Aus einem Disput in der Mailing-Liste "Kapital lesen"

(diskussion@das-kapital-lesen.de)

25. Januar 2010 schrieb Ingo Stützle:

Liebe Cornelia, liebe Alle,

auf dieser Liste sind inzwischen 72 Leute. Diskutiert wurde bisher eigentlich kaum. Es gingen nur ein paar Infos bzgl. Marx und dem Kapital rum. Woran das liegt, weiß ich nicht. Wohl nicht daran, dass es nichts zu diskutieren gibt ;-) Vielleicht daran, dass die "Regeln" etwas strikt formuliert wurden ;-)
In Berlin starten die Tage nochmals neue Kurse zum ersten und zweiten Band. Vielleicht werden diese eine Debatte initiieren oder offene Fragen in den Verteiler tragen. Klar ist aber auch, glaube ich, dass eine Diskussion via Mail eben auch Grenzen hat. Das sollte aber niemanden daran hindern, hier Fragen aufzuwerfen oder Debatten anzustoßen.
Beste Grüße,
Ingo

Am 24.01.2010 um 13:52 schrieb C.:

Warum erhalte ich keine Mails, findet keine Diskussion statt oder habe ich irgendetwas falsch gemacht.
BG
Cornelia

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3. Februar 2010 schrieb C.::

Hier sollte ein Beitrag zu der geführten Diskussion erscheinen, nur ich erhalte keine Beiträge anderer Mitglieder
Gruß Cornelia

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23. Februar 2010 schrieb C.:

Meine Studien sind fast beendet, es fehlen nur noch ein paar Millionen Seiten in Büchern und ein paar tausend Jahre Erfahrung in dem was der Mensch so Leben nennt.

a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?
b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?
c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?
d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]

C.

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23. Februar 2010 schrieb S.G.:

@a: Was meinst du? Wenn ich deine seltsame Zusammenfassung wohlwollend lese, dann fällt mir da kein Irrtum auf. Wenn ich anfange "die humanoiden Arbeitskraftlieferanten" wörtlich zu nehmen, dann drängt sich mir die Frage auf: hast du wirklich nicht kapiert, was man an das Kapital "liefert"? Meinst du es sei "bloß" die Arbeitskraft?

@b: Was willst du denn lösen? Willst du die Probleme des Wachstums lösen? Oder willst du das Problem der globalen Verantwortung der Frau Merkel lösen? -- dabei kann dir weder Marx noch eine proletarische Revolution helfen. Kleiner Tipp: einfach wählen gehen, das ist bei der Merkel schon in guten Händen.

@c: Ganz einfach: weil die "Mensch-Maschinenproduktion" ein Hirngespinst ist, kann sie gar nichts, also auch nicht dem anderen Hirngespinst, "neue Gesellschaftsform", zum Startpunkt dienen -- zwischen beiden herrscht reine Willkür! --, und von der "Mensch-Maschinenproduktion" geht auch kein Zwang aus, schon gar nicht der zu irgendeiner "Kapitalen Gesellschaft" -- also sorg' dich nicht zu sehr, du wirst ihr schon entkommen.

@d: Den "Garaus" kann einem "Prozess" immer das machen, was ihn ausmacht. Und wenn du dabei an die Welt, in der du lebst, gedacht hast: das ist der freie Wille. Wie kommst du darauf dass der das nicht vermöchte, wenn du ihn schon recht umstandslos zum Subjekt erklärst?

Marx hat sich da übrigens mehr Mühe gemacht: ließ doch nicht wahllos tausende Seiten irgendwo. Sondern nimm mal genau, was der Marx am Anfang von Austauschprozesse schreibt, die Bestimmung von Eigentum, die da steht: Wille, der in den Sachen haußt -- was heißt das? hast du das verstanden? Und dann sind es nur noch ein paar hundert Seiten, bis der Umschlag geschafft ist: Beginnt als Recht an der eigenen Arbeit, und endet als Recht des Kapitals auf alle Arbeit. (Akkumulation, erweiterte Reproduktion, ist das Kapitel, das ich meine.)

Also sei mir nicht bös' wegen der ungehobelten Art meiner Antwort; ich weiß einfach nicht besser, wie ich dich davon abhalten soll, in Philosophie- und Soziologiequak abzudriften.

S.

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24. Februar 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Hallo C.,

ich finde, dass Du mit Deinen Fragen ziemlich grundlegende Probleme ansprichst.

Am 23.02.2010 um 21:17 schrieb C.:

a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?

Nach meinem Verständnis hat Marx etwas anderes gesagt (wenngleich der Begriff "Diktatur des Proletariats" definitiv falsch ist - siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=diktaturdesproletariats): Aufhebung der Klassengesellschaft bedeutet die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung, wozu gehört, dass sich eine konkrete Gesellschaft erst ergibt in der Aufhebung der abstrakten Vermittlung der Arbeitsteilung durch den Wert. Das impliziert die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird. Die menschliche Notwendigkeit eines solchen Arbeitsprozesses sah Marx mit Recht in der arbeitenden Bevölkerung.

b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?

c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?

Marx hat von einem Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen gesprochen, der die immanenten Probleme (Krisen) des Kapitalismus ausmacht. In den kapitalistischen Krisen geschieht das Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen. Die Auflösung dieses Widerspruchs kann nur darin bestehen, die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse zu entwickeln. Es genügt, wenn man diese Umwälzung Revolution nennt. Es werden nicht nur Proletarier sein, die sie bewerkstelligen müssen.

d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung (Entschuldigung aber die Genauigkeit bei Zitaten ist bei mir immer etwas schwach)]

Der Wille stellt ein Verfügungsinteresse da, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt. In einem aus den Bedürfnissen der Menschen entwickelten Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendigen Aufwände der Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt und bestätigt.

So jedenfalls versteh ich das.

Wolfram Pfreundschuh

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26. Februar 2010 schrieb J.:

Auf die Frage, warum sich der Marx in den Arbeitern nur so täuschen konnte, zu antworten, dass C. nicht verstanden hat welche Bestimmungen Marx über die Arbeiterklasse gemacht hat, ist wenig aufklärend. Denn man kann nicht nachvollziehen welche Frage sie stellt. Und nicht kapiert  verweist auf einen Fehler, der nicht ausgeführt ist und deswegen nicht nachgewiesen sein kann.

Und selbst wenn sie Marx missversteht, dann muss das nicht falsch sein, da auch er daneben liegen kann. Stimmt es denn was ihr entgegengehalten wird, dass Aufhebung der Klassengesellschaft und die Aufhebung des Widerspruchs von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung bedeutet und dass dies die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Form, worin Arbeit nicht mehr von den Produktionsmitteln getrennt existiert, sondern in eine gesellschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis gebracht wird , impliziert? Kennt jemand einen Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen , der ein immanentes Problem des Kapitalismus ist? Ist es für Staat und Unternehmen ein Unding, dass Wert vernichtet werden muss, um mit einem herabgesetzten Niveau der Produktion die ganze Scheiße von neuem zu beginnen ? Wenn es ihn gibt, warum soll man für die Auflösung dieses Widerspruchs  sein und die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse aus einem identischen Interesse entwickeln?

Was mich stört ist, dass ihr gegen die Behauptungen  die in C.s Fragen stecken  Eure Behauptungen setzt. Was soll sie, Ihr und ich dabei lernen?

Also C., führ doch mal Deine Behauptungen über den Marx aus:

1. Wo hast Du diese Äußerungen von ihm her? Was meinst Du was er an diesen Stellen sagen will? 2. Und was gefällt Dir an denen nicht? 3. Wenn Ihr Anderen etwas verkehrt an diesen Überlegungen findet, dann benennt doch mal einen Fehler und setzt nicht Eure Meinung dagegen und schließt aus der Differenz auf einen Fehler bei C.

J.

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26. Februar 2010 schrieb S.G.:

Ok, das ist besser. ich würde gerne als Frage Nr. 4 anhängen: Worin soll der Irrtum in der Aussage bestehen, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten (wobei "nur" natürlich etwas verharmlosend ist), um mit dem Kapitalismus Schluss zu machen? -- ich habe dein a. jedenfalls so verstanden, dass du meinst, in der Behauptung liege ein Fehler.

s.

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26. Februar 2010 schrieb S.G.:

Also nochmal an C., ein paar konkretere Fragen:

Problem: "a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?"

Wie kommst du darauf, dass das nicht richtig sei? Wenn ich richtig verstehe, was du sagen willst, dann meinst du: Es stimmt nicht, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten, um damit was Gescheites, statt Kapitalismus zu machen. Natürlich: sie müssen schon auch wissen was sie mit den Produktionsmittel wollen, sie müssen sich darin sogar einig sein, weil sonst klappt's sicher nicht mit dem Bemächtigen. Und sie müssen eben was anderes im Sinn haben, als Kapitalismus, Bedürfnisbefriedigung z.B. -- aber das sollte die kleinste Schwierigkeit sein. Also das ist mehr eine Nachfrage als ein Einwandt, ich kenne dein Argument ja noch gar nicht, warum das nicht stimmen sollte, und lasse diesmal lieber irgendwelche Spekulationen darüber.

Problem: "b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?"

Wirklich: diese Lösung ist schlicht keine Lösung, sonst könnte sie die Probleme ja lösen. Aber um eine gescheite Antwort zu erhalten, musst du schon sagen, wen oder was du mit Eiertanz meinst, und welche Probleme du lösen willst.

Problem: "c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?"

Wenn du mit "Mensch-Maschinenproduktion" den Kapitalismus, also die Produktionsweise, in der wir uns durchschlagen müssen, meinst: Die ist kein Subjekt. Die Geschichte ist nicht die der Gesetze von Produktionsweisen. Weil 1. diese Produktionsweisen selber die Produkte der mit Wille und Bewusstsein begabten Menschen sind. Sie hängen vollkommen davon ab, wozu die Menschen diese Talente gebrauchen. Und weil, soweit die Leute dabei gezwungen sind, sie 2. nicht von der "Form" der Produktionsverhältnisse, sondern von ihresgleichen gezwungen werden (die Natur mal ausgenommen, die Zeiten sind vorbei, wo die Naturkräfte die Produktionsweise bestimmten). Und ich meine hier nichts besonders tiefgründiges oder rätselhaftes. Da kann man ganz platt, ohne Philosophie, an Polizisten denken, die das Eigentum schützen. Dass weder den Polizisten, noch den Politikern, die die Polizisten komandieren, klar ist, was alles an der Geltung des Eigentumsrechts hängt (wenn sie auch ganz offensichtlich die zentrale Rolle davon irgendwie ahnen), ist ein anderes Thema. Und wenn Arbeiter meinen, das Eigentum sei das, was sie haben, und darauf bestehen, es weiterhin behalten zu dürfen, dann täuschen sie sich, und das ist auch ein anderes Thema. Wie man es dreht: die Produktionsweise, die "Form" der stofflichen Reproduktion der Gesellschaft, zwingt die Menschen nicht zu sich, also der "Form" selbst. Sie ist ein Produkt der Gewaltverhältnisse, die die Menschen selbst unter sich betreiben -- nicht andersherum; von Sachen geht kein Zwang aus. Es mag so ausschauen, z.B. beim Geld, aber das ist nur die "Form" des Zwangs, der von den Menschen ausgeht. Auf deine warum-Fragen nochmal so bezogen: erstes warum: die Produktionsweise kann nicht dazu führen -- aber das ist nicht schade, man kann sie ja dazu gebrauchen (missbrauchen ist das), auch wenn sie selbst nicht dazu führen kann. Zweites warum: das ist einfach nicht so, die Form zwingt dich nicht, und mich auch nicht.

Problem: "d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung"

Was das Zitat betrifft: da ist nicht mehr gemeint, als dass man wohl wissen kann was los ist und woran man leidet, dass das allein aber keine Abhilfe schafft. Und die praktischen Konsequenzen aus seinem Wissen ziehen, macht halt ungeheuer vie Arbeit. Z.B. muss man die Arbeiter über das Eigentum aufklären, die meisten täuschen sich fürchterlich darüber, und glauben viel mehr als ihre Ketten zu verlieren zu haben. Man muss sich über das Wissen einig werden, weil man Masse braucht, Viele sein muss, um die Gewalt auszuhalten, die die Gegenseite aufbringt, usw. -- haufen Arbeit. Und dass "der freie Wille" das nicht könnte: wer hat dir das eingeredet? Mit welchem Argument?

s.

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26. Februar 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

26. Februar 2010 schrieb S.G:
Und dass "der freie Wille" das nicht könnte: wer hat dir das eingeredet? Mit welchem Argument?

"Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken." Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)

aus "Karl Marx - Dokumente seines Lebens 1818 -1883", Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff:

Gegen "Revolutionsmacherei"

"An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minderheit [der Zentralbehörde des "Bundes der Kommunisten"] eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische. Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution. Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt 15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzuzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern Euch selbst zu ändern und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt Ihr im Gegenteil: "Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen."

Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats binweisen, schmeichelt Ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von Euch das Wort Proletariat. Wie die Demokraten schiebt Ihr der revolutionären Entwicklung die Phrase der Revolution unter."

(aus "Karl Marx - Dokumente seines Lebens 1818 -1883", Verlag Philipp Reclam Leipzig, 1970, S. 313ff)

Wolfram Pfreundschuh

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26. Februar 2010 schrieb S.G.:

Ok, Wolfram, du hast da mal was gelesen. Aber was willst du damit sagen?

s.

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26. Februar 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Ich hab dich so verstanden, dass du wissen wolltest, wer den "freien Willen" kritisiert.

Und dass "der freie Wille" das nicht könnte: wer hat dir das eingeredet?

Wolfram Pfreundschuh

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27. Februar 2010 schrieb S.G.:

Ok, das mit dem wer ist mir aber eigentlich nicht so wichtig, und wer den freien Willen kritisiert finde ich auch keine spannende Frage (das tut so ungefähr Jeder, der an irgendwem anders was auszusetzen hat). Wichtiger wäre mir das Argument, wonach der Freie Wille den Kapitalismus nicht überwinden könnte -- das habe ich dem Zitat nicht entnehmen können. Vielleicht bin ich zu blöd. Aber kannst du es mal klarer für mich formulieren?

s.

