Der Stammvater des Judentums, Abraham, wanderte ca. 2000 v.Chr. aus Ur (Mesopotanien) nach Palästina ein und bildete zusammen mit israelischen Stämmen eine Glaubensgemeinschaft, die später zum Stamm Juda wurde. Um 1200 v.Chr. befreite Moses semitische Fronarbeiter aus der Knechtschaft Ägyptens und schloss sie mit anderen verwandten Stämmen zu einer lockeren, eher nomadischen Kultgemeinschaft zur Verehrung Jahwes zusammen. Diese drang in das Kulturland Kanaan ein und bildete den 12-Stämme-Verband Israel. David vereinigte um 1000 v.Chr. die Stämme und die kanaanäischen Stadtstaaten zu einem Reich mit der Hauptstadt Jerusalem und unterwarf diesem einige Nachbarvölker (Moabiter, Ammoniter, Edomiter, Philister). Die Gegensätze führten zur Spaltung des Reichs in zwei Staaten: Juda im Norden und Israel (Jerusalem) im Süden. Israel wude 721 v.Chr. in das neuassyrische Reich eingegliedert. Die judäische Oberschicht wurde 597 v.Chr. und 587 v.Chr in Babylonische Gefangenschaft genommen und bildete dort ihre ethnische und religiöse Einheit aus. Ein Teil dieser Gemeinschaft kehrte 538 v.Chr. nach Jerusalem zurück, der andere Teil verblieb in Babylonien als eigene Händlerschicht, die sich geistig auf ihren Ursprung als das "gelobte Land" bezogen. Judäa geriet 63 v.Chr. unter die Herrschaft der Römer (Herodes). Die Aufstände der Juden gegen die Zwangsherrschaft führten 66-70 n.Chr. zur Zerstörung Israels und 116 bis 135 n.Chr. zur Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Jerusalem. Nach dem Untergang des jüdischen Staatswesens kam es zu einer Massenzerstreuung des Volkes im Mittelmeerraum und Vorderasien bis nach Gallien und England, wo sie oft in Gettos lebten. Ihre internationalen Verbindungen erbrachten ihnen weitreichende Handels- und Finanzbeziehungen, die sie für die noch unentwickelten Staatswirtschaften unentbehrlich machten. Die Judenverfolgung war ursprünglich (z.Z. der Kreuzzüge) christlich motiviert als Rache für den Judasverrat und im Zweck der Aneignung des Heiligen Landes. Im Mittelalter waren die Juden für die Christen gelittene Oberschicht, welcher der Handel und Zins überlassen blieb, was für Christen nicht erlaubt war. So kam es, dass die Finanzgeschäftichkeit zum Kulturbild einer gesellschaftlichen Rolle wurde, die in guten Wirtschaftsphasen gut gelitten, in schlechten zum Sündenbock für gesellschaftliche Zersetzung wurde. In der Sündenbockfunktion gründete sich die Judenverfolgung der Neuzeit, die in der Zeit des Faschismus in Deutschland ihrer ungeheuerlichste Form, die industrielle Ermordung von Juden, erreichte. Dies soll nicht vergessen machen, dass die Juden auch in fast allen europäsischen Ländern und in den Ländern des Ostblock verfolgt und vernichtet wurden, oft in weitaus größerer Zahl als in Deutschland (z.B. Rumänien, Polen, Lettland). Seit 1948 haben sie in Israel einen eigenen Staat durch die Engländer erhalten, die Palästina besetzt hielten und zur Friedenssicherung den Juden dieses Land abtraten. Doch der Frieden wollte sich auch dann nicht einstellen, denn das Land war den Palästinensern genommen. Das Judentum gründet als Religion auf dem alten Testament, besonders der Tora (5 Bücher Mose) und dem Talmud (500 n.Chr.), der die Anwendung der Bibel auf das tägliche Leben, besonders auch die Reinlichkeitsriten und das kultisch-zeremoniellen Ausdrucks des Gottesgehorsams, enthält. Es ist die Glaubenslehre eines gerechten Gottes, eines mit göttlichem Recht unmittelbar gebotenen Menschseins im Guten. Gott ist Maßstab jeder Sittlichkeit, die sich wesentlich nicht im Glaubenskult, sondern im alltägichen Tun offenbahren soll. Gottes Gebote sind absolut und in ihrer Strenge unbedingt für jede sittliche Persönlichkeit. Hierdurch ließ sich die jüdische Religion über die kulturellen Lebensunterschiede der verstreuten Regionen hinweg und von speziellen existentiellen Erfordernissen frei - aber oft auch im Konflikt mit den jeweiligen Landesgewohnheiten - erhalten. Vom Standpunkt der nationalen Kultur ist der Jude immer ein Sonderling, ungewöhnlich und wesentlich unverständlich. Sein Verhalten beim Beten, seine Auffassungen von Liebe und Sexualität, seine Reinlichkeitsvorstellungen (siehe auch Ästhetik) bis hin zur Beschneidung und den damit verbundenen Lebensvorstellungen, könnten die Neugier der Christenmenschen beflügeln, wenn sie keinen Grund hätten, das Sonderbare zum Absonderlichen und zur Absonderung zu treiben (siehe Antisemitisismus). Das Judentum enthält, wie jede Religion, ein Wissen menschlicher Entfremdung und Selbstentfremdung, diese aber vollständig im Gebot Gottes aufgehoben. Da es im Unterschied zu den anderen Religionen noch der Erlösung durch einen Messias harrt und das Reich des Friedens und der Liebe