Wolfram Pfreundschuh (14.2.2014)

Transformation in eine "bessere Welt" - oder die Permakultur der Reaktion?

Über 80 Organisationen der Sozialhilfe, Selbsthilfe und Gesundheitsfürsorge hatten am 19. Januar im Münchner Gasteig auf einer großen Ausstellungsfläche den Besuchern der 8. Münchner Freiwilligenmesse die Möglichkeiten zu einem gesellschaftlichen Engagement angeboten. Diese auf „Freiwilligensuche“ ausgerichtete Einrichtung zur „Förderung Bürgerschaftlichen Engagements (FÖBE)“ will vor allem die professionellen sozialen Einrichtungen von München und auch die Kassen von Kultureinrichtungen wie Museen, Tierschutz und der Gesundheitspflege und des Sanitätswesens entlasten. Der Andrang war überwältigend. Es waren viele Junge und Alte, die sich sozial und ohne Entgelt engagieren wollten. In dem aufwendig hergestellten Prospekt wird diese "Messe" als Profit auf beiden Seiten herausgestellt, sozusagen als ein soziales Win-Win-Geschäft:

"Auf der Messe werden Ihnen neue Perspektiven eröffnet und ein Vorgeschmack gegeben auf die vielen Möglichkeiten, für sich und andere in München etwas zu tun.

Sie profitieren von Ihrem Engagement weil es Freude macht und Ihnen die Möglichkeit gibt, Neues zu erfahren und zu erlernen. Sie setzen Ihre erworbenen Kompetenzen und Ihr Wissen ein und werden erleben, dass Sie etwas Sinnvolles tun.

Unsere Stadt profitiert von Ihrem Engagement egal in welchem Bereich. Dadurch werden viele zusätzliche Aktivitäten angeboten, die das Zusammenleben in unserer Stadt herzlicher und menschlicher machen. So gewinnen alle durch das bürgerschaftliche Engagement." (Messe-Prospekt der Landeshauptstadt München S. 4)

Ich fragte einige Besucher, was sie auf der Messe finden wollten:

Audio

Ja, es ist offensichtlich, dass viele Menschen nicht mehr nur passiv registrieren wollen, dass die Not auf dieser Welt trotz der technischen Fortschritte nicht abnimmt, sondern sich eher immer weiter ausbreitet, dass der Lebensstandard der Menschen im Allgemeinen schlechter und die Angst vor einem Niedergang ihrer Existenz immer bestimmender wird. Was zur Jahrtausendwende von den Politikern der Welt alles versprochen worden war, das sogenannte Milleniumversprechen, wird in nichts realisiert werden. Und anstelle der Hoffnungen und Erwartungen ist eine soziale Desillusionierung und Leere getreten. Es herrscht ein sehr grundsätzliches allgemeines Unbehagen, das angesichts einer Zukunft, von der niemand mehr weiß, wie sie zu bewerkstelligen ist, wenn sie schon heute mit uneinholbarer Überschuldung und durch die allseitige Konkurrenz im Weltmaßstab belastet ist und die Menschen immer weniger auf den Rückhalt ihrer Gesellschaft, auf eine wirksame Funktion der Sozialsysteme hoffen können ↓(1). Es ist eben absurd, dass das ungeheuerliche Wirtschaftswachstum der kapitalistischen Produktionsweise nicht mehr in der Lage ist, den Wohlstand für die Menschen zu bringen, der als ihr Wachstumsziel ausgegeben wird und dass es stattdessen ihr Leben immer mehr vereinseitigt und dessen Substanzen aufzehrt. Während sich auf den Finanzmärkten die Fiktionen des Kapitals bestärken, lassen sich die sozialen Krisen und Umweltzerstörungen nicht bändigen. Die Klimakatastrophe ist kaum mehr abwendbar. Mit dem Ende der wichtigsten Energieressource, dem Erdölvorkommen, tritt zudem ein Damoklesschwert der Natur auf, das die gesamte Weltwirtschaft in ihrer bisherigen Form verändern wird ↓(2). Das bisherige Naturpotenzial des Wachstums hat von da her ein natürliches Ende. All dies macht Angst und man will etwas dagegen tun.

Und all dies hat mit dem Verhältnis der gesellschaftlichen Produktion zur Natur zu tun, - all dies geschieht, weil das Wirtschaftswachstum durch ein Wertwachstum bestimmt ist, das die Ressourcen und die Lebenszeit der Menschen blind verbraucht und verschleudert, nur um aus Geld mehr Geld zu machen. Das alles hat zu einer grundlegenden Befragung ihrer gesellschaftlichen Lebensgrundlagen geführt: Ist mit dem den Naturressourcen vielleicht auch die Chance auf einen künftigen Wohlstand verbraucht? Die Angst vor einem weltweiten Niedergang ist populär geworden, wie sie z.B. die ARTE-Sendung als Jahrhundertfrage - an der Grenze des Wachstums gestellt hat. Die Welt ist im Wandel - zweifellos. Der Wunsch nach einer nachhaltigeren Produktionsweise mit einem gemäßigten Ressourcenverbrauch und sinnvoller Bedürfnisentfaltung hat viele Ideen hervorgebracht, wie eine bessere Welt möglich wäre.

Für viele Menschen besteht kein Zweifel, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Diese Gesellschaftsform muss von engagierten Menschen aktiv überwunden werden, muss in ihrer alten Form aufgehoben werden, wenn ihre Entwicklungsprobleme behoben werden sollen. Allerdings werden die Probleme mit dem Wachstum meist nur als Mangel begriffen, die den eigenen Lebensstandard bedrohen, als Störung der Lebensqualität besonders durch die Verwüstung der sozialen Wertegemeinschaft und der Natur. Daran scheiden sich dann auch die Ziele von zeitkritischen Bewegungen. War es früher der Ruf nach einer Revolution, so spricht man heute von Transformation und meint damit das Abstreifen einer veralteten Gesellschaftsform, die Überwindung alter Zwänge und Gewalten durch neue Inhalte, durch die Verwirklichung eigener Individualität und Freiheit und Kraft, also durch Selbstverwirklichung, die sich im Miteinander einer sozialen Bewegung praktisch durch sich selbst verallgemeinern und die Welt verändern soll. Die bisherige Gesellschaftsform wird als Verkrüppelung begriffen, aus der die Menschen durch ihre eigenen Einfälle mit eigener Kraft als Persönlichkeiten einer neuen Welt ohne weiteres hervortreten könnten, wenn sie sich an neuen Werten orientieren und auf dieser Basis zusammenkommen und zu einer neuen Gemeinschaft zusammenwachsen ↓(3).

In einer entfremdeten Welt tut jede Gemeinschaft gut. Man kann sich auch vorstellen, dass es dabei um ein Gemeinwesen geht, das wie eine dörfliche Allmende gehegt und gepflegt wird und für die jeder Mensch bereit ist, alles zu tun und zu teilen, weil er davon auch alle erhält, was er zum Leben braucht. Da geht es nicht um konkrete Widersprüche und deren Auswirkungen, nicht um Lebensformen und Rechte oder Pflichten, sondern um Höheres, um ein gesundes Leben schlechthin. So war das ja auch schon mal auf dem Land und es ging irgendwie auch, wenn sich der Streit um das Eigene und die persönliche Achtung durch eine höhere Moral regeln ließ - und sei es durch den Sonntagsgang in die Kirche. Immerhin gab es da keine bedrohte Lebenssubstanz. Irgendwie war das noch naturverbunden und die Natur selbst regelte die Arbeitsweise und ihre Zeitabläufe. Könnte das nicht auch die Basis für ein neues Gemeinschaftsleben sein?

Wie wäre es, wenn wir uns alle etwas reduzieren und bescheidener miteinander und mit der Natur umgehen? Ließe sich daraus nicht die Widerstandskraft eines gesünderen Lebens gewinnen, die alle Probleme der Überproduktion und Verschmutzung wie von selbst auflöst, weil sie das alles nicht mehr nötig hat? Man könnte doch mal andere Wirtschaftsweisen ausprobieren, die im Einklang mit der Natur betrieben werden und die ganz allgemein gedacht schonender für diesen Planeten sind, eben wenn und weil sie von Mensch zu Mensch reichen und nicht nur der Natur dienen, sondern auch die Menschen wieder natürlicher werden lässt. Nicht die Industrie und ihre Großprojekte gehören dazu, sondern das Leben im kleinen, das von selbst groß werden will, ohne das Große angehen zu müssen. Es ist doch eigentlich einfach: Indem man nicht die Industrie, sondern den Landbau vor Augen hat, lässt sich das Leben einfach besser vorstellen.

Und das soll auch so machbar sein, behauptet eine neue politische Strömung, die in verwüsteten Städten entstanden ist und sich gegen die Zerstörungskraft einer gesellschaftlichen Gigantomanie zur Wehr setzt. Sie will eine natürliche Gemeinschaft bilden, indem sich die Menschen durch naturgebundene Arbeit zusammenfinden und durch Nachhaltigkeit im Landbau und der Lebensmittelerzeugung Widerstand gegen die herrschende Produktion betreiben↓(22). Dies verlangt eine verbindliche Übereinkunft und wurde unter dem Begriff Permakultur ↓(4) mit einer ethischen Grundlage versehen und sozialisierbar gemacht. Die Autoren dieses Ansatzes verweisen darauf, dass Permakultur nicht nur eine ökologische Anbaumethode ist, sondern ein Planungsansatz für menschliche Lebensräume, der biologische Kreisläufe, systemisches Verständnis und ethische Verantwortung ins Zentrum des Gestaltens stellt ↓(5). Diese Perma-Kultur gelte für alles, für Einzelpersonen über lokale Gemeinschaften bis hin zu komplexen gesellschaftlichen Entwicklungen. Und dies wurde auch zur Grundlage einer ganzen Bewegung, die international sich als Transition-Town-Movement bezeichnet.

Die Transition-Town-Bewegung

Die Aktivistinnen und Aktivisten dieser Bewegung sehen sich als Initiativen vor Ort, durch die in 10, 20 oder 30 Jahren die Umwelt, die Wirtschaft und die Arbeit der Menschen zu einer besseren Welt der Menschen gewendet sei, die Menschen gemeinschaftlicher und also glücklicher in ihren Kommunen dadurch werden, dass sie sich durch eigene nachbarschaftliche Kooperation im kleinen wie im großen einsetzen. Das klingt alles schön, was sich dabei an Beziehungen und Verhältnissen ergibt. Nicht unbedingt was dabei dann tatsächlich entsteht, sondern dass die Menschen sich dabei in ihrer Kooperation verstehen lernen. Das steht dabei im Vordergrund ↓(6). Und so gibt es dann auch fast nur Schönes zu berichten, z.B. aus der Transition Town Witzenhausen.

Audio Witzenhausen

Was zum Ende der 70ger Jahren als Alternativbewegung entstanden war, wird hier nun in Bezug auf ganze Kommunen erprobt. Durch eine autonome Wirtschaftsform will man der bedrohlichen Existenzmacht des Kapitals entgehen. Was damals allerdings als Alternative zu einer privatistischen Existenz verstanden wurde, soll sich jetzt gegen die Deformationen der Naturausbeutung richten. Das Thema ist jetzt nicht mehr der Grund für diese Ausbeutung, sondern das Fakt, die Erschöpfung der Vorräte, der Peak-Oil ↓(7). Man will der Unnatur des Kapitals durch eine Transformation natürlicher Lebensweise entgegentreten, will es durch eine direkte und natürliche Bewirtschaftung der Kommunen und Städte überwinden. Die derzeitige Krisen seien selbst unmittelbarer Ausdruck eines menschlichen Fehlverhaltens ↓(8). Sie seien durch das unnatürliche Wirtschaften, durch politische Fehler der Menschen entstanden und eben deshalb auch durch richtiges Verhalten zu bewältigen. Sie seien positiv auflösbar in einer Antwort: Wir können durch die Änderungen unseres persönlichen Verhaltens die Welt verändern. Wir müssen das nur erlernen, in nachbarschaftlicher Gemeinschaft kleiner kommunaler Initiativen ausprobieren und entwickeln und aus dem Gegeneinander ein Füreinander machen, aus dem Konkurrenzkampf um Arbeit und Brot die Gemeinschaft einer quasi natürlichen Bereicherung entwickeln ↓(9).

