Wolfram Pfreundschuh (12.08.11)

Der politische Exorzismus im “Kampf der Kulturen“

Die Nachrichten über das Massaker von Utøya hatte die Menschen auf eine bislang unbekannte Art und Weise entsetzt. Als sich herausstellte, dass dieser Angriff auf ein Ferienlager jugendlicher Sozialdemokraten zugleich christlich und antimarxistisch und antifeministisch und antiislamistisch begründet war, waren sie fassunsglos. In einem umfangreichen Manifest hatte der Massenmörder sie auch noch direkt angesprochen, eine Begründung niedergeschrieben, in eindringlichen Appellen zur Veränderung der Welt aufgerufen, die herrschende Politik als Ursache des Niedergangs der abendländischen Kultur angeprangert und sich als Tempelritter und Freimaurer, als Kämpfer eines unsäglichen Geistes konservativer Lebens- und Wertvorstellungen vorgestellt. Und mit seiner Tat wollte er sie überzeugen, die Lektüre seines Textes erzwingen. Und das gelang ihr dann auch, will man sie nicht einfach ignorieren.

Zehn Jahre hatte er an seinem Machwerk gearbeitet (siehe hier auch Teilübersetzung des Manifestes), hatte dieses ins Internet gestellt und ist dann zu einer Tat geschritten, die in ihrer Menschenverachtung sich dem Nationalsozialismus gleichstellt. Mit dem Mord an jungen politisch aktiven Menschen wollte er linke Politik schon in ihrer Jugendlichkeit, in ihrer Keimform zerstören. Er wollte zugleich zeigen, dass jedem ohne Ansehung seiner Person Vernichtung droht, der sich kulturmarxistisch engagiert. Unter diesem Begrifff fasst er das zusammen, was er an kulturkritischen und emanzipatorischen Gedanken vor allem in der Frankfurter Schule um Adorno, Horkheimer, Marcuse, Fromm - und selbst Wilhelm Reich rechnete er dazu - zusammengetragen hatte. In seiner Rezeption sind das die geistigen Grundlagen einer kulturzersetzenden Politik, wie sie heute vorherrschen würde, vor allem die Kritik des Patriarchats und der Kleinfamilie, die er als Feminismus ablegt. Besonders der Buchtitel "Eros and Civilization" (auf deutsch "Triebstruktur und Gesellschaft") von Herbert Marcuse mit dem Untertitel "Ein philosophischer Beitrag zu Sigmund Freud", hätte eine Versöhnung der an und für sich konträren Positionen von Marx und Freud gestiftet und dadurch den Marxismus in eine Gedankenwelt vermittelt, die durch Sigmund Freuds Psychoanalyse entstanden sei. Hierdurch sei der Marxismus wieder populär und zu einer Schlüsseltheorie der Frankfurt Schule in der Studentenrebellion der 1960er Jahren geworden, "zur Bibel der jungen Radikalen", die in Westeuropa und an den Hochschulen von Amerika seit 1965 die Rebellion gegen die traditionelle westliche Kultur betrieben, die „Große Verweigerung“ gegen Arbeit und Establischment, und die sexuelle Revolution ausgerufen hätten. Sie hätten heute das Sagen und als politische Doktrin eines pervertierten Zeitgeistes durchgesetzt, als Mainstream einer "Political Correctness", wie das von konservativen Amerikanern bezeichnet wurde. Und das habe dazu geführt, dass die westliche Kultur als Kultur der Christenwelt heute geschwächt und erschöpft ist und nun vom Islam überrannt wird.



Demonstration gegen die Entwicklungshilfekonferenz 1969 in Heidelberg

Er wollte seine Auffassung mit einem Gemetzel starten, ein Massaker für eine weltumfassende Politik des wahren Christentums. Mit seiner Vernichtungstat wollte er einen offenen Krieg beginnen, in einem Feldzug des guten Glaubens zeigen dass es möglich ist, sich dieser Quelle des modernen Übels, dem Untergang der christlich-abendländischen Kultur, entgegen zu stellen und spekuliert darauf, dass sich dem viele Menschen anschließen, wenn sie seine Begründung gelesen haben. Er gibt sich als Visionär und Heilsbringer und glaubt, die Lösung der Lösungen, die Endlösung gegen den Untergang der Europäischen Kultur zu haben. Und dies will er der Menschheit als Befreiungsschlag gegen den Marxismus und Feminismus aufdrängen, dessen allgemeine Notwendigkeit sein Machwerk, das er Kompendium nannte, belegen sollte. "Dieses Kompendium", so schreibt er, "präsentiert die Lösungen und erklärt genau, was von jedem von uns in den kommenden Jahrzehnten nötig zu tun ist. Jeder kann und soll auf die eine oder andere Weise mitwirken. Es ist nur eine Frage des Willens." (1). Er führte vor, dass man durch brutales Zuschlagen die Welt verändern kann, dass man endlich zuschlagen, zurückschießen muss, dass die Menschheit zurückgebombt werden kann in eine Zeit, in der alles seine Ordnung hatte und an seinem Platz war (2). Seine Tat war so ungeheuerlich, dass man nicht glauben wollte, dass sie heute noch möglich ist. Sie war so total, dass sie alle gegenwärtigen politischen Auseinandersetzungen zerstäuben musste, sodass keine politische Diskussion mehr so sein konnte wie vordem. Sie sollte der Donnerschlag einer Gewalt sein, die sein Manifest einläutet, damit es eine gewaltige Dimension in seiner Wirkung schon hatte, bevor es überhaupt verstanden wird, dass der Verstand sich hierdurch erst mal um das Verstehen bemühen müss. Es war die Tat eines durch und durch zynischen Intellektuellen, der aus der Mitte der Gesellschaft gekommen war.

Der Terrorismusforscher und Autor des Buches "Kritik der paranoiden Venunft", Manfred Schneider meint in einem Interview in einer Fernsehsendung von Aspekte:

Audio Manfred Schneider

Der Stachel des Heroismus

"Wer ein Volk retten will. kann nur heroisch denken". Das war Adolf Hitlers Begründung für seine Mission und Sendung und alle Ungeheuerlichkeiten, die seine Politik nötig hatte. Da geht es nicht um persönliches Leid, Gefühle und Empfindungen, nicht um Menschen, wie sie konkret auf dieser Welt unter den Bedingungen des Kapitalismus existeren müssen, sondern um eine gigantisch aufgelegte Aufhebung aller Übel der Welt, sowohl der kapitalistischen als auch der sozialistischen. Die Selbstlosigkeit des Übermenschen soll über allem herrschen, die Menschheit erlösen und zum Heil führen. Dafür muss Humanismus ausgeschaltet werden und mit ihm Mitfühlen, Mitleiden und Mitmenschlichkeit. So beschreibt dies auch Breivik. In den 20ger Jahren des letzten Jahrhunderts hatten das die zeitgenössischen deutschen Philosophen besorgt, namentlich Martin Heidegger, aber auch Vordenker wie z.B. Nietzsche, die den nötigen Zynismus damit begründeten, dass Humanismus eine Selbsttäuschung sei und einer Seinsvergessenheit entspringt. Hierdurch waren die existenziellen Schranken der Demokratie durchbrochen und einer politischen Allmachtsfantasie ohne jeden Bezug auf die Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Menschen freien Lauf gesichert.

Zynismus gegen jedes Leid ist die Bedingung für übermenschlich begründete Taten. Damit stellen sich die Positionen einer Gewalt gegen individuelle Freiheiten als Notwendigkeit des reinen politischen Willens dar, der sich nur vollstrecken lässt, wenn er zugleich alles ausschaltet, was subjektive Emanzipation erstrebt. Der Stachel der Geschichte soll herrschen als das Grauen, dem sich die Menschheit unterwerfen muss, um vor ihren wilden Trieben und ihrem selbstsüchtigen Treiben gerettet zu werden. Die reiferen, die wahrhaftigen Menschen seien dazu auserkohren, die Ziele zu bestimmen und mit der Peitsche zu lenken und sortieren, die bessere Klasse, die Kulturelite, die Übermenschen, die auch schon mal als Herrenmenschen betitelt worden waren.

