Vereinzelung entsteht in der Isolation der Bedingung einer wahren Selbsterkenntnis. Sie ist die durch eine gesellschaftliche Macht isolierte Einzelheit, die Reduzierung eines Zusammenhangs auf eine ohnmächtige, und also monadische Existenz, die dadurch an Macht gewinnt, dass sie Ohnmacht verallgemeinert (siehe hierzu auch Faschismus). Einzelne Beziehungen sind sich solange nicht einander gleichgültig, solange sie in ihrem einzelnen Sein etwas Gemeines haben, in Allem gemein für sich sind und nicht als Besonderheit abgesondert existieren. Das Gemeine hat Bestand in Gesellschaften, soweit darin seine Wahrheit auch im Einzelnen bestätigt ist. Es bildet Gemeinschaft sich durch die Auseinandersetzung seiner Einzelheit: Das Auseinandersein und Zusammenfinden und das Zusammensein und Auseinandergehen. Erst in der Gesellschaft ist diese Bewegung in objektivem Sein wirklich aufgehoben (siehe hierzu auch Demokratie). Wenn eine Allgemeinheit nur noch durch ihre isolierten Einzelheiten existieren kann, wenn sie als Monade nur durch die Wiklichkeit einer abstrakten Allgemeinheit verörpert ist, wenn sie allem Einzelnen abstrakt zusteht und sie zugleich nur durch ihre Einzelheit bestimmt auftreten kann, ist sie im Allgemeinen ausschließliche Macht der Selbstbezogenheit, weil diese als eine mächtige Bestimmung ihrer abstrakt allgemeinen Substanz außer sich, durch die allgemein besonderte Substanz ihrer Elementarform (siehe hierzu Geldform) die Macht ihrer Allgemeinform verköpert, die durch ihre Wirkung auf andere als besondere Allgemeinform der Einzelheiten zum Subjekt ihrer Entäußerungen wird. Gegen diese ist jedes Einzelne dann ein besonderes Einzelnes und muss auf seine allgemeine Besonderheit bestehen. Es kann schließlich nicht zu sich selbst abstrakt sein. Allerdings lebt es sich dann auch gut in solcher abstrakten Allgemeinheit - zumindest solange das Besondere in ihrem Licht und nicht in ihrem Schatten steht. Wenn etwas Einzelnes aus seinem Zusammenhang isoliert wird, so wird es ohnmächtig, in seiner Kraft vereinzelt, sein Zusammenhang im Ganzen entwirklicht und sein Sinn entgegenständlicht. Wer die Macht hat, Menschen zu vereinzeln, hat auch die Macht über ihr Leben im Ganzen, denn durch die Teilung und Abtrennung von Lebenszusammenhängen wird nicht nur der einzelne Mensch auf sich selbst reduziert, sondern seiner sozialen Vermittlung und Kraft beraubt, seines allgemeinen Wesens enthoben, das seiner Existenz vorausgesetzt ist (siehe hierzu auch Gemeinwesen). Er wird hierdurch ausschließlich einzeln, zu einem von sich selbst ausgeschlossenen Wesen. Von daher ist Vereinzelung ein politisches und polizeiliches Mittel der Disziplinierung der Bevölkerung. In zwischenmenschlichen Verhältnissen stellt sich dies als Vereinsamung dar, die zu neuen Beziehungen mit anderen Inhalten treibt, um sich in neue Zusammenhänge zu begeben. Das Einzelne kann in Wahrheit sich nur durch das ihm schon vorausgesetzte Allgemeine bilden und bestärken. Denn alles, was einzeln ist, kann für sich und durch sich nicht allgemein sein. Umgekehrt muss aber im Allgemeinen alles auch Einzeln, also von jedem anderen Einzelnen unterschieden und doch gleich, nämlich ihm gemein sein. Alles was von allen Gemeinen augeschlossen ist, kann nur sich selbst gleich bleiben, wird daher an sich gleichgültig gegen das, was seine Allgemeinheit im Einzelnen ausmacht, ist ausschließlich einzeln, weil es von seiner wirklichen Gemeinschaft absehen muss, weil es durch seine Absichten nur abstrakt allgemein sein kann. Wenn und weil es weil es konkret von seiner wahren Allgemeinheit getrennt ist, wird es in seiner Einzelheit selbst ausschließlich und ausschließend, begegnet allem nur in seiner Isolation abstrakt und kann daher auch nur durch deren unterschiedene und unterschiedlichen Einzelheiten für sich bestimmt auftreten. Es kann aber auch eine durch sich mächtige Bestimmung eine gesellschaftliche Macht der Verschlossenheit durch das Allgemeine verkörpern, wenn und wo diese zu einer Formbestimung, zur allgemeinen Form (siehe Allgemeinform), zur Form der Allgemeinheit eines sich selbst abstrakt werdenden Verhältnisses sein (siehe hierzu auch Wertform). Aber Einzelnes stirbt und verwest, indem es im Allgemeinen überlebt. In der Einzelheit exisiert etwas, das sich vom Allgemeinen unterscheidet, sich in diesem ungebrochen ausschließlich auf sich selbst bezieht, also auch ausschließlich für sich bestimmt, ohne als Negation, also abstrakt bezogen zu sein. So war es denn auch für Theodor W. Adorno ein Anliegen, das Ganze dieser negativen Allgemeinheit kraft seines Denkens auszuschließen (siehe negative Dialektik), das Licht von seinem Schatten zu befreien, indem er es einem bloß falschen Gedanken zuweist, das Ganze aus seiner bloßen Ansicht zu bestimmen. Dieses sei eben nur die Konstruktion einer Totalität, die dem Einzelnen einen fremden Begriff von Wirklichkeit zumutet. Er wollte aus seiner der hegelschen Dialektik noch verfallenen Denkweise nicht die Entfremdung des Menschen von seiner Sache als etwas Ganzes, als eine gesellschaftliche Wesensnot einer geschichtlich gegebenen Entwicklung denken, sondern dem Denken einen Dogmatismus der Ganzheit im Verhältnis zu seiner Sache vorwerfen: "Eine jede Ansicht von der Gesellschaft als ganzer transzendiert notwendig deren zerstreute Tatsachen. Die Konstruktion der Totale hat zur ersten Bedingung einen Begriff von der Sache, an dem die disparaten Daten sich organisieren. Sie muß, aus der lebendigen, nicht selber schon gesellschaftlich installierten Kontrollmechanismen eingerichteten Erfahrung [...]; aus der unbeirrten Konsequenz der eigenen Überlegung jenen Begriff immer schon ans Material herantragen und in der Fühlung mit diesem ihn wiederum abwandeln. Will Theorie aber nicht trotzdem jenem Dogmatismus verfallen, über dessen Entdeckung zu jubeln die zum Denkverbot fortgeschrittene Skepsis stets auf dem Sprung steht, so darf sie dabei nicht sich beruhigen. Sie muß die Begriffe, die sie gleichsam von außen mitbringt, umsetzen in jene, welche die Sache von sich selber hat, in das, was die Sache von sich aus sein möchte, und es konfrontieren mit dem, was sie ist. Sie muß die Starrheit des hier und heute fixierten Gegenstandes auflösen in ein Spannungsfeld des Möglichen und des Wirklichen: jedes von beiden ist, um nur sein zu können, aufs andere verwiesen." (Adorno 2003, 197) |