Ausf�hrungen hierzu in: "
Wolfram Pfreundschuh (02/2005)
Thesen zur Wertediskussion: Patriotismus, Leitkultur und Leistungskultur
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W�hrend der Neoliberalismus sich �ber den Erfolg von Selbstregelung und Selbstbestimmung des Kapitals ausbreitet, wird auf dem CDU-Parteitag im Herbst 2004 von der Notwendigkeit der Anpassung an die Notwendigkeiten des gesellschaftlichen Ganzen geredet, von Patriotismus, der n�tigen Liebe zum Vaterland und der Pflichten, die damit verbunden seien. Ein Parteitag richtet aus, nat�rlich die Leitlinien f�r die n�chsten Wahlk�mpfe. Einschl�gige Literatur wird vorbereitet, entsprechende Diskussionen gef�hrt (so z.B. die Diskussion bei Maischberger mit Stoiber und andere im Fernsehen) und die dazu passenden W�hlermeinungen anvisiert und best�rkt. Und man kann daher annehmen, dass die Abl�sung der Regierung Schr�der mit viel Patriotismus und Leitkultur vorbereitet wird.
Das klingt erst Mal reichlich anachronistisch. Aber bei n�herer Befassung zeigt sich, dass dies wirklich eine zeitgem��e Opposition im Parteienstreit ist. Zwar haben sich auch die linken "Postfordisten" der sogenannten 68ger-Generation l�ngst verdient gemacht mit der Durchsetzung der Erfordernisse des politischen Ganzen der deutschen Republik, aber mit Patriotismus und Leitkultur wollen sie doch noch nicht so offen auftreten und werben.
Das Papier "Die Wertediskussion: Patriotismus, Leitkultur und Leistungskultur" will unterlegen, dass und warum vom Standpunkt der b�rgerlichen Parteien
- der deutsche Staat eine Werterevision n�tig hat, wenn er die Krise des Kapitalismus l�sen will,
- der Begriff Leitkultur eine politisch notwendige Ideologisierung des Bedarfs an Mehrwert ist,
- Patriotismus den polit�konomischen Bedarf zu einem kulturelles Bed�rfnis verkehren kann und soll,
- patriotisch begr�ndete Leitkultur Leistungskultur meint,
- diese Kultur dadurch funktioniert, dass sie Entfremdung kritisiert, indem sie disfunktionale fremde oder unangepasste Menschen ausgrenzt und dem "Vaterland" unterwirft,
- leistungskultuvierter Patriotismus keine Ideologie ist, sondern kulturell zwingend gemacht wird,
- Patriotismus die kindliche Form von Nationalismus ist,
- mit seiner Einf�hrung die Entwicklung faschistoider Entscheidungsstrukturen bestimmt ist,
- der Staat als Erziehungsagentur eines kultivierten Kapitals zur Staatskultur sozial fixiert wird.
1. Warum der deutsche Staat eine Werterevision n�tig hat, wenn er die Krise des Kapitalismus l�sen will.
Der Staat krankt daran, dass das f�r die Kapitalentwicklung notwendige Wirtschaftswachstum von mindestens 3% BIP schon im 4. Jahr nicht m�glich ist, weil der Binnenmarkt nicht die hierf�r notwendigen Ums�tze und Ertr�ge darstellt und also weniger Steuer bezahlt, Arbeitslosigkeit am laufenden Band produziert und die Sozialkassen belastet. Auch wenn Deutschland inzwischen vorwiegend eine Dienstleistungsgesellschaft ist (1997 waren 2,9% der Arbeiten in Land- und Forstwirtschaft, 34,3 % produzierendes Gewerbe, 39,9 % Dienstleistungen und 22,9 % Handel und Verkehr), entwickelt und verteilt sich Arbeit und Konsum immer noch wesentlich durch den Mittelstand. Er stellt mit 60 % den gr��ten Anteil am deutschen Bruttosozialprodukt und beschafft fast 80 % der Arbeitspl�tze – und vor allem erm�glichten die dort entstehenden L�hne den Konsum, der �berhaupt die Bedingung von Wertrealisation ist. �ber 13,5 % der Deutschen gelten inzwischen auch in offiziellen Statistiken der Bundesregierung als verarmt.
Derweil treiben die Entwicklungen von Kapital und Staat auseinander. Das transnationale Kapital boomt in noch nicht da gewesenen Dimensionen. W�hrend das staatenlose Kapital immer m�chtiger wird, sorgen sich die Staaten selbst um ihre Konkurrenzf�higkeit als "Wirtschaftsstandorte". Wie Einzelunternehmungen treten die Staatsm�nner auf dem internationalen Parkett auf und bewerben sich um Auftr�ge, f�r die sie bereit sind, ihre Infrastrukturen und Sozialpolitik anzupassen. Und wie Betriebswirtschafter richten sie ihr Volkswirtschaft her, mit selbem Erfolg wie diese: Die eigene "Belegschaft" muss in ihren Anspr�chen und Standards auf niedrigst m�glichem Niveau gehalten werden. W�hrend die Finanzm�rkte transnational boomen, wird am Sozialwesen gespart, als l�ge darin die Rettung der ganzen Gesellschaft vor ihrem Untergang. Die Binnenwirtschaft, der sogenannte Mittelstand, ger�t zunehmend in die Dimensionen einer Reproduktionswirtschaft, unter die niemand gehen kann - auch nicht die Gewerkschaften.