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27. Februar 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Im kulturkritischen Lexikon hab ich den Willen als Grundlage der verselbständigten Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben. Damit kann man in der Trennung von menschlichen Bedürfnissen immer nur auf "sein Recht", auf sein Privatrecht kommen. Der Artikel beginnt folgendermaßen:

"Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken." Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)

Wille (althochdeutsch: willio) steht für den Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas, durch welches Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen. Mag sich jemand in seinen Vorstellungen zwar frei vorkommen, solange sie beliebig und damit unbezogen neben seinem Tun und Lassen und jenseits menschlicher Beziehungen und Verhältnisse sind. Ein "freier Wille" (siehe Freiheit) ist dennoch ein Unding: Er müsste über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen, um für sich frei zu sein, und wäre gerade dadurch vollständig an die Wirklichkeit gebunden, weil er mit ihr immer identisch bleiben müsste. Gerade das verrät, was der Wille - für sich genommen - ist: Ein Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt, also jenseits des Aufwands zur Erzeugung der Gegenstände besteht, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen. Erst durch ein hieraus entwickeltes Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendige Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt, bestätigt ist und sich darin aufhebt.

Als Begründung für Ziele weist der Wille immer darauf hin, dass diese nicht konkret wirklich existent, nicht wirklich gegenständlich, sondern nur vorgestellt sind, dass es Willenskraft erfordert, um etwas zu erreichen, das keinen direkten Bezug im Sein selbst hat. Das unterscheidet zunächst den Willen vom Bedürfnis, einem wirklich notwendigen Verlangen, nicht aber von Willkür, von einem willkürlichen Einfall, dass etwas zu sein habe, was nicht ist. Solche Willkür hat für politische Fantasten und Populisten gereicht, um ihre Proganda für einen "höheren Willen" zu begründen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg  - aber dies nur deshalb, weil der Weg unbestimmt ist und eine Kraft nötig hat, die der Sache nach nicht gegeben ist. Die "Welt als Wille und Vorstellung  (Schopenhauer) sollte dieser Kraft metaphysische Natur verleihen, eine quasi ontologische Seinsnotwendigekeit, eine Seinsbestimmung des Subjekts schlechthin, abstrakte Subjektivität, welche das "Schicksal" der Welt aus dem Geschick der Menschen bestimmt. Dies war auch eine Vorlage für Hitlers Weltverständnis und zum Beispiel für seinen Propagandafilm Triumph des Willens , der Heldenmut einforderte und Erlösung versprach.

siehe http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=wille (Die Seite funktioniert derzeit nicht mit Internet-Explorer)

Wolfram Pfreundschuh

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27. Februar 2010 schrieb S.G.:

Irgendwie ist das ja das Gleiche nochmal, aber gut, ich versuch mich mal dazu zu äußern:

Im kulturkritischen Lexikon hab ich den Willen als Grundlage der verselbständigten Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben. Damit kann man in der Trennung von menschlichen Bedürfnissen immer nur auf "sein Recht", auf sein Privatrecht kommen. Der Artikel beginnt folgendermaßen:

"Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken." Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was der Marx da sagen will, auf welche Verhältnisse er sich da bezieht usw. -- aber du nimmst ja im Folgenden auch keinen Bezug mehr darauf, also scheint es ohne zu gehen.

Wille (althochdeutsch: willio) steht für den Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas, durch welches Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen.

Antrieb, Wünsche: von mir aus sind das andere Worte für Wille. Aber das ist immernoch ganz verschieden von dem, wodurch "Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen". Du sagst der Wille sei der Antrieb. Zu was? -- zu dem, wodurch "Vorstellungen und Wünsche zur Erfüllung kommen". Da liegt doch noch was dazwischen, was überhaupt nicht identisch mit dem Willen ist. Was ist mit Willen, der scheitert? Das Gelingen/Verwirklichen des Willens mit dem Willen in einen Topf zu schmeißen, halte ich für falsch.

Mag sich jemand in seinen Vorstellungen zwar frei vorkommen, solange sie beliebig und damit unbezogen neben seinem Tun und Lassen und jenseits menschlicher Beziehungen und Verhältnisse sind.

Stimmt, so frei ist der Wille, kann sich einbilden was er will.

Ein "freier Wille" (siehe Freiheit) ist dennoch ein Unding: Er müsste über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen, um für sich frei zu sein, und wäre gerade dadurch vollständig an die Wirklichkeit gebunden, weil er mit ihr immer identisch bleiben müsste.

Ich glaube hier verwechselst du schlicht Freiheit mit Allmacht. Vielleicht ist das eine Konsequenz davon, dass du oben schon den Willen und seine Verwirklichung in einen Topf geschmissen hast. Und wie kommst du darauf, dass wer "über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen" (ist die "Wirklichkeit der Lebensbedingungen" dasselbe wie die Lebensbedingungen selbst, oder meinst du was anderes?) könnte, an sie gebunden wäre. Könnte ich über das Wetter verfügen, dann würde ich nie wieder daheimbleiben, weil es Regnet. Ich wäre gerade nicht daran gebunden, wie das Wetter so ist, andersherum, das Wetter wäre daran gebunden was ich gerade vorhabe.

Gerade das verrät, was der Wille - für sich genommen - ist: Ein Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt, also jenseits des Aufwands zur Erzeugung der Gegenstände besteht, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen.

Ich meine ja dein Argument von oben ist nicht richtig -- keine richtige Auskunft über den Willen -- und verrät deswegen gar nichts. Aber dass Wille ein Verfügungsinteresse immer mit beinhaltet, mache ich mit: Man braucht eben die Mittel für das, was man will, über die zu verfügen ist also mit gemeint wenn man was will (außer man weiß nicht, was man dafür braucht, aber das wird man dann ziemlich schnell merken, was einem fehlt). Dass das aber identisch wäre mit dem bürgerlichen Eigentum, da kann ich dir nicht folgen. Oder meinst du mit "Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt" etwas anderes? Daraus, dass man zur Verwirklichung seines Willens die nötigen Mittel braucht, folgt doch nicht, dass man als Eigentümer über sie verfügen muss. Es ist doch genau andersherum: Weil einem hier das Eigentum aufgeherrscht ist, hat man keine Mittel, außer denen, an denen man Eigentum erworben hat. Und wie du jetzt auf den "Aufwand zur Ereugung der Gegenstände ..." kommst, verstehe ich nicht. Was meinst du damit überhaupt: denkst du an gesellschaftlich notwendige, abstrakte usw. Arbeit, oder denkst du an Aufwand im materialistischen Sinne, also dass man für Radieschen z.B. Radieschensaat, ein Stück Boden und Gärtnerarbeit braucht, für ein Haus Beton, einen Kran und Bauarbeit, für ein Fahrrad Blech und Schweißarbeit, ... ?

Erst durch ein hieraus entwickeltes Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendige Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt, bestätigt ist und sich darin aufhebt.

Ich verstehe nicht woraus du ein Produktionsinteresse entwickeln willst. Ich verstehe nichtmal warum du überhaupt eines entwickeln willst. Ich glaube es mangelt überhaupt niemandem an einem Produktionsinteresse. Eher leiden die meisten darunter, dass sie dem Produktionsinteresse des Kapitals unterworfen sind; und wenn das mal weg wäre, dann hätte bestimmt niemand das Problem, jetzt ohne Produktionsinteresse dazustehen und also zu verhungern. Also bis hierhin besteht für mich eh schon genug Klärungsbedarf. Zum Rest schreibe ich deswegen jetzt erst mal nichts.

s.

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27.02.2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

"Das Prinzip der Politik ist der Wille. Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken." Karl Marx in Kritische Randglossen zum Artikel eines Preussen (Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 402)

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was der Marx da sagen will, auf welche Verhältnisse er sich da bezieht usw. -- aber du nimmst ja im Folgenden auch keinen Bezug mehr darauf, also scheint es ohne zu gehen.

Beziehe es einfach mal auf das Zitat zur "Revolutionsmacherei".

Wille (althochdeutsch: willio) steht für den Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas, durch welches Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen.

Antrieb, Wünsche: von mir aus sind das andere Worte für Wille. Aber das ist immernoch ganz verschieden von dem, wodurch "Vorstellungen oder Wünsche zur Erfüllung kommen". Du sagst der Wille sei der Antrieb. Zu was? -- zu dem, wodurch "Vorstellungen und Wünsche zur Erfüllung kommen". Da liegt doch noch was dazwischen, was überhaupt nicht identisch mit dem Willen ist. Was ist mit Willen, der scheitert? Das Gelingen/Verwirklichen des Willens mit dem Willen in einen Topf zu schmeißen, halte ich für falsch.

Was soll ich da in einen Topf geschmissen haben? Ich habe von einem Verhalten geschrieben: "Antrieb eines bewussten Verhaltens für oder gegen etwas". "Ich will" ist immer bestimmt durch eine Form (ich will haben, ich will sein), von deren Grund abstrahiert ist. Wille ist also nicht durch eine Beziehung auf einen Gegenstand entstanden, worin dies begründet wäre ("ich brauche Geld... weil"), sondern dadurch, dass etwas zu sein hat, es sein soll. Wille impliziert ein schlichtes Sollen. "Ich will Geld", "Ich will Arbeitsplatz" wäre eine unsinnige Formulierung.

Mag sich jemand in seinen Vorstellungen zwar frei vorkommen, solange sie beliebig und damit unbezogen neben seinem Tun und Lassen und jenseits menschlicher Beziehungen und Verhältnisse sind.

Stimmt, so frei ist der Wille, kann sich einbilden was er will.

Ein "freier Wille" (siehe Freiheit) ist dennoch ein Unding: Er müsste über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen, um für sich frei zu sein, und wäre gerade dadurch vollständig an die Wirklichkeit gebunden, weil er mit ihr immer identisch bleiben müsste.

Ich glaube hier verwechselst du schlicht Freiheit mit Allmacht. Vielleicht ist das eine Konsequenz davon, dass du oben schon den Willen und seine Verwirklichung in einen Topf geschmissen hast. Und wie kommst du darauf, dass wer "über die Wirklichkeit aller Lebensbedingungen verfügen" (ist die "Wirklichkeit der Lebensbedingungen" dasselbe wie die Lebensbedingungen selbst, oder meinst du was anderes?) könnte, an sie gebunden wäre. Könnte ich über das Wetter verfügen, dann würde ich nie wieder daheimbleiben, weil es Regnet. Ich wäre gerade nicht daran gebunden, wie das Wetter so ist, andersherum, das Wetter wäre daran gebunden was ich gerade vorhabe.

Na denn mach das mal mit dem Wetter, das an dich gebunden ist. Aber bitte nicht immer nur Regen.

Gerade das verrät, was der Wille - für sich genommen - ist: Ein Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt, also jenseits des Aufwands zur Erzeugung der Gegenstände besteht, welche menschliche Bedürfnisse befriedigen.

Ich meine ja dein Argument von oben ist nicht richtig -- keine richtige Auskunft über den Willen -- und verrät deswegen gar nichts. Aber dass Wille ein Verfügungsinteresse immer mit beinhaltet, mache ich mit: Man braucht eben die Mittel für das, was man will, über die zu verfügen ist also mit gemeint wenn man was will (außer man weiß nicht, was man dafür braucht, aber das wird man dann ziemlich schnell merken, was einem fehlt). Dass das aber identisch wäre mit dem bürgerlichen Eigentum, da kann ich dir nicht folgen.

Daran kann ich dann auch nichts ändern. Ich hatte geschrieben, dass das Verfügungsinteresse einen Anspruch auf "sein Recht" impliziert, auf sein Privatrecht. Und das macht die Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen aus.

Oder meinst du mit "Verfügungsinteresse, welches die politische Rechtsform der bürgerlichen Gesellschaft jenseits der Bedürfnisse der Menschen bestimmt" etwas anderes? Daraus, dass man zur Verwirklichung seines Willens die nötigen Mittel braucht, folgt doch nicht, dass man als Eigentümer über sie verfügen muss.

Eben. Brauchen kommt von bedürfen, also nicht von haben. Und Waren dienen dem Bedürfnis nur, wenn man sie durch eine abstrakte Vermittlung erwirbt. In ihnen haust daher der Wille ihres Besitzers.

Es ist doch genau andersherum: Weil einem hier das Eigentum aufgeherrscht ist, hat man keine Mittel, außer denen, an denen man Eigentum erworben hat. Und wie du jetzt auf den "Aufwand zur Ereugung der Gegenstände ..." kommst, verstehe ich nicht. Was meinst du damit überhaupt: denkst du an gesellschaftlich notwendige, abstrakte usw. Arbeit, oder denkst du an Aufwand im materialistischen Sinne, also dass man für Radieschen z.B. Radieschensaat, ein Stück Boden und Gärtnerarbeit braucht, für ein Haus Beton, einen Kran und Bauarbeit, für ein Fahrrad Blech und Schweißarbeit, ... ?

Es ist das Rechtsverhältnis des "freien Willens", das herrscht. Es herrscht bürgerliches Recht, das Recht des Privateigentums, damit die Leute es durch den Aufwand erwerben, den sie hierfür aus ihrer Lebenslage heraus betreiben können. Ihre wirkliche Lebensbedingung entscheidet die Art und den Umfang ihres Aufwands hierfür (also das Klassenverhältnis).

Erst durch ein hieraus entwickeltes Produktionsinteresse ergibt sich ein Wille, der sich auf die notwendige Arbeit bezieht und in der Befriedigung der Bedürfnisse zu sich kommt, bestätigt ist und sich darin aufhebt.

Ich verstehe nicht woraus du ein Produktionsinteresse entwickeln willst.

Dann lies halt nochmal nach.

Ich verstehe nichtmal warum du überhaupt eines entwickeln willst. Ich glaube es mangelt überhaupt niemandem an einem Produktionsinteresse. Eher leiden die meisten darunter, dass sie dem Produktionsinteresse des Kapitals unterworfen sind; und wenn das mal weg wäre, dann hätte bestimmt niemand das Problem, jetzt ohne Produktionsinteresse dazustehen und also zu verhungern. Also bis hierhin besteht für mich eh schon genug Klärungsbedarf. Zum Rest schreibe ich deswegen jetzt erst mal nichts.

Wolfram Pfreundschuh

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27. Februar 2010 schrieb S.G.:

Tut mir leid, ich verstehe nur Bahnhof -- vielleicht besser Stück für Stück. Also erst mal nur drei Fragen zu einem Satz von dir. Du schreibst:

"Ich will" ist immer bestimmt durch eine Form (ich will haben, ich will sein), von deren Grund abstrahiert ist.

Was habe ich mir darunter vorzustellen, wenn vom "Grund der Form abstrahiert" ist? Was heißt es für den Willen Schwimmen zu gehen, dass er durch "die Form bestimmt ist, von deren Grund abstrahiert ist"? Hat der Wille selbst abstrahiert, oder ist ihm die Abstraktion vom "Grund der Form" vorausgesetzt?

s.

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27. Februar 2010 schrieb S.G.:

Hi, irgendwie ist meine erste Frage wohl unter den Tisch gefallen. Macht nichts, dann halt nur 2 Fragen.

