"Die Philosophie hat sich verweltlicht, und der schlagendste Beweis dafür ist, daß das philosophische Bewußtsein selbst in die Qual des Kampfes nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich hineingezogen ist. Ist die Konstruktion der Zukunft und das Fertigwerden für alle Zeiten nicht unsere Sache, so ist desto gewisser, was wir gegenwärtig zu vollbringen haben, ich meine die rücksichtslose Kritik alles Bestehenden, rücksichtslos sowohl in dem Sinne, daß die Kritik sich nicht vor ihren Resultaten fürchtet und ebensowenig vor dem Konflikt mit den vorhandenen Mächten." (MEW 1, Seite 343f) Wissen, wenn es wahr, also ohne Täuschung ist, ist eine über den Zweifel erhabene Seinsgewissheit, seiendes Wissen im wesentlichen Sein dessen, was damit wirklich begriffen ist: Bewusstsein. Bewusstsein verändert die Wahrnehmung der Menschen, befähigt sie zur Kritik an dem, was nicht wirklich wahr ist, verändert nicht aber schon seine Welt. Wissen ist die subjektive Bedingung, objektive Verhältnisse zu verändern. Fichte formulierte den "Grundsatz alles menschlichen Wissens [...] Er soll diejenige Thathandlung ausdrücken, welche unter den empirischen Bestimmungen unseres Bewusstseyns nicht vorkommt, noch vorkommen kann, sondern vielmehr allem Bewußtseyn zum Grunde liegt, und allein es möglich macht." (Fichtes Werke. Band 1, Seite 91 ) Wissen ist von daher seiende Erkenntnis eines Subjekts dadurch dass Ergreifen seines Gegenstands, dessen Aneignung im Begriff seines Objekts, durch die Erschließung seines anderen Seins, seinem wahren Gegenstand, der immer nur praktisch wirklich wahr sein oder wahr werden kann, wo und weil er sich auf menschliche Verhältnisse bezieht, die ein Bewusstsein dieser Veränderung nötig haben, wenn seine Änderung verlangt ist (siehe auch Kritik). "Wären Subjectives und Objectives ursprünglich indifferent, wie in aller Welt sollten sie je different werden [...] Im Gegentheile sind beide absolut different, und in ihrem Auseinanderhalten eben, vermittelst ihrer Vereinigung in der Absolutheit, besteht das Wissen. Fallen Sie zusammen, so ist das Wissen vernichtet und mit ihm sie selbst; – es ist dann überhaupt eitel Nichts." (Fichtes Werke. Band 2, Seite 66) Ohne dies verbliebe Wissen im bloßen Gleuben, nur noch als eine Art von Re-ligio, abstrakte Verbindlichkeit und müsste erst als diese kritisiert sein, um wirklich zu werden. "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." (Karl Marx, "Deutsch-Französische Jahrbücher", Paris 1844), MEW 1, S. 385). Würde alleine schon Aufklärung die Welt verändern, so wäre der Kategorische Imperativ nach Kant selbst schon menschliche Wahrheit und schon die Forderungen seiner Vorstellung würde Seinsgewissheit bewirken. Wissen mag Wirklichkeit enthalten, aber es ändert sie nicht durch neue, durch "bessere" Gewissheiten: ""Die Forderung, das Bewußtsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d.h. es vermittels einer anderen Interpretation anzuerkennen." (Karl Marx, MEW 3 S.20) Wissen ist notwendig, wo es der Notwendigkeit entspricht, notwendiges Wissen im Sinn der Emanzipation ist. Es kann aber nicht durch sich schon mächtig sein, nicht selbst schon durch sich frei sein. Es irrt Adorno, wenn er sagt: "Das Wissen, das Macht ist, kennt keine Schranken, weder in der Versklavung der Kreatur noch in der Willfährigkeit gegen die Herren der Welt." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 10) Wissensbildung ist zum einen Erarbeitung einer Gewissheit über das Wesen der Gegebenheiten, zum anderen die Erarbeitung von Mitteln und Wege für die Entwicklung der gesellschaftlichen Perspektiven, der Zukunft der Gesellschaft. ,besonders der Fortschritte der gesellschaftlichen Produktion und des Wirtschaftswachstums. Wissen ist aber nicht für sich selbst wirklich, sondern nur dort, wo es sich verkörpert, also in Produkten, wo es seinen Körper bekommt. Von da her kann es nicht selbst unmittelbar produktiv sein, obwohl es meist Teil einer produktiven Arbeit ist, die wie viele Dienstleistungen keine Warenform annimmt, sondern erst in der Produktion von Waren körperlich existent wird. Da es unmittelbar, also unvermittelt nicht wirklich existieren kann, kann es durch sich und für sich keinen Wert haben, auch wenn die hierein gegeben Arbeit natürlich Wert hat, wie jede Arbeit, die von Menschen eingebracht wird, soweit sie eben in Produkten körperlich und also auch handelbar umgesetzt wird. Es ist immer an andere Zusammenhänge gebunden, als die, welche sich in ihm bilden. Ähnlich wie die Transportindustrie kommt das Produkt zwar nicht ohne es aus, und es kann auch nicht ohne diese existieren. An sich stellt Wissen es also einen Wert dar, den es nicht durch sich wirklich haben kann. Wo Wissen als Wissen übertragen wird, ist es gleichgültig gegen den Aufwand seiner Bildung frei kopierbar und wird hierdurch schnell wertlos. Doch unmittelbar bezogen auf den Menschen ist es Bewusstsein. Darin verschaftt Wissen die Gewissheit einer Erkenntnis und resultiert zugleich aus dem, was darin auch schon gewiss ist, was sie zur ganzen Erkenntnis macht. Im Ungewissen herrscht der Glaube. Und der verlangt Opfer, um Ungewisses zu besänftigen, Selbstaufgabe, Tieropfer, Menschenofper und Kriege um den rechten Glauben, um das Ungewisse durch bloße Gewalt an die Macht zu bringen. Denn Glaube verlangt die Verbeugung vor der Macht des Unwissens, vor einer Autorität der Dummheit, und ist von daher die Beugung einer jeden Gewissheit, indem er einer höheren Moral, einer übermenschlichen Selbstgerechtigkeit dient, Gehorsam gegen einen jenseitigen Richter über die Gewalt einer abtrakten Allgemeinheit einfordert. Die Emanzipation der Menschen von ihren Herrschern hat immer Wissen erfordert und erfordert auch heute noch vor allem ein Wissen um das ganze Sein: Bewusstsein. Wissen ist das Mittel, sich selbstbewusst zu verhalten, sich seine Natur anzueignen, für sich selbst zu einem gesellschaftlichen Menschen, zu einer Naturmacht zu werden, indem er im Wissen um seine Gesellschaft und ihrer Form gesellschaftlich handelt (siehe hierzu auch Kritik der politischen Ökonomie). Wissen entsteht aus Zusammenhängen, die sich in der Empfindung herausstellen und ist von daher zunächst ganz unmittelbar und subjektiv - das Gegenteil von Information, die nur formierte Gewissheit sein kann. Wenn ein Ofen heiß ist, so ist das eine Tatsache der Empfindung. Wann er heiß wird und wann kalt, das ist Inhalt des Wissens. Meist wissen Eltern, wo ihre Kinder sind, wissen Kinder, was sie lernen müssen usw. Wissen ist auch in den Gefühlen, wenn es Inhalt einer Beziehung ist, in der sich vielerlei Gewissheiten verbunden haben. Manchmal wissen Eltern einfach durch ihr Gefühl, dass ihren Kindern Unheil droht. Liebende wissen sich verlassen, ohne dass ihnen wirklich ein Unglück gewahr wird. Wissende Gefühle erzeugen oft Ahnungen, die so weitsichtig sind, dass sie auch als Hellseherei ausgegeben werden können. Wissen ist der Inhalt eines jeden praktischen Bewusstseins, das Wissen in dem, was ist, und macht überhaupt erst Beziehung hierauf möglich, erweitert und vertieft sie und macht auch