Der deutsche Staat braucht nicht nur Geld, um seinen Aufgaben nachzukommen. Er braucht auch die Regularien, um es einzutreiben oder zu ersparen, er braucht Gesetze, die ihm einen erweiterten Zugriff auf das Verm�gen seiner Bev�lkerung erlaubt, indem es ihm dessen Kontrolle erm�glicht. Er bereitet sich auf die Konsequenzen der Weltmarktentwicklung vor: Mehrwertschaffende Arbeit muss von einer zunehmend kleiner werdenden Klasse von Elitearbeitern geleistet werden, die zu hohem Zeitaufwand (Karriere) bereit ist, reproduktive Arbeit muss auf eine breite Masse verteilt und unterstem Niveau entlohnt und m�glichst tariffrei und selbstst�ndig betrieben werden; Arbeitslosigkeit muss billig werden und zudem den Arbeitsmarkt durch Billigjobs entwerten. Vom Standpunkt des Staates sind die bisherigen b�rgerlichen Ideale jetzt zu Illusionen geworden und er macht sich dran, seine Bev�lkerung zu desillussionieren. Das geht nicht ohne ein entsprechendes Gegengewicht, nicht ohne tragf�higen Ersatz f�r untergegangene Zukunfterwartungen und Hoffnungen. Und daher geht es ihm um eine neue Wertorientierung f�r das Lebensverst�ndnis, das hier mit eingehen muss. Er steht zudem vor einer hohen Verschuldung, die ihn praktisch auf die unterste Ebene von Zahlungsunf�higkeit dr�ngt, so dass die Neuverschuldung mit dem Haushalt 2004 bereits die H�he der Zinszahlung erreicht hat. Er muss die Wirtschaft anschieben und kann das nur, indem er die Bev�lkerung zu einer effizienteren Teilnahme an der Wirtschaft ausrichtet, ihnen die Sozialleistungen auf das unterst m�gliche Niveau streicht und ihr politisches und finanzielles Verhalten kontrolliert. Er verlangt also, dass sie eigene Erwartungen herabsetzen, eigenes Selbstverst�ndnis dem staatlichen unterordnen und sich von seinen Kontrolleinrichtungen durchleuchten lassen (das gl�serne Konto, Abh�rung usw.) soll, um an einem Gemeinwesen teilzunehmen, das allemal besser als jedes andere sei.
2. Warum der Begriff Leitkultur eine politisch notwendige Ideologisierung des Bedarfs an Mehrwert ist.
Die Entwicklung der deutschen Wirtschaft bestimmt sich nicht mehr so sehr aus der Entwicklung des nationalen Marktes und den Investitionen im Inland, sondern aus seinem "Wirtschaftsstandort" auf dem Weltmarkt. National gen�gt im Grunde der Selbsterhalt, das Auskommen mit dem bestehenden, Unterhaltung und Befriedigung durch m�glichst billigen Konsum. International z�hlt die geistige, technische und praktische Fittness f�r den Export. Daher muss der deutsche Staat dies seiner Bev�lkerung als h�chste Priorit�t vorstellen und sie danach ausrichten. Da Mehrwert aber immer aus Wertabsch�pfung besteht, muss er die deutsche Bev�lkerung herrichten f�r ihre optimales Verwertbarkeit auf dem internationalen Markt, also zur Konkurrenz der Staaten, von der sie im Gro�en und Ganzen ziemlich wenig hat, bzw. nur ein Teil von ihr damit gut leben kann. F�r den anderen Teil muss der bestehende Lebensstandard verbilligt werden, die Regeneration der bestehenden Verh�ltnisse auf niederem Niveau optimiert werden und die Bev�lkerung in einem Schwebezustand ohne Entwicklung, aber mit hohem Konsumanspruch und im Glauben gehalten werden, dass dies ihre Kultur nunmal ausmache.
Der transnationalisierte Mehrwert erfordert Leistungsbereitschaft, Nutzung aller Kr�fte und Strukturen, welche durch die Nationen zur Verf�gung gestellt werden, z.B. durch Ausbildung, Selbsterhaltung und Anpassung an die Notwendigkeitebn der Produktion. Doch national muss sich die Bev�lkerung auf "kleiner Flamme" unterhalten, im vielf�ltigen Sinn des Wortes. Der Staat steht zwischen beidem: Als Deutschland-AG besorgt er eine extensive Produktion f�r den Export und muss dem Kapital einen Gro�teil der Gewinne lassen. Aber die "Betriebskosten" einer extensiven Staatswirtschaft sind immer zu hoch: Arbeitslohn, Arbeitszeit, Ausfallszeit (Krankheit, Urlaub), Rente, Gesundheit und Sozialkosten. Die Weltmarktposition h�ngt davon ab, wie effektiv sich das Sozialwesen gestalten l�sst, wie flexibel es f�r die Notwendigkeiten des Weltmarktes gemacht wird und wie billig dessen Unterhaltung zugleich ist. Flexibilit�t hei�t optimaler Nutzen durch Anpassung an das N�tige, Beweglichkeit, Ver�nderung, Sortierung und Ausgrenzung des Unn�tzen. Das sind die Ma�gaben, nach denen nun der Staat seine Bev�lkerung auszurichten hat.