Was heißt es für den Willen Schwimmen zu gehen, dass er durch "die Form bestimmt ist, von deren Grund abstrahiert ist"?

Es ist gleichgültig, warum ich schwimmen gehen will. Wenn ich schwimmen gehen müsste, so wäre hierfür ein Grund vorhanden.

Ok, es geht dir also einfach um den Grund des Willens, das mit "Form, in der vom Grund abstrahiert ist" ist also nur ein komischer Ausdruck dafür, dass es gleichgültig ist, welchen Grund ich habe. Ich meine aber dass es ganz und gar nicht gleichgültig ist, welchen Grund ich zum Schwimmen habe. Wenn ich schwimmen will, um Fit zu bleiben, dann werde ich mich wohl auch etwas anstrengen, vielleicht einen Kilometer weit zügig schwimmen. Wenn ich nur Schwimmen will, weil das Wetter schön ist und ich das Gefühl im Wasser maq, dann werde ich halt eher planlos im Wasser herumplantschen, vielleicht bisschen tauchen usw. -- warum sollte der Grund gleichgültig sein?

Hat der Wille selbst abstrahiert, oder ist ihm die Abstraktion vom "Grund der Form" vorausgesetzt?

Der Wille selbst ist eine Abstraktion. Z.B.: Ich will die Verhältnisse ändern, dass sie also anders sein sollen. Nur: Was sagt das überhaupt aus, wenn ich nicht sagen kann, warum ich hierfür dieses tue und jenes lasse.

Jetzt sagst du aber nochmal was anderes als ursprünglich. Meine Fragen waren auf den Satz bezogen: "Ich will" ist immer bestimmt durch eine Form (ich will haben, ich will sein), von deren Grund abstrahiert ist." -- da ist gesagt: der Wille sei bestimmt durch eine Form, worin vom Grund nicht des Willens, sondern dieser Form ("deren") abstrahiert sei. Dass das nicht so gemeint war, ist seit deiner ersten Antwort klar. Und jetzt heißt es plötzlich -- für mich jedenfalls überraschend --, dass damit gemeint sei, der Wille selbst sei eine Abstraktion. Und als Erläuterung davon bietest du an: wenn jemand was ändern will, aber nicht weiß was, dann ist das ja wohl ein ziemlich abstrakter Veränderungswille. Das macht aber noch lange nicht aus "abstrakt" eine Bestimmung des Willens. Wenn es Wille gibt, der eine Abstraktion will, also in deinem Beispiel "die Verhältnisse verändern", ohne weiteren Inhalt, dann heißt das noch lange nicht, dass Wille überhaupt abstarakt sei. In den meisten Fällen ist der Wille ganz und gar nicht abstrakt, im Werkeltagsleben z.B. gar nicht, da richtet man acht Stunden am Tag seinen Willen ganz konkret auf das, was man zu tun hat; hätte man da nur einen abstrakten Willen, dann wäre man den Job schnell los. Und überhaupt: Was hat diese ganze Überlegung mit der Frage zu tun, ob der Wille in der Lage ist, den Kapitalismus loszuwerden?

s.

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27.02.2010 schrieb S. G.:

Hallo C., hoffentlich habe ich dich mit meiner ersten, falschen und gemeinen Antwort nicht zu sehr verschreckt, um die späteren Nachfragen von Jens (der mit seiner Kritik recht hatte) und mir ernst zu nehmen. Also hier nochmal meine Nachfragen:

Problem: "a.. Warum hat Marx sich so Fundamental in seiner Aussage, dass die humanoiden Arbeitskraftlieferanten sich nur des Industriellen Gesamt bemächtigen müssten um dem Grundwiderspruch des Kapitals entkommen zu können, geirrt ?"

Wie kommst du darauf, dass das nicht richtig sei? Wenn ich richtig verstehe, was du sagen willst, dann meinst du: Es stimmt nicht, dass die Arbeiter sich nur der Produktionsmittel bemächtigen müssten, um damit was Gescheites, statt Kapitalismus zu machen. Natürlich: sie müssen schon auch wissen was sie mit den Produktionsmittel wollen, sie müssen sich darin sogar einig sein, weil sonst klappt's sicher nicht mit dem Bemächtigen. Und sie müssen eben was anderes im Sinn haben, als Kapitalismus, Bedürfnisbefriedigung z.B. -- aber das sollte die kleinste Schwierigkeit sein. Also das ist eine Nachfrage: ich kenne dein Argument gar nicht, warum das nicht stimmen sollte, wie geht das denn?

Problem: "b.. Was ist die Lösung, um den sich der Eiertanz der proletarischen Revolution dreht und die ganz bestimmt nicht die Probleme lösen kann?"

Wirklich: diese Lösung ist schlicht keine Lösung, sonst könnte sie die Probleme ja lösen. Aber um eine gescheite Antwort zu erhalten, musst du schon sagen, wen oder was du mit Eiertanz meinst, und welche Probleme du lösen willst.

Problem: "c.. Warum kann die Mensch-Maschinenproduktion, auch die hochentwickelte, nicht zum Startpunkt in einer neuen Gesellschaftsform nicht nur nicht führen, sondern warum geht von dieser Form der Zwang aus, sich in der Kapitalen Gesellschaft bewegen zu müssen?"

Wenn du mit "Mensch-Maschinenproduktion" den Kapitalismus, also die Produktionsweise, in der wir uns durchschlagen müssen, meinst: Die ist kein Subjekt. Die Geschichte ist nicht die der Gesetze von Produktionsweisen. Weil 1. diese Produktionsweisen selber die Produkte der mit Wille und Bewusstsein begabten Menschen sind. Sie hängen vollkommen davon ab, wozu die Menschen diese Talente gebrauchen. Und weil, soweit die Leute dabei gezwungen sind, sie 2. nicht von der "Form" der Produktionsverhältnisse, sondern von ihresgleichen gezwungen werden (die Natur mal ausgenommen, die Zeiten sind vorbei, wo die Naturkräfte die Produktionsweise bestimmten). Und ich meine hier nichts besonders tiefgründiges oder rätselhaftes. Da kann man ganz platt, ohne Philosophie, an Polizisten denken, die das Eigentum schützen. Wie man es dreht: die Produktionsweise, die "Form" der stofflichen Reproduktion der Gesellschaft, zwingt die Menschen nicht zu sich, also der "Form" selbst. Sie ist ein Produkt der Gewaltverhältnisse, die die Menschen selbst unter sich betreiben -- nicht andersherum; von Sachen geht kein Zwang aus. Es mag so ausschauen, z.B. beim Geld, aber das ist nur die "Form" des Zwangs, der von den Menschen ausgeht. Auf deine warum-Fragen nochmal so bezogen: erstes warum: die Produktionsweise kann nicht dazu führen -- aber das ist nicht schade, man kann sie ja dazu gebrauchen (missbrauchen ist das), auch wenn sie selbst nicht dazu führen kann. Zweites warum: das ist einfach nicht so, die Form zwingt dich nicht, und mich auch nicht.

Problem: "d.. Was allein kann diesem Prozess den Garaus machen: Der freie Wille bestimmt nicht. [Es kommt nicht darauf an die Lösung im Kopf zu erfinden, sonder mit Hilfe des Kopfes die Lösung im Wirklichen zu finden, und das Wirkliche ist erheblich mehr als das Leben aller Menschen und deren unmittelbare Voraussetzung"

Was das Zitat betrifft: da ist nicht mehr gemeint, als dass man wohl wissen kann was los ist und woran man leidet, dass das allein aber keine Abhilfe schafft. Und die praktischen Konsequenzen aus seinem Wissen ziehen, macht halt ungeheuer vie Arbeit. Z.B. muss man die Arbeiter über das Eigentum aufklären, die meisten täuschen sich fürchterlich darüber, und glauben viel mehr als ihre Ketten zu verlieren zu haben. Man muss sich über das Wissen einig werden, weil man Masse braucht, Viele sein muss, um die Gewalt auszuhalten, die die Gegenseite aufbringt, usw. -- ein haufen Arbeit. Und dass "der freie Wille" das nicht könnte: Welches Argument hast du dafür?

s.

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27.02.2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

27.02.2010 schrieb S.G.:

Und überhaupt: Was hat diese ganze Überlegung mit der Frage zu tun, ob der Wille in der Lage ist, den Kapitalismus loszuwerden?

Na ja. Ich geb's auf. Wenn die Sprache selbst, also der Begriff Abstraktion z.B., nicht die gleiche ist, muss man aufhörn. Worum es bei der Aufhebung des Kapitalismus geht? Na einfach um die Frage, was Politik und was Ökonomie ist und warum das Buch von Marx unterschrieben ist mit "Zur Kritik der politischen Ökonomie". Marx kritisiert nicht Ökonomie, sondern eine politische Ökonomie, also eine politisch bestimmte Ökonomie, eine durch die Rechtsform des Privateigentums fixierte Wirtschaft, welcher die Form der Ware entspricht.
Die Marxsche Argumentation verläuft über den Widerspruch von Form und Inhalt, in welchem die Waren einerseits als Gegenstände menschlicher Bedürfnisse und zugleich als Willensform des Privateigentums aufeinander bezogen werden. In der Wertform beweist Marx die Verselbständigung der Abstraktion, welche diese Vermittlung betreibt, durch die allgemeine Wertform, in welcher die Äquivalentform schließlich die relative Wertform bestimmt. Das Äquivalent wird zum "gesellschaftlichen Faustpfand" des Privateigentums, das Geld zum gesellschaftlichen Subjekt des Warenverhältnis. Der Warenfetischismus entsteht im notwendige Schein dieses Verhältnisses, durch welche die Menschen zu Objekten ihrer Besitzform werden.

Das wars dann nun aber.

Wolfram Pfreundschuh

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28. Februar 2010 schrieb S. G.:

Ok, Wolfram, jetzt reichts langsam. Kaum nehme ich deinen Unsinn mal ernst, fällt dir wieder was Neues ein, und du hast es wohl wieder neu und anders gemeint. Wenn du es mal schaffst, das aufzuschreiben, was du meinst, dann sag' Bescheid, da rede ich dann gern mit dir darüber. Ansonsten ist mir deine philosophische Spinnerei rund um Marx wirklich sehr wurscht. Ich halte sie sogar für schädlich, und das ist der einzige Grund, warum ich mich überhaupt dafür interessiere. Leute wie die C. werden nämlich auf euren Lesekreisen mit diesem Scheiß konfrontiert, und verlieren darüber das Verständnis. Im Fall der C. habe ich den blöden Fehler gemacht, sie für einen der Philosophen, wie du einer bist, zu halten. Das war ein blöder Fehler: aus ihrer mail geht nähmlich, aufmerksam gelesen, ziemlich deutlich hervor, dass sie gerade über Scheiß von dem Scheiß deiner Art, mit dem sie auf euren Lesekreisen garantiert dauernd konfrontiert wurde, das Buch nicht mehr verstanden hat, um das eure Lesekreise angeblich gehen. Nachdem ich also erst erbost und voller Abscheu eine Scheißantwort auf ihre mail geschrieben hatte, und nachdem ich von Jens auf den Fehler meiner Scheißantwort hingewießen wurde, habe ich versucht, den Schaden, den ich angerichtet habe, zu begrenzen. Da kamst du mit deiner Willenskritik daher. Ich habe gedacht: ok, mal klarzustellen was für ein abseitiger Unfug deine Gedankenwelt ist, könnte Leuten wie der C. vielleicht helfen, sich nicht darin zu verlieren. Vielleicht, habe ich gedacht, lässt sich durch den öffentlichen Dialog mit dir der Schaden doch noch begrenzen. Aber jetzt hörst du nicht auf dauernd wieder was anderes zu meinen. Und das langweilt mich zutode, das kenne ich aus dem Studium, und von Gesprächen mit meiner Mutter. Es interessiert mich hier auch gar nicht mehr, wenn ich der C. die Befassung mit Marx eh schon durch meine blöde erste Antwort verleidet habe, dann kann ich es auch durch weiteres Debattieren mit dir nicht wieder rückgängig machen. Also: du kannst die Freiheit deines Willens von mir aus gerne weiter benutzen, um abgehobenen Philosophieprobleme zu wälzen. Aber von mir kriegst du da kein Feedback mehr, mir ist das wurscht, so frei bin ich.

s.

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1. März 2010 schrieb J.:

Prüft doch noch mal, wie Ihr Euch aufeinander bezieht.

Ich hoffe folgende Sicht nicht beweisen zu müssen, da ich euch dann ausgiebig zitieren müsste. Das kann ich hoffentlich vermeiden.

Ich meine 2 Bestimmungen sind zu unterscheiden:

1. Was ist der Wille? Dies ist eine logische Kategorie und da gehört sie auch hin. Und eine Abstraktion vom kapitalistischen Charakter der im Kapitalismus handelnden Subjekte. Also trägt diese Bestimmung nichts zu den Aufgeworfenen Fragen bei.

2. Was ist sein Inhalt? Das ist zu erklären: Was sind die Zwecke der Menschen, die die Kapitalistische Gesellschaft ausmachen und wie kann man diese Zwecke unterscheiden? Und was sind und wie setzen sich die bestimmenden Zwecke, die Prinzipien dieser Gesellschaft durch?

Ich denke solche Fragen gilt es zu beantworten. Und genauer geht es um Marx, der solche Antworten gibt. Jetzt ist die Frage was ist an seinen Antworten strittig?

Sicher nicht die Frage, ob der Mensch einen Willen hat und, dass er diesen betätigt und das der einen Inhalt hat!

Eigentlich kann man das mit dem freien Willen  dann beenden. Da ja niemand behaupten will dass diese Logische Kategorie etwas machen kann. Also auch keine Gesellschaft ändern. Da ist ja schon gesagt worden, dass so etwas bisher immer irgendwelche Menschen gemacht haben.

Und auch das Lob des freien Willens ist mit dem Marx-Zitat kritisiert: Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken."

Dann kann man doch den Punkt (d) so beantworten, dass der Frei Wille   die logische Kategorie - den Kapitalismus nicht beendet.

Wenn ihr so etwas vorhabt, dann sagt doch mal was ihr gegen ihn habt. Denn das fehlt mir ein wenig an (a-c) C.s Fragen. Da wird die Abschaffung des Kapitalismus durch das Proletariat als Problem besprochen und es ist nicht klar, warum die überhaupt etwas gegen den haben sollen. Ich denke, wenn die etwas gegen ihn haben sollten, er z.B. schlecht für sie ist, dann kann man ja noch mal die Frage aufwerfen, ob sie auch dazu in der Lage sind.

j.