"Die internationale Permakulturbewegung unterstützt und praktiziert den Aufbau von produktiven Strukturen und Systemen, die allen Menschen ein gesundes, selbstbestimmtes und friedliches Leben ermöglichen." (http://www.permakultur.net).

Diese Bewegung will nicht nur Bürgergemeinschaften in Selbstverwaltung stiften, sondern sich im Prozess einer großen Wende begreifen, die eine tief sitzende Existenzangst bewältigen soll, die Angst um die Knappheit der Lebensmöglichkeiten schlechthin. Inzwischen gibt es schon viele Initiativen dieser Art, weltweit etwa 1.800, in Europa etwa 800 (siehe hierzu http://www.transition-initiativen.de). Die meisten berufen sich auf ein Buch des irischen Permakulturalisten Rob Hopkins aus dem Jahr 2006 und auf diverse Filme, die im Internet und demnächst auch im Kino gezeigt werden, die wie eine Lehrfibel für das bessere Leben auf diesem Planeten aufbereitet sind.

Unermüdlich tritt Rob Hopkins, der Begründer dieser Bewegung, in Filmen auf Youtube und anderswo auf und erklärt deren Notwendigkeit für The Next Ten Years for People and Nature. Sein erstes Buch kam mit der simplen Aufforderung "Einfach.Jetzt.Machen!" und das war eben auch das Thema für die Menschen, die nicht länger auf irgendeine große Erlösung warten wollten. Wo die Kritik einer solchen Heilserwartung angebracht wäre, wurde sie einfach auf eine kleine Erlösung reduziert, Schritt für Schritt, "step by step", "street by street", eine Erlösung, die Spaß macht, "transition feel more than a party". Gerne erzählt Hopkins seine "story of recilience and hope in extraordinarity times". „Resilienz“ ist das befreiende Schlagwort gegen ein gesellschaftliches Unbehagen, das sich nicht mehr so einfach begreifen lässt. Resilianz steht irgendwie eben für Widerständigkeit, eine Kraft, die sich gegen das Unbehagliche wendet. Und die entstehe quasi natürlich durch Permakultur, die im Einklang mit nachhaltigen Lebensformen gewonnen wird. So wie eine gesunde Ernährung durch gesunden Landbau möglich sei, liese sich eine solche Naturkraft eben auch aus der Naturalisierung unserer sozialen Beziehungen gewinnen. Immerhin soll es darum gehen, eine Energie- und Kulturwende in Städten, Gemeinden, Landkreisen, Dörfern, Gemeinschaften und ganzen Regionen herbeizuführen - so betitelt sich der "Leitfaden der Bewegung von Ben Brangwyn und Rob Hopkins" aus dem Jahr 2008 ↓(10).

Man kann auch schon Erfolge vorweisen, die sich zumindest als ein begeistertes Miteinander darstellen lassen. Die Wirkung solcher Vorstellungen ist beachtlich. Das Bayerische Fernsehen hat schon mal einen Bericht hierüber gesendet, der durch einen Besuch des Ortes, mit dem alles anfing, zustande kam: Totness.

Audio Totness

Und die bürgerlichen Medien sind da schnell dabei. Nicht nur der bayerische Fernsehen, auch die FAZ griff die Transition-Town-Bewegung mit mehreren Artikeln auf und beschrieb sie als eine "Bewegung für das Schrumpfen von unten” (FAZ vom 26.12.2013 "Schrumpfen von unten" ) ↓(11). Damit ist als das wesentliche politisches Ziel benannt, dass die gesellschaftliche Entwicklung durch eine solche Bewegung entschleunigt und das Wirtschaftswachstum durch Mäßigung gedrosselt werden könne. Klein auf Klein, Schritt auf Schritt und alles zusammen selbstgemacht war schon immer der Erlösungsglaube zu einer heilen Welt. Jetzt wird das in einen Glauben eingebettet, der die Welt verändern soll, indem dies größere Zusammenhänge verkleinert, industrielle Produktion durch kommunales Handwerk ersetzt und den landwirtschaftlichen Anbau auf das Niveau einer Gartenbaukultur zieht. Die Erfahrung von Entfremdung in abstrakten Lebensverhältnissen soll in eine unmittelbare Naturerfahrung, in eine unmittelbare Naturalisierung der Erfahrung gewendet werden, in der das Große klein sein darf, indem es jeden betrifft und sich jeder auch persönlich darauf beziehen kann.

So soll eine kleine Antwort auf große Probleme mächtig gemacht werden, die darauf beruht, dass sich viele Menschen damit identifizieren und es schließlich die Masse bringt, die Masse der Zerkleinerung - und damit eben auch der Zerstückelung. Aber die Stücke sollen kein Stückwerk sein, weil sie im weltweiten Zusammenhang eben viele Menschen begeistern. Im Kleinen kann etwas Großes entstehen, wenn sich die Menschen darin verbunden sehen, wenn ein sie verbindender Glaube beflügelt, wenn man auf eine Massenbewegung seiner Verwirklichung setzt. Es geht ja schließlich nicht nur um Einfälle zu einer nachbarschaftlichen Betätigung, sondern um Weltprobleme, die durch die Masse der Kleinigkeiten abzuwenden sei: die Klimakatastrophe, die Energiewende ↓(12), die Auflösung der Finanzmärkte und die Aufhebung der Entfremdung der Menschen von ihrer Lebensproduktion überhaupt. Ein schlichter "Kulturwandel" würde dies bewältigen, der die Verbindung von Kultur und Natur permanent und nachhaltig verknüpft. So begründet sich die Philosophie der Permakultur. Und diese ist die tragende Theorie der Transition-Town-Bewegung.

Die Philosophie der Permakultur ist ein Naturbescheid

Die Philosophie der Permakultur beruht in ihrem Selbstverständnis auf einem ganzheitlichen wissenschaftlichen Weltbild, das die natürlichen Ökosysteme und ihre Kreislaufstrukturen als grundsätzliche Voraussetzung des menschlichen Lebens überhaupt, als seine biokybernetische Grundlage berücksichtige ↓(13). Als “Kultur” kann demnach nur jene menschlichen Lebensäußerungen verstanden werden, die diesen biokybernetischen Prinzipien nicht widersprechen. Bill Mollison, einer ihrer Begründer, formulierte das folgendermaßen:

„Permakultur ist das bewusste Design sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlich produktiven Ökosystemen, die die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit von natürlichen Ökosystemen besitzen. Die Philosophie hinter Permakultur ist eine Philosophie, die mit und nicht gegen die Natur arbeitet, eine Philosophie, der fortlaufenden und überlegten Observation und nicht der fortlaufenden und gedankenlosen Aktion; sie betrachtet Systeme in all ihren Funktionen, anstatt nur eine Art von Ertrag von ihnen zu verlangen, und sie erlaubt Systemen ihre eigenen Evolutionen zu demonstrieren.“

Der Mensch mag zwar seine "eigene Evolution demonstrieren" dürfen, aber eben nur soweit, wie er in das "bewusste Design sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlichen Ökosystemen" passt, soweit er mit der Natur, also unter Naturbedingung gen lebt und ihrem biokybernetischem Kreislauf nicht schadet, indem er seine Kultur auch biokybernetisch betreibt. Der Schaden besteht aber aus den Abfällen, die er hinterlässt, zum Beispiel die CO2-Ausscheidungen. Da muss man dann aufpassen, dass dieser Schaden nicht zu groß wird, das muss dann eben gesellschaftlich geregelt werden. Der Messwert dieses Bestrebens ist der “ökologische Fußabdruck”, der - unter der Berücksichtigung der politischen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Zusammenhänge - möglichst gering gehalten werden soll. Damit wird der Verschmutzungswert eines jeden Menschen erfassbar, denn unter dem Ökologischen Fußabdruck wird die Fläche auf der Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen. ↓(14)

Es ist absurd, während andernorts die Naturbasis des CO2-Abbaus, der Regenwald abgeholzt wird, weil die Menschen dort keine andere Einkommensquelle haben, weil sie durch die Weltmärkte monokultiviert wurden, werden nun die Menschen und ihre Tiere vermessen, was sie an CO2 ausscheiden und durch ihre Lebensweise umsetzten. Das sind die Produkte ihrer Industrie, die ihre Verkehrs- und Lebensverhältnisse erhalten, die Gesellschaftsstrukturen eines Verwertungsprozesses, der die Existenz der Menschen parzelliert und die daraus notwendig gewordene Mobilität ermöglicht. Es ist also nicht der Mensch in seiner zwischenmenschlichen Position in Kommune und Familie. Es sind die Phänomene eines Produktionsverhältnis, das dem Wertwachstum unterworfen ist, das zugleich Monokulturen erzeugt und die Natur belastet und das nicht so einfach durch eine bessere Moral zu überwinden ist. Es sind die Weltmärkte, die Preise der Agrarkonzerne, welche die landwirtschaftlichen Existenzen, die Tierhaltung, den Anbau und die Bodenbewirtschaftung bestimmen.

Ist es nicht verrückt, wenn die Verwertungsinteressen einer gigantischen industriellen Ausbeutung der Natur, welche zugleich ihre Regeneration bedroht, biokybernetisch bedacht werden soll, um das Problem zu personalisieren und die Menschen mit Bescheidenheitsappellen zu bedrönen? Deren Resultat ist, dass sie das Leben der Menschen selbst politisch und psychologisch verschmutzen, weil sie jeden gegen jeden stellen, weil jeder darin als Umweltbelastung für den anderen zu verstehen ist. Ist das nicht nicht eher eine Ablenkung von dem zentralen Naturproblem kapitalistischer Produktivität, als dass es zu seiner Aufhebung taugen würde? Ist es nicht längst politischer Alltag, dass die Umweltbelastungen gemessen und berechnet werden, und dennoch kaum Abhilfe möglich ist, weil die Verwertungslobby mit Untergangszenarien droht? Das Leben der Menschen mag Fußabdrücke hinterlassen. Die aber sind mit dem nächsten Regenguss verschwunden. Doch eine Produktionsweise, die daraus bestimmt ist, Geld zu verwerten und schwindende Geldwerte durch relative Überproduktion zu stabilisieren, schreckt vor nichts zurück, um ihren Verwertungstrieb durchzusetzen, weil ihre Existenz bedroht ist, sobald sie das nicht kann. Längst sind die neuen Areale ihrer Naturausbeutung in großem Stil abgesteckt, Handelsabkommen in der Mache, die jede ökologisch orientierte Gesetzgebung zur Makulatur werden lassen. Dagegen kann man nur politisch ankämpfen. Und längst weiß auch fast jeder Mensch für sich und seinen Haushalt, wo überflüssiger Abfall zu vermeiden ist. Dazu bedarf es keiner Biokybernetik und keiner naturgemeinschaftlichen Ideologie und keiner Bemessung von Fußabdrücken.

