Leo Mayer, Fred Schmid, Conrad Schuhler
Der folgende Text ist eine Spiegelung von der ISW-Website
Wie die Globalisierung zur globalen Wirtschaftskrise f�hrt
Wirtschaftskrisen unter den Bedingungen der Globalisierung und neoliberaler Angebotstheorie
Noch zu Beginn des Jahrtausends erkl�rten Wissenschaftler, Propagandisten und Politiker des Kapitalismus triumphierend, mit dem Konjunktur- und Krisenzyklus der kapitalistischen �konomie sei es ein f�r alle mal vorbei. Die Wachstumslinie der Neunziger Jahre werde sich ungebrochen fortsetzen, High Tech, New Economy, weltweite Produktion und Finanzm�rkte w�rden f�r stetes und schnelles Wachstum sorgen. Dann kam der Crash an den B�rsen, New und Old Economy gingen auf Krisenkurs, Profitwarnungen, Bilanzf�lschungen, Pleiten waren und sind an der Tagesordnung. Bereits 2001 steckten die Hauptm�chte der Triade – USA, Deutschland, Japan – in einer Rezession und mit ihnen die von ihnen dominierte globale Wirtschaft. Die Hoffnungen auf eine schnelle Kehrtwende haben sich l�ngst zerschlagen; jedermann wei�, der globalen Wirtschaft droht eine l�nger anhaltende Stagnation, wenn nicht gar Deflation und Depression. Der globale Kapitalismus hat nicht nur mit seinen kriminellen Qualit�ten einen "Kulturschock" ausgel�st, wie New York Times und S�ddeutsche Zeitung formulierten, er erweist sich auch �konomisch als l�ngerfristig leistungsschwach, als ein System der Krise. Diesen Charakter verdankt er seiner grunds�tzlichen Struktur, deren Krisencharakter durch die neoliberale Globalisierung noch erheblich vertieft wurde.
Der kapitalistische Konjunktur- und Krisenzyklus ist durch High Tech und New Economy nicht etwa abgeschafft, er ist im Gegenteil dadurch noch ausgepr�gter und gef�hrlicher geworden.
Die kapitalistische Konkurrenz und das ihr innewohnende Prinzip des Maximalprofits – denn nur der mit den h�chsten Profiten kann sich gegen die Konkurrenz durchsetzen – treiben die Kapitalisten stets zur �berakkumulation, zum Aufbau von �berkapazit�ten im Verh�ltnis zur kaufkr�ftigen Nachfrage. Denn w�hrend die kapitalistischen Unternehmer ihren Aussto� maximieren wollen, dr�ngen sie auf die Minimierung ihrer Kosten, v.a. auch der Arbeitskosten, die aber am Markt die entscheidende Gr��e der Nachfrage darstellen. Die Verwertungskrise wegen sinkender Profite (�berakkumulation von Kapital) und die Verwertungskrise wegen mangelnder Nachfrage (Unterkonsumtion) sind also zwei Seiten ein und der selben Medaille, wie sie schon Karl Marx im "Kapital" beschrieben hat: "Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bliebt immer die Armut und Konsumtions-beschr�nkung der Massen gegen�ber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkr�fte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsf�higkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde." Mit dem Aufbau von �berkapazit�ten entwickelt sich der Konjunkturzyklus mit den Phasen Aufschwung/Konjunktur, Hochkonjunktur (Boom), Abschwung/Krise, Rezession und ggf. Depression.
Mit wachsender Bedeutung von High Tech und New Economy wird dieser Zyklus noch intensiviert. Die Informationstechnologie f�hrt zu einer so flexiblen Fertigung, dass die Produktion ohne gr��ere Lagerhaltung oder Besch�ftigungsreserve der Marktnachfrage folgt, jede �nderung des Marktes also schnell auf die Produktion durchschl�gt. Zur schnell steigenden Arbeitsproduktivit�t tritt eine steigende Kapitalproduktivit�t, d.h. mit jeder neu eingesetzten Einheit Investitionskapital kann eine gr��ere Produktmenge erstellt werden.
Die Folge ist eine relativ geringere Nachfrage sowohl nach Arbeitskr�ften wie nach Investitionsg�tern, also ein relativer R�ckgang der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage. Mit Hig Tech und New Economy hat sich der Widerspruch zwischen Akkumulationspotential und gesellschaftlicher Nachfrage zugespitzt bis zu dem Punkt, dass selbst in Zeiten des Wirtschaftswachstums die Besch�ftigung sinken kann, was zu dem Ph�nomen der "jobless growth" gef�hrt hat.
Im Zuge der Weltmarktorientierung und der Herausbildung der Transnationalen Konzerne (TNK) hat sich der Widerspruch zwischen Produktionskapazit�ten und kaufkr�ftiger Nachfrage erheblich zugespitzt. Im "Wettlauf der Besten" um Weltmarktanteile werden die einzelnen Gesellschaften als "nationale Standorte" im Sinn der TNK optimiert, d.h. werden Masseneinkommen gesenkt, Sozialleistungen und Ausgaben f�r �ffentliche Daseinsvorsorge gek�rzt. Da der Weltmarkt sich aber aus den einzelnen nationalen M�rkten zusammensetzt, sinkt damit die globale Nachfrage im Verh�ltnis zur Produktionskapazit�t.
Verhaftet in einzelwirtschaftlicher "Froschperspektive" propagieren neoliberale Wirtschaftstheoretiker eine Optimierung der Angebotsbedingungen als Schl�ssel f�r dynamisches Wirtschaftswachstum. Nicht die gesamtwirtschaftliche Nachfrage oder gar die Massenkaufkraft, sondern die Verbesserung der Angebotsbedingungen durch Kostenreduzierungen, Steuersenkunkungen und Deregulierungen sind in ihrer Logik die zentrale Kategorie. Dadurch soll die internationale Konkurrenzf�higkeit, die Weltmarktpositionierung verbessert werden. Die Folge w�ren h�here Profite, die dann zu mehr Investitionen, mehr Wachstum und Arbeitspl�tzen f�hren w�rden.
Der "Weltmarkt" ist den Neoliberalen so etwas wie das "gelobte Land", das Land der scheinbar unbegrenzten (Absatz-)M�glichkeiten, in das man die jeweiligen Produktions�bersch�sse exportieren kann. Da aber alle Industriestaaten ihr Heil auf dem Weltmarkt, sprich den addierten Binnenm�rkten der jeweils restlichen L�nder suchen, wird es auf diesem immer enger, d.h. der Konkurrenz- und Verdr�ngungskampf nimmt an Sch�rfe zu. Um so mehr, als im "Wettlauf der Besten" um Weltmarktanteile in den Industriel�ndern L�hne, Sozialleistungen und Ausgaben f�r �ffentliche Daseinsvorsorge beschnitten wurden. Die Drohung bzw. Realisierung von Auslandsverlagerungen von Produktion und Entwicklung erschwert den gewerkschaftlichen Lohnkampf. Anders als bis zu den 70er Jahren wurden in den folgenden Jahrzehnten anteilige Produktivit�tsfortschritte in den meisten Industriel�ndern nicht mehr an die Besch�ftigten weiter gegeben. In den USA und Deutschland zum Beispiel verharren die Reall�hne auf dem Niveau von 1980. Die Massenkaufkraft und somit das Potential des "Weltmarktes" erh�hten sich dadurch nur geringf�gig. Statt propagierter Revitalisierung der kapitalistischen Wirtschaft und neuer Wachstumsdynamik, verringerten sich die Wachstumsraten in den 90er Jahren, verst�rkten sich stagnative Tendenzen.