Auch solche Positionen sind so alt wie der Streit um bürgerliche Identität und stammen aus dem 18. Jahrhundert. Zu solcher Selbstveredelung verhilft vor allem ein politischer Objektivismus, der sich subjektiv wenden lässt, der zum Ressentiment gegen die Niederungen menschlicher Existenz, gegen die Alltäglichkeit existenzbestimmter Probleme taugt. Die Avantgarde der Nazis kam aus den Wissenschaften, bestand aus Intelektuellen, die eine wahrhaftige Welt installieren und an den Menschen durchsetzen wollten. Aus den Hochschulen kamen die Sprüche der Nazis - und die Bücherverbrennungen waren die ureigenste Angelegenheit der Universitäten, der Profesoren und Studenten, lange bevor die Horden der SA die Kristallnacht inszenierten. Breivik ist ein kulturell ausgebildeter und angepasster Mensch, Diplomatenkind und selbständiger Unternehmer. Er kommt mitten aus der Gesellschaft und hatte Geld genug, um sich lange auf sein "Erlösungswerk" vorzubereiten.

Er steht mit diesem nicht jenseits der Theorien, die in den rechten Flügeln des Parlaments aufkommen. Denn praktisch zählt für die Politik die Durchsetzbarkeit einer Haltung, ihre Vermengung mit praktischen Probleme der Gesellschaft, der Ökonomie und Kultur, in der sie als Strategie der Lösung ausgegeben werden kann. In einer gesellschaftlichen Krisensituation, in der die Politik selbst nicht mehr weiter weiß, kann diese Haltung sich nur appellativ umsetzen, als Forderung an die Menschen, dies zu tun und jenes zu lassen, was der Allgemeinheit nicht dienlich ist. Was die kapitalistische Krise aber letztlich nur lösen kann, ist eine Verbesserung der Mehrwertrate und damit eine Verschärfung der Ausbeutung. Es muss zum Willen des Volkes werden, was ihm entzogen wird, es ist ein abstrakter Wille allgemein nötig, der sich gegen jedes eigene Interesse wendet, Selbstlosigkeit fordert, um die wirtschaftliche Ausbeutung als zum Erhalt der Kultur notwendig allgemeine Selbstausbeutung zu intensivieren. Der abstrakte Wille kann aber nur ein kulturell bestimmter Wille praktisch werden, als Spekulation eines durch Einheit des Willens erstarkten Kultur.

"Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg". Auch das war dereinst Hitler Postulat gegen die Passsivität der Masse und dem Chaos de Meinungsvielfalt. Die vielen politischen Auseinanderssetzungen der Weimarar Zeit sollten ein Ende haben. Sie wurden als Störung der Einheit aufgefasst, als Infiltration des Fremden, als Zersetzung des guten Willens, der ein Volk auszeichnet, das bereit ist, sich für seine gute, seine gerechte und edle Sache aufzuopfern. Auch Hitler sah das Abendland vom Untergang bedroht und hatte sich von daher gegen die Infiltration fremder Kulturen gewendet. Der einheitsstiftende Edelmut hiergenen kann nur erstarken, indem er aus dem "Sumpf der politischen Vielfalt" herausgeschält, die gute Art von der Abart geschieden wird. Das vorderste Prinzip ist daher die Reinheit der Kultur und Rasse, also die Entmischung. "Hausmaus zu Hausmaus" hieß das zunächst lapidar - und später als Inschrift auf dem Eingangstor vom KZ Buchenwald: "Jedem das Seine".

Das sind nicht die einzigen Parallelen zum Massaker des Anders Breivik. Auch Hitlers Buch "Mein Kampf" war eine kulturpolitische Grundlage für einen weltumfassenden Eroberungsplan. Auch er hatte einen Kulturfeind als Grund des gesellschaftlichen Niedergangs im Visier und auch er war zunächst durch einen mörderischen Putsch gegen eine ihm kulturschädlich erscheinende Partei aufgetreten, ins Gefängnis gelangt und war schließlich einige Jahre später an die Macht gekommen, als Führer eines Staates, der sich als Kulturmacht begründete, als eine Volksgenossenschaft mit einer einheitlichen Gesinnung, einer Volksseele und einem Volkskörper. Das Wahlergebnis für Hitler war knapp. Wäre sein Buch allgemein bekannt und diskutiert worden - vielleicht wäre er nicht an die Macht gekommen. Wer Breiviks Schmöker liest, wird die vielen parallelen Auffassungen finden, die inzwischen auch schon wieder in konservativen Parteien und Medien kursieren.

Das alles kommt nicht von ungefähr und auch nicht aus einer Zelle einsamer Grübeleien. Breivik hat sich konsequent im konservativen Mainstream und dem entsprechenden Milieu entwickelt und auch entsprechende Funktionen in politischen Verbindungen in Norwegen wie z.B. in der Fremskrittspartiet innegehabt (3) und alles aufgesaugt, was sich diesbezüglich im Internet von amerikanischen, holländischen und deutschen Autoren einbrachte. Viele seiner Thesen waren dort schon vor ihm Allgemeingut. Das Christentum war dort längst wieder zur Theorie eines Übermenschen geworden, zu einem Gott, der die Welt persönlich, sinnlich ud körperlich erschaffen hat und zornig ist, wenn sie ihm nicht gehorcht. Es müsse daher von dem seit dem 2. vatikanischen Konzil eingerissenen humanistischen Liberalismus befreit und zur Selbstverteidigung des christlichen Edelmuts bestärkt werden (4).

Breivik ist aber nicht wirklich religiös. Ihm geht es um die Kulturwerte einer "höchsten" Moral, die daher auch durch eine "höchste" Autorität begrünet sein muss. Er knüpft daher an die konservative Diskussion an, an die ewigen Werte der Kultur, an die Sittenlehre des Christentums und der sozialen Restauration einer vormodernen Ethik, wie sie in der Öffentlichkeit und im Internet geführt wird, mit dem Ziel, eine Einheitskultur Westeuropas zu stiften, die als ein neues, ein kulturelles Christentum zu manifestieren ist (5). Und von diesem Ansinnen her war seine Tat innerhalb seiner Auffassung logisch und konsequent und nicht verrückt (6).

Auch wenn natürlich jeder Mensch sich über das Massaker in Norwegen vor den Augen der Öffentlichkeit in einem welsteuropäischen Staat immer erst mal empört geben muss, so hat Breivik doch das auf den Punkt gebracht, was viele denken, nämlich den Wahnsinn, der seit weit über einem Jahrzehnt durch konservative Parteien, durch die Medien und das Internet geistert und an den Stammtischen autokratischer Gemüter mit viel Bier und Schnaps begossen wird. In Deutschland findet er bei den Feinden der "Political Correctness" Bestärkung (7). Versteckt hinter kritischen Einwänden wird ihm längst applaudiert (8). Das kann man z.B. auf der Website der Freien Wähler in Frankfurt und der Website "Political Incorrectness" nachverfolgen (vergl. z.B. die Website http://www.pi-news.net/ - nach eigenem Zählwerk mit 60-70tausend Besucher pro Tag - und http://politicallyincorrect.blogsport.eu/). Er hat in einem umfangreichen Zusammenhang und in aller Konsequenz ihre grundlegenden Positionen niedergeschrieben (9), hat einen zusammenhängenden Zweck einer reaktionären Politik statuiert und von daher auch Zustimmung in der deutschen Gesellschaft gefunden, weil er gerade dort viele geistigen Wurzeln hat.

Der Kampf um die rechte Kultur

Aber Breiviks Großraumvorstellungen von Kultur kommen aus den USA. Der Gegensatz der religiösen Grundhaltungen des Judentums und Christentums auf der einen Seite und des Islam auf der anderen war für die sogenannte Neuordnung der Welt schon längst als probates Mittel für die Legitimation der "Weltordnungskriege" zum Jahrhundertwechesl erkannt worden, besonders wenn sie als Geografie kultureller Gegensätze aufbereitet werden. Schon seit 1993 richtet sich die US-Politik auf einen "Kampf der Kulturen" ein, nachdem sie den kalten Krieg, den Krieg gegen die "Achse des Bösen" aus den 70ger und 80ger-Jahren aufgegeben hatte, weil es den Gegner der Nackriegszeit, den Ostblock nicht mehr gab. Seine politische Haltung wurde von den Thinktanks der Neokonservativen (Neocons) ganz gezielt in eine religiös-kulturelle Haltung übersetzt.