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1. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh.:

Am 01.03.2010 um 17:47 schrieb J.:

1. Was ist der Wille? Dies ist eine logische Kategorie und da gehört sie auch hin. Und eine Abstraktion vom kapitalistischen Charakter der im Kapitalismus handelnden Subjekte. Also trägt diese Bestimmung nichts zu den Aufgeworfenen Fragen bei.

Das nachzuvollziehen ist zumindest sehr schwierig, weil die Abstraktion nur sprachanalytisch herausgearbeitet werden könnte. Und das lässt sich offensichtlich nicht rüberbringen, also z.B. dass "der Wille" als Substantiv einen logisch nur abstrakten Zusammenhang darstellt, wie z.B. auch der Begriff "der Wert". Begrifflich erkennt man Abstraktionen durch ihre gleichgültige Beziehung zu ihrem Inhalt. "Ich will schwimmen" sagt nur durch den Inhalt (schwimmen) etwas aus. Das Wollen ist lediglich eine sprachliche Form hierzu, etwa als Aussage, dass ich einen Beschluss gefasst habe. Diese Aussage ist gleich geltend über vieles hinweg, z.B. Schwimmen, Fahrradfahren, Fliegen usw. und wird nur hierdurch inhaltlich.

2. Was ist sein Inhalt? Das ist zu erklären: Was sind die Zwecke der Menschen, die die Kapitalistische Gesellschaft ausmachen und wie kann man diese Zwecke unterscheiden? Und was sind und wie setzen sich die bestimmenden Zwecke, die Prinzipien dieser Gesellschaft durch?

Vielleicht hilft hierbei eine Konfrontation von Wille und Bedürfnis: Bedürfnis kann nur bestimmt, weil konkretes Verlangen, eigene Notwendigkeit, also stofflich wirklich sein. Geht man von den Bedürfnissen der Menschen, Arbeiter, Dienstleister usw. aus, meint man schon immer etwas anderes als wenn man von einem Willen spricht. Der Arbeiter kann wollen, was er will und soviel er will, kann aber nur zu einem Don Quichotte seiner Politik werden, wenn er/sie einfach nur auf die Barrikaden steigt, also sich jenseits der wirtschaftlichen Substanz verhält, durch die er gesellschaftlich in Beziehung zum Kapital, zu seiner Familie usw. gestellt ist. Wille bleibt immer eine selbständige politische Bestimmung, wenn sie nicht durch die Bedürfnisse der Menschen gefüllt wird und mit deren Realisierung auch untergehen kann. Es gibt in der Arbeiterbewegung und in der Geschichte des "Arbeiter- und Bauernstaats" schon genug Beispiele für eine Willensformation, die ja letztlich nur auf politische Entscheidungsmacht in der Politik abzielen kann, wenn sie nicht die wirtschaftliche Beziehung von Arbeit und Bedürfnis zum Inhalt hat. Die Probleme eines rein politischen Gesellschaftsbegriffs (Gesellschaft als Subjekt der Arbeit) hat Marx schon in der Kritik des Gothaer Programms der SPD vorhergesehen und von daher Lasalle kritisiert.

Ich denke solche Fragen gilt es zu beantworten. Und genauer geht es um Marx, der solche Antworten gibt. Jetzt ist die Frage was ist an seinen Antworten strittig?

Wer das Kapital Bd. I gelesen hat, hat sich vielleicht gewundert, warum Marx den Austauschprozeß im 2. Kapitel erst nach dem Warentausch im 1. Kapital bringt. Man könnte ihn ja auch logisch gleichsetzen. Nachdem Marx im ersten Kapital zum Warenfetisch, also zur Verkehrung des gesellschaftlichen Verhältnisses der Menschen zu einem geselllschaftlichen Verhältnis ihrer Sachen gelangt ist, spricht er im 2. Kapitel über die Personen, welche nur dadurch Gewalt haben, dass sie Waren besitzen. Die Personen sind hierdurch Warenhüter, die sich als Personen über ihre Sachen verhalten, weil darin ihr Wille haust. Sie "müssen sich wechselseitig als Privateigentümer anerkennen. Dies Rechtsverhältnis, dessen Form der Vertrag ist, ob nun legal entwickelt oder nicht, ist ein Willensverhältnis, worin sich das ökonomische Verhältnis widerspiegelt. Der Inhalt dieses Rechts- oder Willensverhältnisses ist durch das ökonomische Verhältnis selbst gegeben. Die Personen existieren hier nur füreinander als Repräsentanten von Ware und daher als Warenbesitzer. Wir werden überhaupt im Fortgang der Entwicklung finden, daß die ökonomischen Charaktermasken der Personen nur die Personifikationen der ökonomischen Verhältnisse sind, als deren Träger sie sich gegenübertreten.  (99 f.) Das Rechtsverhältnis der bürgerlichen Gesellschaft ist das Willensverhältnis der Privateigentümer. Von daher kann das insistieren auf den Willen nur diesem Verhältnis entsprechen, bestenfalls mal darüber raus brechen um schließlich auf die Vertragsform wieder zurückverwiesen zu werden. Das Scheitern ihrer gesellschaftlichen Verwirklichung im Kapitalismus erfahren die Menschen nicht über ihren Willen, sondern über das Verhältnis ihrer Bedürfnisse zu ihrer Arbeit.

Wolfram Pfreundschuh

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01.03.2010 schrieb S. G.:

Hi, nein du brauchst mich nicht ausgiebig zu zitieren, ich verstehe dich auch so. Aber trotzdem zitiere ich dich jetzt, weil das das Einfachste ist, um zu sagen, worauf ich mich beziehe. Also ich bin mit deinem Urteil über den Willen nicht eiverstanden:

Eigentlich kann man das mit dem freien Willen dann beenden. Da ja niemand behaupten will dass diese Logische Kategorie etwas machen kann. Also auch keine Gesellschaft ändern. Da ist ja schon gesagt worden, dass so etwas bisher immer irgendwelche Menschen gemacht haben.

Wenn ich über Menschen rede, dann rede ich eben über Subjekte, und ich halte es nur für ein anderes Wort dafür, wenn ich sage: "im Gegensatz zu Sachen mit Wille und Bewusstsein begabt". Dass der Wille nur eine logische Kathegorie sei, und dass er nicht ausmache, wie die Gesellschaft ist, will ich bestreiten. Du hast natürlich recht, dass es schwer darauf ankommt, aus welchen Gründen die Menschen was (im Sinne von dies oder das, also nicht nur im Sinne von überhaupt was) wollen. Aber weder deswegen, noch aus sonst mir bekannten Gründen, würde ich den Willen zur bloßen logischen Kathegorie erklären. Von Natur ist er zwar recht dürftig mit Mitteln ausgestattet (zwei Hände, zwei Füße, usw.), aber das Subjekt, das diese Mittel komandiert, und gesellschaftlich organisiert noch ganz andere Mittel, das ist er schon. Wie die Willen sich aufeinander und auf die Natur beziehen, ist sehr entscheidend dafür, wie die Welt ausschaut. Und solange darüber (also über die gesellschaftlichen Beziehungen genauso wie über das eigene Vermögen) ein falsches Bewusstsein herrscht, d.h. in den Köpfen der meisten Menschen falsche Vorstellungen herumspuken, in welche Welt sie geboren sind, was ihnen von Natur und was vom Gesetz aufgeherrscht ist, usw., sind die Menschen eben befangen in Verhältnissen, die sie nicht wirklich beherrschen. Und nur weil der Marx davon ausgegangen ist, dass die Menschen mit ihrem Willen die schädlichen kapitalistischen Verhältnisse abschaffen können, und statt dessen mit ihrem Vermögen was Gescheites machen, hat er sich die Mühe gemacht, die spannenden Fragen zu erforschen und seine Resultate weiterzusagen. Und mit "die spannenden Fragen" ist hier zusammenfassend nicht mehr gemeint als: Das zu erforschen, woran die Menschen sich abarbeiten. Was ist das? -- Konkurrenz um Geld. Also: was ist das Geld eigentlich, usw. Und im Verlauf des ersten Bandes ist übrigens das Warenfetisch-Kapitel kein resignatives Resultat von wegen die ganze Sache sei ein fürchterliches Verhängnis, sondern es ist eine Zusammenfassung, die sagen will: Merkt ihr die Verrücktheit? Als würden euch die Sachen zwingen! Da muss es doch jedem in's Auge schlagen, dass das weg gehört. Und falls es dir nicht eh schon aufgefallen ist, ich habe jetzt sehr bewusst erstmal nicht "freier Wille", sondern einfach "Wille" gesagt. Dass der "frei" ist, ist hier nämlich erstmal nichts als ein Pleonasmus (zweimal das Gleiche gesagt, wie in "weißer Schimmel", im Unterschied zur Tautologie, wo eine Sache für ihren eigenen Grund erklärt wird). Weil die Menschen eben die Subjekte der ganzen Geschichte sind, d.h. ihr Wille ihre Verhältnisse zueinander genauso wie die zur Natur ausmacht, soweit sie die Natur beherrschen, ist es doppelt gemoppelt den Willen auch noch mit dem Attribut "frei" auszustatten.

Und auch das Lob des freien Willens ist mit dem Marx-Zitat kritisiert: Je einseitiger, d.h. also, je unvollendeter der politische Verstand ist, um so mehr glaubt er an die Allmacht des Willens, um so blinder ist er gegen die natürlichen und geistigen Schranken des Willens, um so unfähiger ist er also, die Quelle sozialer Gebrechen zu entdecken."

Ich weiß immer noch nicht wie ich das Zitat einordnen soll, aber wenn der Marx hier von Blindheit gegen natürliche usw. Schranken redet, dann erinnert mich das am ehesten an das, was der Hegel als den Grund des Staates dargestellt hat: Wille, der seine Freiheit will. Und das ist in der Tat ein recht abstrakter Wille, der eben recht blind gegen seine Schranken ist. Wenn ich jetzt hier das weiter ausführen sollte, dann ginge das in die Richtung: Das oberste Prinzip bürgerlicher Staaten ist die Freiheit. Und das entspringt natürlich dem Willen, so, wie es der Hegel gesagt hat. Und was ist der Inhalt dieses Prinzips? -- Der Wille soll gelten. -- Weil Freiheit eben kein Attribut des Willens unter anderen ist. Also Wille, der abstrakt seine Geltung will: das nimmt der Marx an der Stelle vielleicht auf's Korn (daher: "Allmacht, blind gegen Schranken -- von denen ist in diesem abstrakten Willen nämlich abstrahiert --, usw.) Und wenn ich jetzt eine Kritik an diesem höchsten Prinzip bürgerlicher Staaten (Freiheit) sagen sollte, dann würde ich so anfangen: Es ist doch ein absurdes Prinzip des Zusammenlebens, gerade als erstes und vor Allem für sich zu gelten. Usw. (Und ja: das Dasein der Freiheit besteht im Eigentum, ... das habe ich jetzt eingeschoben, damit der Wolfram mich nicht darüber aufklärt.) Aber wie gesagt: ich weiß gar nicht ob der Marx da nicht was ganz anderes, womöglich sogar was Falsches meint.

Dann kann man doch den Punkt (d) so beantworten, dass der Frei Wille   die logische Kategorie - den Kapitalismus nicht beendet.

Da bin ich mir nicht sicher. Soweit die C. meint, diese Produktionsweise sei ein Verhängnis, gegen das man eh nichts machen kann, will ich ihr nicht recht geben. Wenn sie aber bei "Freier Wille" an eine logische Kategorie gedacht hat, dann würde ich auch sagen: ja, das kann dem Laden nicht den Garaus machen.

Wenn ihr so etwas vorhabt, dann sagt doch mal was ihr gegen ihn habt. Denn das fehlt mir ein wenig an (a-c) C.s Fragen. Da wird die Abschaffung des Kapitalismus durch das Proletariat als Problem besprochen und es ist nicht klar, warum die überhaupt etwas gegen den haben sollen. Ich denke, wenn die etwas gegen ihn haben sollten, er z.B. schlecht für sie ist, dann kann man ja noch mal die Frage aufwerfen, ob sie auch dazu in der Lage sind.

Warum die Arbeiter was gegen den Laden haben sollten: Weil sie da ihr Dasein als Lohnkosten fristen müssen, als Arbeitslose und Kanonenfutter. Wüssten sie woran sie genau leiden (der Marx hat versucht es ihnen zu erklären), dann könnten sie den Laden ganz locker über den Haufen werfen: sie schmeißen ihn ja schließlich auch. Der ganze rationelle Sinn von Kapital-Lesekreisen besteht darin, den Leuten zu erklären, woran sie sich abarbeiten, und so genug viele Gleichgesinnte zu werden, um den Unfug wirksam bleiben zu lassen.

s.

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2. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh.:

Am 01.03.2010 um 17:47 schrieb J: Da wird die Abschaffung des Kapitalismus durch das Proletariat als Problem besprochen und es ist nicht klar, warum die überhaupt etwas gegen den haben sollen. Ich denke, wenn die etwas gegen ihn haben sollten, er z.B. schlecht für sie ist, dann kann man ja noch mal die Frage aufwerfen, ob sie auch dazu in der Lage sind.

Wir sollten doch eher davon ausgehen, warum wir den Kapitalismus abschaffen wollen und worin unsere Beziehung zu den Menschen besteht, die unmittelbar das Objekt des Kapitals sind, die unmittelbar von ihm ausgebeutet werden. Wir selbst als eine bestimmte Schicht in der Welt des Kapitals stehen mehr vor allgemeinen Resultaten der Kapitalverwertung, wie z.B. Naturzerstörung, politischer Gewalt gegen Mensch und Kultur, Effizienzdruck auf Ausbildung und Arbeitsplatz usw. Hinzu kommt, dass die Proleten im Sinne von Industriearbeitern in Deutschland die Minderheit darstellen, sowohl im Arbeitsprozess wie auch in der Beteiligung am Zustandekommen der Produkte, die hier bedeutsam sind (ca. 75 % der Haushaltsartikel kommen z.B. aus Asien und werden zu Hungerlöhnen hergestellt, die sich in Verkaufspreisen darstellen, die für deutsche Verhältnisse weit unter Wert liegen). Lediglich die Maschinenbau- und Automobilbranche und vielleicht noch die Pharmaindustrie ist für die deutsche Wirtschaft wirklich relevant. Der Rest ist vor allem Kapitalwirtschaft und Dienstleistung. Das Proletariat ist weltweit von internationaler Gewalt (Konzerne und Staaten) beherrscht und durch nationale und kulturelle Schranken von einander isoliert. Die Proleten in lokal bestimmbaren Zusammenhängen (Nation, Betrieb usw.) gibt es nicht mehr. Aber es gibt die kapitalistische Gesellschaft nach wie vor und brutal wie eh und je. Ich denke, dass das der Ansatz für eine Revolution auch geblieben ist und dass diese zunehmend allen Menschen nötig werden könnte. Aber weiterhin von einer proletarischen Revolution zu reden, ist einfach nur weltfremd und naiv. Die Proleten werden sicher hinzutreten, wenn sich in den Kommunen und Kulturen der Welt Widerstand gegen das Kapital regt. Aber ohne diesen wird nichts geschehen.