Diese Diskrepanz von Angebot und Nachfrage wird vor allem durch die Transnationalen Konzernen verst�rkt. Diese steigerten – nicht zuletzt durch �bernahmen und Fusionen – ihre Produktionskapazit�ten weit �berdurchschnittlich im Vergleich zum Weltwirtschaftswachstum. Sie setzten als erste produktivit�tssteigernde Investitionen im IT- und Elektronikbereich ein. Auf der anderen Seite konnten sie durch den Aufbau globaler Wertsch�pfungsketten (kosteng�nstigste Standortwahl, globales Kostendumping), durch "Global Sourcing" (verbunden mit einem massiven Druck auf die Zulieferer) und neue Organisationsformen (Lean Production, Toyota-System, atmende Fabrik) in globalem Ma�stab Kostenvorteile ausnutzen und den Anteil der Lohnkosten an ihren Ums�tzen radikal reduzieren.
Insgesamt �ffnete sich dadurch die Schere zwischen Produktionsverm�gen und kaufkr�ftiger Nachfrage weiter. Allerdings erreichten gerade die Transnationalen Konzerne (TNK) eine Produktionselastizit�t, die es ihnen erlaubte, den Break-even-Point weiter herabzusetzen; sie erreichen dadurch die Gewinnschwelle schon mit einer Kapazit�tsauslastung von 70 und weniger Prozent. Umgekehrt k�nnen sie zus�tzliche Nachfrage ohne nennenswerte Neueinstellungen von Arbeitskr�ften bedienen. Ein Moment, das im Aufschwung zum Ph�nomen des Jobless Growth f�hrte und die hohe Sockelarbeitslosigkeit bedingte.
Zu dieser Entwicklung gab es im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts aber auch Gegentendenzen:
Den eigentlichen Treibstoff f�r die Konsumkraft lieferte jedoch die enorme Verschuldungsbereitschaft der US-Haushalte, was zu historischen H�chstst�nden in der Pro-Kopf-Verschuldung und Tiefstst�nden in der Sparquote f�hrte.
Der dadurch initiierte und befeuerte Boom f�hrte wiederum dazu, dass die USA mit ihrem gewaltigen �konomischen Potential – �ber 30 Prozent der Weltwirtschaftsleistung – als Lokomotive der Weltwirtschaft die anderen Regionen der Erde �ber Waren- und Kapitalimporte mit zog, was allerdings zu den exorbitanten US-Leistungsbilanzdefiziten f�hrte. Der US-Boom war also im doppelten Sinne ein "Boom auf Pump": �ber die Konsumenten- und Hypothekenkredite der US-Verbraucher und �ber die Kreditierung durch das Ausland.
Die Aktien- und B�rsen-Hausse ab Mitte der 90er Jahre z�ndete eine zweite Stufe der US-Konjunktur-Rakete. Die gl�nzenden Gewinnaussichten der US-Multis bewirkten, dass US- und ausl�ndische Anleger verst�rkt in Aktien investierten. Dazu kam ein weiterer Kapitalisierungsschub �ber die private Alterssicherung, was zur Expansion der Pensionsfonds f�hrte, die wiederum das Geld weitgehend in Aktien anlegten.
Das B�rsenfeuer wurde weiter angefacht, als infolge der Finanzkrisen in den Schwellenl�ndern – S�dostasien, Russland, Brasilien – die institutionellen Anleger und Finanzkonzerne ihre Gelder aus diesen L�ndern abzogen und an die B�rsen der Metropolen transferierten. Dort lief die Konjunktur ja noch auf Hochtouren.
Bei Privathaushalten f�hrte der allgemeine Aktienrausch dazu, dass sie ihre Spargelder vermehrt in Aktien und Investmentzertifikaten anlegten oder Aktien gar auf Kredit kauften und sich mit steigenden Kursen reich rechneten. Das bewirkte den so genannten Verm�genseffekt: Untersuchungen und Berechnungen haben ergeben, dass Privatanleger bei einem Kursanstieg von einem Dollar zus�tzlich vier bis f�nf Cents f�r Konsum ausgeben. Gerade in den USA, wo mehr als jeder zweite Haushalt Aktien besitzt, verst�rkte das den Konsumrausch. Die B�rsen-Hausse gab so der Realwirtschaft einen Extra-Kick.
Die Privatisierung staatlicher Wirtschaftsbereiche und sozialer Sicherungssysteme er�ffneten dem transnationalen Kapital zus�tzliche Verwertungs-bereiche. Sie f�hrte aber auch zur �berakkumulation und gegenw�rtigen Krise im IT-Bereich.
Die von den neoliberalen Regierungen in den 80er Jahren ausgel�ste Privatisierungswelle erreichte im vergangenen Jahrzehnt ihren Scheitelpunkt. Der Verkauf oder Teilverkauf von staatlichen Telekommunikationskonzernen, Verkehrsbetrieben (Bahn, Regional- und Nahverkehr, Airlines), �ffentlichen Versorgungsunternehmen (Strom, Gas, Wasser, Abwasser), Post und anderen Infrastruktur- und Logistikeinrichtungen, Banken und Versicherungen verschaffte dem nationalen Kapital und den TNK neue Verwertungsbereiche und f�r die Finanzanleger zus�tzliche Anlage- und Spekulationsm�glichkeiten. Die UNCTAD nannte in ihrem World Investment Report 2000 die Privatisierungstendenzen in allen Industrie- und Schwellenl�ndern als wesentlichen Grund f�r das Anschwellen von Direktinvestitionen vor allem in Form l�nder�bergreifender Fusionen und �bernahmen (mergers & acquisitions).
Vor allem im IT-Bereich hatten Privatisierung und Deregulierung einen entscheidenden Anteil an �berakkumulation und �berkapazit�ten in diesem Bereich. Erinnert sei an den Investitions- und �bernahmerausch im Telekomsektor, an die aberwitzige Versteigerungsorgie im UMTS-Bereich, an den New-Economy-Wahn, der den schier endlosen Kombinationsm�glichkeiten von Telekom und Internet entsprang.
Getrieben von der Konkurrenz und der Aussicht auf Traumrenditen f�r Technologie- und Marktf�hrer investierten die Konzerne nahezu grenzenlos in Telekom, Mobilfunk und Internet, was wiederum die Innovationsspirale beschleunigte. Angetrieben von der IT-Euphorie und zig-Milliarden schweren �bernahmen, schossen die B�rsenwerte in die H�he. Der Geldfluss, den die Gier an den B�rsen in diese Branchen sp�lte, schien niemals zu versiegen. Das Marktpotential schien unendlich, die Verbraucher zu jeder Neuerung verf�hrbar und konsumbereit. In den vergangenen Jahren wuchs die IT-Branche im Durchschnitt vier Mal so schnell wie die gesamte Volkswirtschaft.