Der transnationalisierte Mehrwert erfordert Leistungsbereitschaft, Nutzung aller Kr�fte und Strukturen, welche durch die Nationen zur Verf�gung gestellt werden, z.B. durch Ausbildung, Selbsterhaltung und Anpassung an die Notwendigkeiten der Produktion. Doch national muss sich die Bev�lkerung auf "kleiner Flamme" unterhalten, im vielf�ltigen Sinn des Wortes. Der Staat steht zwischen beidem: Als Deutschland-AG besorgt er eine extensive Produktion f�r den Export und muss dem Kapital einen Gro�teil der Gewinne lassen. Aber die "Betriebskosten" einer extensiven Staatswirtschaft sind immer zu hoch: Arbeitslohn, Arbeitszeit, Ausfallszeit (Krankheit, Urlaub), Rente, Gesundheit und Sozialkosten. Die Weltmarktposition h�ngt davon ab, wie effektiv sich das Sozialwesen gestalten l�sst, wie flexibel es f�r die Notwendigkeiten des Weltmarktes gemacht wird und wie billig dessen Unterhaltung zugleich ist. Flexibilit�t hei�t optimaler Nutzen durch Anpassung an das N�tige, Beweglichkeit, Ver�nderung, Sortierung und Ausgrenzung des Unn�tzen. Das sind die Ma�gaben, nach denen nun der Staat seine Bev�lkerung auszurichten hat.
Um Druck zu erzeugen, ohne hierf�r besondere Mittel zur Hand zu haben, erzeugt man Sortierung von "Schicksal", die sich aus Geburt, Werden und Geschick ergeben. Solches Verst�ndnis verweist auf h�here, unhinterfragbare Ordnung und Bestimmung. Umgekehrt wei� dann jeder auch, was n�tig ist. Und nur wenn jeder wei�, wo er hin geh�rt und was ihm zusteht, wann und wohin er gehen und kommen darf, kann er wirtschaftlich funktional einbezogen und k�nnen entsprechende Erwartungen geregelt werden. Grundlage f�r solche "Lebensbew�ltigung" k�nnen daher nicht l�nger die Bed�rfnisse der Menschen sein, ihre Eigent�mlichkeiten und Berufsvorstellungen. Das alles muss durch ver�nderte Teilnahme am Ganzen gemanaged werden, durch anderes Verhalten gegen�ber Bildung (Forschung f�r die Praxis, Numerus Clausus, Unterhaltungsindustrie), gegen�ber Ausgaben (z.B. Gesundheitskosten, die zu Krankheitskosten werden m�ssen) und Alltagsnotwendigkeiten (z.B. Mehrarbeit, Disziplin, Anpassung). Es geht um die nationale Unternehmung, die das Schicksal und Geschick bestimmt, und daher auch um die Identifiziereung der eigenen Lebensvorstellungen hiermit. Das ist nach wie vor die "nationale Identit�t", mit der die B�rger dem Ganzen zustimmen sollen, ihre Beitr�ge (wie z.B. Bereitschaft f�r Mehrarbeit, f�r Bescheidenheit, f�r Selbstdisziplin und Gemeinsinn) erbringen und ihre Einstellungen und Haltungen danach richten, �ngste und Erwartungen, Sicherheit und Ordnung hierdurch ausrichten.
Es ist der Klassiker einer Diskriminierung: Das konkrete Geschichte wir nicht als gewordene und werdende Entwicklung begriffen, sondern durch die Macht vergangener Geschichte bestimmt. Es ist der Standort des Erziehers, der dem "Neuling" erst zu sagen hat, was das Alte mal war, damit er �berhaupt an einer ins Metaphysische verpflanzte Geschichtlichkeit teilhaben darf. Das ist Geschichtsverleugnung einer in sich selbst gebrochenen Geschichte durch Geschichtskonstruktion. Diese dient dem Ansporn f�r eine Geschichte, die sich nicht aus dem Leben der Menschen ergibt, sondern die deren Leben f�r sich bestimmt. Die deutsche Leitkultur ist nichts anderes, als die f�r die Notwendigkeiten der Produktion bewertete Kultur, die Kultur der Mehrwertproduktion.
3. Warum Patriotismus den polit�konomischen Bedarf zu einem kulturellen Bed�rfnis verkehren kann und soll.
Herausgesetzt aus den Verh�ltnissen, worin multiple Lebensvorstellungen, Exitenznotwendigkeiten und Kulturen ohne eigene Verbundenheiten zusammengebracht werden, ist Leitkultur der Begriff einer Elite, die feststellen kann, was f�r die Einheit einer Kultur n�tig sei, - einer Kultur, die es lediglich als Geschichtsbild gibt und daher auch nur durch Interpretation wirksam ist. Ein solcher Begriff von einer F�hrungskultur ist nicht nur f�r Ausl�nder gedacht, also nicht nur f�r Menschen, die aus anderen Kulturen kommen; es geht hierbei um Anleitung zu bestimmten Zielen und Zwecken schlechthin, um die Errichtung einer nicht vorhandenen Hochkultur, welche die Ordnung und Verf�gungsmacht einer Exportgesellschaft durchsetzen soll, eine Kultur, welche aus reiner Vers�nlichkeit um einer Solidargemeinschaft willen besteht und die ausgrenzt, was sich hierzu nicht bekennt. Da gibt es auf Dauer keine Unterschiede mehr; da werden Deutsche zu Fremden und Fremde zu Deutschen. Patriotisch ist, wer in einer multikuturellen Gesellschaft sich in deren allgemeinem Zweck vereint sieht. Das macht letztlich Leitkultur aus: Kultur, die nur dazu verleiten kann, was allgemein n�tig ist.
