Emanuel Kapfinger (08.05.09)

Dieser Text ist in einer Sendung der Kulturkritik München am 8.5.2009 zusammengefügt worden mit dem Text von
Wolfram Pfreundschuh:

Die Asche des Geldes: Hitzköpfe und verbrannter Geist - zur Bücherverbrennung der nazistischen Studenten und Profs

Kulturbewahrung als Kulturzerstörung -
Gründe und Ziele der Bücherverbrennungen 1933

Am 10. Mai 1933 loderten die Scheiterhaufen hoch. In nahezu allen deutschen Universitätsstädten warfen Studenten eine Literatur, die sie „undeutsch“ nannten, ins Feuer: Marx, Freud, Kästner und viele, viele mehr. Ganze Lastwagen fuhren die Werke an, die zuvor aus den Büchereien und Buchhandlungen wegtransportiert worden waren. In dieser Form der Vernichtung, der völlig äußerlichen Negation des Gedankenguts ihrer politischen Gegner ist jede Spur der Aufklärung, einer theoretischen Auseinandersetzung ausgelöscht. Es war der barbarische Akt der Vertilgung einer Kultur, zu der sich die Studenten im Gegensatz befanden. Gemeint war damit nicht das Buch, sondern die Lebensformen und der Geist, die in diesen Büchern zum Ausdruck kamen. Statt einer aufklärerisch-kritischen, liberalen, weltoffenen Kultur der Moderne sollten Ideale von Sittlichkeit, edler Geistigkeit, Tapferkeit, Volksgemeinschaft durchgesetzt werden, – und so sollte, in der Diktion der Nazis, dem deutschen Wesen seine Wirklichkeit und seine Freiheit verschafft werden.

 

Sozioökonomische Situation

Dieses Denken entwickelte sich in einer völlig desolaten Lage von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Die Wirtschaftskrise von 1929/30 hatte etliche Betriebe in den Ruin getrieben, der Rest schlingerte zwischen den Abgründen immenser Auslandsschulden und kaum mehr vorhandener Absatzmöglichkeiten in In- und Ausland. Die Produktion war drastisch reduziert worden, mit den Folgen von Lohnkürzungen, Kurzarbeit und einer offiziellen Arbeitslosenrate von 33% unter den Arbeitern. Kleinbauern wurden masseweise enteignet. Die gesellschaftlichen Folgen waren Verarmung, Hunger, hunderttausende Obdachlose, Jugendliche ohne Perspektive, die in Bandenkämpfen und Kriminalität aufwuchsen, sichtbar um sich greifende Prostitution. „Die deutsche Gesellschaft schien in einem Morast von Elend und Kriminalität zu versinken.“ Die Politik war in eine Vielzahl von völlig gegensätzlichen Parteien zerstritten und gegenüber der sozialen Krise so gut wie handlungsunfähig. Der Reichstag wurde in einem Fort aufgelöst und neugewählt, allein 1932 fünfmal. Die gesellschaftlich-politischen Gegensätze der Weimarer Zeit waren enorm. Straßenschlachten zwischen politischen Gegnern und politische Morde waren an der Tagesordnung. Wahlkämpfe kosteten hunderte Tote und eine Vielzahl mehr Verletzte. Weite Teile der Bevölkerung setzten keinerlei Hoffnung mehr in die Weimarer Parteien, vielmehr war die Weimarer Republik getragen von einer mehrheitlich verfassungsfeindlich eingestellten Bevölkerung. Neben der wirtschaftlichen Belastung hatte der Staat die Reparationszahlungen sowie die Auslandsschulden aus dem Ersten Weltkrieg zu tragen, und trat von daher mit einem Minimalbudget für soziale Ausgaben auf.