Es waren vor nicht allzu langer Zeit die Golfkriege als Kampf gegen Antichristen begründet worden, von George W. Busch ausdrücklich als Kreuzzug des Westens, als Verteidigung der zivilisierten Welt überhaupt. Die brutalen Schlachten der Jetztzeit seien notwendig geworden, um den Untergang der westlichen Kultur abzuwenden, und die sei das Zentrum aller Zivilisation schlechthin. So hatte es auch Samuel Huntington als Regierungsberater Clintons in seinem Machwerk „Clash of Civilisation“ schon 1997 zu belegen versucht. Das Buch war auch in Deutschland zu einem Bestseller unter dem Titel „Kampf der Kulturen“ geworden, weil es eine quasi naturhafte Vormachtstellung des Christentums auf der Welt belegen wollte, als die Kultur der "reifen Religion" (10). Sie war als Notwendigkeit eines künftigen Weltfriedens dargelegt, und damit ließ sich so allerhand anstellen. Kants Idee vom "ewigen Frieden" mit seinem kategorischen Imperativ auf den Schuttberg der Gescchichte geworfen, altes Eisen. In Huntingtons Buch stand längst, was Breivik in seinem "Kompendium" nur wiederholt: Die Einheit des westlichen Militärbündnisses muss als Verteidigungsmacht des Christentums, der Religion der reiferen Kulturen, angesehen werden, weil es die finale Theorie des Friedens auf der Welt ist. Darin heißt es:

"Wenn Nordamerika und Europa ihre moralischen Grundlagen erneuern, auf ihre kulturelle Gemeinsamkeit bauen und Formen einer engen wirtschaftlichen und politischen Integration entwickeln, die ergänzend neben ihre Sicherheitszusammenarbeit in der NATO treten, könnten sie eine dritte, euroamerikanische Phase des wirtschaftlichen Wohlstands und politischen Einfluß stiften. Eine sinnvolle politische Integration würde in einem gewisssen Umfang ein Gegengewicht zum relativen Rückgang des westlichen Anteils an Bevölkerung, Sozialprodukt und militärischem Potential der Welt bilden und in den Augen von Führungspersönlichkeiten anderer Kulturen die Macht des Westens erneuern. ,Das Bündnis aus EU und NAFTA könnte in einer geballten Handelsmacht dem Rest der Welt die Bedingungen diktieren', mahnte Ministerpräsident Mahathir die Asiaten. Ob der Westen politisch und wirtschaftlich zusammenfindet, hängt jedoch überwiegend davon ab, ob die USA ihre Identität als westliche Nation bekräftigen und es als ihre globale Rolle definieren, die Führungsnation der westlichen Kultur zu sein." (Huntington, "Kampf der Kulturen", S. 506f).

Das Selbstverständnis vieler Generäle der Nato-Divisionen ist davon durchdrungen. Und ihr Schlachtgemetzel wird in fast allen westlichen Medien als bloße Notwendigkeit des Überlebens abgehandelt, als Verteidigung der Freiheit schlechthin, des Liberalismus, der von den Glaubensvorstellungen des Islam bedroht sei.

Na ja, man wusste schon auch, dass es um das wirtschaftliche Überleben ging, um die politische Dominanz in den Ländern des Islam, unter deren Grund und Boden 95 % der letzten bekannten Ölressourcen lagern. Inzwischen sprechen das auch schon die Präsidenten kriegsführender Nationen aus. Schließlich war der Petrodollar auch die letzte Währungssicherheit, das Erdöl das Lebenselexier der Kapitalwirtschaft. Aber diese Kriege werden inzwischen selbst unwirtschaftlich, weil sie zu teuer sind und die Ausbeute an Öl im Schwinden begriffen ist (11).

Die kapitalistische Krise ist nicht mehr durch Kriege zu bewältigen, der Fall der Profiraten nicht mehr durch deren Wertvernichtung aufzuhalten. Die zunehmende Staatsverschuldung ist nicht mehr wirklich und dauerhaft zu stoppen. Den Gewinnen der Militärindustrie und der Handelsbilanz der Dollarwährung steht inzwischen eine viel zu hohe Staatsverschuldung gegenüber. Die Krise war unbewältigbar, aus Reichtum der Mittelschicht Armut geworden, der soziale Zusammenhalt einer liberalen Wertegemeinschaft zerbrochen. Die „unsichtbare Hand  des Marktes“ wurde zur eisernen Faust einer Kapitaldiktatur. Die Angst ums Ganze geht wieder um. Der soeben noch unterstellte Wohlstand ist dahin, ohne dass das zu begreifen war. Gerade noch war man Billigkredite zum Immobilienkauf noch beworben worden, plötzlich hatte man nicht mehr genug zum lLeben und konnte die Raten nicht mehr zahlen. Der unbegriffene Wohlstand zerfiel in unbegreifbare Not und verblieb als Ursprungssehnsucht, als fortdauernder Tagtraum bürgerlicher Glückseligkeit, die doch so greifbar nahe erschienen war.

Nichtung, Verherrlichung und Vernichtung

Natürlich will kein Mensch einfach gewalttätig sein. Jeder bezieht sich auf herrschende Gewalten, die ihn bedrohen. Er will sich in seinem guten Recht verteidigen gegen Feide, Machthaber oder auch gegen die Mächte der Finsternis. Es geht bei den Konservativen um einen Vorwurf gegen das Böse, das sie in jedem Menschen zu fürchten haben, weil jeder des anderen Wolf sei. Das ist ihr Menschenbild. Von daher hat das Übel in der Welt letzlich einen unmittelbar menschlichen, also keinen sachlichen Grund. Und von daher ist dieser auch am Menschen selbst aufzulösen, wenn es sein muss eben mit Gewalt.

So geht es ihnen immer zunächst um eine Schuldzuweisung, um die Aufdeckung eines Fehlers, der in einer falschen Haltung oder niederen Begierden zu finden ist. Auch sie nehmen die Probleme der Welt wahr, die weltweite massive Verarmung, Hunger und Arbeitslosigkeit, der drohende Zusammenbruch des Finanzsystems, der einen großen Teil der Mittelschicht zum Absturz drängt, der wirtschaftliche Niedergang ganzer Nationen wie Spanien, Griechenland, Italien, Estland, Island, Irland usw. und die Jugendkrawalle in den meisten Ländern der EU und im arabischen Raum. Aber all dies ist ihnen nur als menschliches Versagen, als Abfallen vom Richtigen, von der Wahrheit, die sie kennen, erklärlich. Für sie ist es heute das Resultat einer orientierungslosen Weltpolitik, welche nicht den existenziellen Krisen des Kapitalismus und seiner Finanzwirtschaft, sondern der libertären und antiautoritären Gedankenwelt der 68ger-Generation geschuldet sei, ihrem Individualismus und ihrer Vergnügungssucht. Sie hätten ihre Befreiungsdoktrin solange durchgesetzt, bis der politische Kern der ganze Gesellschaft zerstört worden sei (12).

Je schwerer die Verhältnisse sachlich zu durchschauen sind, desto näher geht den Menschen eine konservative Interpretation, weil sie menschlicher erscheint, objektives wenigstens subjektiv darzustellen vermag. Nicht die bloßen Zahlen, die Statistiken der Geldverteilung und nicht die Börsenkurse der Gewinnmarken berühren sie wirklich; sie vermitteln bloß, was der Analyse bedarf. Aber auch nicht die Interpretationen der modernen Zeiterscheinungen, der tägliche Nachrichtendienst, der Rapport der sozialen Konflikte weisen den Weg aus den wirklichen Problemen. Für ein Wissen fehlt da die Gewissheit, und dennoch muss gehandelt, entschieden, große Probleme an ihrer Wurzel erfasst werden. Das sich selbst unklare Bewusstsein - will es sich auf sich als sein ureigenstes Radikal beschränken, sich selbst über alle Welt stellen, verhält sich nur zu sich selbst ud also absolut, artikuliert seine Kritik als absolute Kritik der Welt schlechthin, als höchste Wahrheit über alle ihre Nichtigkeiten, über ihre Streitigkeiten und Verwirrungen, die nichts anderem mehr entspringen, als einer falschen Kultur, also im Grunde nichts bedeuten. Deren Analyse bedarf es nicht mehr, weil ihr Handeln keinen wirklichen Grund habe und daher nur vernichtend sein kann, weil aus dem Nichts nur Sinnentleertes und also auch die Potenzierung von Entsinnlichung, Zerstörung entstehen kann (13). Die einzige Position darin ist ein Zusammenhang nicht seiender Beziehungen, abstrakte, weil nichtige Verbindlichkeiten, Mystik. Der Mythos wird zu einer Selbstverständlichkeit, mit der auf immer selbe Art und Weise auf die Schmerzen der Zeit reagiert wird.