Das IT- und New-Economy-Fieber dauerte etwa drei Jahre, dann war die Gr�nder-Party aus. Die alte kapitalistische Krisenwirtschaft verschaffte sich erneut Geltung. Eine handfeste �berakkumulationskrise stand ins Haus. Zuerst traf es die StartUps der New Economy, die zuhauf zusammen brachen. Doch auch die Gro�en der Telekom-Branche blieben nicht verschont. Im Wettlauf und Konkurrenzkampf um Branchendominanz und Marktbeherrschung hatten sie zu viel Kapital investiert, �berkapazit�ten in gro�em Umfang geschaffen. die noch dazu in der Endphase des Telekom- und Internetrausches und den damit verbundenen �bernahmeorgien kredit- und fremdfinanziert waren. Die Visionen um und mit UMTS erwiesen sich bislang als Science Fiction, neue Dienste und Anwendungen konnten nicht schnell genug entwickelt werden. Die Konsumenten zeigten sich nicht f�r jede verr�ckte Idee manipulierbar und verweigerten sich zumindest partiell. Anderen fehlte es an Kaufkraft. Die Folgen waren Fehlallokationen en masse. Der Absturz der B�rsen verschlechterte zudem die Finanzierungsm�glichkeiten. Die Netzanbieter fanden sich pl�tzlich auf einem Berg von Schulden wieder. Ihre Misere schlug auf die ganze Branche durch. Die Betreiber strichen ihre Investitionen zusammen, was wiederum zur Krise bei den Ausr�stern wie Ericsson, Siemens, Alcatel, Lucent, Nokia und anderen f�hrte. In atemberaubenden Tempo rauschte die gesamte Branche vom Boom direkt in die Krise. Die Financial Times ver�ffentlichte im Internet ein "Telecoms job cuts watch", wo sie gestrichene Stellen bei den einzelnen Konzernen seit Anfang 2001 auflistete. Stand am 14. Mai 2002: 539.429 vernichtete Arbeitspl�tze in der Telekom-Branche. Seitdem kamen weitere Zehntausende dazu.
Deregulierung und Privatisierung haben nicht nur im Telekom-Bereich zum ungehemmten Investitionsrausch und der damit verbundenen �berakkumulation beigetragen. Eine �hnliche Situation zeichnet sich im Bereich der Energiewirtschaft und bei Versorgungsunternehmen ab, wie die Mega-Insolvenzen von Enron und Vivendi signalisieren. Auch die Energie- (Strom, Gas, Stadtwerke) und Wasserversorgung (Trink- und Abwasser) wurden in fast allen Industriel�ndern dereguliert und privater Kapitalverwertung ausgeliefert.
Durch die Eingliederung in die privatkapitalistische Profitwirtschaft fehlt zudem das fr�her krisenstabilisierende Moment eines staatlichen Infrastruktursektors, der Ansatzpunkt staatlicher Konjunktur- und Besch�ftigungsprogramme sein k�nnte.
Der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems Mitte der 70er Jahre beendete das System fester Wechselkurse und f�hrte in der Folge zu heftig schwankenden (volatilen) W�hrungen. Zusammen mit der Deregulierung und Liberalisierung der Finanzm�rkte er�ffnete das der Finanzspekulation neue Dimensionen. Die Globalisierung von Finanzm�rkten und Spekulation wurde Realit�t. Das f�hrte dazu, dass seitdem die Realzinsen dauerhaft �ber der Wachstumsrate des Brutto-Inlandsprodukts der Industrie- und Schwellenl�nder liegen. Eine Folge sind die Finanzkrisen in den Schwellenl�ndern. Da die Schuldner die Zinsen nicht aus den realen Zuw�chsen, sondern aus der Substanz bezahlen m�ssen, schwindet der Teil von Einkommen und Verm�gen, der als effektive Nachfrage nach Investitions- oder Konsumg�ter zur Verf�gung.
Die Finanzspekulation gab es schon immer, neu ist ihre Dimension und ihr globales Agieren. Voraussetzung daf�r war der �bergang zu variablen Wechselkursen, Liberalisierung und Deregulierung der Finanzm�rkte und die Schaffung innovativer Finanzinstrumente (z.B. Derivate).
Woher aber r�hren die gewaltigen und anschwellenden Geldfluten? Sie sind das Ergebnis massiver Einkommensumverteilung zugunsten der Profit- und Verm�genseinkommen im Rahmen neoliberalistischer Angebotspolitik. Die wachsenden Profite finden wegen der strukturellen Nachfrageschw�che (laufende Beschneidung der Massenkaufkraft) in der realen Sph�re der �konomie zunehmend geringere Anlagem�glichkeiten. �berakkumulation von Geldkapital bewirkt eine relative Entkoppelung der Finanzsph�re von der realwirtschaftlichen Entwicklung. Das �bersch�ssige Geldkapital ist die Grundlage der �berbordenden Finanzspekulation, die sich in W�hrungs- und Aktienspekulation am Deutlichsten manifestiert. Die Inflation von Finanztiteln, die gewaltigen Finanzstr�me, die t�glich um den Globus transferiert werden, die Hebelwirkungen der Hedge Fonds sind Ausdruck dieser Spekulation. Sie bl�st die Werte an den B�rsen zu weitgehend substanzlosen Blasen ("Bubbles") auf und vermag ganze W�hrungen in den Abgrund zu dr�cken.
"Wenn die Realzinsen im Durchschnitt oberhalb der Wachstumsrate des BIP liegen und auch oberhalb der Profitrate auf industriell oder im Dienstleistungssektor angelegtes Kapital, dann bedeutet dies, dass Schuldner immer weniger in der Lage sind, aus den Zuw�chsen ihren Schuldendienst zu leisten, weil ja der Zins gr��er ist als der Zuwachs des BIP und wohl im Schnitt auch gr��er als die Profitrate ist. Wenn die Zinsen nicht mehr aus den realen Zuw�chsen finanziert werden k�nnen, dann geht das nur noch aus der Substanz. Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht und dann bricht die Finanzkrise aus. Wenn die Geldfl�sse immer von den Schuldnern zu den Gl�ubigern, also zu den Geldverm�gensbesitzern einseitig erfolgen, dann hei�t dies auch, dass die Ungleichheit in der Welt zunehmen muss. Wenn die einen durch den Schuldendienst immer an die anderen zahlen, bedeutet dies, dass die einen reicher und die anderen �rmer werden." (Elmar Altvater, isw-report 52, S. 6).
Im Ergebnis werden dabei keine neuen Werte geschaffen, sondern findet �ber Zinsen und Spekulationsgewinnen aus Aktien- und Devisenspekulation eine Umverteilung von Verm�genswerten zugunsten der gro�en Finanzanleger und Geldkapitalbesitzer statt. Hauptakteur auf den Finanzm�rkten und dem Feld der Spekulation ist das internationale Geldkapital in Form internationaler Gesch�fts- und Investmentbanken sowie institutioneller Anleger: Investment- und Pensionsfonds und Versicherungen.