Philosophisch verstanden ist es außerdem ein absurder Widerspruch, den Menschen als Teil der Natur daran zu bemessen, was er für diese ist. Das kann eigentlich nur ein unnatürlicher Mensch sein, ein Mensch, der nicht natürlich sein darf, weil er die Natur belastet. Natur wird damit zur Hoheit der Entwicklung. Und solche überhöhte Natürlichkeit wird zur Grundlage eines Weltbildes, das die Wirklichkeit nicht mehr als geschichtliche Realisierung der menschlichen Natur aufnimmt - so widersprüchlich sie auch sein mag - , sondern sie verräumlicht zu einer Belastung, an der sich das menschliche Leben zu bemessen habe. Der Lebensraum wird zum Zugeständnis an die Individuen, zu einer Lebenserlaubnis, die sie an ihrer politischen Gemeinschaft pflichtschuldig sein lässt. Die Unnatur der kapitalistischen Gesellschaft würde somit unter der Hand zur Schaltstelle der Zumessung natürlicher Lebensräume, welche Verbote und Erlaubnis an die Menschen verordnet und sich damit entlastet. Die Nutzung von Land und öffentlichem Raum und auch die Miete kann dann wie eine Naturabgabe erscheinen.

Eine Ethik der Natürlichkeit ist die Moral einer Naturgesinnung

Anstelle einer Entrüstung über die herrschenden Verwertungsbedingungen rüsten sich die Permakulturisten unter Verweis auf höchst moralische Dringlichkeit, also völlig abstrakt von den realen Möglichkeiten einer Entgegnung, mit einer Untergangstheorie zur Bewertung des Lebens überhaupt. Und daraus ergeht dann auch die Ethik, die von ihnen aufgestellt wird, um die Menschen dazu zu bringen, der Ausbeutung der Natur, die von Konzernen in einem bisher noch nie dagewesenen Ausmaß industrieller Naturverwertung und Zerstörung betrieben wird, mit der Bescheidenheit eines Schrebergärtners entgegen zu treten, der sich um die Güte einer Kulturgemeinschaft wie ein Vereinsvorstand zu kümmern habe. Es muss ja nur schöne Vorstellungen erwecken. Die Zauberworte heißen Sorge, Pflege, Einhegung und Fairness. "Die Ethik soll Kriterien liefern für gutes und schlechtes Handeln in einer bestimmten Situation" ↓(23). So wird dies von einem eigens berufenen Permakultur-Instituts zusammengefasst (http://www.permakultur-institut.de/800.2/800.2.7/index.html)

Es klingt, als ob man überall, wo der Planet Erde geplündert und vergiftet wird, einen Ethik-Ausschuss zu Rate ziehen könne, der das zu verhindern wüsste. Und so entsteht eine Selbstbestärkungsprozess der abstrakten Bewertungsgrundlagen, denn jede Verwüstung, jeder Zusammenbruch bestärkt die moralische Macht einer Untergangstheorie ↓(15), weil die das ja schon immer wusste und daraus die Selbstgerechtigkeit ihres Selbstverständnisses bezieht. Sie macht den Kleinbürger zum Weltbürger, dem keine Sünde entgeht, weil er die Menschheit in sich versammelt weiß. Eigentlich verlangt das nur gute Führung. Hatten wir das nicht schon, dieses Gefühl, zu wissen, was für die ganze Welt gut wäre? Hatten wir nicht schon mal diese Naturwissenschaft, die als Heilslehre auftrat, weil sie die wahre Natur gegen die falsche zu richten verstand, die Art gegen die Unart, die die Menschen dahin brachte, artig zu sein?

Es ganz einfach und ebenso harmlos. Es müssen lediglich die Vorstellungen von einer Kulturgemeinschaft Mensch in ganz einfachen, wenn auch praktisch belanglosen Begriffen aufgelistet werden. Es muss eine schlichte Ethik sein, die sich leicht vermittelt, vor allem, weil ihre Regeln und Gebote einfach und eigentlich sowieso schon selbstverständlich klingen ↓(16) und vor allem schön anschaulich sind und einem ängstliche Gemüt schmeicheln. Für die Permakultur heißt das:

"Achtsamer Umgang mit der Erde (Earthcare). ... Achtsamer Umgang mit den Menschen (Peoplecare). ... Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. (Faire Share)" (http://www.permakultur-institut.de/800.2/800.2.7/index.html)

So einfach ist das. Aber jede Vereinfachung hat einen Zweck, der darin versteckt ist. Es geht bei dieser Ethik eben nicht um das, was in jedem Sozialkundebuch zu lesen ist, sondern um viel mehr: Nämlich um eine Umkehrung von Moral und Wirklichkeit. Auch das wissen die "Wissenschaftler" der Permakultur und deshalb begründen sie sich auch durch eine Untergangstheorie die so anschaulich ist, wie es anno dazumal Spencer mit seinem Buch zum Untergang des Abendlandes verstanden hatte, durch den großen Crash mit dem Peak-Oil. Und sie beschreiben sogar selbst diese Umkehrung als schlichte Notwendigkeit. Der historische Normalfall sei nämlich bisher gewesen, eine Richtungsänderung erst als Reaktion auf Krisen und Katastrophen vorzunehmen. Dies gelte es zu vermeiden, und stattdessen einen "umfassenden Umbau aus Einsicht, Umsicht und Voraussicht" anzutreiben.

Und damit sind sie sich auch ganz einig mit dem Vorschlag des "Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU)", der zur Vorbereitung des Rio-Protokolls verfasst wurde ↓(17). Damit ist Staat zu machen, der seine Bürger wieder mal durch einen Gesellschaftsvertrag imponieren und an sich binden will. Was dabei rauskommt, wissen wir längst. Aber da stehen dann die ganz großen Worte drin. Der schon vorliegende Vertragsentwurf kombiniert eine Kultur der Achtsamkeit (aus ökologischer Verantwortung) mit einer Kultur der Teilhabe (als demokratische Verantwortung) sowie einer Kultur der Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen (Zukunftsverantwortung). Wohlgemerkt: In einem Entwurf für die Bundespolitik steht, das eine Transformation notwendig sei, dass sie wissensbasiert sein müsse, auf einer gemeinsamen Vision beruhen und vom Vorsorgeprinzip geleitet sein solle. Sie stütze sich auf "Pioniere des Wandels", die neue Entwicklungsmöglichkeiten testen und vorantreiben. Man kann es nicht besser sagen, wenn man weiß, dass daraus eh gar nichts erfolgen wird. Aber dann kommt es: Eine solche Transformation erfordere vor allem einen "gestaltenden Staat", der Entfaltungsmöglichkeiten eröffne, Weichen für den Strukturwandel stelle und die Implementierung klimaverträglicher Innovationen absichere. Unerlässlich sei eine Kooperation der Internationalen Staatengemeinschaft sowie der Aufbau von Strukturen für globale Politikgestaltung, für eine "Global Governance". Jetzt kennen wir immerhin ein Ergebnis des Umweltgipfels von Rio.

Na gut. Dass eine solche Transformation das Einfallstor für rechte Gruppen ist, haben inzwischen auch rechte Esoterik-Gruppierungen wie der "Aufbruch Gold-Rot-Schwarz" begriffen, die endlich einen Weg in "eine lichte Zukunft" durch Transformation der Gegenwart gefunden haben. Transformation lässt sich schließlich auch kollektiv meditieren. Sie schreiben in ihrem Rundbrief:

"Der Weg in eine lichte Zukunft lässt sich nicht vorgeben oder anweisen. Dieser Weg ist so individuell wie jeder einzelne Mensch. Es wird Zeit brauchen, bis der Einzelne dies für sich erkennt und die Schuldzuweisungen im Außen beendet. Wenn der Zeitpunkt dieser Erkenntnis da ist, wird es Menschen geben, die dann helfen, begleiten und vorleben. ... Wir ... haben beschlossen, uns das Jahr 2014 die Zeit zu nehmen, um persönlich und kollektiv grundlegend tiefe Transformation zuzulassen." (Rundbrief des "Deutschlandprojekts aufbruch gold-rot-schwarz.net" vom 23.1.2014)

Wo die Form nicht mehr begriffen werden muss, dient sie immer schon ganz selbstverständlich ihrem Inhalt - und so kann die Innerlichkeit der bürgerlichen Subjekte eben auch wundersam überweltlich erscheinen, sich esoterisch verallgemeinern und zur Dunstwolke eines Fortschritts werden, der in Wirklichkeit einen Rückschritt vermittelt, weil er alles innerlich verbindet, was die bestehenden Beziehungen in ihrer Äußerungsform zerstückelt. Es ist im Grunde genommen eine Religion, die ihre allgemeine Wesenhaftigkeit dadurch bekommt, dass sie die Natur zu einer Lebenshoheit macht, zu einer höheren Wahrheit, an welcher sich die Menschen zu orientieren hätten, um ihr Leben dorthin zu transformieren. Sie gelten sich damit schon als im Grunde voraussetzungslose Subjekte, die ohne Objektivität sein können und die daher nur noch werden und bewirken können, was zu ihrer Erlösung gedacht ist.

Indem soziale und wirtschaftliche Kreisläufe naturalisiert werden, indem beides in einem biologisches Kreislauf begriffen wird (Prof. Welzer) ↓(18), wird Biologie kultiviert und Kultur biologisiert. Kultur, die nichts anderes als menschliche Natur darstellt, wird damit zum Objekt eines Naturverständnisses, das gesellschaftliche Beziehungen als Naturbeziehungen jenseits der Kultur des gewöhnlichen Alltags, eben als besondere Natürlichkeit begreifen will. Das hat die Menschen schon oft begeistert - nicht erst in der Hitlerjugend, sondern schon lange davor in der Jugend- und Wanderbewegung. Man mag sich selbst vergegenwärtigt sehen, wenn man an dieser Natur teil hat,wenn man in der Natur ist, weil man an seiner Natur immerhin teilnimmt. Aber es geht hier eigentlich nicht um diese Gegenwart, sondern um Bescheidenheit ↓(19). Es geht um Erziehung: Menschen sollen lernen, eine "zukunftsfähige Selbstbegrenzung" in Bezug auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse auszuüben, als Einzelne und als Gemeinschaft. Das hat viel mit sozialer Demut zu tun, sich auf das zu reduzieren, was von Natur aus gut sein soll. Aber Demut entmutigt eben auch, weil solche Achtsamkeit immer durch die Natur bestimmt bleibt. Sie entzieht sich den Bedingungen, die als Formbestimmungen der gesellschaftlichen Verhältnisse ihrem Betrieb zugrunde liegen, verklärt ihre gesellschaftliche Natur zu einer natürlichen Gesellschaft, worin die einzelnen Menschen nur der Natur gehorchen müssten, um mit der Natur eins, allein mit ihr und durch sie in Gesellschaft zu sein. Das muss dann eine Gesellschaft sein, die jeden Menschen durch seine Gemeinschaft entpolitisiert, damit sie durch ihn ihre Politik betreiben kann, die Politik für ein Naturwesen das ihr einen höheren Wert verleiht. Kein Wunder, dass diese Gesellschaft schließlich auch durch einen Staat gestaltet werden soll, der wie eine Naturkraft Kultur entwirft, die ihn als Kulturstaat mit natürlicher Staatskultur erscheinen lässt..

Mit der Theorie der Permakultur wird die Natur zum Vorbild für menschliche Verhältnisse, die quasi aus ihrer natürlichen Individualität heraus das Leben finden können sollen, das sich in der Natur so wundersam systemisch, nämlich autopoitisch schon entfaltet hat (siehe hierzu "Systemtheorien – der Mythos vom System einer naturhaften Gesellschaft"). Die Evolution wird daher zu einem gesellschaftspolitischen Maßstab, der ganz unpolitisch sein will, indem er die Natur selbst zu einem politischen Subjekt erklärt.