Die Wirkung einer Kulturinterpretation als Anleitung beruht auf tats�chlich abstrakter Kultur, also darauf, dass Menschen in ihren Lebensverh�ltnissen keine konkrete Lebensgestaltungen in ihren Beziehungen m�glich, bzw. deren Vermittlung nur abstrakt gesellschaftlich existent ist. Dies ist in einer Nation, deren Wirtschaftskreisl�ufe aus ihr herausgesetzt und sie vorwiegend zu Dienstleistungsgesellschaften geworden ist, zunehmend der Fall. Eventkultur, welche die Menschen �ber ihr K�rpererleben zusammenf�hrt, bietet sich hier als Hochkultur der Vers�nlichkeit an und die zwischenmenschlichen Beziehungen darin sind von allen Formen des K�rperfetischismus, von Design, �sthetik und Selbstdarstellung getragen. Was in dieser allgemeinen Selbstwahrnehmung an menschlicher Leere entsteht, f�llt sich mit den abstrakt �konomischen Inhalten des Fortkommens, der Konkurrenz um Werte, die gleicherma�en �konomisch wie kulturell, sachlich wie pers�nlich sind: Selbstdarstellung durch Leistung, verk�rperte Leistungsbereitschaft f�r den ganz gro�en Event. Darin schlie�t sich der Kreis �konomischer Entfremdung mit der Selbstentfremdung von Pers�nlichkeiten, welche die zur Anpassungen an die f�r Geldverh�ltnisse erforderliche Flexibilit�t aufbringen k�nnen. Hierdurch wird die flexible Pers�nlichkeit, zugleich allgemein, allgemeine Pers�nlichkeit des Staates, pers�nliche Staatlichkeit.
Die flexiblen Personen sind die Personen des �ffentlichen Status, der wie jeder Status unmittelbar durch sich selbst g�ltig, also in sich positiv bestimmt ist. Jede Negation erscheint hierdurch per se ausgeschlossen und jede Form der Fremdentwicklung unmittelbar positiv gewendet zu etwas noch nicht ganz Erreichtem an Vertrautheit, zu einem Bed�rfnis nach kultureller Gemeinschaft. Das "positive Denken" ist die Grundlage eines abstrakt bestimmten Erfolgs, der Vorgriff auf Erfolg, der hie und da in der Lage ist, das sachliche Risiko durch pers�nlich scheinende Integrit�t zu mindern. "Schluss mit der Negativdebatte" forderten also auch die Redner einer trauten Runde bei Maischberger, denn nur aus "positiven Gef�hlen" zum Land und durch Werte, die sie bef�rdern, sei auch der Glaube an sich selbst und an "die Zukunft" m�glich. Die Durchsetzung einer F�hrungskultur verlangt eben vor allem eine positive Beziehung zum eigenen Land.
4. Warum patriotisch begr�ndete Leitkultur Leistungskultur meint.
Leitkultur ist nicht einfach nur eine bevorzugte Kultur, etwa um Fragen der Kopfbedeckung zu beantworten. Warum sollte Kultur etwas entscheiden, wor�ber die Menschen in ihren konkreten Lebenszusammenh�ngen streiten? Daraus entsteht und besteht sie ja gerade. Leitkultur soll auf Allgemeinheit einstimmen, die aus dem Leben der Menschen herausgesetzt ist, Gef�hle hierf�r erwecken und best�rken. Es ist die Kultur, die sich gegen andere ganz subjektiv durchsetzen soll, die dort, wo objektiv n�tig, den Ton angibt, bestimmt, wo es lang geht, die also die Menschen in dem f�hrt, worin sie vers�nt sein m�ssen und sollen. Eine F�hrungskultur leitetet aber immer an zu Zielen, die sich nicht aus Einzelinteressen oder deren Zuammenh�ngen, nicht aus wirklichen Verallgemeinerungen und Allgemeinheiten, sondern aus den Notwendigkeiten eines Ganzen ergeben. Das Ganze ist als Selbstst�ndiges schon unterstellt, das eigene Geschlossenheit und Zweckhaftigkeit hat, die "Unkultur" schon ausgeschlossen hat, eine prosperit�re Gemeinschaft kultivierter Menschen. Als "Vaterland" kann solche Gemeinschaft auch nur wollen, was das Land will: Wirtschaftf�hrer auf dem Weltmarkt sein oder bleiben, denn nur dies sichert dieser Kultur auch eine Prosperit�t ihres Marktes. Das Wertwachstum trifft sich darin mit der Leitkultur, dass beides Leistungskultur verlangt.
Es ist daher kein Versprecher von Stoiber, wenn er in einem Atemzug mit Leitkultur von Leistungskultur spricht. Nur wer in dieser Gesellschaft hervorragende Leistungen bringt, geh�rt zur tragenden Klasse, zur Elite, und hat Anteil an der gesellschaftlichen Entwicklung durch "kulturf�higes" Entgeld, also hohe L�hne, und Mitsprache. Alle anderen fallen in den Bereich des Unterhalts, der Unterhaltung und blo�en Reproduktion, bzw. Regeneration. Sie sollen sich als die Bedienten der Leistungskultur verstehen, obwohl sie die Objekte der Realisation von Mehrwertproduktion sind: Konsumenten in Massen.