Durch die internationale Gro�spekulation in Verbindung mit der Vernetzung der Finanzm�rkte erh�ht sich das Risikopotenzial der Finanzm�rkte, nimmt ihre innere Labilit�t zu. Platzen die spekulativen Blasen, rei�en die Kreditketten, ergeben sich auch Risiken und Schocks f�r die Realwirtschaft. Das zeigte sich in Japan, als 1989/90 die Aktien- und Immobilienblase platzte und auf den Banken seitdem ein Gebirge fauler Kredite lastet.
Das zinstragende und spekulative Kapital hat sich zwar relativ verselbst�ndigt, ist aber von der realen Sph�re nicht v�llig losgel�st. Es dominiert und diktiert zunehmend diese Sph�re: Das zeigt sich in der Macht der Institutionellen Anleger gegen�ber Konzernen der Realwirtschaft und im Diktat der Shareholder-Value-Orientierung. Das wird deutlich im Renditediktat des internationalen Geldkapitals gegen�ber Schwellenl�ndern, aber auch in der Finanz- und Haushaltspolitik von Industriel�ndern, die zunehmend dem "Urteil der M�rkte" ausgesetzt wird.
Mobilit�t und Reaktionsgeschwindigkeit internationaler Anleger hat sich durch die Deregulierung der Finanzm�rkte und in Verbindung mit neuen Kommunikationstechniken gewaltig erh�ht. Internationale Geldh�user und Institutionelle Anleger k�nnen so rund um den Globus und around the clock spekulieren. Das kann bei einer Verschlechterung der Gesch�ftssituation bzw. der wirtschaftlichen Lage eines Landes zu schnellem Kapitalentzug in gewaltigem Ausma� f�hren. Das erschwert die Investitions- und Finanzplanung von Konzernen und Staaten, birgt das Risiko von Finanz- und Liquidit�tsengp�ssen. �ber die Devisen- und W�hrungsspekulation wirkte so das internationale Finanzkapital in den s�dostasiatischen Tiger�konomien und in lateinamerikanischen Schwellenl�ndern krisenausl�send. Die Ursache auch von Finanz- oder W�hrungskrisen liegen nach wie vor in den "fundamentals", den so genannten fundamentalen �konomischen Daten von Konzernen und Volkswirtschaften. Die Bewegungen der Finanzm�rkte, und zugespitzt dann die Finanzspekulation, setzen an diesen Ungleichgewichten und Trends an und verst�rken deren Schwankungen. Hohe Volatilit�t (Schwankungsintensit�t der Kurse im Zeitverlauf), "Overshootings" (spekulative �bersteigerungen), bedingt durch die Finanzmassen der Fonds und Gro�spekulanten ("Trendsetter2) sind die Folgen. Finanzspekulation und globale Verschuldung sind unter diesen Bedingungen zus�tzliche globale Krisenfaktoren.
Ein zunehmender Teil des gesamten Wirtschaftens, aber auch des wirtschaftlichen Verhaltens von Privathaushalten ist heute von den Schwankungen der B�rsen abh�ngig. Dies wirkt zyklusverst�rkend, im Boom wie in der Krise.
Transnationale Konzerne finanzieren sich heute weitgehend �ber die Kapitalm�rkte, insbesondere durch Aktienemissionen. Im Zuge der Fusionitis der vergangenen Jahre wurden die Aktien zur "Akquisitionsw�hrung", Fusionen und �bernahmen wurden weitgehend durch Aktientausch finanziert. Das trieb den Aktienkurs nach oben, heizte das B�rsenfieber an. Mit dem Absturz der B�rsen versiegten diese Finanzierungsquellen weitgehend. Die TNK mussten zur Finanzierung auf Unternehmensanleihen umsteigen, wodurch ihre Verschuldung steil nach oben ging. Allein die europ�ischen Telekom-Betreiber waren Mitte 2002 mit 400 Milliarden Euro verschuldet und sind jetzt gezwungen, ihre Investitionspl�ne stark zur�ck zu fahren. Kosteneinsparungen bewirken sie in erster Linie �ber einen massiven Stellenabbau.
Aufgrund der Verschlechterung und Aush�hlung der gesetzlichen Alterssicherung mussten Privathaushalte zus�tzlich kapitalgedeckte Altersvorsorge treffen: in Form von Lebensversicherungen, Betriebsrenten und Pensionsfonds (insbesondere in den angels�chsischen L�ndern). Im Zuge des Aktienbooms investierten Lebensversicherungen, Fonds und betriebliche Rentenkassen ihre Pr�mien�bersch�sse zunehmend an der B�rse. Der Gesetzgeber hatte die H�chstgrenzen der Aktiendeckung von Lebensversicherungen und betrieblichen Pensionsfonds mehrmals heraufgesetzt. Jetzt in der Baisse geraten die Lebensversicherungen selbst in Lebensgefahr: Bei einer Reihe von privaten Versicherungen und betrieblichen Pensionsfonds tun sich Milliarden gro�e Deckungsl�cken auf. Einige Versicherungen k�nnen zum Jahresende den Garantiezins von 3,25 Prozent auf Lebensversicherungs-Policen nicht mehr bezahlen. Bei US-Firmenpleiten wie Enron und Worldcom l�sten sich die betrieblichen Pensionsfonds weitgehend in Luft auf.
Versicherungen und andere Institutionelle Anleger fliehen jetzt in gro�er Hektik aus den Aktien und dr�cken damit den Aktienkurs weiter nach unten.
Mit der B�rsen-Baisse verschlechterte sich auch die finanzielle Situation zahlreicher Privathaushalte. Mit dem B�rsenboom war die Zahl der privaten Aktienbesitzer und Zeichner von Investment-Zertifikaten sprunghaft angestiegen. Gerade Sp�teinsteiger und Aktienk�ufer auf Kredit verloren jetzt einen Gro�teil ihres Verm�gens bzw. sind verschuldet. Insgesamt l�st die gigantische Vernichtung von Aktien- und Papierverm�gen jetzt einen negativen "Verm�genseffekt" in die umgekehrte Richtung aus. �konomen rechnen in den kommenden Monaten mit erheblichen Einbu�en bei den Konsumausgaben der Privathaushalte. Nach einer Studie im Auftrag der OECD schrumpft der Konsum bei einem Kurssturz von zehn Prozent an der B�rse in den USA um 0,45 bis 0,75 Prozent, um 0,5 Prozent in Gro�britannien und um 0,2 Prozent in Deutschland. Die niedrigere so genannte Cash-Burning-Rate in Deutschland im Vergleich zu den angels�chsischen L�ndern resultiert daraus, dass hier zu Lande erst jeder vierte Haushalt Aktien besitzt, in den USA dagegen mehr als die H�lfte.
Unter der Dominanz von institutionellen Anlegern und Investmentbanken werden die Konzerne krisenanf�lliger.