Natur kann nicht subjektiv mächtig sein

Natur mag den gesellschaftlichen Stoff bieten, sie kann aber nicht gesellschaftlich subjektiv mächtig sein, nicht wie ein Subjekt politische Wirkung haben, kann keine gesellschaftliche Entwicklung begründen, weil sich Gesellschaft in ihr nur vermittelt und also nicht bezwecken kann. Die menschliche Gesellschaft ist keine Naturgemeinde. Es bleibt daher auch nicht folgenlos, wenn gesellschaftliche Veränderungen aus der Natur, bzw. aus der Natürlichkeit einer Kultur begründet werden, weil damit schon im Vorhinein alles beantwortet sein soll, was die wirklichen Entwicklungen und die Geschichte der Menschheit überhaupt ausmacht. Gesellschaft ist ein notwendiges Verhältnis der Menschen, das überhaupt ihre Natur entwickelt und zu einer Naturmacht gebracht hat, zur Befähigung, Naturstoffe in einer Weise zusammenzuführen, durch die sie Naturgefahren überwinden und sich wesentlich in ihrer Kultur selbst bestimmen können. Wer daraus eine quasi natürliche Gemeinschaft ableitet, die ihre Natur dann auch noch durch freiwillige Beziehungen von Naturpersönlichkeiten verwirklichen soll, betritt das Terrain des Rassismus, auch wenn ihm das an der Stelle noch nicht bewusst sein muss. Wird das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen zu ihrer Natur persönlich vergemeinschaftet, so entsteht zwangsläufig eine naturhafte Persönlichkeit der Gesellschaft, die nur reaktionär sein kann. Fortschrittlich sind im Wesentlichen immer die Fähigkeiten der Menschen, sich durch ihre Produktivkraft als Naturmacht zu verhalten, die Notwendigkeiten ihres natürlichen Stoffwechsels, die Notwendigkeiten der Nützlichkeit ihrer Arbeit in die Freiheit ihres Selbstbewusstseins durch Geist, Erfindergeist und Sinnbildung zu wenden. Das ist die Basis einer jeden menschlichen Gesellschaft und Kultur, menschliche Natur, die allerdings auch keine Unnatur werden soll.

Weil diese Fähigkeiten durch gesellschaftliche Fremdbestimmung, durch die Gesellschaftsmacht einer Verwertungsindustrie des Kapitals sich gegen die Menschen errichtet hat, die selbst zu einer Gefahr für sie geworden ist, weil ihr Wertwachstum Natur vernichtet, Kriege nötig hat und sie kulturell verstümmelt, scheint dies nun alles schon durch einen einfachen Umkehrschluss ausgeblendet: Zurück zur Natur! Es ist eine sehr alte Vorstellung, die zumindest dort wieder aufleben kann, wo es die Freizeit in privatisierten Lebensräume erlaubt ↓(24). Aber ausgeblendet ist damit die ganze bestehende Lebenswirklichkeit der gesellschaftlichen Produktion, die Lebensform der meisten Menschen, die gegen andere konkurrieren müssen, um für sich existieren zu können, die prekär existieren müssen, weil sie ihre Miete und Gebühren bezahlen und dafür immer mehr arbeiten müssen, ohne jemals wirklich Eigentum für sich bilden zu können. Der Zwang zur Konkurrenz zieht ihren Wert immer auf das Existenzminimum, weil er den Preis bestimmt, für den sie arbeiten, um den Wert zu produzieren, der das Eigentum der sie enteignenden Macht bereichert und fortbildet, die das allgemeine Faustpfand dieser Gesellschaft, nämlich Geld, besitzt und es dadurch vermehren kann, dass sie als deren Lebensbedingung auftritt, dass sie also die politische Macht dieser Wirtschaft darstellen und durchsetzen kann, dass die das Recht hat, sich aus der gesellschaftlich Reichtumsbildung den Mehrwert privat anzueignen, einen Reichtum zu Händen hat, der nur sie selbst bereichert.

Das allgemeine Gefühl einer gesellschaftlichen Verfremdung oder Überfremdung, wie das oft heißt, bekommt mit einem subjektiven Naturverständnis eine naturhafte Beziehung vermittelt, indem Permakultur als Widerstand hiergegen erscheint, indem sie Resilienz mit einem Naturverständnis identifiziert. Aber der "Widerstand" der Besitzlosen bleibt abwesend, wo die Sache selbst resilient werden soll. Politik bleibt abwesend, wo sie durch Naturvorstellungen ersetzt ist, und die Spaltung von arm und reich wird immer unüberwindbarer, solange das Eigentum durch die bestimmt bleibt, die über Eigentumstitel privat verfügen, weil sie in der Hand haben, was das Leben der Menschen kostet, es in Lebenszeiten zerteilt, die durch Arbeitszeit eingeteilt sind und es auf Geldverdienen, auf eine Subsistenz durch bloßen Gelderwerb reduziert.

Als Gesellschaftstheorie ist der Gedanke der Permakultur eine Reaktion auf die Erfahrungen von Deformation und Entfremdung. Aber sie wendet sich nicht gegen deren Grund und Ursache, sondern versteht sich selbst als organische Wendung, als etwas Neues im Alten, als ein neues natürlicheres Verhältnis, das durch persönlichen Aufwand und persönlicher Kraft sich den Problemen ihrer gesellschaftlichen Lebensform entziehen kann. Wie aber soll die Achtsamkeit und Selbstlosigkeit, die diese alternative Bewirtschaftung ausmacht, sich überhaupt gegen diese Verhältnisse bestärken, sich auf Dauer am Leben halten? Sie will aus eines Naturethik sich begründen, aus der Sittlichkeit einer Naturmoral. Allein durch bessere Werte, durch diese höhere Sittlichkeit, also durch die Inhalte einer Sittenlehre will sie das nicht in gesellschaftlicher Auseinandersetzung, sondern durch eine theoretische Behauptung einer Wissenschaft begründen, die sich praktisch nur durch Lebensangst durch die Angst eines Untergangsszenarios durchsetzen kann. Eine solche Moral hat keine Gegenwärtigkeit; sie kann nur anerzogen werden, verlangt die Macht der Erzieher. Eine pastorale Linke wird schnell zu einer unbewussten Rechten, wenn sie sich durch die Notwendigkeiten einer aufwendigen Arbeit wie eine aufwendigen Naturnotwendigkeit vermittelt. Sie muss sich durch die Glücksverheißungen die Selbstbezüglichkeit einer heilen Natur anbieten und missionieren wie eine rechte Avantgarde, die Kraft durch Freude verspricht ↓(20)?

Kulturwandel oder Systemveränderung - Reformation, Transformation oder Subversion?

Walter Benjamin hat einmal gesagt, dass der Kapitalismus nicht nur eine „von Religion bedingte“ Einrichtung ist, sondern ein „wesentlich religiöses Phänomen“ sei, wenn auch eines, das nicht mehr versucht, die Menschen mit den geheimnisvollen Kräften des Lebens zu verknüpfen. Der Kapitalismus, wie Benjamin bemerkte, fordert die menschlichen Gesellschaften auf, unaufhörlich und vergeblich nach Geld und Gütern zu streben. Dieses Streben, warnte er, verewigt eine Kultur, die von Schuld beherrscht wird, einem Gefühl von Ungenügen und Selbsthass. Sie versklavt beinahe alle ihre Anhänger durch Löhne, Unterwürfigkeit gegenüber der Warenkultur und Schuldknechtschaft. Das Leiden der indigenen Amerikaner, als die Expansion nach Westen beendet war, mussten bald auch andere erdulden, in Kuba, den Philippinen, Nicaragua, der Dominikanischen Republik, Vietnam, Irak und Afghanistan. Wir haben immer protestiert und nie etwas wirklich ändern können. Wir konnten uns besser fühlen, weil wir dagegen waren. Aber das Schlusskapitel dieser traurigen Geschichte zeigt die Endlichkeit ihrer natürlichen Substanzen. Und erst da sehen wir auch uns geopfert, so wie jene am Rande des Imperiums geopfert wurden. Darin liegt eine Art von Gerechtigkeit. Wir profitierten als Nation von den irrsinnigen Visionen des Kapitals. Wir haben davon gelebt, während wir seine Verbrechen am Bildschirm in den Wohnzimmern unserer Häuslichkeiten wahrnehmen mussten. Und jetzt, wo das Spiel unerträglich wird, weil ihm der Stoff ausgeht, erschrecken wir vor der Unendlichkeit seiner Gewalt, die doch so leicht zu ertragen war, weil wir sie zu konsumieren gelernt haben, indem wir immer wieder Gutes taten und noch tun.

Alles Schlechte versteht sich von selbst und deshalb sind wir es gewohnt, auch immer an etwas Gutes zu glauben, das wir durch Aufopferung erreichen können. Das Diktat der großen Verschuldung hat es uns eingebläut, dass wir alles in barer Münze zurückzuzahlen hätten, was wir noch gar nicht besitzen konnten, was unserem Leben schon längst entzogen wurde, bevor wir darin unsere Geschichte beginnen konnten. Und jetzt stehen wir vor einer gigantischen Erschöpfung, weil die Ressourcen der Energie für dieses unendliche Theater zu Ende gehen. Plötzlich ist ein Ende abzusehen, aber eines, das noch mehr erschreckt als der Anfang. Plötzlich erscheint uns alles nur noch als Untergang.

Doch dieser Untergang ist kein Fakt, kein Ereignis, das wir verhindern könnten, indem wir einfach durch eigenes, durch besseres Tun entgegentreten würden. Er vollzieht sich schon lange hinter unserem Rücken auf den Weltmärkten und dem Geldhandel. Dort vertieft sich unsere Verschuldung, während wir unsere Schulden bezahlen, dort wird lebende Arbeit in eine tote Form vergesellschaftet. Der Niedergang ist wertförmig, weil er sich zwischen Preis der Arbeit und Wert der Arbeit zu Gunsten eines Mehrwerts entfaltet, der nur im Geldwert und zum größten Teil auch nur als Fiktion des Geldes, als leerer Geldreichtum in der Form von Eigentumstitel existiert. Er vollzieht sich in den Währungen, die jedes Zahlungsmittel unter die Macht des kapitalistischen Fortschritts, unter die Verschärfung der Konkurrenz, dem existenziellen Zwang des Kapitals stellt, dass der Arme immer mehr bringen muss, weil er den Mehrwert für den Reicheren zu erbringen hat, nur um das bleiben zu können, was er ist, und um den Wert des Geldes zu erhalten,wie es für sich als Fiktion, als Glaube an eine Zukunft in einen allgemeinen Reichtum auf Erden durch den Himmel der bürgerlichen Glücksverheißungen zelebriert wird. Mehrwert ist unbezahlte Arbeit, deren Produkt von dem besessen wird, der die Arbeits- und Lebensbedingungen besitzt. Und dafür ist es gleichgültig, ob sie freiwillig oder erzwungen, in der Freizeit, der Arbeitszeit oder für irgendeinen guten Zweck geleistet wird. Sie ist wesentlich ein gigantischer Lebensentzug, der so breite Auswirkungen hat, dass wir das fast nicht mehr erkennen können - eben weil es endlos erscheint und sich immer endloser ausdehnt.

Wir leben unter Bedingungen, gegen deren Realität wir uns ständig zur Wehr setzen müssen, weil diese Bedingungen menschliche Existenz in Klassen einteilt und den in seiner Existenzmacht bestärkt, der schon mächtig ist und bei den Ohnmächtigen deren Ohnmacht vertieft. Die Selbsterhaltung der Finanzmacht ist ein Selbstläufer, weil sie alles zu bedrohen versteht, weil sie alles Geld der Welt bestimmt und letztlich die Substanz unserer Kultur, Raum und Zeit unseres Lebens aufsaugt und bestimmt. Während wir alle diese Gewalt vor Augen haben, müssen wir sie am Laufen halten, um existieren zu dürfen. Man muss um Löhne kämpfen, auch wenn sich dabei letztlich daran nichts ändert. Wir müssen um unsren Arbeitsplatz kämpfen, obwohl die Arbeit immer weniger wird. Wir müssen immer mehr Wert an Mieten, Steuern und Gebühren abgeben, obwohl wir immer Mehrwert erzeugen müssen. Es ist doch klar, dass wir alles versuchen, um das zu beenden.