5. Warum diese Kultur dadurch funktioniert, dass sie Entfremdung kritisiert, indem sie disfunktionale fremde oder unangepasste Menschen ausgrenzt oder dem "Vaterland" unterwirft.
Das kulturelle Unbehagen wird mit Gef�hlen einer Entfremdung (oder "Seinsvergessenheit") zusammengefasst, mit einer Art subjektivem Lebensschmerz. Lebensangst ist darin grundlegend. Ihre Aufl�sung wird als Appell an menschliche Gemeinschaft angegangen. Was fehle, das sei die Erkenntnis, dass Menschen immer aufeinander bezogen sind und sich in ihrer selbstverliebten Idividualit�t letztlich nur bek�mpfen. Es mangele an selbstverst�ndlichen menschlichen Beziehungen, Geschlossenheit im Zusammenhalt, im Gemeinwesen, und auch T�tigsein hierf�r. Das einzig bestehende Gemeinwesen ist der Staat. Und als Nation bildet er eine kulturelle Gemeinschaft, was auch immer dies f�r ihn sei. In dieser Abstraktion kann er zum Drehpunkt kultureller Entfremdungsgef�hle werden. Indem an das Eintreten f�r dieses Gemeinwesen appelliert wird, soll die Entfremdung der Menschen voneinander, die in ihren �konomischen und kulturellen Beziehungen steckt, angegangen werden.
Das entspricht auch dem, was dem Staat objektiv n�tig ist. Das Problem mit seiner Knete kann eben auch damit angegangen werden, also durch Einsatz der B�rger f�r "ihre Nation" um deren Last zu teilen, um Verschlechterungen des Lebensstandards und Mehrarbeit zu ertragen. Also geht es f�r ihn darum, deutsche Kultur als Leistungskultur darzustellen und sie als verbindliche Anleitung f�r alle zu beanspruchen, als Leitkultur ihres gemeinschaftlichen Anliegens, als vaterl�ndische Kultur schlechthin - und das hei�t: in Konkurrenz zu anderen Kulturen. Die Ausgrenzung von fremder Kultur ist dabei der Kulturmotor zum Leistungsantrieb. Wo Menschen durch Abschiebung oder soziale Ausgrenzung bedroht sind, haben sie Angst. Und die bedeutet zugleich Selbstbewusstsein f�r die, welche sich eingrenzen k�nnen. Die soziale Sortierung setzt sie ins Recht, andere ins Unrecht. Selbstgerechtigkeit hebt Entfremdungagef�hle auf und setzt unmittelbar die Funktionalit�t des Allgemeinen durch, trennt das zu Entfernende von dem, was dazu geh�rt, das Fremde vom eigenen; allerdings erzeugt die Selbstentfremdung, die darin aufgel�st ist, erst wirklich die Entfremdung der sortierten Menschen voneinander, klassifiziert sie bez�glich ihrer Leistungsbereitschaft und ihrer Dienstbeflissenheit. Es muss nicht jeder ein Ausl�nder sein, der hierbei durchf�llt. Und es ist auch nicht jeder ein Deutscher, der dann mit "deutscher Kultur" vertraut ist.
Wer sie im Sinn hat, hat auch ihre Gesinnung. F�r die staatsb�rgerliche Gesinnung taugt vor allem die Vertrauensposition des Staats im Bewusstsein der Staatsb�rger, am besten also per Verweis auf die Gefahr der Verfremdung, der �berfremdung. Damit schwindet jeder kritische Bezug auf sein Tun, denn letztlich betreibt eben "Vater Staat" das Heil der Bev�lkerung, wenn er Schaden von ihr abh�lt. Und der ist ja mit der Leitkultur identifiziert als Fremdes, Unheimliches, Bedrohliches.
Belebt wird hierbei also ein Zweifel gegen etwas Unbekanntes, der da auch schon im Lebensalltag nagt, gegen das schlechthin Unkontrollierbare. Dieses wird zu einem Begriff, der Gestalt durch die Anwesenheit von Ausl�ndern Gestalt. Man hatte sie ins Land gerufen, um den Arbeitsmarkt zu "optimieren", und L�hne zu dr�cken bzw. um billige Arbeit anderen zu �berlassen. Was bisher als Notwendigkeit hingenommen wurde, wird jetzt auch als Bedrohung erfahren. Selbst in der Gefahr ohne Arbeit zu sein, nimmt man auch selbst billige Arbeit wieder an und neidet sie den billigen Arbeitskr�ften, die "nicht mal richtig deutsch sprechen". Und schlie�lich tut es ja auch der Kasse nicht gut, wenn Fremde in die Sozialhilfe geraten. Man muss auch absondern, was nicht mehr zu gebrauchen ist. Der Arbeitsmarkt kann nicht immer nur aufnehmen. Sind "zuviele Menschen" im Land, dann nimmt die soziale "Integrationskraft" ab. Es muss Zur�ckweisung m�glich sein. Um das Beigeholte auch wieder ausweisen zu k�nnen, muss jetzt knallhart kalkuliert und alles kontrollierbarer werden. Die Sozialknete ist knapp und soll daher jetzt kulturbereinigend verwendet werden. Fremde Kultur k�nnte unter Arbeitslosen Ghettos, Parallelgesellschaften erzeugen: Bedrohung des b�rgerlichen Gesellschaftsganzen. Also macht man sich wieder mit "deutscher Kultur" vertraut. Doch dieses Vertrauen ist nicht eine aufgehobene Entfremdung, sondern schlichter Leistungsdruck fremder Interessen, die sich darin kultivieren.