erwartet, steht es in strenger geistiger Pflicht mit klarer Teleologie, die sich in vielen Kulthandlungen darstellt und das jüdische Leben auch im Alltag (Sitten und Gebräuche) stark bestimmt und als besonders ausgefüllte eigene Kultur augenfällig macht. Zugleich bietet das Wissen der Selbstentfremdung des Menschen eine hohe Identität gegenüber weltlichen Belangen, die vielleicht auch viele hervorragenden Wissenschaftler (z.B. Marx, Freud) zu einem kulturkritischen Denken veranlasst hatte. Im Selbstverständnis, ein auserwähltes Volk zu sein, setzt sich diese Religion auch unmittelbar politisch für seine Befreiung nicht nur als geiste Erlösung, sondern auch als Volk für sich ein und hat sich von daher mit seiner Säkularisierung schwer getan. Auch heute noch macht jüdische Orthodoxie unmittelbar Politik mit scharfer Grenzziehung (siehe Israel). Solche Momente der religiös bestimmten Abgrenzung und auch die Angst vor jüdischem Wissen und Kultur haben die ausgrenzenden Interessen rassistischer Ideologien besonders angezogen, die ihrerseits im Judentum ihren Hauptfeind aufgebaut haben (Antisemitismus). Marx hatte in seinem Aufsatz zur Judenfrage daran erinnert, dass jede politische Emanzipation mit der Kritik der Religion beginnen muss, weil diese selbst die geistige Herabsetzung des Menschen vollzieht. Wenn Religion sich als Kulturkampf einbringt, dann wird der Glaubensritus zur profanen Position. Antisemitismus ist eine Art von Rassismus, der sich aus einem überdimensionierten Abrenzungsbedürfnis - besonders aus Kulturchauvinismus - als kultureller Oponent gegen das Judentum stellt und sich auf die jüdischen Menschen diskriminierend, aussondernd und niederträchtig bezieht, bis hin zum Vernichtungswillen, der im Holocaust sich in ungeheurem Ausmaß und nahezu vollständig industriell vollstreckt hatte. Noch heute ist nach Angaben des Bundesamts für Verfasssungsschutz jeder 4. Deutsche für antisemtische Haltungen anfällig. Aber auch in anderen Nationen ist der Antisemitismus weit verbreitet, besonders wo artverwandte Religionen wie das Christentum oder der Islamismus dominieren (z.B. in Russland, Frankreich, im nahen Osten). Man könnte wie Huntington das ausgeführt hat meinen, es handle sich hierbei auch um eine Art von Kulturkampf. Tats�chlich steht vor allem das Christentum schon seit seiner Gr�ndung, also seit der Geburt von Jesus Christus, in einer deutlichen und im Neuen Testament ausf�hrlich beschriebenen Gegnerschaft zum Judentum, das in der herrschenden Gestalt der Pharis�er und Geldeintreiber und der phrasenhaften Orthodoxie eines staatsm�chtigen Glaubens abgehandelt wird. Jesus ist hier gegen den Zorn Gottes, jener altthestamentarischen Vorstellung von Gesetz und Gerechtigkeit Gottes, gestellt als der liebende, vers�hnende und barmherzige Gottmensch gestellt, der sich gegen die herrschenden Staats- und Glaubensvorstellungen verh�lt – wenn auch nur in der geistigen Abgrenzung des Gottmenschen gegen die Gesetzm��igkeiten irdischer Macht. Die Macht des Irdischen ist in dieser Schrift als Gier nach Geld durch den Verrat von Judas versinnbildlicht, der zur niedertr�chtigen T�tung Christi gef�hrt haben soll, zur Verh�hnung seiner geistigen Macht im Kreuzestod. Solche Sinnbilder sind Formulierungen von Geisteshaltungen, die in der Tat gegensinnige Ausschnitte aus dem konkreten Leben der Menschen repr�sentieren: Menschlichkeit als Hoffnung auf die Erl�sung, als Kultur der N�chstenliebe und der Befreiung aus der S�nde (Schuldigkeit) oder Menschlichkeit als Notwendigkeit der irdischen Lebensform, als Kultur der Pflicht und Erkenntnis. Wie alle Sinnbilder k�nnen solche Charakterisierungen geistige Gegens�tze im Glauben und seiner praktischen �bung im Lebensalltag der Menschen f�llen. Von seiner Geisteshaltung mag das Christentum in einem Gegensatz zum Judentum stehen, der sich nat�rlich auch als gegens�tzliche Lebenseinstellung zum konkreten Leben, zu Staat, Geld und Kirche auswirkt. Aber aus dem Glauben selbst l�sst sich weder in seinem ur�nglichen, noch in seinem psychologisierten Sinn Judenverfolgung begr�nden. Substantiell kann sich hieraus kein t�tiger Antisemitismus ergeben, weil und solange Religion sich selbst als Geisteshaltung und Ausrichtung auf das Leben begreift. Tats�chlich tritt der Antisemitismus vor allem erst in Krisenzeiten hervor, in welchem der Glaube an die gewohnten Lebensverh�ltnisse zerf�llt – oft urpl�tzlich und von interessierter Seite angestachelt. Ist es deshalb schon ein "Kulturkampf", ein Ausbrechen latender Feindschaft, die sich auch als latende Rassenfeindschaft schon immer zu hoch angereichertem Vernichtungskampf bereit h�lt – so weit und umfassend, dass die Gebote der eigenen Religion ausgeschaltet sind? | ![]() |