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Geschichte und Begriff

Die logische Begriffsbildung kann einerseits nur im Nachhinein der Geschichte erfolgen, soll aber auch Geschichte begr�nden, also auch Erkenntnisse �ber ihren Verlauf, �ber das "Warum" ihrer Entwicklung aus ihrer Analyse heraus ent-decken, um hieraus durch logische Schlussfolgerung auch Fortentwicklungen zu erm�glichen. Der Grund von geschichtlichen Entwicklungen ist nicht ebliebig, nicht unbedingt zufällig, sofern er als Notwendigkeit aus ihrem Mangel heraus entstanden ist, also aus geschichtlichen Verhältnissen heraus erfolgt und in ihrer Dialektik nachvollziehbar ist. Marx hatte dieses Problem von Geschichte und Begriffsbildung am Beispiel der Wertform, die es schon zur Zeit von Aristoteles gab, erl�utert, indem er beschreibt, wie die Geschichte aus ihrem eigenen substanziellen Mangel heraus von einer Form in eine andere �bergreift:

"Aristoteles sagt uns ... selbst, woran seine weitere Analyse scheitert, n�mlich am Mangel des Wertbegriffs. Was ist das Gleiche, d.h. die gemeinschaftliche Substanz, die das Haus f�r den Polster im Wertausdruck des Polsters vorstellt? So etwas kann "in Wahrheit nicht existieren", sagt Aristoteles. Warum? Das Haus stellt dem Polster gegen�ber ein Gleiches vor, soweit es das in beiden, dem Polster und dem Haus, wirklich Gleiche vorstellt. Und das ist � menschliche Arbeit.Da� aber in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedr�ckt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Wertform selbst herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskr�fte zur Naturbasis hatte. Das Geheimnis des Wertausdrucks, die Gleichheit und gleiche G�ltigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit �berhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurteils besitzt. Das ist aber erst m�glich in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verh�ltnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verh�ltnis ist. Das Genie des Aristoteles gl�nzt grade darin, da� er im Wertausdruck der Waren ein Gleichheitsverh�ltnis entdeckt. Nur die historische Schranke der Gesellschaft, worin er lebte, verhindert ihn herauszufinden, worin denn "in Wahrheit" dies Gleichheitsverh�ltnis besteht." (MEW 23, S. 74)

Bezieht man diese Erkenntnis der Formverwandlung durch den sich verwirklichenden Mangel einer historischen Form in Einheit mit dem Anwachsen ihrer Substanz nun auf den logischen �bergang von Geld zum Kapital, so kann man die Entstehung des Kapitalismus aus der Geldform erst richtig begreifen: Die Warenproduktion kann sich nicht dauerhaft in der Warenzirkulation darstellen, weil Geld in der Form des Kaufmittels (W-G) einfach nur immer wieder verschwinden m�sste und sich nicht in die Form des Zahlungsmittels Geld (G-W) einfinden k�nnte. Es bliebe nur tautologisch mal Ware mal Geld, w�rde also �berhaupt keinen Wert von der Produktion in die Zirkulation zu �bertragen. Nur dadurch, dass Geld als Kaufmittel sich im Geld als Zahlungsmittel verallgemeinert, kann es die Produktion mit der Zirkulation von Geld vereinen, denn es l�sst sich weder aus der einen, noch aus der anderen Existenzform begr�nden, weder aus der Schatzbildung, noch aus der Gewinnsucht, in der es historisch auftaucht. Marx hat das sehr sch�n aufgel�st, als er den �bergang von der Geldform ins Kapital wie folgt beschrieb:

"Die selbst�ndigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G � W � G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. Er geht best�ndig aus der einen Form in die andre �ber, ohne sich in dieser Bewegung zu verlieren, und verwandelt sich so in ein automatisches Subjekt. Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertenden Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erh�lt man die Erkl�rungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem best�ndigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Gr��e selbst ver�ndert, sich als Mehrwert von sich selbst als urspr�nglichem Wert abst��t, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualit�t erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier." (MEW 23, S. 167)

Von daher erst l�sst sich begreifen, dass und warum das Kapital aus der allgemeinen Wertform, aus der Geldform historisch hervorgegangen ist, denn Geld muss als Ware produziert sein, um Geld als Kaufmittel zusein. Und es muss seinen Wert durch Geld aus der Zirkulation des Geldes erhalten, um die Produktion aus seiner Funktion als allgemeines Zahlungsmittel zu vermitteln.