"Gott würfelt nicht." (Albert Einstein) Die Frage, ob etwas zufällig ist, ist gleichbedeutend mit der Frage, ob es Gründe hierfür gibt, ob es entstanden ist aus anderem, ob es eine Geschichte hat, aus der es sich zwingend ergibt (siehe auch Geschichtsobjektivismus) oder ob es den Menschen neu eingefallen, erfunden, eine wirklich geschichtliche Tat ist. Der Zufall ist der eigentliche geschichtliche Anlass von Geschichte, denn nur das, was nicht die Regel ist, kann Geschichte machen. Im Chaos erst entsteht die logische "Assymetrie", die neues bewirkt, weil die darin entstehenden Kräfte das Überzufällige erst erzeugen, Geschichte möglich sein lassen kann, bis sie in den Gegebenheiten der Lebensverhältnisse in purer Gewohnheit an die Prinzipien und Regeln des Alltags wieder untergeht. Stephen Hawking hat es bewiesen: Es irrt Einstein, wenn er alle materiellen und natürlichen Zusammenhänge und ihre Entstehungsgeschichte (siehe Evolution) für logisch nachvollziehbar und mathematisch verhersagbat ansieht. Was sich in mathematischen Formeln und Gewichtungen darstellen lässt belegt zwar Wirkungen und Verhältnisse, wie sie sich ergeben haben, nicht aber den Grund ihres Werdens. Der Zufall ist der außerlogische Grund der Naturgeschichte, die zwar logisch sich fortsetzen kann, wo sie durch die Lebensverhältnisse der Menschen dialektisch wird, wo sie also sich im Widerspruch befindet. Aber eine logische Notwendigkeit kann nicht ihre natürliche Grundlage sein, weil weder ihre Gegensätze, noch ihre Beziehungen in Not geraten können. Schon vom Material ihrer Natur aus können nur Unterschiede in den Gravitationsfeldern eine Entwicklung der Materie bis hin zu ihrer Natur bewirken - eben weil Natur sich aus dem Chaos der Kräfte gegründet hat und es von daher keine Symmetrie an sich, und also keinen logischen Ausgleich, keine Konstanz in ihrer Geschichte geben kann. Nicht aus einer Logik der Natur, nicht aus einer Naturbestimmung lässt sich alles, was Flora und Fauna darstellt erklären, nicht aus ihr ist der Mensch rein logisch hervorgegangen, wie Friedrich Engels glauben machen wollte (siehe hierzu dialektischer Materialismus), sondern aus der Kultur ihrer Gesellschaften, aus den Widersprüchen der Produktivität ihrer Arbeit hat sich die bisherige Geschichte der Menschen als eine "Geschichte der Klassenkämpfe" (Karl Marx) ergeben (siehe hierzu historischer Materialismus). Alle Geschichte, die das Bestehende aus dem Anachronismus ihrer bisherigen Geschichte befreit, kann nur die Geschichte einer Formverwandlung sein (siehe Dialektik), Anpassung an gegenwärtige Notwendigkeiten, die den vergangenen widersprechen. Menschliche Geschichte bildet sich aber wesentlich in einer Freiheit, welche Notwendigkeit selbst aufhebt, die also wesentlich Neues hervorbringt, die z.B. die Produktivität der Arbeit wesentlich neu bestimmt, die sich also nicht aus der alten begründet, sondern einen epochalen Schritt in der Geschichte der menschlichen Gesellschaft entstehen lässt. Revolutionen sind Aufhebungen der bisherigen Lebensformen, die alte Formen durch neue ersetzen. Schon dies setzt Entwicklungen vorraus, die diese unnötig machen. Sie können aber auch wesentlich neue Inhalte schaffen, die substanzielle Lebensänderungen aus ihrer Freiheit hervorbringen, die Zufälle sein lässt, nicht alte Formen durch neue ersetzt, sondern neue Formen durch neue Inhalte entstehen lassen kann. Nicht die Regel, eine Logik, ein Prinzip oder ein Sch�pfer hat die Welt, die Materie, das Licht, die Energie und die ganze Natur entstehen lassen, sondern der Zufall. W�ren die Teilchen der ersten Gase in einer echten Normalverteilung aufgetreten, so h�tten ihre Gravitationskr�fte niemals eine Verklumpung bilden k�nnen. Der Quantenphysiker Steve Hawkin hat sehr schön dargestellt, wie sich Normalverteilung selbst schon unmöglich macht, weil mit der Zeit jede noch so geringe Assymetrie ganze Perioden der Veränderung in den Kraftfeldern ihrer Masse nach sich zieht. Gerade weil es keine Normalit�t