In dieser darniederliegenden und zerrütteten Gesellschaft, in der wirklich überhaupt nichts mehr ging, bildete sich die allgemeine Vorstellung einer verfälschten deutschen Kultur heraus. Die eigentliche Größe der deutschen Kultur wäre verschüttet worden, „volksfremde“ Elemente hätten diese Kultur besetzt, die eigentlichen Gedanken der deutschen Kultur wären durch Gedanken fremder Kultur – teils böswillig – verkehrt worden. Der Nazi Vesper schrieb in seinem Artikel zur Bücherverbrennung, dass „volksfremde“ Kulturgüter als „Rausch- und Betäubungsmittel“ für das deutsche Volk fungiert hätten. Dies war gerade die Kultur, wogegen sich die Bücherverbrennungen wandten: gegen Individualismus, das Ausleben von Bedürfnissen, sexuelle Freiheit, den Bruch mit herkömmlicher Sitte. Solch eine Kultur hatte, nach der Ansicht der Nazis, gerade zum politischen und ökonomischen Niedergang Deutschlands geführt.

 

Ablauf und Bedeutung der Bücherverbrennung

In 12 Thesen, betitelt „Wider den undeutschen Geist“, die die Studenten auf einem großformatigen Plakat in der Öffentlichkeit anbrachten, wurde dies ausgeführt. In den 12 Thesen wird richtiggehend spürbar, dass die Studenten die von ihnen „undeutsch“ genannte Literatur als Fremdkörper in sich selbst empfanden – so sehr identifizierten sie sich mit dem Allgemeinen, mit dem Volk, zu dem das deutsche Schrifttum, man kann sagen: das deutsche Kulturleben, im Widerspruch stünde. Diese Plakataktion vom 13. April 1933 war der Auftakt einer Kampagne, die vollständig von der Deutschen Studentenschaft organisiert und durchgeführt wurde. In den nächsten Wochen bis zur Bücherverbrennung druckten fast alle Zeitungen sechs Artikel von Nazi-Intellektuellen, die die Bücherverbrennung begründeten und in dem ideologischen Rahmen der Nazis situierten. Ende April ergingen dann Aufforderungen an Büchereien und Buchhandlungen, Bücher nach einer Schwarzen Liste auszusortieren und zur Abholung bereitzustellen. Überall wurden die Studenten von Kommunalpolitik und Polizei bei ihrer an sich rechtswidrigen Aktion unterstützt. Die Buchläden hatten danach unzählige leere Regalbretter. Schlusspunkt der Kampagne war dann die Bücherverbrennung, die wiederum öffentlichkeitswirksam inszeniert war und in Rundfunk und Zeitungen rundum gefeiert wurde.

Die Bücherverbrennung war ein medial großangelegtes Ereignis und von hohem symbolischen Wert für die Durchsetzung des „Anspruchs der Nazis auf kulturelle Hegemonie“ (Wolfgang Benz). Sie ergriff weite Teile der Gesellschaft – nicht nur die Unis, obwohl diese Hauptschauplatz waren. Andererseits war sie nur ein besonders brutales Moment in einem Klima, das schon lang seit der Weimarer Zeit äußerst kulturfeindlich war. Zwar hatte sich gerade in der Weimarer Republik, der Zeit der „Goldenen Zwanziger“, eine sehr lebendige Kultur entwickelt, neue Kunstformen, wie sie zum Beispiel im Bauhaus verfolgt wurden, konnten sich ausbreiten, es wurde das erste Mal von Kino und der Filmproduktionsfirma UFA ein Massenpublikum angelockt, in den Großstädten gedieh Bohème und das Leben in Nachtclubs und Variétés. Allerdings war dies teils Szene, teils von vielen Konservativen (und gerade auch den kulturell reaktionären KPDlern) gerade als kulturelle Krise und Bedrohung empfunden. Gegen Ende der 20er Jahre sahen sich Kulturschaffende einem immer stärkeren Druck ausgesetzt. Die SA störte zahlreiche kritische Kulturveranstaltungen, u.a. Thomas Manns „Deutsche Ansprache“ in Berlin oder die Uraufführung des Films „Im Westen nichts Neues“, um nur zwei zu nennen. Sie drang in die Veranstaltungen ein, prügelte auf das Publikum oder die Künstler ein. Auch persönlich wurden die Kulturschaffenden von der SA verfolgt, es gab Drohbriefe, demolierte Wohnungen und ähnliches. Vor den Veranstaltungsräumen auf der Straße zog sie eine große Demonstration zusammen. Von politischer Seite wurden dieselben Kulturschaffenden Gegenstand von Zensur, Verbotsgesetzen, Beschlagnahmungen, Prozessen, von hoher politischer Seite wie von einfachen Behörden. Mit der Zeit wurde daher auch finanziell die Luft eng für die Protagonisten moderner und progressiver Kultur; wegen des permanenten Terrors der SA weigerten sich Saalvermieter, Theater, Rundfunk, Verleger, mit den Autoren zusammenzuarbeiten, da sie die Randale der SA fürchteten.