Das kennt schon die Verhaltenstheorie, dass bei anhaltenden negativen Reizen Tauben, Ratten und Mäuse abergläubisch werden, dass sie irgendein Verhalten bevorzugen, das mehr oder weniger zufällig vorhanden war, als die Bestrafungsaktionen nachließen. Und ebenso können auch Menschen reagieren, die einen Schuldigen suchen, nur damit der Spuk ein Ende hat. Aber beim Menschen kommt auch noch Kultur und viel Fantasie dazu. Damit lässt sich viel machen, besonders wenn irgendein Kulturproblem zur Grundlage aller Probleme gemacht wird, am besten bezogen auf Grundängste der Menschen in einer bestimmten Gesellschaft. Darin kulminiert dann die Ahnung von einem Ende der Beliebigkeiten, eine begrifflose Sorge um die eigene Selbsterhaltung, die durch kulturelle Konflikte bedroht sei. Daraus entsteht die Angst vor dem Islam. Darin begründet sich eine Kritik, die gar keine ist, weil sie sich nicht wirklich auf Inhalte bezieht; aber sie gibt sich als Kritik, die absolut und als absolute Kritik über jeden Inhalt erhaben ist (14).

Da gibt es dann viel zu kritisieren, eben das alles, was einem so durch den Kopf geht. Und von daher verdichten sich Umstände und Nichtigkeiten zu Wesenheiten und werden so wesentliche Eigenschaften dessen, das Angst erweckt und es werden Bezüge hergestellt, wie wirklich Angst machen, gleich, ob und wie sie tatsächlich mit dem Ängstigenden verbunden sind. Angst vor Arbeitslosigkeit, vor Zerstörung, vor Gewalt, vor religiöser Macht, vor Fremdherrschaft, vor Unterdrückung, vor Infiltration usw. - all dies wird zur Angst vor dem Islam.

Von daher spricht Sarazin tatsächlich aus, was sehr viele Westeuropäer inzwischen denken. Und er liefert dafür auch noch seine eigenwillige Interpretation aus Statistiken, die in ihrer Verallgemeinerung schlichte Lügen darstellen. Er wird in konservativen Kreisen und Veranstaltungen, wie z.B. unlängst in Manheim, wie eine Lichtgestalt gefeiert. Niemand nimmt dort Anstoß an seiner dürftigen Analyse, weil es um die garnicht geht. Man hätte ihn vor Kurzem noch nicht einmal wahrgenommen, wenn er nicht eine Sorge formulieren würde, die alle konservativ Denkenden haben. Bei seinem Affront in Kreuzberg ist er sich seiner Sache gerade in einer Stumpfheit, in seiner verblüffenden Dummheit gewiss, dass er nicht einmal mehr seine Verallgemeinerungen überprüfen muss.

AUDIO SARAZIN1

Es geht also um ein Selbstgefühl, das einem Mensche abgesprochen wird, der unter das Verdikt einer fremden Kultur gefallen ist, weil er dem Islam zugerechnet wird. Und erst da heraus leiten sich dann viele ökonomischen Probleme ab, die er angeblich für die Gesellschaft darstellt und die ihm infolge seines nichtig gemachten Selbstgefühls selbstverständlich anzuhängen seien.

AUDIO SARAZIN2

So entsteht Ressentiment, Ausgrenzung, Menschensortierung, Rassismus, Abschiebung und unter kriegerischen Bedingungen auch Vernichtung. Es geht dabei aber offensichtlich nicht einfach nur um das Fremde schlechthin und nicht nur um die ökonomische Ausbeute, die aus ihm zu ziehen ist, sondern um persönliche Eigenheiten, die mit Rasse und Religion verbunden werden. Polen passen eher, Türken und Araber eher weniger ins Land der Deutschen. Der Glaube der Muslime ist es, weil er sich der Kontrolle der sogenannten "westlichen Wertegemeinschaft" entzieht. Und darin besteht die enscheidende Grundlage des Urteils in einer Auseinandersetzung, die letztlich um die Kontrollmöglichkeit durch Ethik und Sitte kreist, die nach kultureller Herkunft ausgerichtet und bewertet wird. Religion ist deshalb von so inniger Bedeutung zur Begründung eines Kampfs der Kulturen. Nicht der tatsächliche Ausländerstatus einer Herkunft als solcher, auch nicht seine tastächliche die ökonomische Verwertbarkeit macht das Ressentiment aus, sondern das Potenzial einer Selbstbestimmung durch eine andersartige Identität, die pauschal unterstellt wird (15).

Und das erklärt, warum Religion den Reaktionären nötig ist: Sie verschaffen sich darüber die Autorität, die ihnen eine Allgemeinheit an Güte verleiht und wordurch sie selbst auch geistig teilhaben können an der Macht ihres Geldbesitzes, der damit unendlich legitim ist. Das einzige, was sie zu fürchten haben, ist die geistige wie materielle Kritik an ihrem Geld. Das erklärt das krasse Feindbild des norwegischen Massenmörders gegen die Marxisten und seine gleichzeitige Verbindung zum katholischen Christentum, das er nicht religiös versteht, sondern als Lebenselexier der europäischen Kultur schlechthin.

Die Inquisitoren der Kulturmacht

Fast ist es schon so, als ob sich im Glaubenskrieg ein weltpolitischer Klassenkampf zuträgt. Der Andersgläubige wird zum absoluten Feind, weil er eine andere Welt darstellt und es wird unterstellt, dass diese Welt die westliche Welt tatsächlich auflösen könne, wenn sie ihrer Selbstbestimmung folgt. Die Hetzer auf der Website "Political Inkorrectness" sehen den Islam als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und hiergegen ließe sich nichts beschwichtigen. Ob Sarazin, Robert Spencer, Gert Willem, „Fjordman“ oder "Lizas Welt": Es geht den Verteidigern des Abendlandes inzwischen darum, die Übernahme Europas durch den Islam zu verhindern und jegliche Befriedung zu vermeiden. So schreibt Henyk M. Broders in seinem Buch „Hurra wir kapitulieren“:

„Wie die Appeasement-Politik gegenüber Hitler die expansive Haltung der Nazis nur befördert hat, so laufen die Europäer mit ihrer Politik der Beschwichtigung heute Gefahr, die Transformation Europas zu einem islamischen Kontinent zu beschleunigen.“

Auch Alice Schwarzer wollte ihren Teil beisteuern als sie eine schleichende „Schariaisierung des deutschen Rechtsstaats“ feststellte und warnte:

„Die Islamisten haben nie einen Hehl aus ihren Absichten gemacht. So wenig wie einst die Nationalsozialisten. Auch in „Mein Kampf“ (von Adolf Hitler) stand ja schon alles drin.“

Ein solcher Glaube sei unvereinbar mit zentralen Werten unserer Kultur und unserer Gesellschaft, etwa Gleichberechtigung, Toleranz oder dem Gewaltmonopol des Staates. Uns so setzt sie in ihrem neuen Schmöker "Die große Verschleierung" noch eins drauf:

"Auch wenn es wehtut: Hier zeigt sich, dass es mit der typischen Unterscheidung zwischen Islam als Religion und Islamismus als politischer, extremistischer Ideologie nicht so einfach ist.“ (Siehe hierzu Kraft in einer Rezension über Schwarzers Neuerscheinung „Die große Verschleierung“)

Und schließlich hat nun auch noch einer nachgelegt, der in Norwegen 77 junge Sozialdemokraten umgebracht hat. Anders Behring Breivik hat seine Tat unter anderem durch den Kampf gegen den Multikulturalismus begründet, der für ihn eine marxistische Ideologie ist. Ich zitiere aus seinem Manifest:

„Der Multikulturalismus (kultureller Marxismus / Political Correctness) ist, wie Ihnen bekannt sein sollte, die entscheidende Ursache der schleichenden Islamisierung Europas, die mittels demografischer Kriegsführung zur schleichenden islamischen Kolonisierung Europas führte (gefördert von unseren Politikern).“

Mit solchem Urteil wird die dumpfe Zukunftangst der Geldbesitzer zum Selbstverstärker. Und dagegen wird nun jeder Rettungsversuch zu einer totalitären Aktion mit einem impliziten Vernichtungscharakter. Nicht dass Muslime hier meist zu Billiglöhnen arbeiten steht zur Disposition, sondern dass ihr Glaube gefährlich sein könnte. Schließlich entstammt der Koran bäuerlichen Verhältnissen und widersagt jeder Geldmacht, gründet sein Ehrgefühl auf Unbestechlichkeit. Die Christen und Juden entsprechen natürlich dem Geldverhältnis weitaus besser, weil sie wissen, dass sie dem "Kaiser geben müssen, was des Kaisers ist" (Markus Evangelium 12,17). Und auch im Judentum ist das Geldverhältnis unkritisierbar. Tatsächlich gibt es nur im Islam einen Stachel gegen Geldbesitz und Finanzmacht. Man kann ihn fürchten oder auch nicht, je nachdem, wovon man lebt. Doch es wäre fatal, wenn ein weltweiter Klassenkampf sich nur religiös artikulieren könnte

Im Westen strebt man jedenfalls auch in der allgemeinen Politik dahin, das Christentum als geistige Urkraft aufzupäppeln. Schleichend haben sich die Bestrebungen des politischen Willens der liberalen Marktbefreier, der Neoliberalen, zum absoluten Willen, zur Politik des rechten Glaubens gewandelt und ihre religiöse Durchmischung auch in die Parlamente getragen. Die rein politische Staatlichkeit ist auch hier im Schwinden begriffen. Die Verlautbarungen des Neokonservatismus kommen längst schon aus den rechten Ecken der FDP, der Freien Wähler, der CDU und sogar der SPD. Politicall Incorrectnes ist zum Schlachtruf einer neuen Inquisition geworden und es soll nicht verwundern, wenn die Kreuzzüge der christlichen Ritter und Schlächter inzwischen wieder als Vorbild der Neokonservativen taugen.