Aber die Menschen haben Angst. Und zugleich sind sie angesichts der Bedrohlichkeit der Entwicklung offener füreinander. Die Situation erinnert ein wenig an Kriegszeiten, wo die platte Notwendigkeit des Überlebens vielerlei Kontakte und Einfälle eröffnet und Zusammenhalt stiftet. Die Möglichkeiten der Kommunikation und Verständigung waren noch nie so gut wie heute, und der Freiraum einer kleinen Welt lässt die große leicht vergessen. Das verführt dazu, eine Alternative in einer besseren Arbeit oder einem guten Zusammenleben zu sehen, auch wenn die Verhältnisse, die Lebensbedingen der Menschen, die Form ihrer gesellschaftlichen Produktion fortbestehen ↓(21). Doch deren Verallgemeinerung zu einer "guten Gesellschaft", die Transformation des Guten im Schlechten, ist dabei nicht möglich, weder durch freiwillige Arbeit, noch durch die Veränderung ihrer Natur. Allgemein greifen immer die Formbestimmungen der Existenz durch, die Aneignung jedweder substanziellen Erneuerung durch den Geldbesitz und den Geldumlauf.

Natürlich ist es richtig, wenn wir uns zusammentun und bestärken, in Gemeinschaften leben, die das Leben erleichtern und aktiv werden gegen die Verwahrlosungen der gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge durch die Zerstörkraft der Parzellierung und Isolation. Aber man muss sehen und begreifen, dass wir durch diese Gemeinschaft selbst noch nichts ändern, dass auch keine neue Arbeit unter diesen Bedingungen etwas ändern kann, weil sie nicht zur allgemeinen Lebensgrundlage der Menschen werden kann, weil sie immer durch die herrschenden Allgemeinheit auf dem Warenmarkt bewertet wird, weil sie handwerklich und technisch der industriellen Massenproduktion unterlegen bleibt und entweder von ihr aufgesogen wird oder sich in einen Rückschritt verwandelt, in eine mühevolle und endlose Nacharbeitung gegen die Konkurrenz der Waren auf den Märkten. Solange die das Verhältnis der Arbeitsprodukte bestimmen, wird ihre Organisation und ihre Qualität durch den Umfang der Versorgung aller Menschen relativiert und durch das Diktat der Eigentumstitel, vor allem der Miet- und Pachtverhältnisse und Steuern vereinnahmt. Mehrwert kann daher aus jeder Arbeit bezogen werden↓(25), solange diese Eigentumsbeziehungen nicht überwunden werden, solange also die Macht des Privateigentums nicht durch gesellschaftliche Aneignung überwunden ist. Doch dazu gehört vor allem auch die gesellschaftliche Übereignung des Grundbesitzes und der Industrie - zumindest als Subsistenzindustrie für die Menschen. Da geht es vor allem um die Rechtsform des Eigentums, um Politik. Und niemand wird freiwillig sein bestehendes Recht aufgeben, wenn der dadurch besser leben kann, als die anderen. Die Konkurrenz findet letztlich in uns selbst statt, selbst da, wo wir uns in einer schönen Gemeinschaft verstehen. Wird dies nicht erkannt, so wird diese Gemeinschaft zu einer immer bornierteren Glaubensgemeinschaft, zu einer Sekte.

Auch unter den herrschenden Lebensbedingungen gibt es ständig Verbesserungen sowohl in der Produktion wie der Ernährung. Nachhaltigkeit ist auch für diese Produktionsweise von Nutzen, wenn die bezahlt wird. Das entscheidet nur der Markt . Aber die Vorstellung von einer Transformation des Guten im Schlechten zu einer neuen Gesellschaft von höherer Güte ist eine Selbsttäuschung, die immer reaktionär ist, weil sie das bestehende Verhältnis von Gut und Schlecht, den Widerspruch von Form und Inhalt der gegenwärtigen Gesellschaft nicht begreifen und also auch nicht praktisch aufgreifen kann. Durch eine bessere Bewirtschaftung bewirten wir letztlich immer die Übermacht der Märkte. Und gerade deswegen kümmern sich auch die Mächtigen darum, dass die schwindenden Naturressourcen durch andere ersetzt werden. Das muss nicht wirklich unseres Sorge sein. Auch die neuen Inhalte, die wir materiell beitragen, sind aus ihren gesellschaftlichen Beziehungen heraus entwickelt und können auch weiterentwickelt werden. Sie können aber nur wirklich zu einem gesellschaftlichen Inhalt werden, wenn sie ihre gesellschaftliche Form bekommen, wenn eine politische Form dieser Gesellschaft entwickelt wird, die ihren Inhalten entspricht. Sie können nicht wirklich transformiert werden, weil die Wirklichkeit immer schon wie ein großer Transformator wirkt.

Wenn der aber nur Inhalte bekommt, die ihm immer weniger Wert liefern, wird er auch immer schlechter funktionieren. Wir können ihn irritieren und auflöchern, indem wir unser Leben selbst politisch umkehren, uns nicht an der hohen Vernunft der Gegebenheiten abarbeiten, sondern unsere Arbeit immer weitgehender in gesellschaftliche Form bringen. Wir müssen mit der Subversion der Privatformen durch die Vergesellschaftlichung unserer Lebenszusammenhänge, mit der politische Kommunalisierung unseres Lebens im Kleinen wie im Großen beginnen. Mit dem Hervortreten unserer Lebensinteressen in der politischen Auseinandersetzung, im politischen Kampf um eine ihre adäquate Form, um die Aufhebung ihrer Verkehrung in private Macht, um ihre Vergesellschaftung in neuen politischen Beziehungen und demokratischen Formen, kann auf jeder Ebene eine neue Geschichte beginnen, wenn wir uns vor der Gewalt der alten nicht mehr fürchten müssen. Die bisherige Gesellschaftsform des Geldes muss zu einer politische Form der erzeugenden Subjekte gewendet werden, die im Wirtschaftskreislauf von Arbeit und Kultur leben. Ihre Grundform ist die Kommune, ihr wirtschaftlicher Lebenszyklus die ganze Welt. Um sich in ihr und durch sie zu ergänzen, muss sie ihre wirtschaftlichen Interessen entsprechend vernetzen und international ausweiten. Ergänzung ist immer eine Beziehung, die keinen Vergleich erträgt, weil sie immer Ungleiches bezieht. Geld spielt in einer Vertragswirtschaft der Ergänzung höchstens die Funktion eines politisch vereinbarten Zahlenwerks, als bloßes Rechengeld. In der Wirtschaftsform einer wechselseitigen Ergänzung werden reale Arbeitszeiten und Materialien ihren Aufwände entsprechend ausgleichen.

Die Politik in diesem Wissen entsteht in einem langen geschichtlichen Prozess, im politischen Kampf, in der Aufhebung der politischen Ökonomie zu einer ökonomischen Politik, in der Subversion, in der Unterwanderung und Infiltration aller bürgerlichen Einrichtungen, die sich im Zusammenbruch befinden, der Betriebe und Administrationen der Marktwirtschaft, die sich immer gewaltsamer gegen die Menschen richten, je schlechter sie für sich funktionieren. Es gilt vor allem dies im Auge zu haben und sich bewusst zu machen. Auf die Dauer werden sich die Lebenspraxis verändern, wenn sich das Bewusstsein revolutioniert, wenn die Menschen sich dem Irrsinn dieser Welt verweigern, weil sie wissen, wo und warum sie ihn produzieren und dass sie hier nicht mehr zu verlieren haben außer Geld, - und das verlieren sie immer wieder, so oder so, monatlich, täglich, stündlich. Gewinnen können sie ein Leben, in dem sie sich erkennen und entwickeln und sich immer freier assoziieren können im Maß ihres gesellschaftlichen Fortschritts und dem Fortschritt ihrer Produktivkraft.

Solidarität ist nötig. Aber nicht als Schutzbehauptung einer bürgerlichen Gemeinseeligkeit, sondern im Kampf gegen die Übermacht der Formationen bürgerlicher Besitzansprüche. Selbstorganisationen und Genossenschaften können Basislager für diese Auseinandersetzung sein; sie selbst werden diese Gesellschaftsform nicht überwinden können. Aber ohne einen organisierten Widerstand gegen die Rechtsformen dieser Gesellschaft, ohne Einbeziehung aller Bürger, die ihre Bürgschaft verweigern, ohne die arbeitende Bevölkerung, die dienstleistende oder produktive, die hilfsarbeitende oder zeitarbeitende oder nicht mehr arbeitende wird deren Neuformulierung sich nicht umsetzen lassen. Sie aber ist die Grundlage dafür, dass die Klassenkämpfe auf dieser Welt ein Ende finden und sich das Recht in die Rechtsform einer internationale Kommunalwirtschaft überführen lässt.

 

↑(1) Das soziale Engagement der Bürgerinnen und Bürger ist ein wichtiger ökonomischer Faktor in der Bewältigung kapitalistischer Krisen. Es ist noch ausgedehnter in den USA, wo auch schon Konzerne und Einzelfirmen beteiligt sind, um Steuervorteile zu erlangen. 7 % der gesamten Sozialleistungen werden dort auf diese Weise in Naturalform bewältigt. Im Grunde ist das ja auch in Ordnung, schont es doch die von den selben Bürgern ansonsten zu erbringenden Sozialleistungen durch Gebühreneinzug. Nur eines sollte man an dieser Stelle bedenken, wenn man die Form dieser Leistungen ansieht: Es ist dieselbe unbezahlte Arbeit, die auch anderswo in den Betrieben abgeleistet wird, wenn über die Zeit hinaus gearbeitet wird, welcher der einzelnen wie gesellschaftlichen Reproduktion und Entwicklung nützlich ist. Es ist eine Leistung zur Mehrwertbildung, die nicht von den Menschen, ihrer Gemeinde oder dem Staat auch wirklich angeeignet wird und wirkliche Entwicklung bringt, sondern anderswo wieder kassiert wird, wenn Mieten erhöht, Verkehrs- und Energiekosten verteuert und Kultur kommerzialisiert wird. Es ist eine ganz zwiespältige Leistung, die dem Doppelcharakter der gewöhnlichen Arbeit in nichts nachsteht, die einerseits die Menschen und ihre Sozialstrukturen am Leben hält und zugleich Mehrwert bildet, der ihre Unterwerfung unter die Lebensverhältnisse verfestigt, um ihre unbezahlt verausgabte Arbeitszeit als Machtstruktur des Geldes zu funktionalisieren und die für nichts verausgabte Lebenszeit der Menschen als Lebensbedingung für das Kapital auszuweiten. Es ist lediglich eine Arbeit, die von vornherein freiwillig, also ohne Lohn erbracht wird und damit jeden Billiglohn unterbietet. Und das ist in einer Gesellschaft, die auf der Konkurrenz der Produktivkräfte gründet, nicht folgenlos: Die Folgen Arbeitslosigkeit, Unterbezahlung und Verlängerung der Arbeitszeiten, die sogenannten Sozialkosten und die Finanzierungslücken der kommunalen Kassen für eine verfallende Infrastruktur werden zunehmend der eigenständige Armutsverwaltung einer sozialen Arbeit überlassen, die sich aus der Sinnentleerung der gewöhnlichen Erwerbsarbeit begründet. Kulturelle Verelendung wird auf diese Weise zur Stabilisierung der Mehrwertbildung, also für das Wertwachstum mit all seinen Folgen vernutzt. Man kann sich das prinzipiell endlos, also als einen endlosen Kreislauf vorstellen, wenn man die Folgen des Wertwachstums in der Kultur- und Naturzerstörung begriffen hat.