oftmals ungewiss, was bisher noch als gewiss galt. Der sokratische Satz "Ich weiß, dass ich nichts weiß" beschreibt Wissen als Voraussetzung der wesentlichen Selbsterkenntnis, dass Wissen nicht nur Ungewissheiten aufhebt, sondern zugleich auch Ungewissheit erzeugt, dass es also immer auch der Erkenntnis vorausgesetzt ist, dass Wissen immer tiefergehende Fragen aufwirft, also die Subjektivität des Geistes ausmacht. Schon diese sokratische Weisheit widerlegt die Möglichkeit von Herrschaftswissen, beweist durch sich, dass Herrschaft durch Wissen nur Täuschung sein kann, weil Wissen nur dann über jeden Zweifel erhaben ist, wo es Gewissheit verschafft. Und Menschen, die ihrer selbst gewiss sind, müssen nicht über Menschen herrschen, denn sie können nur in der Beziehung zu Menschen ihrer selbst auch gewiss sein. Wissen ist erst wirkliches Wissen, wenn es menschliche Gewissheit hervorbringt, die über jeden Zweifel erhaben ist. Aber gerade dadurch enthält sie auch die Fähigkeit zum Zweifel. Jede Gewissheit ermöglicht es, neue Fragen und Hinterfragungen zu entwickeln. Der Zweifel am bestehenden Wissen nacht die Tätigkeit der Wissenschaften, die Arbeit am Gewissen der Menschheit aus. Von daher arbeitet sie gegen die Täuschung, welche aus den Machtinteressen hevorgeht, welche Verfälschungen des Wissens nötig haben. Wissen, das Macht wäre, kann nur Herrschaftswissen, Informiertheit über allgemein unzugängliche Zusammenhänge sein. Es setzt die Institutionalisierung des Zugangs voraus und wird administrativ verfügt. Von daher ist Verfügung über Wissen zugleich Versklavung der verwalteten Menschen (siehe Aufklärung). Dies steht im Widerspruch zum Wissen als solches, das nur ist, wo Gewissheit auch wirklich entstehen kann. Wissen ist eine durch Reflexion der Zusammenhänge zweifelsfrei bewahrheitete, eine durch Erweis bewährte Gewissheit. Im Wissen der Bestimmtheit eines Gegenstands erklären sich alle gewissen Beziehungen in ihrer Bestimmung durch den Menschen. Darin kommt die Befragung, das Zweifeln und Informieren, wie es aus dem Nachdenken über die Wirklichkeit eines Daseins nötig geworden war, zum Ende, wird wieder Empfindung, die sich nicht mehr unmittelbar hinterfragen muss über das, was sie wahr hat, sondern sich durch ihren Grund in der Folge des Gewussten als wahre Empfindung erkennt. Was nach aller Geschichte für deren Gedächtnis und Bedenken bleibt, ist Wissen, das begreifbar wird (siehe Begriff), wenn es die Begründung dieser Wirklichkeit erweist. Darin vereint sich praktisches und theoretisches Bewusstsein. und löst seinen Gegensatz in der Aufhebung seiner Entfremdung, in der wirklichen Aneignung seines Gegenstands, im bewussten Sein der Sache auf. Wissen hat nicht notwendig einen Gedanken, wiewohl es Moment des Denkens ist, Refexion der Wirklichkeit seiner Frage- und Infragestellungen. Das Denken allerdings geht von Glaubensfragen aus und verarbeit sie in der Entwicklung seiner Gedanken durch Wissen. Indem das denkende Subjekt damit die Wirklichkeit durchdringt, den "Gedanken zur Wirklichkeit" (Marx, Kritik der hegelschen Philosophie) bringt, entsteht ein Gewissen seiner Erfahrung, das es zwingt, die Freiheit des Gläubigen zu überwinden, sich Gewissheit zu verschaffen und Antworten auf die Notwendigkeiten des Lebens zu finden, ohne seine Freiheit zu beschädigen, ohne sich also schämen zu müssen. Wissen ist zum einen ein Produkt der Wahrnehmung, bezieht aber seine Gewissheit aus dem Ereignis, worin sie sich wahrhat. In unserer Kultur, welche durch Geldbesitz bestimmt ist, gibt es keine