Es geht ihnen auch nicht wirklich um ihren Glauben, weder um das Christentum als solchem, und natürlich auch nicht um den Islam. Es geht um die Herstellung einer Identität, die nirgendwo sonst als in der Religion mehr auszumachen ist. Geld selbst macht keinen Sinn und Kultur kann durch Geld ihren Sinn verlieren. Der westlichen Welt geht es um die Herstellung eines Kultursubjekts, dessen Macht sie demonstrieren und umsetzen wollen um die Welt in diesem Sinne "aufzuräumen". Soll ein Kultursubjekt entstehen, nicht als Mensch, nicht als Gedanke, sondern als politische Stringenz einer Glaubenshaltung, die zunehmend esoterisch erfahren wird. Und das macht die Sache gefährlich, denn indem sie sich gegen andere zu richten vorgibt, richtet sie sich in Wahrheit nach innen.

Vom der Glaubensmacht zur eigenen Staatskultur

Anders Breivik weiß sehr wohl, dass sein Leben als Individuum übel für ihn ausgehen wird. Übel war es längst durch die Selbstentfremdung, die er permanent in einer Welt durchlitt, die nicht die Seine war und die nichts mit ihm zu tun hatte. Er geht nicht von seiner individuellen Existenz aus und setzt auch nicht auf irgendein persönliches Glück. Er setzt auf die kollektivistische Stringenz seiner Theorie, die er mit allen Mitteln und völlig selbstlos in die Welt bringen wollte. Und er setzt darauf, dass sie irgenwie ankommen wird weil sie einen komplexen und großen Zusammenhang bietet, denn er weiß vom Erfolg monumentaler Gedanken, der geistigen Allmacht einer Gedankenabstraktion. Und mit dieser Hoffnung liegt er nicht wirklich falsch.

Natürlich wird sich niemand seiner Tat anschließen, niemals diese befürworten. Sie ist ja schon geschehen und niemand wird deshalb glauben, dass man die Linke nur erschießen muss, um als Rechte zu überleben. Doch als Stringenz, die sie in ihrem gedanklichen Zusamenhang darstellt ist sie ganz einfach und tatsächlich und wirkungsvoll auf die Welt gekommen, eben als die Aufführung einer Konsequenz, die jedem in jedweder Art der Auslegung vor Augen geführt ist. Und das wird auch von einigen Konservariven ausdrücklich beklatscht (16). Dort gilt er als politisches Genie.

Er setzt deshalb auch an großen Gedanken an, indem er sie selbst zu seinem Zweck kultiviert, den Marxismus, Feminismus und Islamismus als Kultursubjekte fasst, die bekämpft werden müssten. Er nimmt sie als Verwirklichungsbestrebungen eines falschen Glaubens, in dessen Konsequenz alle derzeitigen Probleme dieser Welt entstanden seien und macht damit Kultur selbst zu einem Gedanken, um den man sich bemühen sollte und dem man verpflichtet ist, weil man sonst für sich selbst unglaubwürdig wird.

Faschismus entsteht als Reaktion auf Identitätslosigkeit. Er begründet sich nicht wirklich als Poblemlösung gegen eine gesellschaftiche Krise und auch nicht gegen einen bestimmten Glauben oder eine bestimmte Rasse, was immer das sein mag. Judaismus und Islamismus sind daher ebenso austauschbar, wie Asiaten, Afrikaner oder Araber. Er entsteht nicht durch rechte Sprüche sondern durch inquisitorisches Handeln, das mächtig wird, wenn es Erfolg in der Vereinigung und Egalisierung von Menschen hat. Wenn und weil es durch Bereinigung, durch Ausmerzung des Unreinen, Macht erfährt, erscheint er als tatsächliche Aufhebung des Gewohnten, das die Menschen schon lange und unerträglich bedrängt. Faschismus ist kein Gedanke und keine Krankheit, sondern ein leibhaftiger Wille, der mitten aus der Verödung der bürgerlichen Kultur, ihrer Lebensweise und Sittlichkeit entsteht. Es sind Spießer und Zyniker, die ihm zur Macht verhelfen und die wird sich nicht dadurch fortbestimmen, dass sie für das Gute kämpft. Diese Macht muss selbst böse sein um Gutes zu tun: Böse auf jegliche Form des Subjektivismus, den sie in der Linken immer ausmacht und ausmachen kann. Sie bildet sich in der Bezichtigung der Emanzipation, denn sie bildet sich als Kultursubjekt, indem sie die Befreieung als Niedertracht gegen eine Voksgemeinschaft aufstellt, als gefährliches Kultursubjekt für das Ganze, durch das es seinen Halt in der Beliebigkeit und im Chaos individueller Freiheiten verliert. Während faschistische Macht sich hieraus als Ordnungsmacht des Ganzen erhebt, stellt es sich als objektive Notwendigkeit dar. Ihre ihre Mittel aber sind subjektivistisch, bestehen aus Intrige, Ressentiment und Sadismus und dienen der Selbstveredelung nicht einfch nur individuell sondern auch im Großen und Ganzen. Weil das Edle, durch das konservatives Handeln begründet ist, eben nur Ziel sein kann, kann es auch nicht wirklich gegenwärtig sein. Daran muss man glauben und gerade durch seine Abwesenheit entsteht und bestärkt sich seine Glaubensmacht.

Was die Ängste in der Bevölkerung ausmacht, was dort befürchtet wird, das entsteht gerade erst hierdurch: Staat und Religion lassen sich als Glaubensmacht einer Kulturherrschaft dadurch installieren, dass sie nur als Zukunfsversprechen bestehen können - ähnlich wie ein Kredit in der Finanzwirtschaft. Und ähnlich wie dieser werden sie inflationär, inhaltslos in dem Maß, wie sie keinen wirklichen Sinn mehr erfahren. Und je inhaltsloser sie werden, desto mehr binden sich die Menschen daran und mythologisieren ihr ganzes Dasein damit, Idolisieren die Träger ihrer Macht und verherrlichen diese, weil ihre Ohnmacht hierdurch absolut geworden ist und in ihnen immer schon aufgelöst und unlösbar erscheint. Der Führerkult ist dann etwas ganz Gewöhnliches - gleich, ob er religiös oder als schlichte Kultivation auftritt.

Vielleicht muss es auch keine Führerpersönlichkeit mehr geben, wenn die Menschen sachlich und kulturell perfekt fixiert werden, sich in einem Menschenpark hinter den Gitterstäben der politischen Einfalt gegenseitig an ihrer Befreiung aus der Verwertung ihres Daseins als Humankapitals hindern. Vielleicht bleibt dies aber alles auch nur eine Logik, die sich nicht vollenden muss, weil die Menschen sich dem rechtzeitig entgegenstellen. Wachsam sollten wir auf jeden Fall sein.


(1) Breivik schreibt: „Es ist nicht nur unser Recht, sondern unsere Pflicht, auch dazu beizutragen, unsere Identität, unsere Kultur und unsere nationale Souveränität zu bewahren, indem wir die laufende Islamisierung verhindern. Es wird kein Widerstand hiergegen mehr geben, wenn Menschen wie wir ihr Mitwirken verweigern ... Multikulturalismus (kultureller Marxismus / political correctness), ist - wie Sie vielleicht wissen - die Wurzel der Ursachen der anhaltenden Islamisierung Europas und hat zur islamischen Kolonisierung Europas durch demografische Kriegsführung (unterstützt durch unsere eigenen Politiker) geführt. Dieses Kompendium präsentiert die Lösungen und erklärt genau, was von jedem von uns in den kommenden Jahrzehnten nötig zu tun ist. Jeder kann und soll auf die eine oder andere Weise mitwirken. Es ist nur eine Frage des Willens.