↑(2) Die Erkenntnis, dass die bekannten Bodenschätze unseres Planeten endlich sind, ist nicht neu. Schon in den 70ger Jahren hatte der Club of Rome die „Grenzen des Wachstums“ auf unserer Erde mit deutlichen Zahlen aufgezeigt, was den damaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Herbert Gruhl veranlasste, im September 1975 ein Buch herauszugeben mit dem Titel: "Ein Planet wird geplündert – Die Schreckensbilanz unserer Politik ". Er forderte darin die Abkehr von einer auf Massenkonsum zielenden Wachstumspolitik hin zum Verzicht auf Konsumorientierung. Außerdem müsse das Bevölkerungswachstum auf der Erde gestoppt werden, um die Menschen noch weiter ernähren zu können. Das Buch wurde zur Grundlagenliteratur der Grünen, ein "Ökobestseller", der in der Politik eine "Planetarische Wende" einfordert. Gruhl wurde mit seiner "Grünen Aktion Zukunft" einer der Mitbegründer der Grünen, von denen er sich mit der Gründung der ÖDP schon 1982 absetzte und 1990 schließlich in der rechtskonservativen Organisation der "Unabhängigen Ökologen Deutschlands" (UÖD) Fuß fasste.

Auch heute noch wird sein Buch gerne zitiert und auch von der derzeitigen Bundeskanzlerin hochgeschätzt. Aber es hat sich - fast 40 Jahre später und nach einer Zeit der Regierungsbeteiligung der Grünen - die Lage nur noch verschärft, obwohl politisch unentwegt für Klimaschutz und Ressourcenschonung gesprochen wird und wirtschaftlich opportune mit dieser Argumentation Projekte subventioniert werden. Doch die Politik ist offensichtlich nicht in der Lage, die Plünderung des Planeten zu stoppen und den Massenkonsum zu reduzieren, weil eben gerade der im Zeitalter des Tittytainments nötig ist, um die Überprodukte der Kapitalverwertung, also der Mehrwertproduktion, noch wertgerecht abzusetzen. Das Warenhandelskapital verschiebt sich dennoch zunehmend in das des Finanzkapitals, weil das so genannte Wirtschaftswachstum eben kein Wachstum der Wirtschaft, also der wirtschaftlichen Effizienz ist, sondern den Zwangsläufigkeiten des Wertwachstums folgen muss. Dieses hat sich inzwischen in den Wettcasinos der Börsen zu einer ungeheuren Wolke von fiktivem Kapital, aufgebläht, das immer aggressiver nach Anwendung giert und jedwede Chance nutzt und auch selbst produziert, um seine absterbenden Geldwerte durch "Frischgeld" aus Investitionen oder Arbeitsverschärfungen oder Verschuldungswirtschaft zu ernähren.

↑(3) Nicht die Überwindung der alten Form der politischen Ökonomie, die bürgerlichen Rechte auf freie Verfügung des Privateigentums, nicht die Befreiung des gesellschaftlichen Eigentums von privater Vernutzung steht an, sondern eine neu konzipierte Lebensform, die sich als Keimform eines neuen Lebens durch eine freie Gesellschaft vorstellen lässt, in der die Menschen freiwillig und ohne Not ihre persönlichen Beiträge einbringen und allein hierdurch schon ein zwangloses gemeinschaftliches Verhältnis entstehen könne. Unter dem Begriff "Solidarische Ökonomie" versammeln sich schon seit langem Vorstellungen, wie ein solches Miteinander der Menschen möglich ist, z.B. wenn sie ihre Arbeit und Sachen verschenken, und dies auch von allen anderen erwarten, um eine Gesellschaft zu bilden, in der alle frei nach ihren Bedürfnissen leben können, weil ihnen ihre Arbeit Spaß macht und deshalb wie von selbst geschieht. Andere verstehen sich als Protagonisten einer Selbstorganisation, einer alternativen genossenschaftlichen Arbeitsform, in der die Menschen aus ihrer kollektiven Kraft zehren, die durch Selbstverwaltung alle gleich beteiligt sein lässt, so dass ihre Arbeit als gerechte Lebensgrundlage dienen könne. Neuerlich sind Vorstellungen entstanden, wie diese Kraft aus einer neuen Kultur gewonnen werden kann, wenn diese sich aus dem Regelwerk der Natur begründet, weil natürliches Leben immer auch Freude bereitet und Sinn stiftet. Darin scheint nun alles vereint, was das ganze Leben ausmacht.

↑(4) Der Begriff „Permakultur“ wurde 1978 vom australischen Ökologen BILL MOLLISON geprägt. Er ist aus dem englischen „permanent agriculture“ abgeleitet. Heute wird der Begriff meist umfassender im Sinne von „permanent culture“ verstanden. Die Gestaltungsprinzipien der Permakultur verbinden die Bedürfnisse der Gesellschaft mit der Balance der Natur (siehe http://www.permakultur.net). Für die Entwicklung dieser Planungsmethode erhielt Mollison 1981 den alternativen Nobelpreis.

Permakultur ist die Erhaltung und Schaffung von dauerhaft zukunftsfähigen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemen. Sie versteht sich als Handlungsanleitung für Menschen, die sich Gedanken machen, wie wir die Selbstorganisationsprin­zipien der Natur auch tatsächlich in Stadt und Land umsetzen können. Mehr als darum den optimalen Zustand stets im Bewusstsein zu verankern, geht es dabei darum, dass sich jeder einzelne in seiner Selbstverantwortung Schritt für Schritt einer nachhaltigen Gestaltung seiner individuellen und sozialen Lebensräume annähert.

↑(5) "Transformative Bildung: generiert ein systemisches, interdisziplinäres Verständnis der Handlungsoptionen und Lösungsansätze, informiert z.B. über Innovationen, von denen eine transformative Wirkung zu erwarten oder bereits eingetreten ist; der Stand der Forschung sollte verständlich aufbereitet und aktiv in die Gesellschaft kommuniziert werden." (Prof. Welzer)

"Die wichtigsten dieser ökologischen Gestaltungsprinzipien sind

• Anpassung an die natürlichen Faktoren des Standortes und Nutzung des Naturpotentials.
• Bildung von Kreisläufen zur Stabilisierung des Systems (Energie-, Stoff-, Luft-, Wasserkreislauf).
• Vielfalt und Vernetzung von natürlichen, funktionalen, gesellschaftlichen und regionalen Beziehungen.
• Eigenständigkeit und angemessene Dichte. Die Größe und das Artengefüge von ökologischen Systemen werden von den natürlichen Gegebenheiten bestimmt.
• Das Prinzip der Mehrfachnutzung entspricht der Energie- und Aufwand sparenden Arbeitsweise der Natur,
• Partnerschaft: Der zyklische Energie- und Ressourcenaustausch in ökologischen Systemen wird durch umfassende Kooperation aufrechterhalten."

↑(6) Nun ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn Menschen anderen Menschen helfen oder vor Ort ihre Energieversorgung umweltfreundlicher gestalten oder natürliche Anbaumethoden in der Landwirtschaft oder in ihren Gemüsebeeten anzuwenden. Doch im Verbund mit dem großen Zweck einer Weltverbesserung durch Selbstbeteiligung oder Selbstorganisation bei einer derart großen Aufgabe werden derlei Erkenntnisse zur Randglosse einer Kritik marginalisiert, die ja sowieso "nichts bringt". Die Begeisterung für die eigene soziale oder ökologische Aktivität als Beitrag zur Lebensverbesserung blieb bislang unbeschadet, weil sie als Gemeinschaftsaufgabe für alle Bürgerinnen und Bürger vorgestellt wird und von daher in ihrer Verallgemeinerung eine besondere Perspektive erfährt - so, als müssten nur alle Menschen Gutes für die Gemeinschaft tun und schon wären die Bedrohungen der Zeit behoben. Der Gemeinschaftsgeist, der dabei gebildet und beschworen wird, und die Unmittelbarkeit einer Arbeit, die nicht mehr entfremdet erscheint, befriedigt in der ansonsten verbreiteten Sinnleere zumindest die Menschen, die genügend Freizeit hierzu haben, die also relativ gut gestellt sind und sich Güte auch leisten können.

↑(7) Vor allem die Verknappung der Ölvorkommen dient als Argument für ein neues Naturverständnis zur Schonung der Ressourcen überhaupt, zur Entschleunigung der Überproduktion, welche die Wirtschaft in den Abgrund treibe. Dem liegt ein Wirtschaftsverständnis zugrunde, wonach die Knappheit der Ressourcen, besonders der Peak-Oil, als wesentlicher Grund für einen drohenden Kollaps der Selbsterhaltung von Mensch und Natur angesehen wird. Es ist nicht das Wissen um die alles verzehrende Widersprüchlichkeit dieser Wirtschaftsweise, sondern die Angst vor dem Entstehen einer Disfunktion der Gesellschaft, die zu dieser Auffassung gelangt, die Angst vor einem Kollaps der Versorgung, dem Lebenselixier des Kleinbürgers. Nicht das Wertwachstum und dessen sublime Verheerungen stehen zur Disposition, nicht der Verwertungszwang des Kapitals, also der Zwang zur Werterhaltung und Wertvermehrung des Geldes, gilt als Grund für den Raubbau an natürlichen und kulturellen Lebenssubstanzen, sondern ein quasi natürlicher Mangel, dem durch Mäßigung und Schonung und naturbewusstem Handeln beizukommen sei.

↑(8) Fast alle Wahrnehmungen von Krisen werden damit zu einer Versorgungskrise zusammengefasst, die für die Menschen nicht mehr genügend Energie und Stoff aufbringen könne. Die Krise ist der Mangel. Sie besteht also aus einem schlichten Mangel der Energieversorgung, der Geldwirtschaft, der gesunden Ernährung, der Verarmung eines Großteils der Menschheit und so weiter und so fort. Ihr wirklicher Inhalt ist gleichgültig, damit sie als eine Krise der Menschheit schlechthin gelten kann, sowohl die der Vollbeschäftigung, des Klimas, der Umweltverschmutzung, der sozialen Beziehungen, der psychischen Integrität, der Aussonderung von Existenzen durch die Konkurrenzmechanismen der Märkte und der Bevölkerungsdichte. Die Krise des Wertwachstums ist somit naturalisiert zur Folge aus einer Überbevölkerung und damit absolut und überhistorisch. Sie wird damit nicht als das Produkt eines verkehrten - historisch durchaus vergänglichen - gesellschaftlichen Verhältnisses begreifbar, als Resultat einer politisch bestimmten Ökonomie, in der die Menschen um ihre Existenz kämpfen müssen, um darin leben zu können und überflüssig werden, wenn sie keine Arbeit haben.

↑(9) Aus der Zwischenmenschlichkeit eines kommunalen bürgerlichen Engagements entstünde eine neue Art von Gesellschaft wie von selbst, eine Community, an der sich die Menschen vor allem mit Lust und Liebe beteiligen, weil sie dort Sinn für sich und für andere finden. Und in diesem Sinn werden dann auch viele gute Ideen zusammengebracht, die gute Taten beschreiben, eigentlich das, was heute ganz allgemein für gut befunden wird: Zum Beispiel die Verwendung von Sonnenkollektoren statt Kraftwerken, die durch Öl betrieben werden, durch eigenen Landbau in öffentlichen Gärten statt durch Agrarindustrie, durch kleine Märkte, statt durch große und natürlich auch durch den Zahlungsausgleich mit Regionalgeld. Es werden in dieser Vorstellung alle Ideen vereint, die in einzelnen Bürgerinitiativen bislang aufgetaucht sind und zum Teil bereits auch staatlich gefördert werden. Im Allgemeinen hat man bisher aber nicht geglaubt, damit die großen Probleme der Welt lösen oder gar die Wirtschaftskonzerne und ihre Industrie abschaffen zu können. Jetzt soll all dies überflüssig erscheinen, weil es von einem Engagement der Bürgerinnen und Bürger ersetzt werden könne.

