Wer seinen Willen kürt, der gibt ihm den Charakter einer Veranstaltung, der Darstellung seiner Gestaltungsmacht, der Befriedigung seiner Egozentrik. Das setzt voraus, dass ihm hierbei zugesprochen und Recht gegeben wird und sich sein Geltungsbedürfnis als willkürliches Verhalten, als Verhältnis gegen die ihm an und für sich gleichgültigen Beziehungen durchsetzt, dass also der auf diese Weise veranstaltete Wille über die Mittel verfügt, die es ihm ermöglichen, dass andere seinem Willen folgen, lauschen, zusehen, applaudieren usw.. Willkürlich ist eine gegen jede Bestimmheit gleichgültige Beziehung, mithin die Beliebigkeit einer Macht, welche allgemeine Ohnmacht zur Bedingung hat. Das allgemeine Mittel einer solchen ist vor allem der Geldbesitz. Von daher kümmert sich der Liberalismus auch mit Vorliebe um diesen. Nach dem bürgerlichen Recht wird Willkür nämlich begriffen als beliebige Entscheidungsfreiheit, als "Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit". Was da gerne als Freiheit zur Entfaltung eigener Menschlichkeit formuliert und ideologisch transportiert wird, ist in Wahrheit die Beförderung der Privatpersönlichkeit über die Notwendigkeiten ihrer Selbsterhaltung hinaus, Beförderung also der Besitzanteile am gesellschaftlichen Mehrwert, die im Großen und Ganzen den Menschen zugute kommen, die von unbezahlter Arbeit anderer Menschen leben können. Von daher ist der Liberalismus das Gegenteil von einer Freiheitsbewegung. Denn unbegrenzte Freiheit, also die Freiheit jenseits von dem Streben zur Aufhebung von Notwendigkeiten, ist Willkür. Willkürlich ist demnach die Ausübung einer Macht, die sich gegen die in Vertragsverhältnisse der gesellschaftlich vermittelten Notwendigkeiten (z.B. Generationenvertrag, Arbeitsvertrag, Handelsvertrag) verhalten kann. |