6. Warum leistungskultuvierter Patriotismus keine Ideologie ist, sondern kulturell zwingend gemacht wird.
John F. Kennedy hatte gesagt, als er mitten im Vietnamkrieg zur Volkseinheit rief: "Schaue nicht, was dein Land f�r dich tun soll, schaue, was du f�r dein Land tun kannst!" Die Herzog-Rede �ber den "Ruck" der durch Deutschland gehen m�sse, um das Land weiter zu bringen, war auch so etwas �hnliches. Es war noch der Appell an Ideale, an die Gemeinschaft, patriotischer Idealismus. Das ist eine Vorstellung: Wenn alle pflichtschuldigst ihre Mehrbelastung ertragen, dann wird auch der Mehrwert wieder entstehen, der die Staatsschulden ausgleichen soll. Umgekehrt und praktisch ist allerding die Drohung die in der Negation hiervon steckt: Wenn die Mehrbelastung nicht ertragen wird, dann sei der Niedergang von allem sicher, dann m�sste der Staat als Vertreter des Ganzen, des Heils eines Volkes, offen gewaltsam werden, nicht mehr als Sozialstaat, der mit 1-Euro-Jobs die Menschen "aus ihrer Isolation befreit", sondern durch Fronarbeit, durch die der Staat wieder in Gang kommt – und sei diese auch die "Arbeit mit der Waffe". Das mag man nicht und das kostet viel Aufwand f�r alle - eigentlich unn�tig, wenn wir es jetzt noch als ideelle Patrioten angehen.
Das l�sst sich schon ziemlich zielgenau heraush�ren aus dem, was von politischer Seite gesagt wird. Hierf�r appelliert Stoiber gerne auch mal an die Identit�tslosigkeit: Wir seien imstande, unsere Herkunft aus dem christlichen Glauben, dem bew�hrten Geist des Abendlandes, den Werten und den Autorit�ten, die sie verk�rpern, zu verleugnen, wenn wir nicht f�r unser Land einstehen. Und wenn wir dieses nicht mehr achten k�nnten, dann w�rden wir auch nicht unsere Geschichte, uns selbst nicht achten. Das hie�e vor allem, Leistung zu verkennen, Mut und Charakter zu verlieren, der Leistungskultur, die uns ausmacht, zu entfliehen. Wenn wir nur zus�hen, wie unser Land ausblutet und ausgenutzt wird, dann w�ren wir unser selbst verlustig, krank. Nein, das Ganze solle umgekehrt laufen: Die Deutschen m�ssten sich wehren gegen Miesmacher, charakterlose Gestalten und Dr�ckeberger. Hierzu auch nur zu schweigen, sei schon verwerflich. Deutschland m�sse vorw�rts schauen und "wer dem nicht zustimmt, der ist im falschen Land" (Stoiber aaO.).
So wurde der "Patriotismus" als Begriff pers�nlich formulierter Staatserfordernisse wieder als praktische Notwendigkeit gestreut. Das sind keine Ideale mehr, das ist Drohung pur. Aber weder die Erfordernisse des Kapitals, die dahinter stehen, treten darin auf, noch die des Staates, der von sich ablenken will. Es ist der v�terliche Appell zur Gefolgsbereitschaft, die "leider auch zwingend" sei. Die Politik ruft das "Vaterland" in Erinnerung wie ein Elternhaus, das man vergessen hat. Es ist der Aufruf zur Liebe, wie sie jeder kennt als Besorgnis um die Lieben, als absolut notwendige Hilfe.
Hatte Roman Herzog sich noch wenige Jahre zuvor sehr klar abgesetzt von jedem Begriff des Patriotismus mit der Feststellung, dass ein Staat eine Instition sei, und dass man Institutionen nicht lieben k�nne, so wird diese Liebe jetzt sehr schnell n�tig. Vaterlandsliebe dient eben schon immer der Erziehung zum Staatsb�rger, wo das einfache Vertragsverh�ltnis zwischen B�rger und Staat nicht mehr hinreicht. Die Erf�llung der B�rgerpflichten wie Steuereinzahlung, Meldepflicht usw. l�sst sich leicht mit einfachen und sachlichen Methoden erzwingen. Da braucht’s der Liebe nicht. Die ist n�tig f�r die freiwillige Unterwerfung unter eine sinnliche Notwendigkeit, um ein Stillhalten und Erf�llen jenseits aller Vertragsverh�ltnisse, die jeder B�rger sowieso mit seinem Staat so eingeht. Hier geht es jetzt um die Erduldung von Pflichten, die nicht einsichtig und vertr�glich mit B�rgeridealen, menschlicher Identit�t und Wirklichkeit sind.