Die Zeit ist von entscheidender Bedeutung. Wir haben nur ein paar Jahrzehnte, um ein ausreichendes Maß an Widerstand zu konsolidieren, bevor unsere Großstädte demographisch völlig durch Muslime überwältigt sind. Durch eine erfolgreiche Verbreitung dieses Kompendium an so viele Europäer wie nur irgend möglich wird dies sicher gestellt und wesentlich zu unserem Erfolg beitragen. Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, um zu vermeiden, dass unsere Gegenwart und Zukunft in die Versklavung unter islamischer Herrschaft in der Mehrzahl unserer eigenen Länder führt.“ (Siehe hierzu die Übersetzung des "Manifests" S.8)

(2) Breivik schreibt zur Einführung des Lesers: "Wenn ein Mann der 1950er Jahren in Westeuropa plötzlich in die 2000er Jahren versetzt würde, dann würde er sich kaum im gleichen Land erkennen. Weil er nicht gelernt hätte, in beständiger Angst zu leben, wäre er in unmittelbarer Gefahr, überfallen zu werden, entführt, oder schlimmer. Er würde nicht wissen, dass er in bestimmte Stadtteile nicht gehen sollte und dass sein Auto nicht nur verschlossen, sondern mit einer Alarmanlage ausgestattet sein muss und dass er es nicht wagen würde, nachts einzuschlafen, ohne die Fenster zu verschließen und die Türe zu verriegeln und das elektronische Sicherheitssystem einzuschalten.

Wenn er mit seiner Familie lebt, würden er und seine Ehefrau wahrscheinlich ihre Kinder ganz gutgläubig in die nächsten öffentlichen Schule schicken. Sobald die Kinder dann nachmittags nach Hause gekommen sind und ihnen erzählt haben, dass sie durch einen Metalldetektor gehen mussten, ihnen im Schulgebäude von einem anderen Kind ein lustiges weißes Pulver gegeben worden war und sie gelernt haben, dass Homosexualität normal und gut ist, dann wären die Eltern verständnislos." Siehe hierzu die Übersetzung des "Manifests"

(3) Zu Person und Werdegang Anders Breiviks steht in Wikipedia:
"Breivik war von 1999 bis 2006 Mitglied der rechtspopulistischen Fremskrittspartiet. Zwischen 1997 und 2007 engagierte er sich in der Jugendorganisation der Partei und war dort in verschiedenen Funktionen tätig. Von Januar bis Oktober 2002 leitete er den Ortsverband Oslo West, anschließend war er bis zum November 2004 im Vorstand des Ortsverbandes tätig. Breivik war von Februar 2007 bis zum Bekanntwerden seiner Tat Mitglied der Johannisloge St. Olaus til de tre Søiler, einer Freimaurerloge des christlichen Norwegischen Freimaurerordens, in der er den dritten Grad (Meister) nach Schwedischem Ritus erreichte.

Angaben der schwedischen Expo-Stiftung zufolge war Breivik seit 2009 im rechtsextremen Forum nordisk.nu aktiv. Im norwegischen islamkritischen Forum Document.no hat Breivik 75 Beiträge hinterlassen. Unter anderem erklärte er hier, warum er die als zu gemäßigt und etabliert erachtete Fremskrittspartiet wieder verlassen habe. Er bezeichnete es als Fehler der Partei, dass sie „multikulturellen Forderungen und den selbstmörderischen Idealen des Humanismus“ nachgegeben habe. In den letzten Jahren vor dem Anschlag beteiligte er sich am Aufbau eines norwegischen Ablegers der English Defence League, der Norwegian Defence League, und nutzte dort das Pseudonym Sigurd Jorsalfar.

Wenige Stunden vor den Anschlägen stellte Breivik ein etwa zwölf Minuten langes Video mit dem Titel Knights Templar 2083 ins Internet. Breivik bezeichnet sich im Video und in seiner schriftlichen Erklärung als hochstehendes Mitglied (Commander) einer angeblichen Nachfolgeorganisation der Tempelritter, die 2002 in London gegründet worden sei. Er bezieht sich auf das Ende der Belagerung Wiens durch das Osmanische Reich 1683 sowie auf historische Gestalten aus der Reconquista und den Kreuzzügen, die er als Vorkämpfer gegen den Islam begreift: „Wir schauen darauf, was unsere Vorväter taten und stellen fest, dass wir Europa nur retten können, wenn wir die Prinzipien unserer Vorfahren annehmen. Vorwärts, christliche Kämpfer!“ Diese Prinzipien seien „Stärke, Ehre, Aufopferung und Märtyrertum“.

Sowohl im Manifest als auch im Video kündigt Breivik eine im Jahr 2083 abgeschlossene „konservative Revolution“ an, die die multikulturellen Eliten besiegen und den Islam aus Europa verbannen werde. Als wesentliche Elemente der kulturkonservativen Ideologie Breiviks benennt der norwegische Philosoph Lars Fredrik H. Svendsen den Monokulturalismus, die Wiedereinsetzung der Kernfamilie, die freie Marktwirtschaft, die Unterstützung Israels und der Ostkirchen sowie das Eintreten für ein kulturell verstandenes Christentum. Am Ende der Revolution kenne, so Breivik, die Frau unter der Ägide des restituierten Patriarchats wieder „ihren Platz in der Gesellschaft“. Der Feminismus habe dazu beigetragen, dass die „Machtbalance“ zwischen Männern und Frauen erodiert sei; 60 bis 70 Prozent der zu bekämpfenden Kulturmarxisten seien Frauen. Svendsen sieht in den Texten Breiviks starke Widersprüche; so zähle er John Stuart Mill zu den Philosophen, mit deren Ideen die neue, monokulturelle Gesellschaft errichtet werden solle, obwohl gerade er die von Breivik abgelehnte Gleichstellung der Geschlechter gefordert habe. Der Eindruck des belesenen Intellektuellen, der ihm eilfertig von Kommentatoren zugestanden worden sei, fuße auf Posing und Selbstinszenierung.

Berwicks Ausführungen enthalten auch ein in Tagebuchform geführtes Protokoll über die Vorbereitung der Anschläge. In der im Internet verbreiteten Schrift wurden mehrfach Passagen aus dem Unabomber-Manifest (1995) des US-amerikanischen Bombenlegers Ted Kaczynski einkopiert und dabei die Bezeichnungen „Linke“ durch „Kulturmarxisten“ sowie „Schwarze“ durch „Moslems“ ersetzt..

(4) Was sich verteidigen muss, hat ein höheres Recht. Das wissen wir durch die Legitimationen unserer sogenannten Verteidigungsarmee. Es macht unempfindlich gegen die Wahrnehmung der Menschen, die als Angreifer gelten. Für Breivik sind es die unwahrhaftigen Menschen, die nach seiner Auffassung durch die Politik einer Generation sich gebildet haben, die mit libertären Doktrinen, leeren Ideologien, durchsetzt ist und ihnen den Blick für die Wahrheit genommen habe. Unter diesen Doktrinen ordnet er jedweden Humanismus ein, vor allem Marxismus, Feminismus und Antirassismus, die als Keule der Mainstreampolitik die Menschen von ihren eigentlichen Anliegen entfremdet, sich als "Political Correctness" durchgesetzt hat, wie das die Amerikaner schon seit der Jahrtausendwende nennen. Breivik hat vor allem den subjektbezogenen Marxismus im Visier, den er durch die Frankfurter Schule vertreten und mächtig sieht. Er nennt das Kulturmarxismus, den er der 68ger Generation zuordnet, und der die Politik verantwortungslos und unfähig gemacht habe, die deshalb von den Islamisten zur Volksbeherrschung ausgenutzt werde.

(5) "Eine Mehrheit der Christen, besonders die liberalen, humanistischen Christen, stellen sich den Doktrinen der Selbstverteidigung entgegen. Ich glaube, dass Selbstverteidigung ein zentraler Teil des Christentum ist, wie es in einem anderen Teil dieses Buches ausgeführt ist. Heutzutage ist pazifistisches Christentum unter anderem ein Ergebnis unserer jetzigen Regime und ihrem unliberalen Einfluss auf die Kirche. Weil sie die Kirche kastriert und ohnmächtig und irrelevant gemacht haben, werden wir sie durch unsere eigenen Reformen verjüngen. Aber Pragmatismus wird die Grundlage sein, auf der wir die Richtung wählen, die wir zu gehen werden. Eine (auf gewissen Gebieten) starke Kirche ist wichtig für die Einigkeit der europäischen Länder.

