschaftliche Bewegung, und der schließende Akt der Konsumtion, der nicht nur als Endziel, sondern auch als Endzweck gefaßt wird, liegt eigentlich außerhalb der Ökonomie, außer soweit er wieder zurückwirkt auf den Ausgangspunkt und den ganzen Vorgang von neuem einleitet." (Grundrisse MEW 42, S. 25) | ![]() |