Siehe

Zum Thema siehe auch  => Reichtum  => Warenwert als Begriff der Entfremdung des Menschen von seiner Gesellschaft



Der Reichtum ist nicht einfach Gebrauchsgut, das zur Erhaltung des menschlichen Lebens nötig ist, nicht Mittel des Lebens, nicht Lebensmittel, sondern gegenständlich daseiendes Leben. Niemand ist reich, wenn er das hat, was er zu seinem gegebenen Leben braucht und verzehrt. Der Reichtum umfaßt also den ganzen Lebensprozeß der Menschen, wie er sich gegenständlich ausdrückt und in den Gütern auch über die Reproduktion der bestehenden Menschen hinaus existiert als die Gesamtmasse ihrer Rohstoffe, Produktions- und Genußmittel. Im Reichtum stellt sich der Mensch frei von seiner physischen Not dar und tritt ihm zugleich auch frei gegenüber als praktisches Erzeugnis seiner gegenständlichen Tätigkeit.

“Das praktische Erzeugen einer gegenständlichen Welt, die Bearbeitung der unorganischen Natur ist die Bewährung des Menschen als eines bewußten Gattungswesens, d.h. eines Wesens, das sich zu der Gattung als seinem eigenen Wesen oder zu sich als Gattungswesen verhält. Zwar produziert auch das Tier. Es baut sich ein Nest, Wohnungen, wie die Biene, Biber, Ameise usw. Allein es produziert nur, was es unmittelbar für sich oder sein Junges bedarf; es produziert einseitig, während der Mensch universell produziert; es produziert nur unter der Herrschaft des unmittelbaren physischen Bedürfnisses, während der Mensch selbst frei vom physischen Bedürfnis produziert und erst wahrhaft produziert in der Freiheit von demselben; es produziert nur sich selbst, während der Mensch die ganze Natur reproduziert; sein Produkt gehört unmittelbar zu seinem physischen Leib, während der Mensch frei seinem Produkt gegenübertritt. Das Tier formiert nur nach dem Maß und dem Bedürfnis der Spezies, der es angehört, während der Mensch nach dem Maß jeder Spezies zu produzieren weiß und überall das inhärente Maß dem Gegenstand anzulegen weiß; der Mensch formiert daher auch nach den Gesetzen der Schönheit.“ (MEW 40, S. 516 f.).

Im Reichtum stellt sich also das praktische Erzeugnis des Menschen als gegenständliche Welt dar. Die Menschen sind nicht reich an Naturstoffen, Bodenschätzen oder Lebensmitteln, – ihr Reichtum aber stellt die Aneignung von Naturstoffen, Bodenschätzen und Mitteln für das Leben der Menschen dar. Der Reichtum stellt die Aneignung des menschlichen Wesens als Aneignung der Natur, als Arbeit dar und diese hat er durch sein Leben gebildet, wie er es auch für sein Leben gegenständlich hat. Von der Natur wird kein Mensch reich, Reichtum gründet auf der Arbeit von Menschen.

Solange die Menschen für ihren unmittelbaren Stoffwechsel gearbeitet hatten, konnte es keine bürgerliche Gesellschaft geben. Diese gründet auf der Überwindung stofflicher Borniertheit und natürlicher Schranken. In einer Gesellschaft, worin nur für die natürliche Not gearbeitet wird, gibt es kein gesellschaftliches Verhältnis von Dingen und keinen Austausch von Arbeitsteilen.

“Der Mensch, für sich – im wilden, barbarischen Zustand – hat daher das Maß seiner Produktion an dem Umfang seines unmittelbaren Bedürfnisses, dessen Inhalt unmittelbar der produzierte Gegenstand selbst ist. Der Mensch produziert daher in diesem Zustand nicht mehr, als er unmittelbar bedarf. Die Grenze seines Bedürfnisses ist die Grenze seiner Produktion. Nachfrage und Zufuhr decken sich daher genau. Seine Produktion ist gemessen durch sein Bedürfnis. In diesem Fall findet kein Austausch statt, oder der Austausch reduziert sich auf den Austausch seiner Arbeit gegen das Produkt seiner Arbeit, und dieser Austausch ist der latente Keim des wirklichen Austausches. Sobald der Austausch stattfindet, findet die Mehrproduktion über die unmittelbare Grenze des Besitzes hinaus statt.“ (MEW Bd. 40, S. 459)

Die menschliche Gesellschaft ist der gesellschaftlich entfaltete Reichtum der Menschen als gesellschaftliche Welt für die Menschen: "Erst durch den gegenständlich entfalteten Reichtum des menschlichen Wesens wird der Reichtum der subjektiven menschlichen Sinnlichkeit, wird ein musikalisches Ohr, ein Auge für die Schönheit der Form, kurz, werden erst menschliche Genüsse fähige Sinne, Sinne, welche als menschliche Wesenskräfte sich bestätigen, teils erst ausgebildet, teils erst erzeugt. Denn nicht nur die fünf Sinne, sondern auch die sogenannten geistigen Sinne, die praktischen Sinne (Wille, Liebe etc.), mit einem Wort der menschliche Sinn, die Menschlichkeit der Sinne wird erst durch das Dasein seines Gegenstandes, durch vermenschlichte Natur. Die Bildung der fünf Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte ... Für den ausgehungerten Menschen existiert nicht die menschliche Form der Speise, sondern nur ihr abstraktes Dasein als Speise ... Der sorgenvolle, bedürftige Mensch hat keinen Sinn für das schönste Schauspiel ... Die Vergegenständlichung des menschlichen Wesens, sowohl in theoretischer als praktischer Hinsicht, gehört dazu, sowohl um die Sinne des Menschen menschlich zu machen, als um für den ganzen Reichtum des menschlichen und natürlichen Wesens entsprechenden menschlichen Sinn zu schaffen." (MEW EB 40, S. 541 f)