Dies alles ergibt das Bild einer extrem kulturfeindlichen Atmosphäre, die sich natürlich nach dem 30. Januar 1933 potenzierte. An den Universitäten war schon am 7. April 1933 das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ spürbar geworden, das letztlich allen jüdischen und kritischen Hochschullehrern die materielle Basis und ihren Wirkkreis entzog. In dieser Atmosphäre zeigte die Bücherverbrennung öffentlichkeitswirksam, dass auch in Kunst und Kultur „ein neuer Geist“ angesagt war. Es war nach dieser Aktion, die mit Gewalt und Emotion hoch aufgeladen war, unmissverständlich klar, welche Art von Literatur und von Wissenschaft zu unterlassen war.

Die Bücherverbrennung ist in dieser ganzen kulturfeindlichen und -zerstörerischen Atmosphäre nicht das Wesentliche, als ob damit schon die Kultur zerstört worden wäre. Aber sie war wichtig, indem sie ein weithin sichtbares Signal der öffentlichen Nichtanerkennung bestimmter Bücher und damit Intellektueller und damit Lebensauffassungen abgab.  Für die Kulturschaffenden hieß das, sich dem Schema der Nazis zu unterwerfen oder aber den Beruf und damit sowohl die materielle Versorgung als auch die Anerkennung als Künstler oder Intellektueller zu verlieren. Es war dies nicht eine von oben verordnete Kulturpolitik, sondern ein Klima der Gewalt und der Destruktion, das von vielen Kräften in der Gesellschaft erzeugt und vom Staat unterstützt wurde. Es war die gesellschaftliche Sanktion, wodurch die Zerstörung der Kultur funktionierte, durch die gemeinsame Bücherverbrennung, durch den Nichtkauf der Bücher, durch den Ausschluss der Schriftsteller von den Verlagen, durch die Entlassungen der Wissenschaftler, durch die öffentliche Akzeptanz all dessen.

 

Der reaktionäre Geist an der Weimarer Hochschule

Die rühmliche Rolle, die die Studenten in diesem Kulturkrieg spielten, und für die sie von Nazi-Ideologen wie Alfred Bäumler auch in die Pflicht genommen wurden, war keineswegs zufällig. Haben wir heute das Bild eines alternativen, politisch eher linken, locker gekleideten Studenten, so triefte die Studentenschaft der Weimarer Republik von reaktionärem, burschenschaftlichem Geist. Über 50% der Studenten waren in Verbindungen organisiert, welche durch die Ablehnung der Demokratie, durch einen traditionellen Antisemitismus, durch ein militärisch-kameradschaftliches Ethos ausgezeichnet waren. In den Freikorps, die gegen die revolutionären Kräfte nach dem Krieg eingesetzt wurden, kämpften teilweise 25% Verbindungsstudenten. „Die Verbindungen vermittelten Ideologie und Haltung der traditionellen 'Elite'. Ein ordentlicher Studierender war 'national' und 'völkisch' eingestellt und wurde darin von den 'Alten Herren' bestärkt.“ Arbeiterkinder befanden sich so gut wie keine an den Unis. Politisch waren während der Republik höchstens 5% in Hochschulgruppen der Weimarer Parteien organisiert, dagegen waren 1930 3000 im Stahlhelm-Studentenring (der Stahlhelm war ein rechter Reservisten-Verein) und 4000 im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund – und davon die meisten auch in der SA tätig. (Immerhin: 5500 auch in der Sozialistischen Studentenschaft.) Auch die Deutsche Studentenschaft, das Zentralverband der deutschen Studentenschaften, war lange vor 1933 vollständig nazistisch ausgerichtet.

