Aus dem Sozialistischen Studium: "Skinner war der Meister der empiristischen Psychologie und P�dagogik, der die "allgemeine Gesetzm��igkeit des Verhaltens" liefern wollte zur "Vorhersage, Kontrolle und Interpretation des Verhaltens lebender Organismen" (Skinner in "Analyse des Verhaltens"). Mit solchen Grundlagen sollten nicht nur Tiere dressiert, sondern auch Menschen "wertfrei" zum Lernen gebracht und von ihren "falschen Lernerfahrungen" (sprich: seelischen Leiden) befreit werden. Es war daraus die Verhaltenstherapie entstanden.
Ich konnte eigentlich nicht verstehen, warum wir da �berhaupt inhaltlich drauf eingehen sollten. Ist nicht ein Forschungsansatz, der von vorneherein von der Gleichsetzung aller lebender Organismen als Grundlage seiner Theorie ausgeht, eine absurde Abstraktion, die hinter jede zivilatorische Grundlage zur�ckgeht und unsere �ngste, Zw�nge usw. zu einer reinen Sache erkl�rt, die mit dem tierischem Verhalten in Experimentalk�figen gleichartig gemacht wird, ebenso barbarisch wie eine Armee, die in ihrem Gegner nur einen feindlichen Volksk�rper und dessen Lebensraum als potentielle eigene Resourcen ansieht? Ich konnte nicht verstehen, wie man mit einer logischen Kritik an Barbarei Studenten �berhaupt ansprechen k�nnte oder sollte. Ich kannte mich offensichtlich nicht so gut mit dem Empirismus aus, dessen Stolz ja gerade diese Art der gleich geltenden Empirie, die Gleichg�ltigkeit gegen ihren Gegenstand, die abstrakte Gleichsetzung seiner "Ph�nomene" ist, weil dies erst eine "objektive Verifikation" m�glich macht. Alles andere gilt hier als Idealismus, Moral und Ideologie, die dem Gegenstand der Forschung dadurch Gewalt antut, dass sie ihm Subjektivit�t der Wissenschaft zumutet. Also so soll man das nehmen: Barbarei ist ein Werturteil, das nicht zul�ssig ist; objektiv ist, was gemessen werden kann! Und es gibt ja schlie�lich nichts, was nicht gemessen werden kann. Sogar nach einer Teufelsaustreibung kann man den Erfolg ja messen! Das Ma� ist das Kriterium f�r das Ausma� solcher Wissenschaft: Unendliche Erfassung von empirischen Fakten. Es sollte wenigstens hinzugef�gt werden, dass solcher Objektivismus es den empiristischen Forschern in den KZs erm�glicht hatte, "Reaktionen" der Menschen unter K�lteschocks bis hin zum K�ltetod oder bei Einnahme von Giften zu untersuchen. Es gab damals gro�e "Fortschritte" in den empiristischen Wissenschaften. Man erfuhr viel �ber die Grenzen der menschenlichen "Leidensf�higkeit".
Man muss nicht Wissenschaftler sein, um festzustellen, dass ein Tier Nahrung sucht und hierbei auf alle Erfahrungen rekuriert, die ihm den Weg dorthin zeigen. Wissenschaft wird das dadurch, dass diese Erfahrungen manipuliert werden k�nnen, dass man also z.B. Signallampen bei einem bestimmten Verhalten leuchten l��t und danach Futter zuf�hrt. Und ei der Daus: das Tier lernt dieses Verhalten, weil es durch das Futter "verst�rkt" wird. Und das Ganze einmal umgekehrt. "Wir bestrafen ein Verhalten.“ Durch einen elektrischen Schlag zum Beispiel. Es ist wie mit einer Spielzeugeisenbahn, bei der eine Weiche anders gestellt wird: Das bestrafte "Verhalten“ verschwindet – zumindest im K�fig. Man braucht nur ein Birnchen, am besten ein rotes, und assiziart sein Aufleuchten mit einem Stromschlag – und schon tut ein Vieh nicht mehr das, was es zur Zeit eines Stromschlags getan hatte. Es muss nur noch die rote Ampel leuchten. Sollte man das vielleicht nicht auch so im Stra�enverkehr machen? F�hrerschein kriegt man nach einem Verhaltenstraining und wer mal bei Rot �ber die Ampel gefahren ist, kriegt einen elektrischen Bestrafungsapparat auf den Leib gebunden, der an die Funksignale der Ampel gekoppelt ist. Das w�r sie, doch die sch�ne neue heile Welt!
