Widerstandskultur besteht im Bewusstsein, dass die Kultur der Menschen wesentlich weiter ist, als es sich mit einer kapitalistische Produktionsweise noch tragen und ertragen lässt. Sie besteht aus dem Kampf gegen die herrschenden Formen des Besitzes, dem Privatbesitz der Wertformen, auf der Basis einer Kultur des menschlichen Lebens, das diesen Formen sich entgegenstellen muss, um sich zu erhalten und zu verwirklichen und ihnen widerstehen muss, also um sich zu entfalten.

Dieses Leben braucht keine Geldverwertungsanlagen, keine Gennahrung, keine Immobilienfonds und keine Energiekonzerne. Es hat längst die Mittel, sich im Einklang mit der Natur zu gestalten und die Anlagen zu bauen oder fortzuentwickeln, die ihm wirklich dienlich sind. Es gibt längst Produktionsautomaten, die den Großteil der nötigen Arbeit leisten könnten, die heute noch Menschen abverlangt wird, die z.B. zu einem großen Teil von chinesischen Arbeitern erbracht und importiert wird, weil diese Menschen noch billiger sind als der Preis, zu dem die Technologie der Weltmächte gehandelt wird. Und es gibt längst die Anlagen, die aus Gülle und Abfällen und aus Windkraft und Sonne den Strom erzeugen können, den wir benötigen. Sie müssen lediglich aus dem Geldhandel herausgenommen und ihrem Sinn und Zweck entsprechend produziert und vermittelt werden. Würde die Geldwirtschaft in eine Vertragswirtschaft gewendet, worin die Menschen die Produktion von Gütern aushandeln, welche sie zu ihrem Erhalt und ihrer Fortentwicklung benötigen, so wären alle Aufwände wesentlich geringer und die Erträge für die Menschen demzufolge weit höher. Würden die Mieten durch sozialen Wohnungsbau, durch Baugenossenschaften von VertragsarbeiterInnen aufgelöst werden, so könnten die Menschen den größten Teil ihrer Kraft für wichtigeres verwenden, als sie es zum Gelderwerb für ihre horrenden Mieten brauchen. Würden die Kommunen Produktionsanlagen besitzen und Verträge mit Landwirten und Bauern eingehen, die für ihre Produkte entsprechend entschädigt werden, so könnten die Arbeitsaufwendungen von ihnen auch so verteilt werden, wie die Produkte selbst. Es wäre auf diese Weise zumindest die Reproduktion der Menschen gesichert, so dass sie ohne Existenzangst sich an eine Mehrproduktion zur gesellschaftlichen Fortentwicklung machen und ihre eigenen Anteile für sich nutzen könnten.

Die Vermittlungsmacht des Kapitals, wäre schlagartig beendet. Es will als Geldagentur zugleich eine Vermögens- und Arbeitsagentur sein und wäre durch die Unabhängigkeit der Menschen von solcher Agenturtätigkeit zweck- und sinnlos. Es braucht überhaupt keiner von den Menschen selbst unkontrolierbaren Macht. Große Projekte werden sowieso auch heute schon durch Verträge geplant und geregelt. Das Arbeitsvolumen macht nicht das Kapital aus. Aber das Kapital bestimmt das Arbeitsvolumen zu einem unverbindlichen Moment seiner Bereicherung. Es bildet hierdurch einen Reichtum an Geld, der sich immer mehr gegen die Menschen wendet, weil er eine Machtfülle erzeugt, die für sie keinen Sinn hat und auf Dauer daher nur ihr Geld entwertet.

Dass wir das Kapital nicht mehr brauchen, das klingt für viele vielleicht wie ein Traum. Doch solche Träume sind der Stoff der realen Geschichte. Befolgen wir nur die Weisungen und Sprüche der Schuldentechnokratie, so bleiben wir fixiert auf die Macht der Geldwerte und werden zwangsläufig im unendlichen Geldbedarf des Kapitals versteinern. Widerstandskultur ist die Bewegung gegen diese Versteinerung. Sie ist nicht einfach Kultur, die von selbst Widerstand wäre. Sie verfolgt eine Politik gegen das politische Subjekt der bestehenden Verhältnisse, das fiktive Kapital, welches nicht nur ihre Arbeit, sondern auch die ganze Natur und Kultur der Menschen, den Inhalt ihres Seins beherrscht. (Wolfram Pfreundschuh)