Wolfram Pfreundschuh

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2. März 2010 schrieb S.G.:

Au man, Scheiße, Wolfram, eigentlich wollte ich ja inskünftig deine Hirnwichserei ignorieren, aber es juckt mich einfach so:

Wir sollten doch eher davon ausgehen, warum wir den Kapitalismus abschaffen wollen und worin unsere Beziehung zu den Menschen besteht, die unmittelbar das Objekt des Kapitals sind, die unmittelbar von ihm ausgebeutet werden. Wir selbst als eine bestimmte Schicht in der Welt des Kapitals stehen mehr vor allgemeinen Resultaten der Kapitalverwertung, wie z.B. Naturzerstörung, politischer Gewalt gegen Mensch und Kultur, Effizienzdruck auf Ausbildung und Arbeitsplatz usw.

Genau. "Wir" sind nämlich was Besseres, und haben "Beziehungen zu den Menschen", die -- nicht wie "wir" -- "unmittelbare Bezihungen zum Kapital" haben. Was "uns" interessiert sind nur die Resultate. "Wir" sind Umweltfreunde, und Freunde des Menschenrecht, usw. Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte!

s.

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9. März 2010 schrieb J.:

Ich denke auch, dass der eingeschlagene Ton der Klärung der aufgeworfenen Fragen durchaus abträglich ist.

Zusätzlich will ich noch mal darauf verweisen, dass das pure entgegensetzen Eurer Standpunkte den Mangel hat, dass sie dann immer noch 2 Meinungen über „Das Kapital“ oder den Kapitalismus sind, obwohl ihr doch sagen wolltet, dass ihr richtig liegt und der Andere daneben, also dass eure Meinung die andere ausschließt. Dafür bedürfte es des Nachweises Eurer Urteile und oder der Widerlegung des anderen.

Wenn Letzteres der geteilte Zweck ist, dann braucht man das nicht extra als Regel einführen. Und eigentlich sollte dies nur die Einleitung in die Debatte um das K1 sein, da sich Eure Urteile vor allem darauf beziehen.

Wenn ihr einerseits aneinander vorbeiredet, dann steckt in Euren Äußerungen dennoch ein zu klärender Widerspruch, der uns auf das 1. Kapital des K1 zurückführt:

Aussagen wie z.B. - „Der Arbeiter kann wollen, was er will und soviel er will, kann aber nur zu einem Don Quichotte seiner Politik werden, wenn er/sie einfach nur auf die Barrikaden steigt, also sich jenseits der wirtschaftlichen Substanz verhält, durch die er gesellschaftlich in Beziehung zum Kapital, zu seiner Familie usw. gestellt ist… Von daher kann das insistieren auf den Willen nur diesem Verhältnis (Privateigentum) entsprechen, bestenfalls mal darüber raus brechen um schließlich auf die Vertragsform wieder zurückverwiesen zu werden. Das Scheitern ihrer gesellschaftlichen Verwirklichung im Kapitalismus erfahren die Menschen nicht über ihren Willen, sondern über das Verhältnis ihrer Bedürfnisse zu ihrer Arbeit.“ - beziehen sich auf das Fetischcharakter von Ware, Geld und Kapital. Wenn wir nur das 1. Kapitel nehmen, dann auf Ware und Geld.

Jetzt wurde auch der Inhalt der Marxschen Argumentation auf 2fache Weise wiedergegeben:

1. „Das Äquivalent wird zum "gesellschaftlichen Faustpfand" des Privateigentums, das Geld zum gesellschaftlichen Subjekt des Warenverhältnisses. Der Warenfetischismus entsteht im notwendigen Schein dieses Verhältnisses, durch welche die Menschen zu Objekten ihrer Besitzform werden. Oder, warum Marx den Austauschprozeß im 2. Kapitel erst nach dem Warentausch im 1. Kapital bringt. Man könnte ihn ja auch logisch gleichsetzen. Nachdem Marx im ersten Kapital zum Warenfetisch, also zur Verkehrung des gesellschaftlichen Verhältnisses der Menschen zu einem gesellschaftlichen Verhältnis ihrer Sachen gelangt ist, spricht er im 2. Kapitel über die Personen, welche nur dadurch Gewalt haben, dass sie Waren besitzen.“

2. Der Mensch ist „ das Subjekt, das diese Mittel kommandiert, und gesellschaftlich organisiert ... solange … über die gesellschaftlichen Beziehungen genauso wie über das eigene Vermögen… ein falsches Bewusstsein herrscht, d.h. in den Köpfen der meisten Menschen falsche Vorstellungen herumspuken, in welche Welt sie geboren sind, was ihnen von Natur und was vom Gesetz aufgeherrscht ist, usw., sind die Menschen eben befangen in Verhältnissen, die sie nicht wirklich beherrschen. … im Verlauf des ersten Bandes ist übrigens das Warenfetisch-Kapitel kein resignatives Resultat von wegen die ganze Sache sei ein fürchterliches Verhängnis, sondern es ist eine Zusammenfassung, die sagen will: Merkt ihr die Verrücktheit? Als würden euch die Sachen zwingen!“

Wenn ihr euch diese beiden Zitate anschaut, dann verweist doch das 1. darauf, dass Ware und Geld uns als Gegenstände erscheinen, obwohl sie doch soziale Verhältnisse zwischen den Privatproduzenten sind; deren Zweck der Tauschwert (TW) ist (übrigens – wg. des Gegensatzes zwischen TW und Gebrauchswert (GW) - eine wesentliche Stelle). Das 2. Zitat weist darauf hin, dass es offensichtlich eine Verrücktheit ist, dass uns die sozialen Verhältnisse bestimmen und nicht wir die Macher dieser. Denn es ist doch einerseits so, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse nur durch Menschen zustande kommen, andererseits stimmt auch, dass Geld der Bestimmende Zweck dieser Gesellschaft ist. Also ein vergegenständlichtes ökonomisches Verhältnis die Untertanen der modernen Staaten kommandiert.

noch mal anders: Es ist doch auch ein logischer und praktischer Widerspruch, dass man weiß, dass man selbst sich Ziele setzt und dann nach Mitteln sucht sie umzusetzen und dabei auf Mittel stößt (Ware, Geld), die den die Gesellschaft beherrschenden Zweck in sich tragen, welche einem die Zwecke setzen, denen man sich fügen muss.

Jetzt belässt es der Marx nicht bei diesem Widerspruch und sagt, dass das nun mal so ist. Und ich meine aber, dass die oben zitierten Aussagen ein wenig so klingen (wenn es nicht so gemeint ist, dann nehm ich das sofort zurück), als ob menschliche Gesellschaften nun mal diese Verrücktheit in sich tragen und jeder der meint, dass man dagegen etwas machen könnte, zum Kampf gegen Windmühlen aufruft.

Ich denke dagegen, dass Marx auf diesen Widerspruch hinweist, um ihn zu erklären. Und eigentlich weist das 1. Zitat auch darauf hin. Denn für das Privateigentum (die Menschen, die es besitzen) ist das kein Widerspruch. Denn, für den Teil der kapitalistischen Gesellschaft, der Waren produziert, um sie nicht zu benutzen, sondern den Bedarf danach als Hebel zum Geldverdienen verwendet, ist Ware und Geld Mittel für den Eigenen Zweck Eigentum. Dort passen Zweck und Mittel zusammen, da der Zweck (Geld) der herrschende ist und Waren für Privatproduzenten das Mittel sind, um an Geld zu kommen.

Ich will sagen, dass es doch um die Erklärung des oben gekennzeichneten Widerspruchs geht. Und die ist, dass in dieser Gesellschaft Ware und Geld nicht Mittel für die Befriedigung von stofflichen Bedürfnissen sind, sondern selbst der Zweck sind und das Mittel der Privateigentümer, um ihr - in Geld gemessenes - Eigentum zu vermehren. Die Macht des Privateigentums über den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess hat im Geld seine gegenständliche Form und wird durch die Verwendung des Geldes vermehrt. Dann herrscht das Privateigentum in seiner gegenständlichen Form (Geld) über diese Gesellschaft; Geld ist als gegenständlicher Zweck der herrschende Zweck, weil das Privateigentum der die Gesellschaft bestimmende Zweck ist, dessen gegenständliche Form das Geld ist.

So fallen für das Privateigentum Zweck und Mittel zusammen, da Geld sein Zweck ist und Ware das Mittel. Für alle, die nicht Privateigentum vermehren fallen Zweck und Mittel auseinander, schließen sich aus, da sie Geld nur als Mittel für die individuelle Konsumtion von Waren verwenden können und müssen und dabei zu spüren bekommen, dass Geld dafür nicht taugt.

Auf 2 weitere Fragen ist noch einzugehen, aber nicht heute. Ich schreib sie nur auf, damit sie nicht vergessen werden. Also debattiert doch bitte erst die Beiden Bestimmungen des Fetischcharakters. Und wenn das fertig ist folgende Fragen:

1. Will sich mal Jemand zu dem Gegensatz von TW und GW äußern? Ich mein das so: Es ist die ganze Zeit debattiert worden, dass es doch klar ist, dass man gegen den Kapitalismus sein soll. Z.B., weil die Produktionsverhältnisse (PV) nicht mehr mit den Produktivkräften (PK) auskommen wollen. Aber das ist doch ein Problem der PV und nicht meins. Mich ärgert eher das was der Marx über den GW schreibt, dass der sich dem TW unterordnet; meine Bedürfnisse von den GW ganz prinzipiell getrennt sind und der GW deswegen nicht mein Mittel ist, sondern der Hebel, um sich an meinem Lebensregungen zu bereichern, indem sie nur befriedigt werden, wenn ich Geld habe, wenn nicht, dann nicht.

2. Stimmt es eigentlich, dass man1. und 2. Kapital Gleichsetzen Kann? Denn es sind ja 2 Kapital. Es erscheit als ein Widerspruch, dass Marx in beide Kapital den gleichen Inhalt schreibt. Also was ist die Aussage vom 1. Kapitel, im Unterschied zum 2.?

3. Es wurde behauptet, dass es das Proletariat nicht mehr gibt. Der Nachweis, war der Verweis darauf, dass die Arbeitsplätze Heute anders aussehen als zu Marx Zeiten und dass dem Proletariat revolutionär nicht über den Weg getraut werden kann. Decken sich diese 2 Bestimmungen mit dem marxschen Begriff vom Proletariat? Wie bestimmt er es?___ Wenn sie sich nicht decken, was stimmt dann? Oder sind beide verkehrt?

j.

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9. März 2010 schrieb S.G.:

Hi Jens,

ich glaube du verrennst dich da etwas in blöden Debatten zwischen mir und Wolfram. Irgendwie fühle ich mich auch missverstanden. Aber um das wieder kurz und sinnvoll zu machen: lass mal das Zitieren, sag doch in eigenen Worten mal, was dir unklar ist -- egal was ich oder Wolfram gesagt haben. Das ist doch eh' uninteressant. spannend ist deine Frage, oder, wenn es keine Frage ist, dann der Punkt, den du gern besprechen magst.

s.

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10. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Hallo Jens,

der Widerspruch, den du beschreibst, liegt nicht in den Zitaten, sondern in der Sache selbst.

Das ist der Knackpunkt des Warenfetischismus, dass er aus der Äquivalentform hervorgeht, dass die Sache selbst als Grund eines gesellschaftlichen Verhältnisses erscheint, wiewohl sie im einzelnen nur Gebrauchswert für den Menschen darstellt. Als Ware ist die Sache selbst ein einziger Widerspruch: konkret einzeln hat sie nur Gebrauchswert und kommt dem Menschen nur privat zu, allgemein hat sie nur Wert und hat hierin ihre reine abstrakte gesellschaftliche Beziehung als selbständige, vom Menschen unabhängige Sache. Das beides ist real, also nicht einfach nur Bewusstsein.

Es ist die reale Verkehrung der gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen in ein gesellschaftliches Verhalten der Sachen. In diesem Verhältnis, also auf dem Warenmarkt, erscheint der Gebrauchswert in der Form seines Gegenteils, also als Träger einer gesellschaftlichen Sache in Geldform.

Ein falsches Bewusstsein wäre die Behauptung, dass der Widerspruch nicht real existiere und dessen notwendige Erscheinungsform, die Geldform, selbst wesentlich sei.

In solchem Fetischbewusstsein wird die Geldform selbst zu einem gesellschaftlichen Wesen, das an die Stelle der Menschen tritt. Doch das war, denke ich, nicht strittig. Strittig war, dass sich die Kritik dieses Verhältnisses aus dem Willen selbst ergeben würde, dass sich also die Menschen durch ihren Willen hiergegen verhalten, sich de facto hierüber hinwegsetzen könnten. Ich meine, sie tun es als Warenhüter sowieso und verfolgen dabei ihre ganz eigentümlichen Zwecke als "ihr Recht", das Recht auf Privateigentum.

Das Kapital von Marx besteht aus 3 Bänden, in denen er abhandelt, wie die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen, welche ihre Lebensproduktion ausmachen, durch die Form ihrer Verhältnisse, der Warenbeziehungen beherrscht werden, also durch die Herrschaft des Werts, der verausgabte, also tote Arbeit (=Kapital) darstellt, von ihrer wirklichen gesellschaftlichen Beziehung ausgeschlossen, privatisiert werden. Hiergegen müssen diese wirklichen Beziehungen, also die Beziehungen ihrer Arbeit und ihrer Bedürfnisse, zur Grundlage der Kritik werden und also den Schein der Geldbeziehungen aufheben. Da ist mit Wille kein Deut zu holen (etwa: wir müssen nur mehr wollen), denn der Wille bezieht sich weiterhin eben nur auf das, was ihn allein zu einer eigenständigen Größe werden lässt: die Geldform.