Bei den Profs sah es nicht besser aus. Sie waren im Grunde bezahlte Staatsfeinde, Reaktionäre, die monarchistisch und antirepublikanisch orientiert waren und antiaufklärerisches Gedankengut verbreiteten. Das zeigte sich zum Beispiel darin, dass viele Profs den Bücherverbrennungen ganz offiziell (im Talar) beiwohnten und sie mit Redebeiträgen unterstützten. Kritische Wissenschaftler gab es nur ausnahmsweise. Am Vorgehen der Heidelberger Profs gegen Emil Gumbel (Privatdozent für Statistik) wird das sehr deutlich. Dieser hatte sich in der „Liga für Menschenrechte“ für den Frieden eingesetzt, und insbesondere die Art der Beteiligung Deutschlands am Ersten Weltkrieg kritisiert, ein Fauxpas, da in nationalen Kreisen gerade der Erste Weltkrieg Höhepunkt deutscher Stärke und deutschen Heldentums war („auf dem Felde unbesiegt...“). Der national gesinnten Heidelberger Professorenschaft gefiel das überhaupt nicht: im Jahr 1924 sollte ein Untersuchungsausschuss der Ordinarien Gumbel die Lehrerlaubnis entziehen. Da dies aus Beweismangel erfolglos blieb, veröffentlichte die Philosophische Fakultät eine – offizielle – Schmähschrift gegen ihn, die seinen wissenschaftlichen Ruf in Deutschland ruinierte. Hieran war der „große Philosoph“ Jaspers federführend beteiligt. Später musste das Kultusministerium die damals übliche Beförderung Gumbels zum außerordentlichen Professor gegen erheblichen Widerstand innerhalb der Universität durchsetzen. Die Heidelberger Studentenschaft hatte die Maßnahmen der Profs voll unterstützt.

 

Gegen welche Literatur richtete sich die Bücherverbrennung?

Zum Spektrum der verbrannten Bücher gehörten Marxismus, Pazifismus, Liberalismus, Demokratismus, Internationalismus bzw. Anti-Nationalismus, kritische Geschichtsliteratur (die die „Größe“ des deutschen Volkes herabsetzte), Literatur über die Kunst der Moderne, der sexuellen Aufklärung, Psychoanalyse, sprachlich experimentelle Literatur wie die Alfred Döblins, „sittenfeindliche Literatur“ wie der „Professor Unrath“ von Heinrich Mann – und natürlich überhaupt Literatur von jüdischen Autoren und der kritische Journalismus wie der von Kurt Tucholsky. Dies alles firmiert für die Bücherverbrenner unter dem Titel „undeutscher Geist“, was als abstrakte Kategorie in allen Vorträgen und Artikeln aus dem Umfeld der Bücherverbrennung verwandt wird, ohne dass näher auf den Inhalt des „undeutschen Geistes“ eingegangen wird. So ist ziemlich schwierig zu bestimmen, wogegen sich die Aktion eigentlich richtete und was die Studenten an der verbrannten Literatur genau auszusetzen hatten. Immerhin geben die „Feuersprüche“, mit deren Ausrufung die Bücher ins Feuer zu werfen waren, einigen Aufschluss. Von ihnen ausgehend kann man die verbrannten Bücher in folgende Kategorien einordnen: Zunächst a) die Bücher jüdischer Autoren und b) politischer Gegner des Nazismus. Die Juden sahen die antisemitischen Studenten als das Kernelement jener dem deutschen Volk fremden Kultur an, was von daher als erstes vernichtet werden musste. Auch dass politische Gegner (also Kommunisten, Republikaner, Kriegsgegner etc.) verbrannt wurden, lässt sich leicht aus eben politischen Gründen verstehen. Aber das berührt nicht den Kern der Sache, warum überhaupt Bücher verbrannt werden mussten, also eine bestimmte Kultur angegriffen werden musste, es sind keine inhaltlichen Kategorien. Eine solche ist erst c) eine solche Literatur, die die Nazis kulturell als gefährlich ansahen, insofern sie ihrem völkischen Denken, ihrem ästhetischen Empfinden in Reinheit, Schönheit und Größe, und ihrem Idealismus widersprach.

