Siehe

Zum Thema siehe auch  => Adorno  => Tauschwert



zu Adorno quelleup1a1 und andere:

Der Gebrauchswert war das Arbeitsprodukt in der Form seiner Einzelheit, die nur als Beziehung der Nützlichkeit auf den Menschen möglich war. Dieser Nutzen stellt für sich keine Beziehung von Menschen auf ihre Sachen dar, sondern nur ihre isolierte Form. Dem bürgerlichen Verstand, der von Haus aus utilitaristisch ist, eröffnet sich dies aber nicht als beschränkte Beziehung auf "ein Ganzes vieler Eigeneschaften", sondern eher als Naturhaftigkeit seiner Beziehung auf die Welt, als das Eigentliche der Beziehung von Menschen auf ihre Sachen. Dies ist wohl der Grund, warum das Gerede um den Gebrauchswert gerade von solchen Menschen oder Bewegungen so hochgehalten wurde, die im Utilitarismus das Wesen der Beziehung von Mensch und Sache - wie auch der Beziehungen überhaupt - als Zweck und Inhalt einer menschlichen Gesellschaft zu sehen. Jenen, die in der Besonderheit ihrer Bedürfnisse ihr Menschsein erblickt hatten, war demnach alles weitere nur Schein.

Aber auch für das Denken ist das Verhältnis Gebrauchwert-Tauschwert ein beliebtes Beispiel für Einzelheit und Allgemeinheit. Wie kann es sein, dass das Allgemeine dem Einzelnen widerspricht? Adorno hat seine ganze Gesellschaftslehre auf der Täuschung durch den Tauschwert gegründet, der sozusagen als einzig wahres Pendant den Gebrauchswert hat. So werde das Einzelne von konkretem Nutzen wahr und das allgemeine von abstraktem Nutzen unwahr. Der Tauschwert selbst gilt somit nicht aals Träger des Werts, sondern subjektiv als Täuschung und als der Schein hierüber, der wie eine Verschleierung fungiert. Schließlich hat hierdurch der "Fetischcharakter der Geldform" keine objektive Grundlage mehr, nämlich als notwendig verkehrte Erscheinung der "einzelnen und relativen Wertform", sondern ist selbst lediglich ein psychologisch begründetes "falsches Bewusstsein", ein Fetisch, an dem die Menschen hängen, weil sie in ihm ihre getäuschte, ihre falsche Subjektivität befriedigen. Die Kritik der politischen Ökonomie gerät somit zu einer politischen Psychologie, welche die objektiv zwangsläufig falsche Erscheinung der Sachwelt an die Menschen als subjektiven Fehler ihres Bewusstseins zurückgibt. Die Bemühung des theoretischen Bewusstsens reduziert sich demnach auf den Vorwurf an die Menschen, dass sie ein fehlerhaftes Bewusstsein haben und demgemäß falsch leben. Das begründet ein fatales Unterfangen der theoretischen Kritik, die sich nicht mal mehr in eine Analyse der Verhältnisse begeben muss, deren Kritik sie sein will. Indem der Tauschwert als ein bloßer Gedanke der Scheinhaftigkeit gedungen wird, den man dadurch beiseite stellt, daß man seine spontane Subjektivität im Gebrauch von geschaffenen Dingen erobert, wird die Wahrheit der Nutzung ihrer Allgemeinheit wie einer Lüge entgegengehalten.

“Der Tauschwert, gegenüber dem Gebrauchswert, ein bloß gedachtes (!), herrscht über das menschliche Bedürfnis und an seiner Stelle kommt der Schein über die Wirklichkeit. Insofern ist die Gesellschaft der Mythos und dessen Aufklärung heute wie je geboten.“ (Adorno, in: "Soziologie und empirische Forschung, in: Horkheimer/Adorno, Sociologica II, Reden und Vorträge 1962, S. 216).

Diese Verhöhnung jeglicher gesellschaftlicher Gegenwärtigkeit führte denn auch dazu, daß die Menschen, die ihr Leben darin bestätigt wissen, dass ihnen Gesellschaft überhaupt nur nützlich sein kann, daß sie ihnen Nutzen bereitet muss, um ihrem praktischen Bedürfnis zu dienen, sich zugleich als Träger einer Wahrheit fühlen konnten, die ihre Subjektivität gegen die Verzerrungen und Täuschungen der Welt hat, bevor diese überhaupt in einem eigenen Sein und Grund erkannt werden muss. Der Mensch, der sich auf die Gebrauchswerte bezöge sei eben der Mensch schlechthin, der sich von den falschen Gedanken einer Gesellschaft, in welcher "der Tauschwert herrscht", nicht trügen läßt, sondern aus seinem Bauch heraus die Wahrheit weiß: Alles Abstrakte ist nur gedacht, und zwar falsch, und ich bin konkret, und zwar richtig.

Um dies zu leisten, muß man allerdings zuvor sich zu einer übergeschichtlichen Tatsache machen wie eben auch jeden stofflichen Gehalt einer Gesellschaft als übergeschichtliche Tatsache genießen, um seiner Gleichgültigkeit gegenüber wirklich menschlichen Bedürfnissen und Beziehungen eine allgemeine und besonders auch "marxistische" Legitimation zu verschaffen. Marx kannte solche Gebrauchswertinterpretatoren auch aus seiner Zeit unter den Leuten, die besonders gerne sammeln und anhäufen, die aus jedem Scheißhaufen von sich ihre Welt gestaltet hatten (die sogenannten Kompilatoren):

“Dies ist der Grund, warum deutsche Kompilatoren den unter dem Namen Gut fixierten Gebrauchswert con amore (mit Lust) abhandeln.“ (MEW 13, S. 16, Fußnote).