Ein Wahn ist eine entäußerte Identität der Wahrnehmung (siehe Wahrnehmungsidentität), die eine innere Wahrheit aus sich selbst heraus sucht (Selbstwahrnehmung), die außer sich unmnöglich ist - dem Traum ganz ähnlich. In der gewähnten Wahrheit ereignet sich ein Gefühl, das seine Empfindungen nurmehr interpretieren kann als ein inneres Ereignis, weil es seinen Körper hinter sich gelassen hat. Er bildet sich als ein eigener Gedanke, der sich mit seiner Erwähnung gegen die Wahrnehmung richtet, weil er sie nicht ertragen kann und daher sich selbst tragen muss. Das Denken ist hierbei von einem Chaos seiner Empfindungen beherrscht und muss sich über die Wahrnehmung Sinn verschaffen, um ihr einen gewähnten Sinn zu geben gegen das, was sie nicht fassen kann. Er besteht aus den Empfindungen absolut gewordener Selbstgefühle, die eine Schutzmacht vor der wirklichen Wahrnehmung errichten, um die Panik, die sie verursachen würde, durch einen Eigensinn der Wahrnehmung, durch eine eigene Sensorik abzuwehren. Wer visuelle oder akustische Halluzinationen hat oder seinem Geruchsinn oder Tastsinn nicht mehr trauen kann, versetzt sich ob der Verwirrung, die ihn hierbei überkommen muss, in eine Eigenwelt, die seine innere Wahrmehmung, also das, was hinter allem Selbstgefühl für ihn wahr ist und verschafft sich aus ihrem Standort für seine Wahrnehmung innere Ereignisse, die sich gegen die äußeren richten. Es sind Inhalte die einen Eigensinn aufklären sollen, der in der Wahrnehmung nurmehr als Unsinn wahrgehabt werden kann. Zum Beispiel spricht in den Stimmen, die auf diese Weise gehört werden, die Macht einer Identität, die sich gegen eine hörigen Wahrnehmung wendet (siehe Hörigkeit), sich ein Gehör erzeugt für das, was sie nicht hören kann, was aber ihre Beziehung bestimmt. Ähnlich kann es dem Geruchsinn ergehen, wenn ein Mensch in einer bestimmten Situation sich und andere nicht riechen, nicht leiden kann. Und wer dem Augenschein erlegen ist, muss dessen Wahrheit als Halluzination erfahren. Der Wahn ist nichts anderes als die Wahrnehmung einer innerlichen Wahrheit, die von der äußerlichen abgespalten ist, sich gegen ihre Entäußerung wendet. Ihre Abstraktionskraft ist die Wirkung einer antäußerten Beziehung. Sie entsteht im Trieb ihres Unfriedens in einer unbefriedigten Beziehung, die sich sinnlich verselbständigt hat, die also gewalttätig wird, wo und weil sie unsinnig geworden, wo sie substanziell außer sich geraten ist und im Trieb ihrer wesentliche Lebensäußerung entstellt und in ihrer Entstellung entstellt sit, die sie verrückt macht. Der Wahn entsteht aus der Kraft einer entwirklichten Wahrnehmung, die suggestiv geworden war und in sie eindringt. Suggestion erzeugt die Macht einer entwirklichten Wahrnehmung, einen Sog, der aus einer abwesenden Wahrheit entsteht, aus der die Gegenwärtigkeit ihrer ästhetischen Verdichtung die Wahrnehmung abstrakt bestimmt und ihre Reduktion im Nichtungsprozess, also aus einer vernichteten Wahrnehmung heraus das Gewähnte produziert. Es ist die Tätigkeit eines Eindrucks im Wahrnehmungsprozess, die entweder mit einer manipulativen Absicht an sie gerichet wird oder ihrer Bereitschaft hierfür aus vernichteter Wahrheit in ihrer Negation selbst entspricht und in der Wahrnehmung deren seelische Bedingung veräußert, indem sie diese ihrem Gegenstand unterstellt. Das Wahrgehabte wird nicht als Inhalt der Wahrnehmung wahr, sondern aus ihrer Form, aus dem Körper ihrer Organe. Wahn kommt eigentlich von Witz und meint schon im Wortursprung so etwas wie Wahnwitz. Das Wähnen hat sprachgeschichtlich damit nicht viel gemein. Im Wahn springt man allerdings tatsächlich über seinen eigenen Schatten, ist dem Witz näher, den etwas hat, als der Sache. Es ist der Witz der Sache, die sich positiv aus einer reduzierten Wahrnehmung als suggestive Selbstwahrnehmung über sie erheben kann oder aber den Fortgang ihrer Vernichtung objektiv betreibt, indem sie ihr Unvermögen, Wirklichkeit wahrzuhaben gegen sich zirkulär potenziert und die Kraft der entwirklichten Wahrnehmung befriedet und erschöpft. Wahn ist das Geschöpf einer Befriedung, hat aber oft die bloß negative Bedeutung, die den Wortsinn aber eher entstellt und zur aufgeklärten Intervention einer objektiv dünkenden Vernunft gemahnt. Aber nicht mal der Wahnsinn hat solche Interventionen nötig und zeugt oft von einer größeren Freiheit als diese je vermitteln können, weil er eben seinen Witz hat, seine Sache erkennt, auch wenn und weil er ihre Wirklichkeit verkennt. Wahn wird meist nur als Versagen gegen die Wirklichkeit begriffen und auch umgangssprachlich ist das Wähnen eher auf ein objektives Unvermögen bezogen, denn auf subjektives. Aber er ist eine durchaus objektive Tätigkeit eines Subjekts, das zu begreifen sucht, dass es aus äußeren Gründen nicht innerlich sein kann, mit einer Wahrheit leben muss, die nicht sein kann. Es setzt dies Lebensbedingungen voraus, die nicht wahr sein können oder dürfen, aber Macht haben (z.B. der selbstbezügliche Gerbrauch von Kindern in der Familie). Wo etwas nicht klar zu sehen, zu erkennen, wahrnehmbar ist, muss es gewähnt werden. Im Wahn wird Wahrheit gesucht, geahnt oder als Wahnsinn gewährt, ohne dass dies irgendeine Gewissheit erlangt. |
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