Es ist wesentlich, dass wir die Kirche schützen und das europäische Christentum im Allgemeinen sogar stärken (durch Zuerkennen eines politischen Einflusses auf gewissen Gebieten), wenn es um Moral, um kulturelle und soziale Aspekte der Gesellschaft geht. Es sollte ihr sogar das Monopol auf gewissen Gebieten gewährt werden, eine europäische Bindekraft/Einigkeit zu stärken. Dies bedeutet nicht, dass wir es den feministisch Liberalen weiterhin erlauben, als humanistische Splitterpartei der Kirche, ihre pazifistisch humanitären (selbstmörderischen) Ansichten zu rpopagieren und ihre Antiselbstverteidigungsdoktrinen zu verbreiten. Die Kirche muss anti-pazifistisch auf eine Weise werden, dass sie tätige Selbstverteidigung predigt und sogar zur Praktizierung des Selbstschutzes für christliche Minderheiten in muslimisch dominierten Gebieten oder auch ganz Europa Präventivschläge unterstützt. Wir müssen sicherstellen, dass eine nachhaltige und traditionelle Version des Christentums verbreitet wird. Dies wird davon abhängen, dass wir entscheidende Schritte machen, die liberalen Leiter der Kirche nicht zuzulassen und sie am Begehen des Selbstmord zu hindern. Wir müssen sicherstellen, dass die Kirchen von Europa Werte verbreiten, die hilfreich sind und dazu beitragen christliche europäische Werte langfristig zu schützen. Europäisches Christentum und das Kreuz werden das Symbol sein, unter welchem jeder kulturelle Konservative sich zu unserer gemeinsamen Verteidigung vereinen kann. Es sollte alle Europäern als das vereinigendes Symbol dienen, ob sie nun Agnostiker oder Atheisten sind." (Siehe hierzu die Übersetzung des "Manifests", S. 1307)

(6) Der forensische Psychologe Marc Sageman sieht einige Parallelen auch zur Persönlichkeitsstruktur Kaczynskis, der ebenfalls jahrelang an einem Manifest geschrieben habe, um dann mit Gewalttaten auf seine Theorien aufmerksam zu machen. Sageman sieht keine Hinweise für eine psychische Erkrankung bei Breivik.

(7) Seine grundlegende Position zur öffentlichen Politik, zur "Political Correctness", wird nicht nur im Internet, sondern auch von der Freien Wählervereinigung geteilt: "Political Correctness ... zerstört die Grundlagen jeder Demokratie, indem sie ideologische Intoleranz im verlogenen Deckmäntelchen sogenannter Antidiskriminierung betreibt. ... Political Correctness zielt auf Gedankenkontrolle ab, auf Zensur und ist somit ein antirationales Tool zur Zementierung nicht-mehrheitsfähiger Themen. ... Daher diente das erste Kapitel des Manifest Breiviks, seine Meinung über den Status der Demokratie in Norwegen und im Rest der westlichen Welt darzulegen, und dem Mediensystem eine Falle zu stellen: Demokratie kann es für Breivik aufgrund der Political Correctness im Ergebnis der öffentlichen Kommunikation nicht mehr geben und folgerichtig würde das undemokratische System seine Kritik an der Political Correctness verschweigen. Und ohne demokratische Meinungspluralität glaubte Breivik (der sein ganzes Leben lang in einer sozialistischen Gesellschaft lernte, dass das Soziale, die Gemeinschaft, wie ein Gott über allen Werten steht), jenen Boden unter den Füßen verloren zu haben, um sich erfolgreich gegen den demografischen Wandel und den Werte- und Kulturrelativismus auf demokratische Weise in Norwegen wehren zu können. Dermaßen als Individuum der sozialen Leitkultur beraubt, stellte sich für Breivik die Frage nach sozialem Handeln gänzlich anders: Das Unerklärbare, das unentschuldbare Grauen wird somit auf eine besondere Art nachvollziehbar. " (http://freie-waehler-frankfurt.de/artikel/index.php?id=142)

(8) Von den "Freien Wählern" wird Brejvick schon als politisch geschickter Taktiker gerühmt, der sich quasi dialektisch zur öffentlichen Politik, zur "Political Correctness" verhält: "Die Asozialität seiner Tat war für Breivik nicht mehr ein Akt gegen die soziale Gemeinschaft; er wollte nicht der Gemeinschaft schaden, indem er sich ihr gegenüber asozial verhält. Vielmehr war nach Breiviks Analyse das Soziale nicht mehr existent! Das Soziale war nach Breivik in der Gesellschaft vergesellschaftet und somit zerstört worden: Werte- und Kulturrelativismus, die Zerstörung der Erfahrung unzähliger Generationen, die Auflösung des Familienmodells, die Vergesellschaftung und somit Auflösung der Intimität sexueller Beziehungen ab dem Kindergarten, die Förderung einer blinden, ungesteuerten Multikulturalität mit der gleichzeitigen Tabuisierung von explodierenden Vergewaltigungs- und Kriminalitätszahlen und der politischen Doktrin, alles Fremde als gut und begrüßenswert in die eigene Wertegemeinschaft eindringen und tolerieren zu müssen. All jene Fragmente einer nach Breiviks Ansicht durch sozialistische Programme gesteuerten gewaltigen und systematischen Dekonstruktion von Familie, Heimat, und Leitkultur haben in Breiviks Weltsicht den individuellen Schutz des Individuums aufgehoben und somit das Soziale der multikulturellen Auflösung geopfert: Das Soziale ist zerstört worden. Von diesem Ansatz her ist es für Breiviks Denkfigur nur ein kleiner gedanklicher Schritt, den über alles prangenden Begriff des "Sozialen" als eine vermeintlich vordergründige Lüge zu entlarven. Political Correctness war hierbei DER explosive Brandbeschleuniger in Breiviks Psyche, da jeder öffentliche Diskurs über die von ihm monierten Fehlentwicklungen zu reflexhaften, ideologischen Denkverboten und sozialer Ausgrenzung führte und eine offene Diskussion verhindert hat. Breiviks politisch nicht genehme Fragen, Feststellungen und Kritiken stempelten ihn zu einem sozialen Außenseiter." (http://freie-waehler-frankfurt.de/artikel/index.php?id=142)

(9) Die Einleitung mit der Definition des Kulturmarxismus ist wörtlich von Political Correctness: A Short History of an Ideology der konservativen Denkfabrik Free Congress Foundation übernommen. Auch sonst besteht die Schrift in großen Teilen aus einer Zusammenstellung fremder Texte von rechtspopulistischen und islamfeindlichen Webseiten. So verwendete der Autor in großem Umfang Texte des norwegischen Bloggers Fjordman, den er als seinen „Lieblingsschriftsteller“ bezeichnet. Häufig bezieht er sich auf den von Gisèle Littman geprägten Begriff eines ihrer Ansicht nach drohenden „Eurabia“.

(10) "Der Westen ist, mit einem Wort, eine ,reife' Gesellschaft an der Schwelle dessen geworden, was künftige Generationen einmal als ein ,goldenes Zeitalter' betrachten werden, eine Periode des Friedens, die, laut Quigley resultiert aus ,dem Fehlen rivalisierender Einheiten im Inneren der betreffenden Zivilisation und aus der Entferntheit oder dem Fehlen von Kämpfen mit anderen Gesellschaften außerhalb ihrer'." (Huntington, "Kampf der Kulturen", S. 497)

(11) Für die so genannten Weltordnungskriege wurde ein sogenannter „Kampf der Kulturen“ eingeführt, ein feindliches Kulturverhältnis, das schon von Huntington mit dem Verhältnis der Religionen gleichgesetzt worden war. Und das hat es in sich. Denn Religionen reduzieren Kultur auf ein Verhältnis von Güte und Boshaftigkeit. Sie waren schon von US-Präsident Reagen zur Begründung der Aufrüstung gegen die „Achse des Bösen“ politisiert worden und nun zum Legitimationsstandard des westlichen Machtbündnisses überhaupt geworden. Es war eine Möglichkeit, sich politisch stark zu machen, sich aufzumanteln und die Probleme und Ängste im eigenen Land durch Stärke gegen andere zu kompensieren, und dabei zugleich das wirkliche Medium der Macht, den Petrodollar zu bestärken. Solange die Handelsbeziehungen über ihn liefen, hatten die USA eben auch alle Werte der Welt in ihrer Währung. Militärische Dominanz über die Ölressourcen der Welt waren die letztliche Sicherung der Ölpreise und damit des Handelsgewinns der USA. Und deshalb waren Kriege zur Herrschaftssicherung der Weltmacht USA geworden. Damit war viel zu gewinnen und in den USA war man gewohnt, auf Zahlungsversprechen und Schulden zu leben.