↑(10) Wenn Menschen sich ihrer Nachbarschaft, ihres aufeinander Angewiesenseins bewusst werden und dann auch sich in ihrer Meinungsbildung austauschen und mit ihrer Kraft und ihren Sachen einander aushelfen, so kann das nur gut sein. Und das machen auch viele und das können auch immer mehr Menschen machen. Aber es verbindet sie dennoch nur dort, wo sie miteinander zu tun haben. Lediglich eine Theorie macht daraus einen weltweiten Zusammenhang. Sie verbindet Gedanken, die sich in einer hohen Allgemeinheit bewegen und damit auch ein Verhalten begründen, das politische Wirkung haben soll. Aber gerade das will die Philosophie der Permakultur bestreiten. Es sollen keine allgemeineren Gedanken oder Theorien das einzelne Tun verbinden, sondern die Natur, die Beziehung von Mensch zu Mensch, sein Verhältnis zu sich und der Natur, wie sie unmittelbar gegeben ist und dadurch fruchtbar werden soll, dass die Menschen ihre ganze Persönlichkeit in ihren Dienst stellen. Zwischenmenschlichkeit geht vor politischer Realität, sagt Rob Hopkins, und meint damit, dass es den Menschen nicht nur menschlich gut gehen sollte, wenn sie sich engagieren, sondern dass die zwischenmenschliche Erfahrung selbst die Basis der Entwicklung sein soll, dass sie Selbsterfahrung die wahrhafte Substanz ihrer Geschichte sei. Klingt gut, wenn man sich für menschliche Lebensräume einsetzt, für die Kommune, die Familie, die Schule usw. Schließlich sehen das inzwischen ja auch viele Soziologen Politiker so. Gesellschaftliche Beziehungen werden als zwischenmenschliche Verhältnisse begriffen, deren Wesen ihre Gemeinschaftlichkeit, die Gemeinschaft im kleinen, wie z.B. die Familie, dann etwas größer, die Gemeinde und Kommune, dann das Land und schließlich der Staat. Gemeinschaft besteht immer aus Gemeinsamkeiten. Die bürgerliche Gesellschaft hat sich immer gerne als Gemeinschaft gleicher, freire und solidarischer Bürger verstanden, wie eine Welt von Nachbarschaften, in denen man einander hilft und sich gegenseitig unterstützt. Auch in den Vereinen, in den Schrebergärten und Kulturveranstaltungen, Straßenfesten und Gemeinden lässt sich all das erleben, was gute Nachbarschaft und auch Nachbarschaftshilfe ausmacht. Doch gesellschaftlich hat das noch nie gestimmt. Dort herrscht immer noch die Konkurrenz auf den Arbeits- und Warenmärkten, dort kämpft jeder um seine Existenz, um sein Glück und gegen seinen Niedergang, dort ist er einzeln und isoliert und nur ideell in Gemeinschaft.

↑(11) "Die Bielefelder Gruppe, in der sich Michael Schem und seine Frau Edith Wichmann engagieren, ist eine der aktivsten in Deutschland. Es gibt hier eine Energiegruppe, die mit Hilfe einer Photovoltaikanlage Hühnern den Stall erwärmt, woraufhin diese vier Monate länger, in den Winter hinein, Eier legen. In Repair-Cafés nehmen Schems Freunde kaputte Gegenstände an, reparieren sie oder widmen das Material um. Eine Kochgruppe trifft sich regelmäßig, um alte Rezepte mit saisonalen Zutaten einzustudieren. In zwei Gärten üben Aktivisten das Prinzip der Permakultur: ein Verfahren, wie man Nahrung gewinnen kann mit Hilfe der Eigenwärme des Baumschnitts und Kompostierung."

↑(12) Bayerisches Fernsehen zu Besuch bei Emskirchen im Wandel
Das Bayerische Fernsehen zeigte am 5.12. im Rahmen der Sendung "Geld und Leben" einen Sendeschwerpunkt Energiewende und hat sich dabei auch das Thema "Transition Town Initiativen in Bayern" vorgenommen.

↑(13) Wikipedia: "Als eine nachhaltige Bewirtschaftungsform zielt Permakultur darauf ab, Erträge langfristig in ausreichender Höhe sicherzustellen und dabei den Arbeitsaufwand (Energieverbrauch) zu minimieren. Permakultursysteme zeigen, wie sich Einzelne und Gemeinschaften mit einem geringen Ressourcen-, Platz- und Zeitaufwand und einem Verständnis für natürliche Kreisläufe weitgehend selbst versorgen können. Permakultur-Projekte nutzen dabei u.a. die Speicherung von Regenwasser und Sonnenenergie, verwenden sie effizient, verbessern die Bodenfruchtbarkeit und praktizieren eine naturnahe Abfallvermeidung, bei der der Output des einen Systemelements als Input für die anderen genutzt wird."

↑(14) Das schließt Flächen ein, die zur Produktion seiner Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie, aber z. B. auch zur Entsorgung des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten Kohlendioxids benötigt werden. Die Werte werden in Globalen Hektar pro Person und Jahr angegeben. Der ökologische Fußabdruck wird häufig verwendet, um im Zusammenhang mit dem Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung auf gesellschaftliche und individuelle Nachhaltigkeitsdefizite hinzuweisen – abhängig davon, ob Mensch seine ökologische Reserve in ein Ökodefizit verwandelt.

↑(15) Im Zusammenbruch liegt eine winzige Chance, die Welt in eine neue, dem ganzen Leben auf der Planetin dienliche Post-Kollaps-Kultur zu überführen. Eine immer noch viel zu kleine, doch stetig wachsende Schar großelterlich denkender – und fühlender! – Menschen weiß inzwischen, wie wir alle uns in Hinblick auf eine enkeltaugliche Welt verhalten müssten: die natürlichen Grenzen der planetaren Gaben achtend; diese Gaben gemeinsam erhaltend und pflegend; die Früchte dieser Pflegearbeit in ausgleichender Fürsorge gerecht teilend; in Verbundenheit mit allem Lebendigen nützlich wirkend, statt zu übernutzen. (http://www.oya-online.de/article/read/860-augen_aufreissen.html)

↑(16) Sorge für die Erde (Earthcare)

Die Lebensgrundlage des Menschen auf der Erde ist eingebettet in ein Geflecht von Abhängigkeiten, das wir gerade erst beginnen auch nur ansatzweise zu begreifen. In unserem eigenen Interesse sollten wir dafür sorgen, dass alles Lebendige weiter bestehen und sich in der ihm eigenen Weise reproduzieren kann.

Sorge für die Menschen (Peoplecare)

Die Frage der sozialen Gerechtigkeit ist nicht neu. Wenn wir auch die Verantwortung für unsere Kinder und Enkel übernehmen wollen, kommt das Thema Generationengerechtigkeit in unseren Blick. Wie sieht eine Welt aus, in der alle jetzt und zukünftig lebenden Menschen, das gleiche Recht auf den Zugang zu den von ihnen benötigten 'Ressourcen' haben sollen?

Begrenze Konsum und Wachstum (Fair Share & Redistribute Surplus)

Indem wir unseren eigenen Bedürfnissen Grenzen setzen, setzen wir 'Ressourcen' frei, um die beiden vorhergehenden Aspekte zu fördern.

Wir müssen schrumpfen!"

(http://www.permakultur-institut.de/800.2/800.2.7/index.html)

↑(17) Welt im Wandel, das ist auch das Thema des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), der einen Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation (engl. World in Transition – A Social Contract for Sustainability )entwickeln soll und das ist dann auch der Titel des Hauptgutachtens aus dem Jahr 2011. Es wurde im Vorfeld der Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung 2012 (Rio+20) erstellt. Hauptanliegen der Autoren ist es, eine weltweite Transformation zu einer klimaverträglichen Gesellschaft ohne Nutzung fossiler Brennstoffe in Gang zu setzen bzw. zu beschleunigen. Der WBGU spricht sich dabei unter anderem für den Ausbau erneuerbarer Energien und gegen die Nutzung der Kernenergie aus.

Das Gutachten wurde am 7. April 2011 Umweltminister Norbert Röttgen und Forschungsministerin Annette Schavan überreicht. Inzwischen liegt es auch in englischer Sprache vor. Ein Videoseminar mit Vorträgen und Interviews der Autoren wurde 2012 erstellt. Ende Februar 2013 ist ein Comic erschienen, der das Gutachten allgemeinverständlich erklären soll. Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, soll in einer von Reinhold Leinfelder geleiteten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Freien Universität Berlin geförderten Studie untersucht werden.Im Jahr 2007 wurde auf dem von Hans Joachim Schellnhuber initiierten Nobelpreisträgersymposium Global Sustainability: A Nobel Cause in Potsdam das sog. Potsdam-Memorandum verabschiedet. Es hatte die Notwendigkeit einer Großen Transformation zum Inhalt, sowie wesentliche Aspekte, die später im Hauptgutachten beschrieben wurden. Das Memorandum wurde von 15 Nobelpreisträgern unterzeichnet, die Ergebnisse wurden in einem Buch veröffentlicht.[15]

Ende 2011 initiierte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Förderschwerpunkt "Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems" im Rahmen der sozial-ökologischen Forschung (BMBF-Rahmenprogramm "Forschung für nachhaltige Entwicklungen" (FONA)[23]. Forschungsschwerpunkte sind (1) die Darstellung und Bewertung von Entwicklungsoptionen des Energiesystems, (2) die Analyse von gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Akzeptanz der Transformation und die aktive Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, sowie (3) Governance des Transformationsprozesses (einschließlich ökonomischer Instrumente). Im März 2012 fand in diesem Kontext die Konferenz Sozial-ökologische Forschung für eine zukunftsfähige Gesellschaft statt, bei der Hans Joachim Schellnhuber den Einführungsvortrag hielt. Die Projektförderung beginnt 2013.

In ihrer Bedeutung sei diese Wende von der fossilen zur postfossilen Gesellschaft vergleichbar mit den beiden bisher fundamentalsten Transformationen der Menschheitsgeschichte: der Neolithischen Revolution (Erfindung und Verbreitung von Ackerbau und Viehzucht), sowie der Industriellen Revolution (Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft). Letztere hat der ungarische Ökonom Karl Polanyi (1944) als „Great Transformation“ beschrieben. Hierauf bezieht sich auch die Namensgebung des Berichts. Zudem beziehen sich die Autoren auf die Idee des Gesellschaftsvertrags (Contrat social) von Jean Jacques Rousseau als Grundlage moderner Demokratie.

Da die Einsicht in die Notwendigkeit des Umbaus der Weltwirtschaft rein wissenschaftlich begründet, vorausschauend und vorsorgend motiviert sei, kämen Forschung und Bildung zentrale Rollen bei der erforderlichen Transformation zu. Die Transformation sei ein „gesellschaftlicher Suchprozess“, der durch Experten unterstützt werden sollte. Die Forschung habe dabei die „Aufgabe, im Zusammenspiel mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft klimaverträgliche Gesellschaftsvisionen aufzuzeigen, unterschiedliche Entwicklungspfade zu beschreiben sowie nachhaltige technologische und soziale Innovationen zu entwickeln.“ S. 22 ff

Der WBGU unterscheidet dabei einerseits Forschung versus Bildung, andererseits die allgemeinen Bedingungen/Möglichkeiten der Transformation versus spezifische Inhalte und Maßnahmen. In Kombination ergeben sich vier Bereiche („Transformatives Quartett“):

↑(18) Der Sozialpsychologe Harald Welzer, der als Direktor der Berliner Stiftung Futurzwei nach Möglichkeiten einer zukunftsfähigeren Lebens- und Wirtschaftskultur sucht, will die Richtung kennen und verkündet:

"Die Zeit ist gekommen für eine Bewegung, die nach all den wissenschaftlichen und politischen Debatten über Klimawandel und Wachstumsgrenzen, über Nachhaltigkeit und Ölknappheit meint: genug geredet! „Seit etwa fünf Jahren gibt es eine stark praxisorientierte Bewegung, die nicht diskursiv zu Änderungen kommen will, sondern danach sucht, wo der eigene Handlungsrahmen ist“.