Transnationale Konzerne werden heute gr��tenteils beherrscht von nationalen und internationalen Institutionellen Anlegern. Bei diesen steht das unbedingte Eigent�merinteresse im Vordergrund; es wird durchgesetzt ohne R�cksichtnahme auf Arbeitnehmer- und soziale Interessen, auf �kologische und gesellschaftliche Folgen. Zielgr��e ist die Maximierung des Shareholder Values in Form von Steigerung des Aktienkurses, Dividendenaussch�ttung und Bezugsrechten. �ber Benchmarking (Vergleich mit den weltweit Besten der Branche) setzen die Institutionellen in den Konzernen Renditevorstellungen durch, die sich an globalen Spitzenwerten orientieren. Vorst�nde und Management, durch Aktienoptionen ebenfalls in diese Richtung stimuliert, geben den Druck an die Belegschaften weiter. Durch Konzentration auf das so genannte Kerngesch�ft soll m�glichst schnell ein Spitzenplatz in der Welt-Rankingliste der betreffenden Branche erreicht werden. Weniger profitable Konzernbereiche werden abgesto�en, eine Quersubventionierung ist nicht mehr erlaubt. Durch Zuk�ufe, �bernahmen und Fusionen soll eine marktbeherrschende Stellung in einer Branche erreicht werden und damit die F�higkeit zur Monopolpreissetzung.
Das alles macht jedoch die Konzerne krisenanf�lliger: Monokulturen machen bei Strukturkrisen einer Branche einen Risikoausgleich unm�glich. Bedingungslose Fusionitis zur Erlangung einer Monopolstellung birgt die Gefahr einer �berschuldung, wie dies an den Telekom-Konzernen, aber auch an Teilen der Automobilbranche deutlich wurde. Diese Konzerne werden zur totalen Beute des zinstragenden Geldkapitals. Die zunehmende Finanzierung von TNK �ber die Finanzm�rkte macht die Konzerne auch abh�ngiger von den Schwankungen dieser M�rkte. Das zeigt sich bei der gegenw�rtigen Baisse-Situation mit der Entwertung der Akquisitionsw�hrung "Aktie".
Im Zuge der Globalisierung hat die handels- und kapitalm��ige Verflechtung der Wirtschaftsr�ume stark zugenommen. In dieser �konomisch zusammengewachsenen Welt bewegen sich die einzelnen Volkswirtschaften immer mehr im konjunkturellen Gleichschritt. Entscheidend ist dabei das Gewicht der US-�konomie: Kommt es in den USA zu einer handfesten Rezession, dann bedeutet das im Effekt zugleich eine Weltwirtschaftskrise, eine Krise des globalen Kapitalismus.
Die Weltb�rsen schwingen fast synchron im Rhythmus von Wallstreet. Jeder Krach dort l�st ein Beben an den europ�ischen und asiatischen B�rsen aus. Eine Studie des IWF belegt eine hohe Korrelation der US- und EU-Aktienm�rkte: der Korrelationsfaktor ist in den 90er Jahren von 0,4 auf 0,8 gestiegen. Die hohe Abh�ngigkeit der restlichen Weltb�rsen ergibt sich schon aus dem Gewicht von Wallstreet, an der alle f�hrenden TNK notiert sind. Die B�rsenkapitalisierung von NYSE und Nasdaq zusammen ist gr��er als das addierte Aktienkapital an den restlichen B�rsen der Welt.
Die Verzahnung der Finanzm�rkte hat ihre g�terwirtschaftliche Entsprechung. Der Welthandel steht und f�llt weitgehend mit den US-Importen, etwa ein Viertel der gesamten Weltimporte. Gerade die Exporte der Regionen Lateinamerika, Rest-NAFTA und S�dostasien h�ngen stark von der Aufnahmef�hikeit des US-Marktes ab. Aber auch der Extra-Blockhandel der EU mit den USA (und dem gesamten Dollar-Raum) w�chst weit schneller als der Intra-Block-Handel der EU. Insgesamt hatten die USA in den 90er Jahren f�r die Weltkonjunktur eine Lokomotivfunktion. Ein sinkender Supertanker USA w�rde umgekehrt die Weltwirtschaft in den Abgrund rei�en.
Gewichtiger als die handelsm��ige Verflechtung der Weltwirtschaft im allgemeinen und von USA und EU im besonderen ist jedoch die gegenseitige kapitalm��ige Durchdringung der Triade-Regionen. W�hrend das Welt-BIP von 1990 bis 2000 um 25 Prozent stieg, die Weltexporte in der gleichen Zeit um 85 Prozent zunahmen, versechsfachten sich die Direktinvestitionen im Jahr 2000 gegen�ber 1990.
In der Triade sind die Wirtschaftsr�ume Nordamerika und EU dominierend: Sie erbrachten im Jahr 2000 fast zwei Drittel der Weltwirtschaftsleistung und 87 Prozent der ausflie�enden Direktinvestitionen. Die gegenseitige kapitalm��ige Verflechtung und Durchdringung dieser beiden Bl�cke ist in den 90er Jahren stark gestiegen und hat weitgehend den Charakter eines transatlantischen Wirtschaftsraumes angenommen. Die USA als gr��ter Einzelinvestor der Welt haben im vergangenen Jahrzehnt ziemlich genau eine Billion Dollar (997) in Form von Direktinvestitionen im Ausland angelegt; davon mehr als die H�lfte (55 Prozent) in der EU. Bei den EU-Direktinvestitionen von 1990 bis 1998 in H�he von 1,6 Billionen Dollar, hielten sich Intra-Block-DI und Extra-Block-DI in etwa die Waage. Von den Extra-EU-DI wurden ebenfalls 55 Prozent in den USA investiert.
Die st�rkere Verzahnung der beiden nordatlantischen Wirtschaftsr�ume f�hrt zu gr��eren Auswirkungen auf den Verlauf des Konjunktur- und Krisenzyklus bei diesen Giganten der Weltwirtschaft, als es die Verflechtung �ber die Handelsstr�me widerspiegelt. Die Ums�tze von US-Tochtergesellschaften in Deutschland beispielsweise �berstiegen bereits vor f�nf Jahren die US-Exporte nach Deutschland um das Vierfache. Umgekehrt betrugen auch die Ums�tze der Tochterunternehmen deutscher TNK in den USA fast das Vierfache deutscher Exporte dorthin, bei britischen US-T�chtern gar das F�nfeinhalbfache britischer US-Exporte. Brechen deren Ums�tze und Gewinne in den USA wegen dortiger Konjunkturschw�cheein, hat das R�ckwirkungen auf Profite und Investitionen im Mutterkonzern. Und umgekehrt. Konjunkturelle Schwankungen in den einzelnen L�ndern schlagen damit unmittelbar auf die jeweiligen TNK durch.
Anders als bei der Weltwirtschaftskrise 1929 ist bei heutigen Krisen ein R�ckfall der �konomischen Hauptm�chte in Protektionismus nicht zu erwarten. Der Stand der Internationalisierung und globalen Vernetzung des Kapitals d�rfte heute den Versuch einer Abschottung weitgehend zum Scheitern verurteilen.