(12) Es ist der Widerspruch der Konservativen, dass sie sich im Angriff auf eine vermeintliche "Political Correctness" selbst darauf am heftigsten beziehen, sich selbst als den wahrhaften Mainstream zu begründen suchen. Das ist dann kein Widerspruch, wenn man wie selbstverständlich unterstellt, dass die Konservativen eine höhere Wahrheit vertreten. Nur dadurch ist dieser Widerersinn möglich. Und das ist dann auch ihre schlichte Selbstbehauptung und Dummheit zugleich. Es geht ihnen nicht wirklich um die Kritik einer Indoktrination, sondern um die Installation einer höheren Wahrheit, einer unbezweifelbaren, eine unendlichen, einer ewigen Wahrheit, die aus einem tieferen Wesen heraus sich wie von selbst hervortut. Und die ist letztlich immer Glaubenssache, Esoterik, Religion. Bewusstsein wird darin mythologisch, das Phänomen zum Urgrund, die Erscheinung selbst wesentlich. Und in Lebenszusammenhängen, die nicht mehr kenntlich sind, ist dies dann auch das, was in den Menschen raunt. Es erscheint dem sich selbst unklaren Bewusstsein wie ein besseres Wissen, eine allseitige Gewissheit, die keinen Grund mehr nötig hat.

(13) Unsinniges kann nicht relativ, also in Beziehung sein. Es ist immer absolut, auch wenn es als Kritik daherkommt, die sich in Beziehung versteht. Es ist die Beziehung von Selbstverstänlichkeiten, die iher Hinterfragung entgehen wollen, weil sie Grund haben, unkenntlich zu bleiben. Von daher tritt konservative Kritik gerne absolut auf. Das war schon vor 160 Jahren so, als Marx zu den konservative Kritikern seiner Zeit, den Selbstverdlern, die er als "heilige Familie" zusammfasste, anmerkte:

"Die absolute Kritik spricht von ‚Wahrheiten, die sich von vornherein von selbst verstehen‘. (...) Eine Wahrheit, die sich von selber versteht, hat für die absolute Kritik, wie für die göttliche Dialektik, ihr Salz, ihren Sinn, ihren Wert verloren. Sie ist fad geworden wie abgestandnes Wasser. Die absolute Kritik beweist daher einerseits alles, was sich von selbst versteht, und außerdem viele Dinge, die das Glück haben, unverständig zu sein, sich also niemals von selbst verstehen werden. Andrerseits versteht sich ihr alles das von selbst, was einer Entwicklung bedarf. Warum? Weil es sich bei wirklichen Aufgaben von selber versteht, daß sie sich nicht von selber verstehn.“ Quelle: Karl Marx und Friedrich Engels in Die heilige Familie
(Marx-Engels-Werke Bd.2, S. 84)

Die absolute Kritik lebt davon, dass sie sich selbst als das Gute aufstellt und sie bestärkt sich an ihrem Edelmut, betreibt unendliche Selbstveredelung, die sich quasi übersinnlich fortbestimmt, indem sie das Böse auftürmt. Das Böse ist der zum Dämon gemachte Krisenmechanismus, der nurmehr als unendliche Kette von Gefährdungen auftritt: Hier als soziale Verrohung, dort als Zusammenbruch des Finanzsystems, dort als ethischer Verfall und so weiter. Es ist das zum Unbegreifbaren gemachte unbegriffene eines Zusammenhangs, der nurmehr negativ, als Niedergang erscheint, das Unheimliche, das sich seinen heimlichen Winkelzügen entledigen muss, weil sie nicht mehr funktionieren, weil alle Rettungsbemühungen versagt haben.

(14) Die absolute Kritik kennt keine Beziehungen, keine wirklichen Relationen, an denen sich ihre Negationen relativieren müssten. Sie ist schon in ihrer Begriffslosigkeit total und in ihrer Wirkung also totalitär und sie füllt ihre sachliche Unkenntnis durch totale Begriffe auf. Darin wird die Unbezweifelbarkeit fixiert, weil solche Kritik sich selbst nur als Antizweifel, als Glaube an sich selbst verfestigen kann. Sie fürchtet das Fremde, weil sie sich zu sich selbst nur absolut verhalten kann, unterstellt ihm das, was sie für sich verheimlicht, macht es zum Unheimlichen für sich, indem es darin die Eigenmacht ihrer Selbstbezogenheit fürchtet. Und indem sie sich gegen fremde Beziehungen wendet, kann sie darin selbst es nur negieren, nur vernichtend sein. Der Glaube hilft nur dem, der ihn hat und stellt sich deshalb gegen den Ungläubigen schlechthin, weil ihn dessen Ethik, der jeder Bezug auf ihre Wirklichkeit genommen wird, bedroht.

(15) Und das erst macht den eigenen Sinn des angeblichen "Kampfes der Kulturen" aus. Das Schlachtfeld eines Glaubenskriegs eröffnet die Totalität einer zur Notwendigkeit erhobenen kulturellen Machtergreifung. Im politischen Rchtspopulismus scheint immer mehr das Selbstverständnis eines zunehmend konservativ werdenden Christentums durch, das sich auch immer stärker in den öffentlichen Medien der christlichen Kirchen und der Kultur manifestiert. Es wird regelrecht als Glaubensmacht installiert, durch welche fremde Identität ausgegrenzt und damit eigene Identität als Vereinigungsmacht installiert wird. Nicht umsonst hat sich die katholische Kirche unter Ratzinger wieder vom 2. Vatikanischen Konzil entfernt, die Jungfrauengeburt als Glaubensdogme restauriert und den Teufel als Glaubensinhalt des Bösen und als Herrn der Hölle aufgestellt und die Teufelsaustreibung zur Pflicht ihrer Diözesen erklärt. Die vermeintliche Aufgeklärtheit des modernen Christen kehrt sich im sogenannten “Kampf der Kulturen“ leicht um in die inquisitorischen Prinzipien des Alten Testaments. Religionen haben einen doppelten Boden und abergläubisches Verhalten bleibt immer noch der Nährboden ihrer tiefsten Triebe.

(16) So stellte Andreas Kämmerer, der "Spezialist für Terrorismus" bei der Freien Wählervereinigung Frankfurt in seinem Artikel "Der lange Arm des Teufels - oder: das Unerklärbare erklären" am 5.8.2011 fest:

"Wenn jene Klasse der politisch Korrekten eine Antwort finden wollen, welche Motive Breivik zu seinen Taten getrieben haben, müssen sie sich mit bestimmten Aussagen beschäftigen, die in seinem Manifest 2083 aufgeführt sind. Im ersten Kapitel, als erste substanzielle Aussage der folgenden 1500 Seiten, beschreibt Breivik dabei die Mechanismen der sogenannten Political  Correctness (pc) als eine der wichtigsten Motivationen für die Notwendigkeit seiner Handlungsweise. Möchte man also Breiviks Handlungsweise einen kausalen Ort in dieser Welt zuweisen, dann muss man die Kritik Breiviks an der Political Correctness Ernst nehmen. Ernst nehmen kann man die Kritik an der Political Correctness aber nur, wenn man keine Political Correctness mehr betreibt. Das Paradoxon ist somit perfekt: Ignorieren die Systemmedien der Herrschenden die Kritik der Political Correctness, dann betreiben sie weiter pc und bestätigen Breiviks Analyse und Kritik. Lassen sich die Systemmedien jedoch auf die Kritik der PC ein, dann müssten sie sich selbst politisch "unkorrekt" verhalten und somit eine Mitverantwortung für die Taten Breiviks in der Vergangenheit tragen. Durch diese paradoxe Situation ist zu verstehen, dass die geballte Bildungs- und Kulturelite Deutschlands, die veröffentlicht wird und somit den Kriterien der PC genügt, mit aller Intelligenz und Macht und Möglichkeiten an der Analyse der Taten Breiviks kein wahrhaftes Interesse zu haben scheinen: Weil das eigene Versagen nicht zum Thema werden kann im Kontext der vielen Toten, dürfen die wahren Ursachen nicht zur Sprache kommen und die Toten wie die Angehörigen werden nicht zur Ruhe kommen. ...

Es ist der Intelligenz Breiviks durchaus zu unterstellen, dass er jenes Kalkül bewusst inszenierte, hoffend, dass eine Tabuisierung und Stigmatisierung seines Manifestes die Wirkung weltweit potenzieren würde. Folgerichtig kopierte Breivik an den Anfang seines Bekennerschreibens jenen Text über die Political Correctness, der das gesamte politische System am nachhaltigsten zu destabilisieren in der Lage war: die Frage nach der demokratischen Legitimierung eines Staates in Zeiten einer ideologischer Intoleranz öffentlicher Medien (via pc)." (http://freie-waehler-frankfurt.de/artikel/index.php?id=142)