In den Transition Towns sieht Welzer eine Ausprägung dieses Bedürfnisses, auch in parallelen Entwicklungen wie dem Urban Gardening oder Ökodörfern. „Die Menschen empfinden es als ermüdend, dass sich global der wachstumswirtschaftliche Prozess unverändert fortsetzt.“ .... „Psychologisch erleben sich Transition-Aktivisten als wirksam und eben nicht mehr nur als Konsument oder Wähler, der nicht viel ausrichten kann“, sagt Welzer. Demnach geht es vor allem um die Psyche der Aktivisten. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/transition-towns-schrumpfen-von-unten-12727247-p2.html

↑(19) Die Bewegung lässt sich auch dem in den USA weit verbreiteten Gedanken des Öko-Kommunalismus ("Eco-Communalism") zuordnen, einer Umweltphilosophie, die angesichts schwindender Rohstoffe und negativer ökologischer Auswirkungen der Globalisierung die Idee des "einfachen Lebens", der Regional- bzw. lokalen Wirtschaft sowie der Nachhaltigkeit und der wirtschaftlichen Selbstorganisation propagiert. Eine wichtige Rolle spielen auch die Gestaltungsprinzipien der Permakultur, die es insbesondere landwirtschaftlichen, aber auch allgemein-gesellschaftlichen Systemen ermöglichen sollen, so effizient und energiesparend zu funktionieren wie ein natürliches Ökosystem. In Deutschland kommt dem die Vorstellung eines sogenannten Commonalismus nahe, der im Verbund von freien Beiträgen die Keimform einer neuen Gesellschaft entdeckt haben will. Hier haben sich einige IT-Nutzer das Prinzip einer "freien Software", die sie mit Linux und Wikipedia vorzufinden glauben, zu einem Gesellschaftsmodell gemacht, das auch in der harten Realität funktionieren könne. Zwar dürfte auch ihnen nicht entgangen sein, dass Wikipedia bis hinauf in die Administrator-Ebene von Lobbyisten der Konzerne bestückt ist (vergl. "Monitor" vom27.1.2014) und Linux einfach als preisgünstige bis kostenlose Anwendung einer Unix-Version auch den großen Konzernen und ihren Providern (wie z.B. Strato) Gewinne einbringt, die auf den Finanzmärkten ebenso aufblühen wie Google und Facebook. Aber die Faszination einer auf der Willkürlichkeit von rein individuellen Beiträgen gründenden Gesellschaft fasziniert eben die Menschen, die ihre Erkenntnisse vor allem aus dem Internet beziehen und immer gerne überall dabei sind, wo sie ihre Ideale umgesetzt sehen wollen, die ihrer kleinbürgerlichen Lebenslage entspringen und vor allem diese affirmieren. Auch wenn die Transition-Town-Bewegung durch einen ähnlichen Idealismus betrieben wird, ist sie doch hiergegen weit fortgeschrittener und mit der Wirklichkeit verbunden. Immerhin beschreibt sie einen Ausgangspunkt, der die ganze Welt bewegt.

↑(20) Es ist verblüffend, wie sich die Geschichte wiederholt. War es nicht derzeit auch die Wanderbewegung, die Jugendbewegung der Naturfreunde, welche diesen Glauben ausgemacht hatte und ziemlich vollständig in den Glaubenslehren der Nazis aufgegangen war. Es ist der Zirkelschluss aller Glaubenslehren, die besonders in fatalen Lebenszusammenhängen aufgehen und in ihrer Güte erblühen und zugleich deren Vernichtungsmacht befördern, je positiver sie dabei auftreten können. Auf jeden Fall ist das sparsam, denn je mehr die Menschen sich an solche naturbestimmte Werte binden, je folgsamer sie einer Sittenlehre folgen, durch die sie auf sich selbst beschränkt bleiben, desto weniger belasten sie den Staat. Gerade wo die Not sich ausweitet ist das von Vorteil. Denn wer sich selbst helfen kann, der verursacht keine Kosten und trägt zur allgemeinen Sparsamkeit bei.

↑(21) Dass die Aufmerksamkeit und Hilfe der Menschen füreinander selbstverständlicher wird, muss hier nicht Thema sein, auch wenn die daraus folgenden Leistungen objektiv natürlich unbezahlte Arbeit sind, die dem Selbsterhalt dieses Systems zugute kommt. Sie ist eine unbezahlte Arbeit, die dem Selbsterhalt der Menschen wie dem des ganzen Systems dient, also ein unbezahlter Beitrag zum variablen Kapital ist, der andernorts vom Lohnniveau auf den entsprechenden Arbeitsmärkten abgeht, der aber zugleich die Zerstörung von Arbeitsplätzen kompensiert. Sie kompensiert die Armutsproduktion des Systems und stellt sich damit zugleich ihrem innerlogischen Zweck entgegen, aus Armut eine Verschärfung des Konkurrenzverhaltens, also einen Preisdruck auf die Erwerbsarbeit zu bewirken. Alternative Arbeit in Selbstorganisation schafft zudem Verbindungen und Erfahrungen, die durch die Konkurrenzverhältnisse der Erwerbsarbeit ausgeschlossen sind.

↑(22) Mitte der 1970er Jahre entwickelten die beiden Australier Bill Mollison und David Holmgren Ideen zum Aufbau landwirtschaftlicher Systeme, mit denen die Nahrungsversorgung langfristig besser sichergestellt werden soll als mit den vorherrschenden industriell-konventionellen Anbaumethoden. Im Prinzip „entdeckten“ sie die Kreisläufe des in Europa altbekannten Biolandbaus für sich und ihren Kontinent neu. Sie beobachteten, dass die industrielle Landwirtschaft durch ihre Präferenz für Monokulturen und dem massiven Einsatz von Pestiziden Boden und Wasser verschmutze, die Biodiversität reduziere und jedes Jahr tonnenweise ehemals fruchtbaren Boden der Erosion ausliefere. Heute werden solche Beobachtungen weltweit bestätigt und die Zustände zunehmend kritisiert.

Mollison und Holmgren prägten für ihren neuen Denkansatz den Begriff Permakultur. Er entstand aus der Verknüpfung der Begriffe permanent agriculture (dt. 'dauerhafte Landwirtschaft'). Der Terminus permanent agriculture wurde bereits 1911 vom amerikanischen Agrarwissenschaftler Franklin Hiram King in einem ähnlichen Sinne verwendet, um die nachhaltigen Anbaumethoden in China, Korea und Japan zu beschreiben.[1] 1978 veröffentlichte Mollison sein erstes Buch über dieses Konzept (Permaculture One). Drei Jahre später wurde er für die Erforschung und Beschreibung der Prinzipien dieser Form der naturnahen Landwirtschaft mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

↑(23) Die Anwendung von Permakulturprinzipien im Sinne einer integrativen, zukunftsfähigen Gestaltung unserer Lebensräume hat von Beginn an zur Formulierung ethischer Grundgedanken geführt. Auch diese wurden und werden ständig weiterentwickelt und bilden die Grundhaltung permakulturellen Denkens und Handelns. Sie sollen als Richtlinie für jegliches Permakultur-Design aufgefasst werden, sei es ein Garten-, Landwirtschafts- oder Forstprojekt, sei es der Bau eines Hauses oder einer ganzen Siedlung. Diese ethischen Grundwerte decken die oben erwähnten ökologischen, ökonomischen und sozialen Komponenten ab und lassen sich mit folgenden drei Termini zusammenfassen:

Achtsamer Umgang mit der Erde (Earthcare) – diese ökologische Komponente zielt auf den behutsamen und vorausschauenden Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen (Ressourcen), die als ein Geschenk der Erde für alle Lebewesen aufgefasst werden. Um ein Permakultur-Design als nachhaltig bezeichnen zu können, sollen die natürlichen Regenerationszyklen (Stoff- und Energiekreisläufe) der lebenserhaltenden Systeme bewusst und langfristig eingeplant werden.

Achtsamer Umgang mit den Menschen (Peoplecare) – diese soziale Komponente nimmt insbesondere Rücksicht auf die Selbstbestimmungsrechte aller Menschen. Hier wird das Problem von Freiheit und Verantwortung besonders deutlich. Allen das Recht auf eine frei gestaltbare Nutzung der Lebensgrundlagen zu gewährleisten, erfordert eine Balance zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Bedürfnissen. Hieraus entspringt eine ethische Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. Alle Menschen sollen das gleiche Recht auf Zugang zu den Lebensgrundlagen (Ressourcen) haben.

Selbstbegrenzung (Wachstumsrücknahme) und Überschussverteilung (Limits to consumption and growth, redistribution of surpluses) – Diese ökonomische Komponente leitet sich von der begrenzten Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit des Planeten Erde ab. Menschen sollen lernen, eine zukunftsfähige Selbstbegrenzung in Bezug auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse auszuüben, als Einzelne und als Gemeinschaft. Die dritte Komponente steht daher für eine bewusste Umsetzung von Selbstbegrenzung und einer (Rück)Verteilung der gemeinsam erzielten Überschüsse. Letztere bezieht sich auch auf die adäquate Rückführung in natürliche Kreisläufe. Damit schließt sich der Kreis zu Earthcare und Peoplecare, bzw. überschneiden sich die drei ethischen Aspekte.

↑(24) Momentan haben vollzeiterwerbstätige Menschen durchschnittlich (einschl. Sonn- und Feiertage) täglich 8,5 Std (für Erwerbsarbeit 5:50 und Haushalt 2:36 Std) zu arbeiten und 1:56 Stunden Freizeit. Vom Nettolohn entfielen 2012 nach Steuer und Versicherung durchschnittlich 27,4 % an Lohnanteil für Mieten + 6,6% Energie, 5,7% Zusatz-Versicherung, 5,6% Zinsen 0,6% für Bildung, verfügbar also 100 - 55,7 =44,3 % für Ausstattung, Haushalt, Urlaub, Kleidung , Ernährung usw. (Statistisches Bundesamt, Fachserie 15, Reihe 1)

↑(25) Man kann es drehen und wenden wie man will: Im Kapitalismus ist unbezahlte Arbeit, sofern sie in einer gesellschaftlichen Beziehung und Anerkennung geschieht, immer Mehrwert bildend, weil sie über das hinausgeht, was die Menschen an notwendiger Arbeit für ihre Subsistenz aufbringen müssen. Das Kapital strebt danach, den Arbeitslohn der Menschen auf den Preis der notwendigen Arbeit zu drücken. Das geschieht auch dadurch, dass das Kapital von der Finanzierung von Lohnanteilen dadurch befreit wird, dass freiwillige Arbeit für öffentliche Angelegenheiten der allgemeinen Reproduktion (z.B. für wohlfahrtsstaatliche Angelegenheiten) geleistet wird. und damit die Reproduktion insgesamt billiger ist, weil ihr Wert ohne Bezahlung "geschenkt" wird. Damit wird allgemein das variable Kapital, der Gesamtwert der notwendigen Arbeiten, gesenkt und also für eine unbezahlte Mehrarbeit freigemacht, die Wert einträgt, wenn die Arbeitszeit insgesamt konstant bleibt.