In jeder Krise sind die schw�cheren Kapitalien die ersten Opfer im Vernichtungs- und Verdr�ngungskampf. Das wurde und wird deutlich bei den Krisen in den �konomien der Schwellenl�nder – S�dostasien 1997, Brasilien 1998, Argentinien 2000/01, T�rkei 2000/01, Brasilien 2002 – deren Aufstieg zur Weltliga des Kapitals weitgehend auf Pump finanziert war und die bei enger werdenden M�rkten letztlich gegen die Konkurrenz der Multis keine Chance hatten.
Im Ergebnis der Krise und mit dem Hebel von IWF/Weltbank wurden die – teilweise noch abgeschotteten - �konomien aufgebrochen und der Expansion des transnationalen Kapitals zug�nglich gemacht. Im Rahmen der den Schwellenl�ndern vom IWF verordneten "Anpassungsprogramme" mussten staatliche Betriebe und Infrastrukturbereiche privatisiert werden und konnten von TNK �bernommen werden. Angeschlagene heimische Konzerne wurden so h�ufig zu Schn�ppchen der TNK. Die Durchdringung der Welt durch das transnationale Kapital bekam im Gefolge der Krisen neue Sch�be.
Selbst die "Festung Japan" schottete sich im Rahmen der japanischen Dauerkrise in den 90er Jahren nicht weiter ab, sondern wurde weitgehend geschleift. Die japanische Autoindustrie z.B. ist heute zum gro�en Teil in der Hand ausl�ndischer Multis.
Auch bei der sich seit eineinhalb Jahren vollziehenden Weltrezession mit dem jetzigen "double dip" sind Schritte der Metropolen zu einschneidendem Protektionismus nicht zu erkennen. Dar�ber k�nnen auch gelegentliche handelspolitische Scharm�tzel wie im Stahlstreit und und in den Agrar- bzw. Farmer-"Kriegen" nicht hinwegt�uschen. Weitgehende Ausnahmeregelungen gegen�ber der EU und Japan machten den "Stahlkrieg" zudem zu einem Schie�en mit Platzpatronen.
Anders als bei der rein handelsm��igen Internationalisierung der Weltwirtschaft am Vorabend der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 basiert die heutige Globalisierung in erster Linie auf einer kapitalm��igen Vernetzung. Die Errichtung von Schutzz�llen und Handelsbarrieren wie damals w�re heute bei der weltumspannenden Verflechtung von Mutter- und Tochtergesellschaften relativ wirkungslos. Das gesamte Netz von handels-, kapital- und finanzm��iger Durchdringung ist heute so eng gekn�pft, dass kein Industrieland bei Strafe existenzieller �konomischer Bedrohung mehr ausscheren kann. Die Multis haben zudem eine Gr��enordnung erreicht, die den gesamten Globus als ihren Verwertungsraum unabdingbar macht. Selbst die USA, das Land mit dem weltgr��ten Binnenmarkt, h�tten heute enorme Probleme, sich auf die Position einer "splendid isolation", auf Autarkie und Protektionismus zur�ck zu ziehen. Die Weltwirtschaft w�rde im Chaos versinken, w�rden die USA beispielsweise die Handels- und Finanzstr�me von und zu ihrem Land oder die Transaktionen zwischen den US-Multis und den deren 8.000 Tochterunternehmen rund um den Globus kappen. Auch die USA werden deshalb weiter darauf hinarbeiten, die nationalen M�rkte zu einem integrierten und weitgehend einheitlichen Weltmarkt zu machen.
Die Funktion der Krise ist die massenhafte Vernichtung von Kapital und damit der �berkapazit�ten und die Wiederherstellung des Gleichgewichts von Produktionsm�glichkeit und kaufkr�ftiger Nachfrage auf niedrigerer Ebene.
Die augenf�lligste Vernichtung von Kapital fand bei der 2001 beginnenden Weltrezession im New-Economy-Bereich statt. �berkapazit�ten werden platt gemacht, lukrative bzw. gewinnversprechende Unternehmungen von Gro�konzernen eingesackt. Von den 9000 Punkten des Nemax 50 blieben heute gerade noch gut 300 Z�hler �brig; jetzt wird der "Neue Markt" ganz beerdigt. Die Kapitalintensit�t dieser dotcom- und e- und @-Firmen ist jedoch gering, die Kapitalvernichtung somit volkswirtschaftlich kaum relevant.
In gro�em Ausma� begann die Kapitalstilllegung im High-Tech-Bereich, insbesondere im Telekom-Sektor, wo sie noch in vollem Gange ist. Eine verdeckte Kapitalvernichtung findet zudem gegenw�rtig in zahlreichen Branchen durch Nicht-Auslastung und Abbau von Kapazit�ten, also durch Nicht-Produktion statt.
In allen kapitalistischen Industriel�ndern ist weiterhin ein Ansteigen der Pleitewelle zu verzeichnen, die zunehmend – gerade in den USA – gr��ere Unternehmen und Gro�konzerne erfasst. In Deutschland wird in diesem Jahr die gr��te Pleitewelle aller Zeiten registriert. Insolvenzen wie Holzmann, KirchMedia, Babcock und Fairchild Dornier zeigen, dass auch mittlere und Gro�konzerne nicht verschont bleiben. Und mit jeder Pleite werden Hunderte und Tausende von Arbeitspl�tzen vernichtet.
Mit der Pleitewelle ist auch der Fortgang des Fusionsprozesses vorprogrammiert: Die �berlebenden werden die Pleitekandidaten �bernehmen und ausschlachten. Der Kreis der Firmen wird kleiner, die Giganten werden noch gr��er und m�chtiger herauskommen. In der Telekom-Branche z.B. sind dann die staatlichen Monopolanbieter durch private Teklekom-Konzerne ersetzt.
Die M�glichkeiten staatlicher Konjunkturpolitik wurden im Gefolge des Neoliberalismus amputiert. Den neoliberalen Angebotspolitikern und ihrer Klientel, den Geldverm�genden, sind Geldwertstabilit�t wichtiger als stabile Besch�ftigung. Selbst angesichts des sich abzeichnenden erneuten Eintauchens in eine Rezession (double dip) halten die EU-Regierungen am "Stabilit�tspakt" fest.
Die verbliebenen Konjunktur-Instrumente waren 2000/01 in den USA schnell ausgereizt: Fast monatliche Zins-Senkungen – mit dreizehn ein neuer Rekord – der US-Notenbank und umfangreiche Steuergeschenke der Bush-Administration. Sie stimulierten zwar weiterhin den Konsum der US-B�rger und verhinderten m�glicherweise ein Rei�en der Kreditketten. Sie entfachten jedoch nur ein vor�ber gehendes Strohfeuer. F�r einen dauerhaften konjunkturellen Aufschwung, insbesondere im Bereich der Investitionen, erwiesen sich die Impulse als zu schwach. Die Niedrig-Zinspolitik k�nnte sogar zum Entstehen einer weiteren Spekulations-Blase, n�mlich auf dem Immobilien-Sektor, beigetragen haben.
M�glicherweise sucht jetzt die Bush-Administration einen reaktion�ren Ausweg und Ausbruch aus dem Krisen-Dilemma �ber R�stungs-Keynesianismus und Fortf�hrung des "Krieges gegen den Terror" durch einen Angriffskrieg auf den Irak.