7. Warum Patriotismus die kindliche Form von Nationalismus ist.
Vaterland ist eine Kulturgestalt, Vater und Land in einem, worin urspr�ngliche Subjektivit�t, Liebe, Familie und Lebenswelt objektiv vereint sein soll. F�r sich w�re solche Liebe einfach nur da oder nicht, auf jedem Fall nicht statuierbar. Mit Vaterland aber ist nichts anderes gemeint, als das, was Nation ausmacht: Formalisierung eines politischen Gemeinwesens zu einem Naturwesen. Der Staat gibt sich im Vaterland seine naturhafte Mystifikation. Vaterlandsliebe ist zwar noch nicht Nationalismus, aber es die kindliche Form des Nationalismus, w�chst zu ihm heran, sobald dies n�tig ist. Immerhin macht er schon das Individuum einer Nation zum nationalen Kultursubjekt, das nicht sich, sondern ein Ganzes vertritt, auch wenn es dies nicht vertreten kann. Und er macht dies zugleich auch schon zu einem Objekt: Pflichtschuldig gegen seine Liebe zu Volk und Vaterland. Vaterlandsliebe ist die Grundform einer subjektiven Objektivit�t, in die sich jeder Mensch begibt, der sich ihr unterstellt. Er kann auch sich nur m�gen, wenn er sein Land mag. Das wei� Stoiber bestens zu vermitteln. Wer keine Liebe zu sich selbst habe, habe sich aufgegeben, und dies sei das Grund�bel in Deutschland (Stoiber bei Maischberger).
Das ist nicht nur eine Drohung; es ist auch ein Trost f�r diejenigen, die aus ihrer Isolation nur so abstrakt herausfinden, wie sie auch hineingeraten sind: Die Heimat Suchenden. Schlie�lich ist das Vaterland nicht nur irgendeine ideelle Gemeinschaft, es ist der Begriff, der f�r eine kulturelle Ganzheit des Vertrauten steht, in der sich jeder geborgen f�hlen kann, der unter den fremden Kr�ften der Welt leidet, indem er durch einen Anspruch ans Allgemeine darauf Bezug nimmt. Es ist eine gewaltige Verf�hrung f�r einsam Menschen, sich darin hochzuziehen und sich hierbei dann schlie�lich anteilig zu verstehen an der Staatsmacht, welche diese Kultur hat, verteitigt und stark macht. Durch solche kulturelle Nationalit�t ist mit einem Mal alles �berwunden, was ansonsten Bedr�ngnis bedeutet: Einsame Ohnmacht ist darin gewendet zur kollektiven Kraft eines politisch m�chtigen Wesens. Es ist die Gemeinschaft der Kulturm�chtigkeit, die sich hierin verbr�dert und die Ph�nomene der Entfremdung dieser Welt kritisiert. Und die wirkt in das ganze Selbstverst�ndnis hinein. Das kulturnationale Selbstverst�ndnis ist eine Verf�hrung zur Verbr�derung der Ohnm�chtigen im kulturellen Machtbesitz. So selten und au�ergew�hnlich ist das nicht. Besonders die christlichen Staatsagenten machen aus der Verf�hrung zu dieser Macht gerne eine Pflicht. Es steckt ja bereits in ihrem Kontext: Liebe deinen Staat wie dich selbst! Dies ist nichts anderes als die Vorstellung eines absoluten Staats.
8. Warum mit der Einf�hrung des kultivierten Patriotismus die Entwicklung faschistoider Entscheidungsstrukturen bestimmt ist.
Es geht nicht um Kultur, es geht um Politik, wenn von Leitkultur und Vaterlandsliebe die Rede ist, um Politik mit Kultur. Es soll kein Nationalismus sein, denn der sei keine Liebe, sondern ein Machtanspruch. Doch so verschieden ist das nicht. Wenn man etwas liebt, was pure Macht bedeutet, so ist der Machtanspruch impliziert. Das Scharfmachen der nationalistischen Zeitbombe hatte immer mit Patriotismus begonnen. Er meint doch auch Abweisung von dem, was nicht patriotisch ist: Die Bed�rftigkeit, die Ohnmacht, die Armut, der soziale Anspruch. Mit Patriotismus will sich "Vater Staat" m�chtig machen – und nat�rlich werden sich alle m�chtig f�hlen, die dem folgen – und die Unfolgsamen m�ssen ihn f�rchten.
Vermittelst der damit begr�ndeten politischen Macht will der Staat "aufr�umen" mit dem was unwertig f�r das Staatsinteresse ist, und Wert hat eben letztlich nur die Lieferung von Mehrarbeit an seine Gl�ubiger, ganz einfaches Kapitalinteresse. Damit dr�ngt der Staat darauf hin, dass alle Ressourcen der Verwertbarkeit f�r den Systemerhalt durch Drosselung des staatlichen Sozialverm�gens und Ausrichtung der Sozialleistungen auf nationalpolitische Zwecke ausgesch�pft und optimiert werden. Indem diese nur noch als Kostenfaktor reflektiert werden, wird ein ganzes Volk zum Spielball eines wirtschaftspolitischen Kraftakts, der ihm als Heilsnotwendigkeit von Kulturpolitik erkl�rt wird.