oder Perfektion gibt, hat die �rsp�nglichste Kraft, die Gravitationskraft, Materie und Natur �berhaupt erst entstehen lassen. Wo nur ein Teil unregelm��ig verteilt ist, bewirkt dies eine Kette von asymetrischer Anziehung, wodurch überhaupt die Bildung der verschiedenen Atome möglich war. Materie und Natur folgen keiner Logik und keiner Dialektik, so dass es auch Unsinn ist, von einer objektiven Gesetzm��igkeit der Naturentwicklung, von einer "Dialektik der Natur" zu reden (siehe dialektischer Materialismus). Zufall ist zun�chst ein Ereignis, das in die Gegebenheiten f�llt als etwas, was darin nicht notwendig ist, keinem Einfall entspringt und keiner Logik folgt. Was auf diese Weise zuf�llt, erscheint schicksalhaft, kann aber durchaus Mittel f�r Notwendiges sein. Es hat aber keinen unmittelbaren Sinnzusammenhang und erf�llt keinen bereits vorhandenen Zweck. Wissenschaftliches Denken will gerne Zuf�lliges von Begr�ndeten scheiden. Es ist oft schon die Hauptsache ihrer T�tigkeit, diese Scheidung zu erbringen, das Zufällige aus ihrem Denken zu entfernen, es für die Wissensbildung zu disqualifizieren und das Logische zu verabsolutieren. Von daher ist der wissenschaftliche Beweis nichts anderes als der Nachweis, dass ein Zusammenhang nicht zuf�lig, dass er "verifiziertr" ist. Wissenschaftlich wird das dann auch oft als "obkjektiv" bezeichnet, was aber ein Unsinn ist, besagt die Verifikation doch nichts dar�ber aus, ob der Zusammenhang gegenst�ndlich ist oder nicht. Im Subjekt, das �ber das Wahrnehmen noch nicht zur Erkenntnis gelangt ist, k�nnen ebenso verifizierbare Zusammenh�nge auftreten, wie au�erhalb von ihm. Man kann diese jedoch nicht faktisch formulieren und hat meist nur die Sprache als Mittel ihrer Beschreibung. Schon an die Frage, ob etwas zuf�llig ist, zeigt sich, dass der Begriff Zufall wesentlich vom geschichtlichen Standort des Fragenden abh�ngt. So ist f�r eine jungen Menschen z.B. viel mehr zuf�llig, als f�r einen alten. Glaubt erster eher an sein Geschick, so letztrer eher an eine Logik des Schicksals, oft auch an einen Urgrund in Gott. Zufall und Notwendigkeit sind in der Geschichte aufgel�st: Doch der Zufall ereignet sich nur notwendig, wo das, was zuf�llt, zugleich Not wendet und also im Begriff der Geschichte, in Freiheit aufgeht. Wieweit ihre Folge reicht und ihre Fortbestimmung geht, macht letztlich ein ganzes Lebensverst�ndnis aus - ob es das Vergangene nur interpretiert und verbessert, oder ob ihm wirklich neue Lebensinhalte einfallen, die selbst ein anderes Dasein erschließen und sein lassen können. Philosophie kümmert sich um die Fragen des Seienden, wieweit es unbestimmbar oder bestimmt sein kann. Und sie interpretiert sie nach den Inhalten ihres Vorwissens. Es ist eine Frage des Glaubens und Wissens in einem: Was ist der letztliche Sinn der "Sinn des Seins"? (Martin Heidegger) Ist er au�er dieser Welt oder in ihr, im Kosmos oder in Gott? Was wissen wir von der Sinnbildung, wo glauben wir an ein �bersinnliches Wesen? Die Form dieser Frage selbst wird sich über das Notwendige nicht hervortun. Und so kann schließlich auch der Zufall als deren Auflösung erscheinen, ohne dass er die Philosophie auflösen müsste. Bei Husserl wird von da her der Zufall selbst überzufällig, zu einer Notwendigkeit der Tatsachen, die für sich nicht allgemein sein können (warum sollten sie das wollen?) und zu ihrem Wesen nur relativ existieren können, weil sie eine notwendige "Wesens-Allgemeinheit" im Zufall seiner Eigenarten hätten. Auf solche Wesensanschauung zielt die Phänomenologie, die ihre Wahrheit ganz subjektiv aus einer eidetischen Reduktion bezieht, die im Zufall selbst Notwendiges erkennen soll - z.B. Das "Sein zum Tode" (Martin Heidegger). "Individuelles Sein jeder Art ist, ganz allgemein gesprochen zufällig. Es ist so, es könnte seinem Wesen nach anders sein. Mögen auch bestimmte Naturgesetze gelten, vermöge deren, wenn die und die realen Umstände faktisch sind, die und die bestimmten Folgen faktisch sein müssen: solche Gesetze drücken doch nur faktische Regelungen aus, die selbst ganz anders lauten könnten und die schon voraussetzen als zum Wesen von Gegenständen möglicher Erfahrung von vornherein gehörig, daß dergleichen von ihnen geregelte Gegenstände ansich betrachtet zufällig sind. Aber der Sinn dieser Zufälligkeit, die da Tatsächlichkeit heißt, begrenzt sich darin, daß sie korrelativ bezogen ist auf eine Notwendigkeit, die nicht den bloßen faktischen Bestand einer geltenden Regel besagt, sondern den Charakter der Wesensnotwendigkeit und damit auch Beziehung auf eine Wesensallgemeinheit hat. Sagten wir: jede Tatsache könnte »ihrem eigenen Wesen nach« anders sein,so drückten wir damit schon aus, daß es zum Sinn jedes Zufälligen gehört, eben ein Wesen, und sornit ein rein zu fassendes Eidos zu haben, und dieses steht nun unter Wesens-Wahrheiten verschiedener Allgemeinheitsstufe. Ein individueller Gegenstand ist nicht bloß überhaupt ein individueller, ein Dies da!, ein einmaliger, er hat als »in sich selbst« so und so beschaffener seine Eigenart, seinen Bestand an wesentlichen Prädikabilien, die ihm zukommen müssen (als »Seiendem, wie er in sich selbst ist«), damit ihm andere, sekundäre, relative Bestimmungen zukommen können. ... Diese Welt der Wesenseinheiten erschließt sich, wenn ich die reale Welt mit einer neutralisierenden Klammer versehe, sie weder bejahe noch verneine, sondern ihr individuelles Dasein dahingestellt sein lasse. Es verbleibt dann eine Erlebnissphäre des reinen Bewußtseins, in der ich das Wesen der Wahrnehmungserlebnisse erschauen kann, in der ich mir das Wesen der Wahrnehmung (etwa der Wahrnehmung eines Baumes) vergegenwärtigen kann“ (Edmund Husserl 1913, "Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie", S. 9f) Die Regel einer Entwicklung von Tatsachen ist vor allem aber ein systematisches Argument des Positivismus und der darauf gründenden Systemtheorien, wodurch alles Gegebene als zun�chst zuf�llig angesehen wird, das eine folgerichtige Entwicklung dadurch findet, dass es durch eine Logik der Vernunft gegen den Zufall geleitet wird oder als Mittel bestimmter Handlungsmotive durch Mensch und Natur in eine objektive Beziehung ger�t, deren Zweck schon vorbestimmt sei, und deren Vernunft sich wissenschaftlich nachvollziehen und für weiterhin sinnvolleres Handeln - z.B. zur Schaffung einer vernünftigen Gesellschaft - anwenden ließe. Dem Darwinismus dient die Regel im Zufall als systematisches Argument der Vererbungs- und Entwicklungslehre. Durch Zufall entstehen nach dieser Auffassung Mutationen, die sich im Nachhinein als lebensf�hig oder lebensunf�hig oder als besonders durchsetzungsf�hig erweisen. Es ist damit die Wahrheit ausgesprochen, wof�r Zufall vor allem dient, wenn damit argumentiert wird: Das Durchsatzvermögen der Anziehung in den Beziehungen, die Dichte der Masse in den Variationen der Gravitationskräfte. Sinn entsteht durch den Zusammenhang dieser Kräfte, die Energie frei machen aus zufälligen Bildungen, die natürlichen Erfolg und also Wachstum im Zusammenhang ihrer Umstände haben, den es ohne diese nicht geben kann. Darwinismus kann niemals begr�nden, warum ein Sinn als Sinn f�r anderes entstehen kann, er kann nur die Festellung eines Daseins mit dem Sosein der Sinnlichkeit fixieren. Das allerdings ist ein Zirkelschluss: Weil etwas da ist, muss es auch so da sein, sonst w�re es nicht da, sondern einfach untergegangen. Die Religion ist hiergegen eine R�ckbindung (Re-Ligio) des Menschen an seinen Sch�pfer, ein Zirkelschluss des Sch�pfungsaktes: Das Gewordene begr�ndet sich aus seinem Entstehungakt, aus Gott als Mythos seiner Geburt. Darin kann er sich nicht selbstbewusst als sich selbst erzeugendes Wesen begreifen, sondern als nur WeItgeist nachvollziehendes Wesen, eigentlich ein Unwesen. Im Darwinismus wird der Zufall als ausschlie�liches Argument der Geschichte entnommen, im Glauben an Gott wird der Mythos des Ursprungs als Sinnstiftung eines �bermenschlichen Wesens gebildet. | ![]() |