Die Regierungen der Euro-Zone haben sich mit ihrem "Stabilit�tspakt" konjunkturpolitisch noch st�rker die H�nde gebunden. Ein (europ�isches) Besch�ftigungsprogramm etwa �ber den Weg des "deficit spending", eine antizyklische Konjunkturpolitik, verbietet sich unter dem Dogma der Haushaltskonsolidierung. Diesen Kurs verfolgt auch die wiedergew�hlte Bundesregierung. Statt die Reichen �ber eine effektive Erbschaftsteuer und Wiedereinf�hrung der Verm�gensteuer zur Kasse zu bitten, verfolgt sie einen Einsparkurs zu Lasten der Arbeitslosen und Sozialhilfeempf�nger und durch weitere K�rzung �ffentlicher Investitionen und Dienstleistungen. Br�ning l�sst gr��en. Der damalige Reichskanzler (1930 bis 1932) hatte durch seine brutale Notverordnungs- und prozyklische Deflationspolitik die damalige Wirtschaftskrise mit angeheizt.
Bedingt durch die Globalisierung droht heute die R�ckkehr des gef�rchteten Krisentyps der Deflation, jenes Teufelskreises aus Lohnk�rzungen, Preissenkungen und sprunghafter Anstieg der Massenarbeitslosigkeit, der letztlich in die Depression einm�ndet.
Deflation und in deren Gefolge Depression war fr�her der klassische Fall einer Wirtschaftskrise, die ab 1825 im Kapitalismus mit ziemlicher Regelm��igkeit zyklisch auftrat. Die letzte – damals bereits globale – Depression war die Weltwirtschaftskrise 1929. Der ersten Phase einer mehr oder weniger "normalen" �berproduktionskrise folgte das eigentliche Krisendrama mit einem B�rsenkrach und der sich anschlie�enden Abw�rtsspirale: deflationierende Verm�genswerte, zusammenbrechende Inlandsnachfrage, fallende Preise auf breiter Front, K�rzungen der L�hne und Entlassungen, versiegende Gewinne und Investitionen. Verbraucher und Unternehmen geraten in die Schuldenfalle, Unternehmenskonkurse und in der Folge Bank-Bankrotte, sprunghafter Anstieg der Massenarbeitslosigkeit, damals von drei auf sechs Millionen in Deutschland. Der Staat reagierte auf die sinkenden Staatseinnahmen mit rigider Sparpolitik – die Br�ningsche Austerit�tspolitik – und beschleunigte damit die Abw�rtsspirale.
Seitdem hat es keine Deflation mehr gegeben. Die Krisen der Nachkriegszeit waren von anderen Erscheinungen gepr�gt: Trotz Absatzr�ckgang und �berproduktion stiegen die Preise munter weiter. In der Krise 1974/75 z.B. erh�hten die Auto-Konzerne sogar mehrmals ihre Preise – obwohl Hunderttausende von Fahrzeugen auf Halde standen. Die Konzerne konnten in relativ geschlossenen M�rkten den mit einem Absatzr�ckgang "normalerweise" verbundenen Profitverfall durch Preiserh�hungen abwenden. Eine Erscheinung, die als "Stagflation" (Stagnation plus Inflation) sich einen Namen machte. W�hrend die Gewinne der kleineren und mittleren Firmen zur�ckgingen, registrierten 15 der 20 gr��ten Industriekonzerne bedeutende Gewinnerh�hungen. Das monopolistische Kapital war in der Lage, die Kosten der Kapitalvernichtung so abzuw�lzen, dass die Krise nur f�r die nicht monopolistischen Teile des Kapitals zu einer Krise des Profits wurde.
Die Gefahren f�r ein erneutes Auftauchen der Deflation erwachsen aus der Globalisierung und dem damit verbundenen internationalen Konkurrenzkampf der TNK. Anders als die nationalen Monopole besitzen die TNK , mit wenigen Ausnahmen, eine relativ geringe Preissetzungsmacht. Zur Verbesserung ihrer "internationalen Wettbewerbsf�higkeit" erfolgt ein permanenter Druck auf die Lohnst�ckkosten, werden in einem Standort-Wettlauf alle Standards gedumpt. Bei stockendem Absatz birgt das die Gefahr von "Lohnsenkungswettl�ufen". Zunehmende Globalisierung der Volkswirtschaften und damit verbunden eine Vernetzung, �ffnung und Deregulierung von G�ter- und Kapitalm�rkten, k�nnen dazu f�hren, dass infolge des verst�rkten internationalen Konkurrenzkampfes derartige Kostensenkungswettl�ufe in Preiskriege m�nden. Ausl�ser der Deflation k�nnten die �berkapazit�ten sein, die Firmen in den vergangenen Jahren aufgebaut haben und die nun auf die Preise dr�cken.
Deflatorische Tendenzen zeichneten sich in den vergangenen Jahren zunehmend in der japanischen Dauerkrise ab. Sie traten auch in Schwellenl�ndern, z.B. in der s�dostasiatischen Tigerkrise in einem Abwertungs- und damit verbundenen Preissenkungswettlauf von Exportg�tern auf.
Als Gegenargumentwird angef�hrt, dass die heutigen Kapital- und Produktionsstrukturen andere seien. Trotz Globalisierung und damit verbundener Zunahme der Konkurrenz weisen die TNK eine neue Qualit�t �konomischer Machtkonzentration auf. Diese erlaubt es ihnen, in Krisenzeiten den Druck auf Zulieferer und Absatzorganisationen zu erh�hen und so ihre Profite zu sichern.
Zudem haben sie ihre Produktionselastizit�t so weit erh�ht, dass sie bei wesentlich niedrigeren Kapazit�tsauslastungen als fr�her in die Gewinnzone kommen.
Die Krisen vergr��ern rasant die soziale Ungleichheit in der Welt: Sie vertiefen die Kluft zwischen den kapitalistischen Metropolen und der Peripherie; sie versch�rfen die Polarisierung innerhalb der Industriel�nder.Die sozialen und volkswirtschaftlichen Kosten werden von Krisenzyklus zu Krisenzyklus h�her. Diese Art des Wirtschaftens kommt der Natur und der Menschheit zu teuer.
Mit dem Platzen von Spekulations- und B�rsenblasen wird kein Kapital vernichtet, sondern es "verbrennen" Papierwerte. Es erfolgt eine Wiederanpassung inflationierter Verm�genswerte an die realen Unternehmenswerte. Das Nachsehen haben in der Regel die Sp�teinsteiger-Kleinanleger, die, angelockt vom vermeintlich ewig w�hrenden B�rsenboom, ebenfalls den schnellen Euro machen wollten. Sie kauften zu Hoch- und H�chstkursen und erfahren nun, dass Aktienkurse auch r�ckl�ufig sein k�nnen. Sie sind die eigentlichen Verlierer der Aktienspekulation. Bei einer Verdoppelung der Aktion�re und Fondsbesitzer binnen drei Jahren allein in Deutschland sind das nicht wenige. Ihr Geld ist nicht weg oder vernichtet – es ist nur in den Taschen anderer. In der Regel ist es auf dem Konto einer Bank, eines Fonds oder anderer Spekulanten. Aktiencrashs f�hren im Ergebnis immer zu einer Umverteilung von Geldverm�gen. Durch Shortselling/Leerverk�ufe verdienen Hedge-Fonds-Spekulanten und ihre Klientel, die Geldverm�gens-Multi-Million�re, auch oder gerade an Baissen. Der parasit�re Charakter des Systems ist auf die Spitze getrieben.