Gerade dieser Idealismus ist wesentlich für das nazistische Denken (und nicht bloß das Völkische und der Antisemitismus), den sie auch ganz offen gegen „Materialismus“ und „Hedonismus“ stellten. Es ist dies zum einen die romantische Vorstellung der Idee, die sich Wirklichkeit verschafft. Jeder kann sie jeder in seinem Herzen fühlen, insofern er rein zu fühlen bereit ist, und hat somit ganz in sich den Quell der Wahrheit oder auch die Gewissheit des richtigen Tuns. Die Reflexion, das Hinterfragen entfernt nur von dieser Wahrheit. Diese Idee, verstanden als die „Idee des Nationalsozialismus“, findet ihren personellen Ausdruck in der Führergestalt und stellt also eine allgemein-geistige Bewegung gegen die wirkliche Veränderung, gegen den wirklichen Menschen. Zweitens aber ist der nazistische Idealismus gegen unmoralisches Verhalten gerichtet, gegen das Ausleben der Neigungen, gegen den „tierischen Instinkt“. Diese sahen die Nazis als ursächlich für den sozioökonomischen Niedergang an. Es blieb aber nicht bei der Forderung nach moralischem Verhalten (z.B. des Unternehmers gegen den Arbeiter, des Gläubigers gegen den Schuldner usw.), wie es den moralisierenden Bürger auszeichnet, sondern die Nazis gingen strafend und züchtigend gegen diejenigen vor, die sich – in ihren Augen – unmoralisch verhielten. Für diese Zucht nahmen sie auch den Staat in Anspruch. In ihren völkisch-rassistischen Koordinaten gab es aber auch Elemente, die zur Moral überhaupt unfähig waren – und diese sollten aus der Gesellschaft ausgestoßen werden, bis zum Tod.

Das Ideal ihres Idealismus war der geistige Mensch, der über allem Tierischen und Instinkthaften steht. Hieraus sind klar die bürgerlich-aufklärerischen Wurzeln des nazistischen Idealismus erkennbar, wie sich ja auch bürgerliche Sittlichkeit gerade gegen Vergnügungen, sexuelle Freiheit, Kampf für materielle Interessen richtet, – also gerade das, was in Buchform von den Nazis verbrannt wurde. Was diese von den Nazis unterscheidet, ist die Realisation der moralischen Forderung in der Züchtigung.

 

Projekt Faschismusanalyse

 Das nazistische Denken gewinnt aber erst in dem Zusammenhang von Antisemitismus, Völkischem Denken, rassistischer Kulturtheorie, Untergangsheroik und Willens-Pathos, Militarismus, Urtümelei und diesem Idealismus seine destruktive Potenz. Für eine Analyse des Faschismus ist dieses Denken und sein Zusammenhang wesentlich; ein aufschlussreicher Ausgangspunkt dafür ist gerade die Bücherverbrennung. Die Nazis hatten Erfolg, gerade weil sich dieses Denken in der Bevölkerung einer krisengeschüttelten Gesellschaft entwickelte oder sich in ihr ausbreiten konnte. Gerade diejenige krisenhafte Wirtschaftslage, in der kapitalistische Reproduktion nicht mehr ohne faschistische Grundlagen funktionieren kann, bildet zugleich die sozialen Grundlagen einer faschistischen Kultur. Die Analyse müsste hiernach den Zusammenhang von ökonomischer und sozialpsychologischer Entwicklung sowie deren politisches Zusammenspiel aufdecken. Dies würde es erlauben, aktuell faschistische Tendenzen auszumachen und sie von ihrer sozialen Bedingtheit und politischen Wirkung her zu verstehen.