Dies funktioniert dar�ber, dass die Kultur als eine gesellschaftliche Allgemeinheit genommen wird, woraus unser ganzes geschichtlich gebildetes Verm�gen besteht, wie ein Subjekt b�rgerlicher Wesenheit, das bedroht ist von verschiedenen Unwesen. Darin kann sich jeder einzelne auch immer wiedererkennen. Es ist wie das allgemeine Spiegelbild seiner einzelnen Bed�rftigkeit, Geschichten und Beziehungen. Darin ist er wirklich aufgehoben im vielfachen Sinne: Aufbewahrt als Mensch in allgemeinem Sinn, untergegangen als Individuum im besonderen Sinn und von den Niederungen seiner isolierten Existenz befreit, erhaben im sozialen Sinn. Kultur ist ja in der Tat menschliche Subjektivit�t. Doch f�r den Staat ist sie objektiv: Darin gilt ihm menschliche Subjektivit�t als Objekt seiner Politik, als Mittel einer allgemeinen Notwendigkeit, dem sich die einzelnen Menschen beugen m�ssen, um sich als allgemeine und abstrakte Menschen durch "Vater Staat" gesch�tzt und erhalten zu k�nnen. Durch ihn wird jeder Mensch zum abstrakten Menschen, der aber durch eine pers�nliche Beziehung zu ihm die Welt als pers�nliches Erlebnis erf�hrt. In der allgemeinen Objektivit�t dieses pers�nlichen In-der-Welt-seins verliert er seine wirkliche Subjektivit�t in den allgemeinen Notwendigkeiten des Sachzwangs. Das ist nicht nur ein Ph�nomen des Bewusstseins, das wird ihm zu seiner Wirklichkeit.
Dem Kind des Vaterlands wird Subjektivit�t entwendet, indem sich seine ganze Erfahrung von Notwendigkeiten gegen es wendet. Da breiten sich die weltlichen Gefahren m�chtig aus und best�rken seine Ohnmacht: Jedes Weltereignis wird ihm zu seiner Not, Gewalt und Macht entfremdeter Lebensverh�ltnisse zur Unausweichlichkeit seiner Selbsterfahrung, Kriminalit�t, Terrorismus und Multikulturismus zur eigenen Bedrohung. In der Gleichsetzung von kulturellen Problemen mit der politischen Wendung des Staates an die Menschen wird politische Kultur vollzogen: Nicht die Herkunft dieser Probleme und ihre Wirklichkeit interessiert, sondern ihre Vermeidung und �berw�ltigung.
9. Warum mit Patriotismus der Staat zur Erziehungsagentur eines kultivierten Kapitals als Staatskultur sozial fixiert wird.
Der Staat verh�lt sich selbst als Kritiker seiner Gesellschaftsform, wenn er meint, die Menschen erziehen zu m�ssen. Er geht davon aus, dass seine Erziehung der Menschen diese nicht nur an seine �konomischen Interessen angleicht, sondern zugleich auch die Welt durch die kulturell hochstehenden Kulturwerte seiner Erziehung verbessert werde. Er kritisiert darin n�mlich immer auch die M�chte des B�sen: die Unvertr�glichkeiten, die Widerspr�che, die pers�nlichen M�chtigkeiten des Kapitals und wendet sich insgesamt gegen die Anarchie der b�rgerlichen Lebensverh�ltnisse mit seiner Vorstellung von einem t�tigen menschlichen Gemeinwesen, als von Kultur. Er behauptet sich jetzt selbst durch die kritische Handhabung der b�rgerliche �konomie und Kultur. Wiewohl ihr Produkt, wird er zu deren �berwinder. Nat�rlich vollzieht er sie weiterhin �konomisch und kulturell, aber jenseits von der Bosheit ihrer Wirklichkeit und nur noch zum Nutzen ihrer Totalit�t. Nicht die Bildungsprozesse darin sind die Momente, die sein Handeln begr�nden, sondern die totale Form f�r sich: Die Formation des Kapitals als Sachzwang, die Formation der Kultur als Kulturmacht. Kultur selbst besteht alleine auch der Geschlossenheit ihrer Form, ihrer �sthetik, Eindruck als Ausdruck ihres K�rpers. Er wird zum Kulturstaat.
Patriotismus ist von daher das urspr�nglichste Entwicklungsmoment von Faschismus. Der ist nichts anderes als die B�ndelung der Gewalt, welche die Krisen der kapitalistischen Gesellschaft durch die Zerst�rung ihrer Lebensgrundlagen hervorrufen. Der Faschismus ist eine Gesellschaftskritik, die sich gegen wirkliche Gesellschaft wendet, die alle zerst�renden Formen des Kapitals und der Kultur angreifen und vermengt, das Kapital als Kulturph�nomen begreift und Kultur als Kapital, und beides durch Staatskultur kritisiert. Faschismus ist das antib�rgerliche B�rgertum, das sich selbst als Macht gegen die Verh�ltnisse errichtet, von denen es zehrt, absoluter Besitz an ihrer Geschichte und Entwicklung.
Der Staat fungiert darin als Erzieher. Die Gesetze bekommen einen neuen Zweck: Zwar steht auch darin Verteilung und Gerechtigkeit an, aber nur nach Ma�gabe und in der Bestimmung eines dubiosen Gemeinwohla, eine naturhaft scheinende Allgemeinheit, das die gemeine Existenz bestimmt, sie diszipliniert, sie einordnet zum Teil eines gemeinschaftlichen Daseins ohne wirkliches Sein, zum K�rperteil eines Volks und schlie�lich auch zur Gesinnung des Volksganzen, zur Volksseele.