Also: Es gibt einen Stimulus und ein darauf folgendes Verhalten, das vorhersagbar ist! Aber nicht das Futter ist der "Stimulus", sondern die leuchtende Birne, der "konditionierte Stimulus". Das Futter ist jetzt der Verst�rker f�r ein "Verhalten", das durch die Zuordnung von Stimulus und Futter erm�glicht wird, weil es zuvor so wirklich war. Gelernt ist, was erfahren war und erfahren wird, was gelernt ist. Verkehrte Welt: Hier wird der Grund eines Verhaltens zu seinem Umstand und der Umstand zum Grund f�r sich selbst. Mir h�tte diese Erkenntnis schon gen�gt, um eine Wissenschaft f�r absurd zu halten. Was soll diese Verkehrung, was will sie? Will sie zeigen, dass unsere Lebensbedingungen nun mal unsere Umst�nde sind und dass wir sie deshalb auch umstandslos erf�llen m�ssen?
Nun gut, wir folgen dem Experiment: Weil es nun mal im K�fig der Experimentatoren nichts anderes gibt als prim�re und sekund�re Stimuli, Birnschen, Futter und Strom, lernen die Tiere durch eine Intelligenz, die der ihrer Beobachter weit �berlegen ist, dass sie hier nur so an Nahrung kommen. Und das soll ein Paradigma f�r das Verhalten im Allgemeinen sein! Ja h�tte da nicht jeder Student gleich erkennen m�ssen, dass das nur geht, wenn die Welt ein K�fig ist? Nein, es war ein bestimmter "Wissenschaftsbegriff" der sie an solcher Erkenntnis hinderte. Sie l�chelten mild ob des naiven Einwands, weil es ja insgesamt um eine viel gr��ere Wahrheit ging: Die Objektivit�t des Verhaltens. Nicht die Gegenst�ndlichkeit des Lebens und Wissens? Nein, die Objektivit�t der Erkenntnis! Ist ein Gegenstand kein Objekt, eine Erkenntnis nicht gegenst�ndlich? Nein, nur wenn er als Gegenstand der Erfahrung ausgewiesen ist, und das hei�t, wenn er manipulierbar und messbar ist. Aha! Das war relativer Empirismus als absolute Wahrheit. Wie konnten das die Hirne mitmachen?
Gut, machen wir noch weiter mit: Wir haben "herausgefunden", dass sowohl der "Stimulus" wie auch der "Verst�rker" widerspr�chliche Kategorien sind. Also: Was ist ein Stimulus? Eine Anregung, von der behauptet wird, sie habe immer Wirkung f�r ein Verhalten und die deshalb als Ursache hierf�r genommen wird. Dabei jedoch wird das Verh�ltnis von Ursache und Wirkung zum Widersinn: Eine Gl�hbirne hat nur solange urs�chliche Wirkung, wie sie mit dem, was sie "verst�rkt", verbunden wird und zumindest �ber eine Weile in der Erwartung dieser Verbindung erlebt wird. Das sagt auch die Verhaltenstheorie: Das Gelernte wird wieder verlernt, wenn es �ber eine bestimmte Zeitdauer nicht mit dem befriedigendem Ereignis verbunden wird. Die Ursache steckt also nicht im Stimulus, schon gar nicht im "konditionierten" (gelernten) Stimulus; er ist genauso die Wirkung einer subjektiven Zuf�gung, einer Verbindung, die willk�rlich gesetzt werden kann. Das steckt ja schon in der doppelten Bedeutung des Begriffs "Stimulus" oder zu deutsch: Reiz. Reiz ist durch sich reizend und ein Reiz ist die Wirkung auf einen Menschen, der sich von ihm beeindrucken l�sst. Einen Schuhfetischisten "reizt" nun mal ein Schuh zu ungew�hnlicher Erregtheit, auch wenn seine Befriedigungserwartung nirgendwo mehr erscheint und den Erfolg des "Lernens“ best�tigt. F�r andere ist der Schuh nur ein Gebrauchsgeegnstand oder eine Sache der Mode, der gesellschaftlichen Anerkennung seiner Kultiviertheit oder vielleicht auch eine �sthetik des Geschlechts. Reizt nun der Schuh, weil er als Geschlechtsersatz "gelernt“ wurde oder reizt er, weil Menschen darin vielleicht ihr Geschlecht haben oder suchen?