Aber nicht nur die Kleinanleger tragen bei Crashs und Krisen die Kosten. Die Rechnung begleichen auch
Die Krisen in S�dostasien, Lateinamerika und in anderen Schwellenl�ndern machen zudem klar: Eine nachholende Entwicklung ist unter Bedingungen kapitalistischer Globalisierung nicht mehr m�glich. Diese Staaten wurden jeweils an der Schwelle zum Club der Industriel�nder wieder zur�ckgesto�en. Die Herrschaft der TNK ist global und total. Nur "Produktivit�tsinseln" k�nnen sich in den L�ndern der Peripherie noch aus dem Meer an Armut und Elend erheben, werden in das transnationale Verwertungsnetz der TNK eingesponnen. Ansonsten versch�rft sich die "globale Apartheid".
Aber auch in den Industriel�ndern nimmt die Polarisierung in Arm und Reich mit jedem B�rsencrash und jeder Rezession beschleunigt zu. Immer mehr Privat- und staatliche Haushalte, aber auch zunehmend produktive Konzerne m�ssen sich �berschulden, werden zur Beute der Geldkapitalisten.
Beim Abgleiten in eine Rezession, aber schon bei einem konjunkturellen Abschwung mit Verlangsamung des Wachstums steigt die Zahl der Arbeitslosen wieder an. Das k�nnen auch keine Teilzeitjobs und kosmetische Korrekturen an der Arbeitslosenstatistik vertuschen. Aufgrund des Produktivit�tsfortschritts und dessen einseitige Aneignung durch die Eigent�mer der TNK (Institutionelle Anleger) werden immer weniger Menschen f�r die Schaffung der volkswirtschaftlichen Werte gebraucht. Den Menschen werden in globalen Dimensionen W�rde, Sch�pferkraft und die M�glichkeit zur Selbstverwirklichung genommen.
Welche Chancen gibt es, gegen die TNK und den globalen Kapitalismus die Lebensinteressen der Menschen zu verteidigen, Wirtschaftspolitik im Interesse der Menschen zu betreiben und gegen die Kriegsmaschine des Imperialismus vorzugehen?
a)
Es ist eine Illusion, "nationale Sonderwege" gegen das global agierende Kapital in Rechnung zu stellen, wenn man darunter versteht, da� das "nationale" Gro�kapital sich gegen das von den USA dominierte globale Kapital wenden k�nnte. Die 100 gr��ten TNK aus USA, EU und Japan erzielen mehr als die H�lfte ihrer Ums�tze im Ausland, die USA sind f�r sie der gr��te Einzelmarkt und New York f�r die meisten ihr wichtigster Finanzplatz. Das Gro�kapital - TNK und Finanzkapital - ist nicht mehr national, sondern global strukturiert. So ist es auch falsch, von einer "europ�ischen Struktur" des EU-Kapitals und einem eventuellen "europ�ischen Sonderweg" auszugehen. Der gr��ere Teil der Exporte an G�tern und Kapital aus L�ndern der EU geht in den Dollarraum, wie dies auch umgekehrt in wachsendem Ma� f�r die USA gilt. Wir beobachten eine wachsende Integration des globalen Kapitals, insbesondere des transatlantischen Komplexes USA/EU, mit dem "nat�rlichen" Schwerpunkt USA, wo ein Drittel des Weltsozialprodukts erstellt wird. Sich von der menschenfeindlichen Logik des neoliberalen globalen Kapitalismus abzukoppeln, kann deshalb nur im Kampf gegen die jeweilige nationale Abteilung des globalen Kapitals gelingen.
b)
Dieser Kampf st�tzt sich in erster Linie auf die Arbeiter und Angestellten, die im "nationalen Wettbewerbsstandort" Opfer der neoliberalen Politik sind, sowie auf eine wachsende Zahl von Menschen, die �ber die eigene prek�re Lage hinaus die weltweiten "Kosten" des Neoliberalismus - Hunger, Armut, Rassismus, Krieg - nicht hinnehmen wollen. B�ndnispartner in diesem Kampf k�nnte der "Mittelstand" sein, jene Selbst�ndigen und Unternehmer, die weitgehend von nationalen und regionalen M�rkten abh�ngen. Der Kampf dieser Klassen und Gruppen mu� von zwei Grunds�tzen ausgehen:
c)
Der notwendig prinzipielle und globale Charakter des Widerstands gegen den Neoliberalismus zeigt sich in seiner klarsten Form in der Frage des Krieges. Die globale Ausbeutung durch die TNK und das Finanzkapital verlangt heute st�ndig den milit�rischen Kn�ppel, da und in so weit die Komplizenschaft mit den einheimischen Eliten in der Armen Welt nicht mehr funktioniert. Die politischen Partner des globalen Kapitals haben den Gro�teil ihres Kredits bei der Bev�lkerung ihrer L�nder verspielt oder stehen vor diesem politischen Bankrott. Der Zugriff auf die knapper werdenden Ressourcen erh�lt deshalb einen immer ausgepr�gteren milit�rischen Charakter - in Form von Kriegen, Protektoraten usw. Die neue Ausrichtung des Milit�rs hin zu global mobilen Verb�nden und entsprechenden Waffen-systemen entspricht dieser Logik. Gerade in der Frage des Krieges aber sind die nationalen und regionalen Spielr�ume der Friedensbewegung relativ gro� und auch oft unterschiedlich. Gro� sind sie deswegen, weil bei der Frage Krieg/Frieden der Gegensatz zwischen den Lebensentw�rfen und Interessen normaler Menschen und der ruchlosen Strategie des globalen Kapitals und seiner Regierungen auch f�r die Menschen in den Metropolen am Augenf�lligsten wird. Unterschiedlich gro� ist der Spielraum in den einzelnen Gesellschaften, weil das Interesse der nationalen Abteilung des globalen Kapitals an der jeweiligen kriegerischen Aktion unterschiedlich gro� sein kann, die Risiken f�r die Nationen gr��er oder klein und die historisch gepr�gte Haltung der Gesellschaft zum Krieg im Allgemeinen und zu dem speziellen Krieg im Besonderen verschieden sein k�nnen. Diese unterschiedlichen Spielr�ume m�ssen die nationalen Widerstandsbewegungen nutzen, ohne das Entscheidende - n�mlich die internationale Abstimmung und Gemeinsamkeit des Friedenskampfes - aus dem Auge zu verlieren. Die Kritiker der neoliberalen Globalisierung m�ssen erkennen, da� Militarisierung und Krieg die aktuelle politische Form des globalen Kapitals ist, der Kampf um Frieden also eine Auseinandersetzung buchst�blich auf Leben und Tod mit diesem globalen Kapital ist.