Zum Thema siehe auch => Religion
Marx zur Religion:
“Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt.“ (MEW 1, S. 378).
Die in seiner Sache begründete Entfremdung des Menschen vom Menschen hat die Idee des Menschen geboren, in welchem sich der Geist der bürgerlichen Gesellschaft zum Gott über die Welt macht. “Insofern die Religion hier der Geist der bürgerlichen Gesellschaft, der Ausdruck der Trennung und der Entfernung des Menschen vom Menschen ist" (MEW 1, S. 360), ist sie zugleich der geistige Mittler des Menschen zum Menschen.
“Die Religion ist die Anerkennung des Menschen auf einem Umweg. Durch einen Mittler.“ (MEW 1, S. 353).
“Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzuheben, ist die Forderung, einen Zustand aufzuheben, der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist. Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume bräche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solang er sich nicht um sich selbst bewegt.“ (MEW 1, , S. 379).
Auch die Philosophie, welche ihrem Gehalt nach vor der Erkenntnis der Welt steht, ist in ihrem wirklichen Dasein und ihrer Befangenheit der Welt ein religiöser Geist, der sich die Welt in abstrakter Form zu eigen macht. In der Erkenntnis der Religion als notwendig gefaßter Geist des Menschen für sich ist die Philosophie als Gedankenform dieses Geistes in ihrem Kern aufgehoben. “Der Beweis, daß die Philosophie nichts anderes ist als die in Gedanken gebrachte und denkend ausgeführte Religion; eine andere Form und Daseinsweise der Entfremdung des menschlichen Wesens“ (MEW 40, S. 569), zwingt den erkennenden Menschen zur Erkenntnis der Welt als sein wirkliches Wesen. So erwiest sich jede Idealisierung als der religiöse Widerschein der wirklichen Welt, welche das Verlangen der Welt enthält und verbirgt.
“Der religiöse Widerschein der wirklichen Welt kann überhaupt nur verschwinden, sobald die Verhältnisse des praktischen Werkeltaglebens den Menschen tagtäglich durchsichtig vernünftige Beziehungen zueinander und zur Natur darstellen. Die Gestalt des gesellschaftlichen Lebensprozesses, das heißt des materiellen Produktionsprozesses, streift nur ihren mystischen Nebelschleier ab, sobald sie als Produkt frei vergesellschafteter Menschen unter deren bewußter planmäßiger Kontrolle steht. Dazu ist jedoch eine materielle Grundlage der Gesellschaft erheischt oder eine Reihe materieller Existenzbedingungen, welche selbst wieder das naturwüchsige Produkt einer langen und qualvollen Entwicklungsgeschichte sind.“ (MEW 40, S. 94).