Wolfram Pfreundschuh

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10. März 2010 schrieb S..G.:

Hallo, ich meine es wäre wirklich sinnvoll, sich beim Debattieren mit mails an die Salamitaktik zu halten: immer nur einen Punkt -- sonst wird man sich, meiner Erfahrung nach, per mail nie einig, und kommt auch nicht auf den Kern der Differenz, soweit man sich nicht einigen kann. Ihr (Wolfram und Jens) seht das offenbar anders. Ok, aber ich mache jetzt trotzdem mal ein Angebot, indem ich einen Punkt aus Wolframs Antwort herausgreife. Und der ist:

... Strittig war, ... dass sich ... die Menschen durch ihren Willen hiergegen verhalten, sich de facto hierüber hinwegsetzen könnten. Ich meine, sie tun es als Warenhüter sowieso ...

"hiergegen" bezieht sich auf die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Waren produziert werden. Über die will ich jetzt gar nichts genaueres wissen. Mir geht es nur um den Gedanken, dass man sich ausgerechnet "als Warenhüter" über diese Verhältnisse hinwegsetzen würde. Ich verstehe das einfach nicht, ich hätte gemeint es wäre genau andersherum: gerade "als Warenhüter" steckt man doch in diesen Verhältnissen. Wolfram, oder wer anders, der den Gedanken versteht: kannst du mir das mal kurz (bitte ohne Zitate) erklären?

s.

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10. März 2010 schrieb schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 10.03.2010 um 09:39 schrieb Stefan Groß:

gerade "als Warenhüter" steckt man doch in diesen Verhältnissen. Wolfram, oder wer anders, der den Gedanken versteht: kannst du mir das mal kurz (bitte ohne Zitate) erklären?

Ich sehe nicht, wo ich gesagt haben soll, dass man sich als Warenhüter über die herrschenden Warenverhältnisse hinwegsetzen kann.

Wolfram Pfreundschuh

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10. März 2010 schrieb schrieb S.G.:

Ich sehe nicht, wo ich gesagt haben soll, dass man sich als Warenhüter über die herrschenden Warenverhältnisse hinwegsetzen kann.

Das hast du ja auch nicht gesagt, sondern du hast gesagt man würde es tun. Aber wenn das nicht so gemeint war, dann war es halt nicht so gemeint, und ich weiß auch nicht weiter.

s.

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10. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Vielleicht sollte der befragte Satz deutlicher so heißen:

Ich meine, sie verhalten sich als Warenhüter sowieso gegen ihren gesellschaftlichen Zusammenhang und verfolgen dabei ihre ganz eigentümlichen Zwecke als "ihr Recht", das Recht auf Privateigentum.

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10. März 2010 schrieb S.G.:

Ok, von mir aus, dann die Variante: Sie sollen sich also als Warenhüter gegen ihren gesellschaftlichen Zusammenhang verhalten. Was ist damit gemeint? Sich als Warenhüter zu begegnen, ist doch gerade der gesellschaftliche Zusammenhang, der die Warenproduktion ausmacht. Also "Verhalten gegen" kann ich an der Stelle nicht verstehen. Die zweite Hälfte wirft noch andere Fragen auf, darum beschränke ich mich hier mal auf die erste, vielleicht kannst du das ja erklären (bitte ohne Zitate und möglichst kurz).

s.

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10. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Als Warenhüter sind sie einzelne Menschen, die Waren besitzen. Es besteht zwischen ihnen kein gesellschaftlicher Zusammenhang. Dieser steckt nur in ihren Waren, die für sie persönlich nur Gebrauchswert haben und ansonsten für den Tausch existieren, also ausschließlich als Dinge gesellschaftlich sind. Indem sich diePrivateigentümer über ihre Dinge beziehen, verwirklichen sie zwar deren gesellschaftlichen Zusammenhang, verhalten sich aber als Personen hiergegen, da sie die Eigenschaften der Dinge für sich vernutzen, sie dazu bringen, den Markt zu verlassen.

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10. März 2010 schrieb S.G.:

Hi,

Als Warenhüter sind sie einzelne Menschen, die Waren besitzen. Es besteht zwischen ihnen kein gesellschaftlicher Zusammenhang.

da täuschst du dich meiner Meinung nach ganz gewaltig. Ohne den Zusammenhang, über Gebrauchswerte für Andere zu verfügen (qua Eigentumsrecht), die für einen selbst gar nicht als diese Gebrauchswerte, sondern als Tauschwerte zählen, wären die Sachen keine Waren. Um jetzt nicht abzuschweifen und an dem Punkt zu bleiben, nochmal einfacher: Gegen wen werden die Waren denn gehütet? -- gewiss nicht gegen sich selbst, sondern gegen Andere. Ein einzelner Warenhüter ist eine mir vollkommen unverständliche Vorstellung.

s.

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11. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 10.03.2010 um 20:54 schrieb Stefan Groß:

Ein einzelner Warenhüter ist eine mir vollkommen unverständliche Vorstellung.

Hier geht's nicht um Vorstellungen, sondern um eine Analyse. Wenn Du die Resultate von Marx im 1. Kapitel nicht aufnehmen kannst oder willst, dann können wir natürlich nicht über das 2. Kapitel reden, worin es um den Warenbesitz im Tauschprozess geht. Sorry.

"Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen. " (S.86)

"Gebrauchsgegenstände werden überhaupt nur Waren, weil sie Produkte voneinander unabhängig betriebner Privatarbeiten sind. Der Komplex dieser Privatarbeiten bildet die gesellschaftliche Gesamtarbeit. Da die Produzenten erst in gesellschaftlichen Kontakt treten durch den Austausch ihrer Arbeitsprodukte, erscheinen auch die spezifisch gesellschaftlichen Charaktere ihrer Privatarbeiten erst innerhalb dieses Austausches. Oder die Privatarbeiten betätigen sich in der Tat erst als Glieder der gesellschaftlichen Gesamtarbeit durch die Beziehungen, worin der Austausch die Arbeitsprodukte und vermittelst derselben die Produzenten versetzt. Den letzteren erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen." (S.88)

Wolfram Pfreundschuh

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11. März 2010 schrieb S.G.:

Ich kenne den Text, Wolfram. Schätze wir verstehen den halt ganz verschieden; glaube kaum dass jetzt noch ein neues Argument kommt, betrachte die Sache also als bleibende Differenz. Nichts für ungut.

s.

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15. März 2010 schrieb S.G.:

Hallo K-Lesekreise, nachdem der Wolfram und ich wohl nicht grün miteinander werden, will ich trotzdem auf was bestehen, und zwar anhand eines Satzes von Wolfram, der sich wohl denkt, seine Analysen, wie die von Marx und anderen Verdienstvollen Leuten, wären mehr als Vorstellungen:

Hier geht's nicht um Vorstellungen, sondern um eine Analyse.

Es ist ganz falsch, sich einzubilden, man hätte mehr als Vorstellungen drauf, auch wenn man Marx gelesen hat. Ob die Vorstellungen stimmen, ist eine sehr entscheidende Frage, die sollte man gewissenhaft prüfen. Aber ansonsten kommt es nicht auf sie an, sondern auf die Konsequenzen, die man daraus zieht. Und es liegt immer an den Vorstellungen, den Gedanken, welche Konsequenzen daraus folgen. Hier ist eine Weiche, auf die ich euch gern aufmerksam machen will:

Man kann Marx lesen, und sich nachher schlau vorkommen, womöglich noch Dialektik bei Hegel studieren, und zu dem Schluss kommen, dass es alles wahnsinnig spannend und wichtig ist. Man kann aber auch das Buch als Auskunft über die Welt, in der man lebt, nehmen. Dann wird es zwar auf einmal schwer bis blöd sich damit toll vorzukommen, aber darum geht es ja auch gar nicht -- hoffe ich zumindest.

Aus dem ersten folgt vermutlich aufrichtige, lebenslange philosophiche Anstrengung mit Konsequenzen wie denen von Wolfram: Umweltschutz, Menschenrecht, usw. Aus dem Zweiten folgt auch was, aber das ist vollkommen unrealistisch, kann man nie im Leben schaffen, usw: unterhalb von Revolution, Aufhören mit Kapitalismus, geht gar nichts. Hier muss sich jeder entscheiden, die Meisten tun es ohne das zu wissen, was der Marx aufgeschrieben hat. Folgt daraus was, oder nicht? Darüber muss man sich klar sein, sonst kann man gleich mit Wolfram Sprachanalyse treiben.

s.

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15. März 2010 schrieb I.:

@Stefan: Wie wäre es denn, wenn du nicht nur deine VORSTELLUNGEN über die Kapitallesekreise ausbreiten, sondern etwas zum Kapital sagen würdest. Vielleicht findet sich ja dann jemand, der mit dir reden will (ich nicht).

Einen Unterschied zwischen Analyse und Vorstellung kannst du z.B. deinem letzten Beitrag entnehmen. Die Art von Projektion, die deiner Mitteilung zugrunde liegt, würde ich auch höchstens eine Vorstellung im schlechten Sinn nennen, aber keine ANALYSE "der Kapitallesekreise", die du mit deiner E-Mail meinst auf den rechten Weg führen zu müssen. Der Unterschied zwischen Vorstellung und Analyse ist also einer in der Herangehensweise: Wer etwas analysiert - z.B. den Kapitalismus oder die Kapitallesekreise außerhalb des Gegenstandpunkt - der will wissen WAS das ist und der kommt, wenn er sich die Frage richtig beantwortet bei einem BEGRIFF des Kapitalismus und wenn vorhanden auch der Kapitallesekreise außerhalb des Gegenstandpunkt an. Wer die Welt mit Vorstellungen nervt, der hat eben schon lauter Sachen über sie angenommen - wie du über die Kapitallesekreise außerhalb des Gegenstandpunkt, wie man deiner wegweisenden E-Mail entnehmen kann. Es ist nicht so, dass du da irgendwas analysiert hättest, dir also einen Begriff davon gemacht hättest, was "der" SDS oder sonstige Kapitallesekreis ist (was eine Antwort auf die Frage, ob es überhaupt so etwas den Begriff der Kapitallesekreise außerhalb des Gegenstandpunkt gibt einschließen würde - die wollen sich schlau vorkommen, sind Philosophen usw..). Deine Vorstellungen sind also KEINE Analysen (oder Resultate davon), sondern es sind Einsortierungen aus deiner politischen Konkurrenzperspektive (übrigens aus meiner Sicht ein Grund überhaupt nicht anzufangen mit dir über das Kapital zu diskutieren).

Also: Halt die Fresse oder schreib' auf, was dich am Übergang vom ersten zum zweiten Kapitel des ersten Bandes interessiert. Vielleicht gibt es ja Leute, die ein aktuelles Interesse an der Stelle haben.

l.

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16. März 2010 schrieb S.G.:

... wrote: @Stefan: Wie wäre es denn, wenn du nicht nur deine VORSTELLUNGEN über die Kapitallesekreise ausbreiten, sondern etwas zum Kapital sagen würdest. Vielleicht findet sich ja dann jemand, der mit dir reden will (ich nicht).

Offenbar doch. Aber den Einwand finde ich falsch: mein Versuch eine Debatte anzuzetteln hatte allerdings was mit dem Buch zu tun.

Also: Halt die Fresse oder schreib' auf, was dich am Übergang vom ersten zum zweiten Kapitel des ersten Bandes interessiert. Vielleicht gibt es ja Leute, die ein aktuelles Interesse an der Stelle haben.

Ok, also zu dem Übergang: Hier ist nicht der Beginn der politischen Seite von "Politische Ökonomie". Es geht schon das ganze erste Kapitel um beides. Allerdings stellt der Marx am Ende vom ersten Kapitel resümierend fest: In der Welt der Warenproduktion steht alles Kopf: es ist, als würden die Sachen über die Menschen bestimmen. Und dann schließt er daran an, im 2. Kapitel: Aber so ist es natürlich nicht ("Waren können sich nicht selbst zu Markte tragen"), und erklärt im Folgenden, wie der verrückte Zustand (Ende Kap. 1) von den Menschen selbst hervorgebracht wird. Mehr ist nicht dran, an dem Übergang. Oder habe ich jetzt eine Schwierigkeit übersehen, die du damit hast? Wenn ja, dann würde die mich schon interessieren; auch wenn du vom SDS bist (?) und den Gegenstandpunkt nicht magst: vielleicht können wir uns ja über die Sache einigen und hinterher diskutieren, was daraus folgt.

s.

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16. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 16.03.2010 um 08:23 schrieb Stefan Groß:

In der Welt der Warenproduktion steht alles Kopf: es ist, als würden die Sachen über die Menschen bestimmen. Und dann schließt er daran an, im 2. Kapitel: Aber so ist es natürlich nicht ("Waren können sich nicht selbst zu Markte tragen"), und erklärt im Folgenden, wie der verrückte Zustand (Ende Kap. 1) von den Menschen selbst hervorgebracht wird. Mehr ist nicht dran, an dem Übergang.

Wie ein Mensch so viel Schwachsinn auf einmal bringen kann, ist mir unbegreiflich. Willst Du nicht lieber erst mal das Buch lesen, bevor du einfach drauf los schwätzt? Es genügt doch schon ein kurzer Blick ins Buch, um zu sehen, dass Deine obigen Behauptungen nichts, aber auch gar nichts mit dem Kapital von Karl Marx zu tun haben.

Zum Schluss des 2. Kapitels fasst es Marx ja selbst noch mal zusammen: "Wir verfolgten die Befestigung dieses falschen Scheins. Er ist vollendet, sobald die allgemeine Äquivalentform mit der Naturalform einer besondren Warenart verwachsen oder zur Geldform kristallisiert ist. Eine Ware scheint nicht erst Geld zu werden, weil die andren Waren allseitig ihre Werte in ihr darstellen, sondern sie scheinenumgekehrt allgemein ihre Werte in ihr darzustellen, weil sie Geld ist. Die vermittelnde Bewegung verschwindet in ihrem eignen Resultat und läßt keine Spur zurück. Ohne ihr Zutun finden die Waren ihre eigne Wertgestalt fertig vor als einen außer und neben ihnen existierenden Warenkörper. Diese Dinge, Gold und Silber, wie sie ausden Eingeweiden der Erde herauskommen, sind zugleich die unmittelbare Inkarnation aller menschlichen Arbeit. Daher die Magie des Geldes. Das bloß atomistische Verhalten der Menschen in ihrem gesellschaftlichen Produktionsprozeß und daher die von ihrer Kontrolle und ihrem bewußten individuellen Tun unabhängige, sachliche Gestalt ihrer eignen Produktionsverhältnisse erscheinen zunächst darin, daß ihre Arbeitsprodukte allgemein die Warenform annehmen. Das Rätsel des Geldfetischs ist daher nur das sichtbar gewordne, die Augen blendende Rätsel des Warenfetischs." MEW 23 S. 107f

Wolfram Pfreundschuh

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17. März 2010 schrieb J.:

Ich denke nicht, dass Eure Vorurteile über irgendwelche Hochschulgruppen, Stiftungen oder Zeitschriften Substanzielles zum „Warenfetisch“ beitragen. Leider muss ich auch feststellen, dass meine Bitte, sich auf die Argumente des Vorredners zu beziehen, verhallte. Der letzte Wortwechsel zeigt das, wie die vorhergehenden.