wirkliche Identität von Wissen und Gewissheit. Die Wahrnehmung selbst enthält Gegensätze, die sie nicht unmittelbar wahr sein lassen. Diese müssen erkannt und aus dem Zweifel ihrer Wahrheit, am Bezweifeln des in der Wahrnehmung Wahrgehabten, ein Sinn der Wirklichkeit gefunden werden, der auf einer Abstraktion beruht (siehe abstrakt menschlicher Sinn). Weil die Erkenntnis selbst das Problem enthält, diese Abstraktion erkennen zu müssen, ist das Erkenntnisproblem zwischen Wissen und Gewissheit das wesentliche Wahrheitsproblem der bürgerlichen Wissenschaft und macht deren Positivismus und deren Idealismus aus, dem sie durch Pragmatismus entflieht, indem sie die Möglichkeit wahrer Aussagen leugnet. Damit leugnet sie Erkenntnis überhaupt, nicht unmittelbar um zu Lügen, sondern um zu handeln und behandeln. Dieses macht sich an den gegebenen Notwendigkeiten und bestätigt darin die Not der Menschen, verlängert ihre Lebensbedingungen zum Lebensschicksal, zu menschlicher Ohnmacht angesichtes der Gegebenheiten scheinbar übernatürlicher Seinsgewalt. Die lebensbedingungen werden zu Phantasmorgien einer Scheinwelt, welche immer wieder ent-täuscht werden muss und dem Pragmatismus seine schlechte Unendlichkeit verleiht. Die Erkenntnis als Wissen über diese Lebensbedingungen setzt notwendig die Lösung des Erkenntnisproblems mit der Gewissheit voraus, die sich nur in der Bewährung ihrer Ganzheit beweisen lässt (also nicht durch Fakten und dergleichen). Tatsächlich kann dieser Prozess daher nicht am Dasein als solches beginnen. Vor aller Objektivität ist die Lösung der Erkenntnisprobleme äußerst subjektiv. Die Bewährung geschieht ja erst durch die zweifelsfreie Gegenwart, die ein wahrgenommener Gegenstand einmal für die Empfindung, für die unmittelbar sinnliche Auffassung, und zum anderen durch das Gefühl, bekommt, dass die Wahrnehmung hierin einen zusammenhängenden Sinn hat, zu einem sinnlichen Ganzen einer Erkenntnis wird. Dieser Prozess ist so hervorragend, dass er auch vielfach zu einer übersinnlichen Auffassung führt, wie etwa die Heideggers, dass sich in solchen Ereignissen das Sein lichten würde, oder die Selbstbeschreibung der Erkenntnis-Gurus, die sich darob als Erleuchtete bezeichnen und hohe Verdichtungen dieses Ganzen vorweisen. Diese allerdings sind nicht unbedingt Wissen. Oft sind es auch Rückbeziehungen der Glaubensreste, die ihre Erhabenheit nicht aufgeben wollen, weil sie vor der Wirklichkeit erschrecken. Wissen kann sich aufheben durch anderes Wissen und somit im Gedächtnis als aufgehobenes Wissen, nicht als Unwissen, verbleiben. Darin ist es ein organisches Wissen, das sich in die Wahrnehmung selbst als ihre Gewohnheit einbringt - manchmal auch wie eine Hintersinnigkeit gegen sie (s. Zustände von Verrücktheit). Deshalb wird das Gedächtnis eines solchen Wissens auch gerne als Unbewußtes bezeichnet, was nicht ganz richtig ist, weil es sich um eine Körperform des Wissens handelt, das sich durchaus gesellschaftlich - und nicht körperlich oder innerpsychisch - als notwendig erweist (um z.B. Identität in Scheinwelten, also in bestimmten Beziehungen zu bewahren, die zweifelhaft sind). Von daher ist Wissen immer unmittelbar und praktisch. Seine Bildung ist die Tätigkeit des praktischen Bewusstseins. Eine Form, worin Wissen als Forschungsgrundlage und Anwendungsmittel für die Entwicklung und Bewältigung menschlicher Wirklichkeit, als Lehre für die Nöte und Entwicklungen (siehe Geschichte) der Menschen zusammengetragen und durch schlussfolgerndes Denken durchdrungen wird, ist die Wissenschaft. | ![]() |