Objektiv ist es gleichg�ltig. Wer aber an seinem Schuhfetischismus leidet, der kann ja "richtiges Verhalten lernen". Er muss einfach andere "Reaktionen" f�r seine Sexualit�t lernen, z.B. mit Hilfe von "Surrogatfrauen", also Nutten, die anderes Futter bieten, als Schuhe das k�nnen. Und mit deren Hilfe wird auch tats�chlich versucht, solche neuen "Lernerfahrungen“ zu machen – ohne Erfolg. Mit etwas lebensnahem Verstand h�tten sie das schon vor jeglicher Wissenschaft wissen k�nnen.
Gut. Sie sprachen deshalb �ber fixiertes Verhalten, das durch einen Stimulus erzeugt ist, der nun g�nzlich anders funktioniert, n�mlich negativ. Damit wird der offensichtliche Widerspruch des Verst�rkungsbegriffs umgekehrt: Negative Verst�rkung, also die Bestrafung, erzeugt dann eine Fixierung, wenn ihre "zeitliche N�he“ zu einem bestimmten Verhalten nicht besteht, wenn also irgendwann und zuf�llig irgendwelches "aktuelle“ Verhalten bestraft wird. Und weil Positivisten keine Gottesfurcht kennen, nannten sie das "Verhalten“, das dann entsteht, das "abergl�ubische Verhalten“. Dazu hatten sie eine Taube auf einem Drahtgitter immer mal wieder zuf�llig einen elektrischen Schlag versetzt und sie bekam einen Tick: Sie schlug immer mit dem linken Fl�gel nach oben. Die Verhaltenstheorie h�tte ihrer Logik folgend sagen m�ssen, dass Verhalten reduziert w�rde, wenn es allgemein und unspezifisch bestraft ist. Nein. Positivisten sehen immer etwas: Die Taube hatte sicherlich nach dem elektrischen Schlag den Fl�gel nach oben geschlagen (das wird wohl der Schlag selbst schon getan haben) und sieht das nun als m�gliche Abwehr von Stromschl�gen, also als permanentes "Vermeidungsverhalten“. Und das k�nnen wir jetzt also als zwar gegensinnige, aber immer hilfreiche Erkl�rung ansehen: "Verhalten“ ist entweder durch positive Stimulation erlernt oder durch negative Stimulation verlernt oder durch willk�rliche negative Stimulation abergl�ubisch. Jetzt ist es endlich heraus: Der Schuhfetischist ist abergl�ubisch! Einfach Klasse.
Nun hat schon Skinner gemerkt, dass das "Lernen" nicht einfach und funktional durch Stimuli und Verst�rker geschieht. Das "Verhaltensparadigma" der Lerntheorie setzt ja schon "Verhalten" voraus, das nur "verst�rkt" wird, weil und wenn es Erfolg hat. Es ist subjektive Vorraussetzung und wird nur durch den "Verst�rker" objektiv. Also untersuchten wir auch diesen Begriff und fanden heraus, dass er gar nicht objektiv ist. Eigentlich k�nnte doch die Ratte mit Fug und Recht behaupten, dass sie den Experimentator dazu gebracht hat, ihr Futter zu geben, wenn sie erw�nschtes Verhalten zeigt. Sie lernt alles, wof�r sie was bekommt, es muss ihr nur in r�umlicher und zeitlicher Beziehung bekannt gemacht werden. Alles kann hierbei ihr "Verhalten verst�rken", Intervallpl�ne oder Orientierungsmuster, die sich der Psychologe ausdenkt, werden l�ckenlos mit dem erw�nschten Verhalten beantwortet, auch Generalisierungen in den Verst�rkungpl�nen. Alles, was der Forscher in die Anordnung hineingibt, kommt auch wieder heraus. Und das Verhalten verschwindet auch wieder, wenn es keinen Erfolg mehr hat. Was wird aber dann hier �berhaupt erforscht? Dass ein Experiment so funktioniert, wie es in seiner konkreten Abstraktheit gesetzt ist? Und warum kann man aus solchen Abstraktionen allgemein g�ltige Paradigmen machen? Wozu also �berhaupt die Theorie, die doch letztlich nur psychologisierte Physiologie oder physiologisierte Psychologie ist? Dient sie nur dazu, Psychologie zur Naturwissenschaft zu machen, bzw. der Naturwissenschaft ihre Umwelt als Welt der Stimulanten und Signale zu vermitteln oder die kapitalistische Gesellschaft als nat�rliche Stimulanz zu verkaufen?