Der Eine (Stefan) verweist auf den Irrsinn, der im Fetisch ausgedrückt ist. Und damit zitiert er den Marx korrekt, da der ja bezüglich der Vergegenständlichung von sozialen Verhältnissen extra die Vokabel „Fetisch“ verwendet (86-87). Dann verweist er noch auf das Argument, dass diese Verkehrung des ökonomischen Inhalts von Ware und Geld in seiner Erscheinungsform, seinen Grund in den Kapitalistischen Eigentumsverhältnissen hat. Auch das ist korrekt von Marx übernommen (87).

Der Andere (Wolfram) antwortet darauf, dass diese Existenzweise und damit das Bewusstsein davon notwendig sind und, dass im Geld jede Spur seines ökonomischen Grundes Ausgelöscht ist. Und auch das ist korrekt von Marx übernommen (88-89).

Nur müsst ihr beide mal zur Kenntnis nehmen - das hat Wolfram, im Gegensatz zu seiner letzten mail, schon mal gemacht - dass diese Bestimmungen sich widersprechen und das Ihr beide Marx korrekt wiedergebt. Es also nicht so ist, dass der Eine den Marx nicht gelesen hat.

Es ist also zu erklären, wie beide Bestimmungen zusammengehen. Und auch da ist an den Sätzen von Stefan etwas dran. Es sind die Privatproduzenten, die diesen Widerspruch zusammenbringen. Auch korrekt von Marx übernommen (99).

Einerseits habt ihr meinen Versuch diesen Widerspruch zu erklären mit Nichtbeachtung gestraft. Andererseits meine ich, dass er hier hin gehört. Deswegen fasse ich ihn gleich noch mal zusammen.

Aber vorher noch einen Pkt., den Ihr euch noch mal überlegen müsst und den der Marx auch vor dem Übergang ins 2. Kapital erörtert (89-98). Wie ist das eigentlich mit dem notwendigen und dem falschen Bewusstsein? Also wie denken die Untertanen der kapitalistischen Gesellschaften über Ware und Geld. Das ist eine von o.g. Widerspruch in Marx Erklärung getrennte Überlegung. Und die löst sich weder nach der Seite auf, dass es nicht falsch sein kann, wenn man so denkt, wie Ware und Geld erscheinen - das merkt ihr an euch, noch nach der Seite, dass man durch bloßes Denken und Wollen den Kapitalismus überwindet. Auch da redet ihr mit der bloßen Entgegensetzung dieser beiden Positionen an der Sache vorbei.

Also jetzt die Zusammenfassung des Übergangs von Kap. 1 zu 2:

Für den Teil der kapitalistischen Gesellschaft, der Waren produziert, um sie nicht zu benutzen, sondern den Bedarf danach als Hebel zum Geldverdienen verwendet, ist Ware und Geld Mittel für den Eigenen Zweck Eigentum. Dort passen Zweck und Mittel zusammen, da der Zweck (Geld) der herrschende ist und Waren für Privatproduzenten das Mittel sind, um an Geld zu kommen. Ware und Geld sind Mittel der Privateigentümer, um ihr - in Geld gemessenes - Eigentum zu vermehren. Die Macht des Privateigentums über den gesellschaftlichen Reproduktionsprozess hat im Geld seine gegenständliche Form und wird durch die Verwendung des Geldes vermehrt. Dann herrscht das Privateigentum in seiner gegenständlichen Form (Geld) über diese Gesellschaft. So fallen für das Privateigentum Zweck und Mittel zusammen, da Geld sein Zweck ist und Ware das Mittel. Für alle, die nicht Privateigentum vermehren fallen Zweck und Mittel auseinander, schließen sich aus, da sie Geld nur als Mittel für die individuelle Konsumtion von Waren verwenden können und müssen und dabei zu spüren bekommen, dass Geld dafür nicht taugt.

Anhang:

Da sich einige über die Redakteure des Gegenstandpunkt aufgeregt haben und gleichzeitig substanzielle Aussagen über den Standpunkt von Marx zum Fetisch forderten, hab ich mal diese Aussagen von denen zum Thema aus dem Netz rausgesucht. Die findet Ihr bei http://www.farberot.de/:

Prüft das doch mal, dann habt Ihr noch mehr Substanz für den Streit darum, was eigentlich im Fetischkapitel steht und ob der Marx damit richtig liegt. Ist sicher besser als sich wechselseitig seine Vorurteile entgegenzuhalten.

Der "Fetischcharakter" der Ware:

Marx: Der spezifisch-gesellschaftliche Charakter der Arbeit „erscheint als" notwendige Eigenschaft und damit Forderung von Sachen: Waren bzw. Geld.

Wahr ist, daß die gesellschaftliche Bestimmtheit und der Zweck der Arbeit in den Sachen Ware und Geld besteht. Deren "Gesetzen", d. h. den mit ihnen gegebenen Notwendigkeiten folgen die unabhängigen Privatpersonen, die ihren Vorteil verfolgen und sich dabei mit "hinter ihrem Rücken" sich einstellenden Marktbedingungen konfrontiert sehen.

Ideologie ist, daß man sich keinem gesellschaftlich herrschenden ökonomischen Zweck unterwirft, sondern an quasi-natürlichen Eigenschaften von sachlichen Voraussetzungen der Bedürfnisbefriedigung orientiert.

Die berühmte Debatte über das Verhältnis von „Schein" und „Wesen": Ist das falsche Bewußtsein notwendiges Produkt der Sachen, auf die es sich bezieht? Der Unsinn der Auffassung, daß die Verhältnisse ihr Durchschauen verunmöglichen; nach dem Motto: Das Wesen ist „verhüllt" = unsichtbar. Als ob der Begriff irgendeiner Sache als Gegenstand der Wahrnehmung herumläge! Marx hat diesem Mißverständnis insofern Nahrung gegeben, als er die Rede liebte: „An der Oberfläche erscheint alles verkehrt..." Linke haben sich gerne darauf berufen, zwecks Entschuldigung des unvermeidlichen „Verhaftetseins" der Massen (im Unterschied zu ihrem Durchblick, versteht sich!).

Grund des „Fetischs" ist, daß die Individuen den Zwang, den die sachlichen ökonomischen Verhältnisse darstellen - worin sie sich zum Mittel des Werts machen - als ihr Mittel, ihre Chance behandeln. Standpunkt der Freiheit, der sich auf den Zweck, dem sie dient (= keine persönliche Abhängigkeit), als auf eine vorausgesetzte Bedingung ihrer Betätigung bezieht.

Ein Abhängigkeitsbewußtsein, welches als Selbstbewußtsein freien Willens die eigene Unterordnung als sachgerechte Entscheidung von den eigenen Interessen folgenden Subjekten betrachtet und entsprechend praktiziert. Schon hier ist deutlich, daß die den Individuen gewährte Freiheit die adäquate und effektive Anpassung der Produzenten an die Erfordernisse einer dem Wert unterworfenen Produktion ist. Die Freiheit bildet also kernen Gegensatz zum Zwang, sondern ist Mittel seiner (= der kapitalistischen Gesellschaft) Effektivität und Gültigkeit.

jens

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17. März 2010 schrieb S.G.:

Hi Jens, ich begreife nicht ganz an welchem Problem du dich da abarbeitest, aber jetzt hast du ja mal gesagt, was du als Widerspruch betrachtest, auf den du dich im Folgenden beziehst. (ich zitire hier nur die Stelle, wo es mir am klarsten gesagt zu sein scheint):

[...] ist es doch einerseits so, dass die bürgerlichen Verhältnisse nur durch Menschen zustande kommen, andererseits stimmt auch, dass Geld (die Sache) der bestimmende Zweck dieser Gesellschaft ist. Also ein vergegenständlichtes ökonomisches Verhältnis die Untertanen der modernen Staaten kommandiert. Es erscheint doch 1. als ein logischer und 2. als ein praktischer Widerspruch, dass man weiß, dass man selbst sich Ziele setzt und dann nach Mitteln sucht sie umzusetzen und dabei auf Mittel stößt (Ware, Geld), die den die Gesellschaft beherrschenden Zweck in sich tragen, welche einem die Zwecke setzen, denen man sich fügen muss.

Über das erste "Einerseits" brauchen hoffentlich weder wir uns, noch mit sonstjemandem streiten, das ist so: die Bürgerlichen Verhältnisse sind ein Produkt der Menschen. Dass die Sache Geld darin der bestimmende Zweck ist, will ich auch nicht bestreiten. Es stimmt vollkommen in dem platten Sinn, dass es jedem hierzulande um Geld geht (aus welchen Gründen, kommt gleich). Aber: Subjekt dieses Zweckes, also der, der den Zweck hat, ist nicht das Geld. Es ist eine Sache und kann deswegen gar nicht Subjekt eines Zweckes sein. Das Subjekt sind eben die Leute, denen es um Geld geht (auch du und ich, auch wir müssen uns um Geld kümmern, zum Miete zahlen, Essen, usw.). Und dieses "Aber" scheinst du im Folgenden nicht mit zu machen. Weil du schreibst, dieses "vergegenständlichte ökonomische Verhältnis" würde die Untertanen komandieren. Aber das stimmt meiner Meinung nach schlicht nicht. Dass (jetzt bin ich beim Grund für den Zweck) man Geld zum Zweck hat, kommt doch nicht vom Geld, also der Sache. Es kommt daher, dass man, welches Bedürfnis man auch hat (ob aus dem Magen oder der Fantasie ist hier egal), Geld braucht, um an die Mittel für die Befriedigung zu kommen. Und das liegt nicht am Geld, sondern an der Gewalt, die einen in Form des Eigentumsrechts darauf festlegt. (Übrigens: jeweils auf ihr -- der Gewalt ihr -- Geld: Amerikaner sind auf Dollar verpflichtet, Deutsche auf Euro, usw.) Insofern kann man auch sagen: Geld ist vergegenständlichte Staatsgewalt, oder vergegenständlichtes Eigentumsrecht, oder, um einen Ausdruck von Marx zu bemühen, "gesellschaftliche Macht in der Hosentasche"; oder : "flüssiges Eigentum" usw. -- in der Welt des Eigentums ist es eben die selbstständige Gestalt der Verfügungsmacht, die mit dem Eigentum verfügt ist. Und nicht vom Geld verfügt, sondern von der Gewalt, also der Staatsgewalt. Und es ist überhaupt kein Widerspruch, sich selber Ziele zu setzen, die man nicht selbst gewählt hat. Den Gedanken verstehe ich vielleicht auch einfach nicht. Also mehr will ich jetzt nicht schreiben, weil das ja eh schon den Rahmen der Maildebatte sprengt. Falls ich mich im Ton vergriffen habe: ist keine Absicht, ich meine hier nichts böse, ich will nur sagen, dass ich es falsch finde, was du dir zu dem Thema gedacht hast. Und wenn nicht das, dann habe ich dich falsch verstanden.

s.

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18. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 17.03.2010 um 14:05 schrieb politik:

Ich meine nicht, dass es sich hier um große Differenzen handelt.

Ich denke allerdings doch, dass hier die Bemühung von Marx, das gegenwärtige gesellschaftliche Verhältnis aus einer Verkehrung des menschlichen Reichtums in ein Warenverhältnis abzuleiten, auf den Kopf gestellt wird, wenn nun z.B. der Staat als dem allem vorausgesetzt gilt, als Gewalt, die Warenbeziehungen erst begründet, Herrschaftsform schlechthin sein soll. Der Staat selbst ist ein Produkt dieser Verkehrung, die als seine Formbestimmung und erst von daher als Rechtssystem und Willensformation der Politik wirksam ist.

Doch das zu vermitteln ist hier wohl nicht drin.

Wem es ein Bedürfnis ist, zu den hier angeschnittenen Themen vorhandene Gedanken nachzulesen:

zum Notwendigen schein der Verhältnisse und dessen Bewusstseinsformen http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=notwendigerschein http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=warenfetischismus

Kompendium zum Kapital: http://kulturkritik.net/lex/kompendium/fs_kompend.php?rub=kurs

zum Staat: http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=staat

zum Reichtum: http://kulturkritik.net/lexex.php?lex=reichtum

Wolfram Pfreundschuh

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18. März 2010 schrieb J.:

Zu stefan:

„Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen. Durch dies Quidproquo werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge…Es ist ein physisches Verhältnis zwischen physischen Dingen…Es ist nur das bestimmte gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst, welches hier für sie die phantasmagorische Form eines Verhältnisses von Dingen annimmt. „(86f) ... „Den letzteren erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, ... als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen.“ (87) .... „Ihre eigene gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren.“ (89)

Mir ging es darum an diesen Stellen die Verrücktheit der Warenproduktion festzuhalten; in der der Zweck der Arbeit und der durch sie vermittelte gesellschaftliche Zusammenhang der unabhängigen Privatproduzenten in Sachen existieren. Deren Gesetzen folgen sie, wenn sie ihren Vorteil verfolgen und den Wert ihrer Waren gleichsetzen. Sie unterwerfen sich einem gesellschaftlichen Zwangszusammenhang, den sie selbst in die Welt setzen und permanent betätigen und der ihnen die Bestimmungen ihres Handelns aufnötigt. Und dies ist der gesellschaftlich herrschende ökonomische Zweck, dem sie sich so unterwerfen; keine natürlicher, obwohl er so erscheint. Dies die eine Seite des Zwangs ("vergegenständlichte ökonomische Verhältnis" … die Untertanen komandieren.“)

Dein „Aber“ – die andere Seite des Zwangs - besteht darin zu sagen, dass die Privatproduzenten es selbst sind, die diese Zwecke vollstrecken, denen sie unterworfen sind. Und das diese gesellschaftlichen Verhältnisse durch die Gewalt der Staaten durchgesetzt werden. Die Privateigentümer machen aus dem Zwang, sich zum Mittel des Werts machen zu müssen, ein Mittel für sich. Sie pflegen mit den Notwendigkeiten, die ihnen die Bestimmungen des Werts aufherr­schen, einen interessierten Umgang. Als freie Menschen beziehen sie sich auf den Zweck, der in diesen Mitteln haust, indem sie sie als vorausgesetzte Be­dingung ihres Vorankommens betätigen.

Zu Wolfram:

Ist von dem Text zum Warenfetisch, den Du verlinkt hast, eine Kurzfassung möglich. Sonst brauch ich ne Weile bis ich den verstanden habe.