Ich habe nicht beobachten k�nnen, dass durch unsere Kritik an der Verhaltenstheorie sich irgendetwas an den Studenten ver�ndert h�tte; eher schon an den Dozenten, die diesen Quatsch als Wissenschaft verkaufen mussten. Einer hatte sich tats�chlich furchtbar aufgeregt �ber die Querulanz unserer Kritik. Und das war dann nat�rlich ein Erfolg, der zeigt, dass diese Wissenschaft nichts anderes bringt, als wof�r sie selbst verst�rkt wird. Wir konnten l�ckenlos zur Aufkl�rung �ber die Funktion der Wissenschaft im Kapitalismus �bergehen und den generellsten Verst�rker, n�mlich Geld, erl�utern. Ein bisschen umst�ndlich und gezwungen – aber eben doch irgendwie gegen den Kapitalismus. So etwa h�tte das ein Spartakist oder Juso eben auch schon verstanden, bevor wir uns kritisch angestrengt hatten. Und selbst in der Psychologie gibt es gen�gend Wissen, das sich dem platten Funktionalismus der Lerntheorie entgegenstellt. So weist zum Beispiel die kognitive Psychologie nach, dass die Wahrnehmungsprozesse sehr von den physikalischen und physiologischen Gesetzm��igkeiten abweichen und eigene Prozesse der Lebensbew�ltigung ausdr�cken, die mehr als die Summe des physisch Erfahrbaren und Habhaften sind.
Wichtiger w�re hier f�r Marxisten gewesen, zu zeigen, dass der Empirismus nicht nur willk�rlich, sondern au�erordentlich zweckhaft funktioniert, auch wenn seine Grundlagen naiv erscheinen. Er zerst�rt jede Kritik schon, bevor sie auftritt, indem er implizit ausschlie�lich mit der Macht des Faktischen arbeitet und diese Arbeit als antiidealistisch versteht. Nicht zuf�llig haben auch russische Empiristen diese Theorie als materialistisches Denken aufgefasst und mit einer platten Interpretation des Marxismus f�r vereinbar gehalten. Dieser v�llig unhistorische "Materialismus" ist ja im Stalinismus auch verbreitet und angewandt worden, bei dem alles Forschen dem Durchsatz des positiven, des Arbeiter- und Bauernstaats zu dienen hatte. Der Empirismus ist immer das Werkzeug faschistoider Theorien, deren Wesen ein darin versteckter absuluter und totaler Idealismus ist, steckt doch schon im wissenschaftlichen Ansatz das Denkverbot zur Kritik des Fakts, indem ihm alle seine Gr�nde, jede Grund-/Folgebeziehung genommen und durch eine abstrakte raumzeitliche Ursache-/Wirkungbeziehung plattgedr�ckt wird. Indem das Faktische – es hei�t hier nicht grundlos Datum – nur auf einer abstrakten Ebene bezogen gilt, ist seine inhaltliche Beziehung Gegenstand der Manipulation. Der Forscher �bernimmt schon am Experimentalk�fig die Funktion eines Faschisten. Und wenn uns die Tiere �hneln, dann vor allem darin, dass eine abstrakte Not (Hunger als solcher) mit allen Mitteln bew�ltigt werden muss, die verf�gbar sind – und der Experimentator verf�gt eben dar�ber. Er ist im Besitz der Anordnung und der Idee, f�r die das alles taugen soll.
F�r diesen "Materialismus" gibt es keinen Gedanken zur �berwindung von Abh�ngigkeiten und Entfremdung. Dieses ist seinem Gegenstand per definitionem abgesprochen, der nurmehr zur Erforschung von Verwendbarkeiten und Nutzbarkeiten taugt. Es geht nicht um die Menschen, sondern darum, wie sie unter gegebenen Bedingungen optimal funktionieren, und das wird implizit damit begr�ndet, dass sie "zu ihrem Gl�ck" funktionieren m�ssen. Der Empirismus ist der Kern des wissenschaftlichen Gr��enwahns, der den Menschen ganz offen als wissenschaftliche Institution zumutet, sein zu wollen, was sie sein m�ssen. Er setzt die v�llige Abgetrenntheit und Macht der Wissenschaft voraus, die sich nur noch durch ihre T�tigkeit ausweist, ob sie eben Wirkung hat oder nicht. Der moderne Pragmatismus gr�ndet immer noch hierauf, wenngleich seine Gegenstandsbeschreibung kritischer ist. Ihm kann niemand mehr das Wort bestreiten, weil er gar keine Begriffe hat."