Zu Deinem Einwand erst mal so viel: Mit dem Argument, dass sich die modernen Staaten aus und mit der Warenproduktion entwickelt haben oder der Marx den Staat aus der Ware ableitet, kannst Du den gemachten Schluss nicht negieren, dass das für Warenproduktion unterstellte Privateigentum nur mit Gewalt in die Welt kommt und befestigt werden kann. Denn Du unterstellst ihn ja selbst, wenn Du sagst, dass der Staat Produkt der Warenproduktion ist.

In der Ableitung von Marx geht die Reihenfolge so wie DU es sagst. Aber deswegen kannst Du nicht sagen, dass sich der Staat erst nach oder aus der Warenproduktion entwickelt. Denn es handelt sich beim Marx doch um eine Darstellungsweise des Gegenstandes Kapitalismus, die er auch gut umgekehrt hätte schreiben können; erst Konkurrenz und daraus auf die Ware schließen.

Praktisch fand die Entwicklung von Staat und Kapital gleichzeitig statt. Und wenn Du es von den Charakteren her sagst, dann handelten die Politiker, Kaufleute und Manufakturbesitzer in ihrem Interesse und setzten das Privateigentum wie wir es heute kennen gegen die Agenten der überkommenen Gesellschaften durch.

Wichtig ist doch nicht die Frage wer zuerst da war, sondern was sind die Bestimmungen von und der Zusammenhang zwischen Kapital und Staat. Und dahingehend ging es hier um die Beziehung zwischen Privateigentum und Staat, da Privateigentum das Thema beim Übergang von Kap.1 zu 2 war. Deswegen, weil zu erklären war, wie es eigentlich eine Scheidung zwischen GW und Bedürfnis geben kann.

Wenn wir jetzt den Staat und seinen Zusammenhang mit Privateigentum besprechen, dann müssen wir das Thema wechseln und über den Staat reden. Da würde ich lieber vorher fragen, ob es noch etwas zum Warenfetisch gibt und wenn nicht, erst über den Gegensatz von TW und GW reden und dann über die Arbeiterklasse.

jens

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18. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh.:

Am 18.03.2010 um 12:12 schrieb politik:

Zu Wolfram:

Ist von dem Text zum Warenfetisch, den Du verlinkt hast, eine Kurzfassung möglich. Sonst brauch ich ne Weile bis ich den verstanden habe.

Zu Deinem Einwand erst mal so viel: Mit dem Argument, dass sich die modernen Staaten aus und mit der Warenproduktion entwickelt haben oder der Marx den Staat aus der Ware ableitet, kannst Du den gemachten Schluss nicht negieren, dass das für Warenproduktion unterstellte Privateigentum nur mit Gewalt in die Welt kommt und befestigt werden kann. Denn Du unterstellst ihn ja selbst, wenn Du sagst, dass der Staat Produkt der Warenproduktion ist.

Warenproduktion gibt es nur als Produktion von Privateigentum, weil die Ware selbst die gesellschaftliche Form des Privateigentums ist: ein Gebrauchswert, der nur durch den Tausch gesellschaftlich existiert und nur durch einen Austausch über einen Tauschwert erworben werden kann. Es gibt unter der Bedingung dieser Produktionsform in Wirklichkeit kein gesellschaftliches Eigentum, obwohl zu dessen Produktion ein gesellschaftliches Zusammenwirken unterstellt ist. Die Produktion muss gesellschaftlich gebildet werden, impliziert gesellschaftliche Erkenntnisse und Zusammenhänge, aber sie existiert in Wirklichkeit nur abstrakt, als abstrakt menschliche Arbeit in der Ware. Daher hat Marx geschrieben, dass der Kern des ganzen kapitalistischen Lebensverhältnisses der Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung ist. Geld, Ware und Privateigentum sind Begriffe selber Herkunft. Die Schwierigkeit, das zu begreifen liegt darin, dass die Ware ein Ding ist, das wirklich existiert, aber zugleich nur unverwirklichte Gesellschaft enthält, Gesellschaft, die nur dem Wesen (oder Begriff) nach vorhanden ist, in Wirklichkeit aber privat, also ausschließlich für den Warenbesitzer existiert.

Staat ist eine ganz andere Geschichte und sollte hier noch gar nicht einbezogen werden. Er lässt sich erst wirklich durch die Grundrente bestimmen und das ist eine hoch komplexe Form des Privateigentums. Von daher kann an dieser Stelle des Textes noch keine Gewalt oder staatliche Herrschaft ein Argument sein. Zum Warentausch entschließen sich die Menschen völlig frei, lediglich durch die Ökonomie ihres Stoffwechsels und der von ihnen getrennten Existenz der Arbeitsprodukte, der abstrakten Teilung der Arbeit, gezwungen. Dass ihnen die Waren auf die Füße fallen, wenn sie sich zu deren Aneignung nicht gesellschaftlich entäußern, kommt daher, dass ihnen durch die Ware ihr eigener gesellschaftlicher Verkehr als Verkehrsform einer Abstraktion entäußert ist und also angeeignet werden muss, soll die ganze Scheiß ein Ende haben.

Was es hier gibt, das ist eine wirtschaftliche Seite des Reichtums einer Gesellschaft und eine politische Seite, also die Form ihrer ausschließlich privaten Existenz für den Menschen. Beides in einem ist politische Ökonomie. Das macht die Ware substanziell aus. Und Marx ist angetreten, eine Kritik der politischen Ökonomie zu leisten, also die Kritik des Warenverhältisses als ein den Menschen selbst entzogenes Verhältnis.

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18. März 2010 schrieb J.:

Hi Jens, also gut, dann geht es dir nur darum:

Mir ging es darum an diesen Stellen die Verrücktheit der Warenproduktion festzuhalten; in der der Zweck der Arbeit und der durch sie vermittelte gesellschaftliche Zusammenhang der unabhängigen Privatproduzenten in Sachen existieren.

Dann meinst du wohl mit Zweck der Arbeit den Tauschwert. Dass in dem Sinne der Zweck der Arbeit, also das beabsichtigte Resultat, in Sachen existiert, ist aber keineswegs verrückt: Das wäre ja wohl in einer vernünftigen Gesellschaft genauso, nur ginge es halt nicht um den Tauschwert, sondern den Gebrauchswert. Mit dem "sie" in "sie vermittelte" meinst du wohl die Arbeit; wenn das nicht so ist, dann kannst du mich ja aufklären. Aber so verstehe ich es nicht, wie vermittelt denn die Arbeit den gesellschaftlichen Zusammenhang? Ich habe das bei Marx bisher so gelesen: indem die Leute ihre Produkte als Tauschwerte gleichsetzen, setzen sie ihre Arbeiten gleich. Und in der von dir zitierten Stelle geht es doch auch anders: in dem Wert der Waren wird den Leuten der gesellschaftliche Charakter ihrer Arbeiten zurückgespiegelt -- erst so wird er zum Gegenstand für ihr Bewusstsein, wenn die Produktion mal allgemein Warenproduktion ist. (Eben die alte Sonne u. Erde-Geschichte, wo der Marx quasi die Rolle des Kopernikus hat; um in dem Bild zu bleiben.) Wenn da was "vermittelt", dann ja wohl die Konkurrenz der Leute, in der die "gleichgesetzte" Arbeit zur bestimmenden Größe, eben dem Wert wird. Also soherum: aus privater wird gesellschaftliche Arbeit (Wert). Dazwischen, also als Vermittlung der beiden, liegt die Konkurrenz der Warenproduzenten (um Eigentum). Ich meine so wie oben zitiert gibst du nicht richtig wieder, was der Marx mit "Fetischismus", also "Verrücktheit" meint.

s.

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20. März 2010 schrieb J.:

Ich würde jetzt erst mal vermuten, dass dein Problem darin besteht, mein Wort Verrücktheit für die Erklärung von Fetischismus zu nehmen. Dann lass ich mal den Marx weg und sag was ich unmittelbar verrückt, unvernünftig an der hiesigen Produktionsweise finde: Lauter Produzenten von nützlichen Sachen, die andere brauchen, legen los und produzieren unabhängig etwas für die Gesellschaft, von dem sie meinen Andere können das gebrauchen. Sie fragen nicht nach was gebraucht wird und ob andere das auch herstellen und wieviel. Dann treffen sie sich und schauen was rausgekommen ist. Und dann ist das Resultat, dass von einigen GW zuviel und von anderen viel zu wenig oder nichts für das Bedürfnis produziert wurde. Und das ist kein Problem, sondern für die Produzenten ein größerer oder geringerer Erfolg. Gut, wenn Du jetzt sagst, dass dich das nicht wundert, weil die Privatproduzenten das auch nicht vorhatten, da es Ihnen um etwas anderes geht, sag ich nichts dagegen. Aber ärgern tut es mich dennoch. Aber ich denke, es ist auch kein wesentlicher Streit, wenn man den Fetischismus der Warenproduzenten erklären will. Und da weiß ich jetzt nicht, ob Du meinst, dass da noch was offen ist?

Allerdings wäre es eine jetzt eine gute Stelle, um zum Gegensatz zwischen TW und GW zu wechseln. Es sein denn es hat jemand den langen Text "Kulturkritik" zum Warenfetisch gelesen und kann sagen was da drin steht und ob der stimmt?

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20. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 20.03.2010 um 12:40 schrieb Jens Schulz:

Es sein denn es hat jemand den langen Text "Kulturkritik" zum Warenfetisch gelesen und kann sagen was da drin steht und ob der stimmt?

Vielleicht reichen für hier auch nur zwei Absätze:

„Diese Ungewissheit ist aber keine Sinnestäuschung, sondern entspringt der wirklichen Vertauschung einer Seinsweise von Arbeitsprodukten durch das gesellschaftliches Verhältnis der Waren. Im Warentausch vertauschen sie ihre Naturalform in eine Wertform. Wiewohl Waren immer Arbeitsprodukte sind, erscheint darin die Arbeit der Menschen nicht in einer natürlichen Beziehung auf ihre Gegenstände, sondern nur als "ein außer ihnen existierendes Verhältnis von Gegenständen" (MEW 21, S. 86).

Wem die Waren nicht als gesellschaftliche Existenzform begegnen und daher als allgemeine Gegebenheiten des Lebens gelten, wer ihnen also ergeben ist, weil er in ihnen nur seine private Natur erkennt, weil sie ihm also als ausschließlich natürliche Mittel gelten, durch die er sein Leben zu empfangen meint, wird sie - und besonders ihre Allgemeinform, das Geld - als Lebensspender vergöttern. Er wird zugleich aber die Existenz mit ihnen und durch sie als Sachzwang des Geldbesitzes erleiden müssen. Der Warenfetischismus ist ein Zustand, eine zur Allgemeinheit fixierte Form des praktischen Bewusstseins, in welchem die Lebensverhältnisse in einer Waren produzierenden Gesellschaft so bewertet sind, wie sie für die praktischen Bedürfnisse Wert haben, weil sie eben für diese nicht in einem konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang existieren können. Die Notwendigkeit der Befriedigung ihrer Bedürfnisse macht die Menschen in einer Gesellschaft, worin deren Gegenstände nur isoliert von ihrer konkreten Arbeit, abstrakt als Gebrauchswerte für sie existieren, abhängig von ihrem Friedensgaranten in der Geldform, dem gesellschaftlichen Faustpfand jedes privaten Reichtums. Es wird dem gesellschaftlichen Fetisch Geld gehuldigt, als ob darin das allgemeine Glück der Menschen als Lebensvorstellung, als allgemein vorgestellte Erfüllung der Befriedigung all ihrer Bedürfnisse überhaupt gewährt sei."

Wolfram Pfreundschuh

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21. März 2010 schrieb S.G.:

Hi Jens,

das kann ich unterschreiben, das ist sehr zentral für diese Produktionsweise; sozusagen aneinander vorbei füreinander produzieren: das hat was von Verrücktheit. Und der Marx spießt das in dem Warenfetischkapitel so auf, dass er sagt: Es ist entscheidend wichtig für die Warenproduzenten, was sie füreinander vollbringen -- Gebrauchswerte sind die Sachen schließlich nicht für sie selber, und als Tauschwerte taugen sie nur, soweit sie Gebrauchswerte für Andere sind. Und dazu sagt der Marx dann: ausgerechnet das entscheidend wichtige Urteil über jede Mühe, ist gar nicht das Resultat einer bewussten Kalkulation. Ob die Mühe sich lohnt, entscheidet sich gar nicht daran, ob man Hirn, Muskel, Nerv richtig genutzt hat. Sondern das begegnet den Warenproduzenten als Sachzwang, Wertbewegung ihrer Waren. Und Marxens Aufklärung an der Stelle lautet: was euch da begegnet, sind eure eigenen Verhältnisse, die ihr selber macht, kein Zwang durch Sachen. Und ich meine auch es ist wichtig mal zu klären, was "Gegensatz von GW und TW" bedeutet -- ist da eine konkretere Frage unterwegs? -- Ich weiß, dass es darüber haufenweis ganz falsche Vorstellungen gibt (bis zu dem Extrem, dass man Marx schonmal auf Geldscheine gedruckt hat). Den Text der Kulturkritiker kenne ich; da ist jedes Wort falsch, es lohnt sich wirklich nicht sich das anzutun.

s.

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21. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 20.03.2010 um 12:40 schrieb Jens Schulz:

Sie fragen nicht nach was gebraucht wird und ob andere das auch herstellen und wieviel.

Und was ist dann der Job der Nationalökonomen, wenn nicht diese Befragung? Was will dann die ganze Marktforschung, wenn die Produzenten sowieso einfach nur drauf los produzieren?

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21. März 2010 schrieb S.G.:

Wolfram Pfreundschuh wrote: Am 20.03.2010 um 12:40 schrieb Jens Schulz:

Sie fragen nicht nach was gebraucht wird und ob andere das auch herstellen und wieviel.

Und was ist dann der Job der Nationalökonomen, wenn nicht diese Befragung? Was will dann die ganze Marktforschung, wenn die Produzenten sowieso einfach nur drauf los produzieren?

Die "Marktforschung" ist allein schon durch ihre Existenz als Disziplin ein Beleg dafür, dass es genau so ist, wie Jens gesagt hat. Der Markt als Forschungsgegenstand: Das macht nur Sinn, wenn der Markt fertig ist, bevor man weiß, was da abgeht. Aber nicht nur die Existenz der Marktforschung belegt Jensens Satz, sondern auch die Resultate dieser begrifflosen Disziplin: ungefähre Prognosen, die als Grundlage für allerlei kapitalistische Spekulationen dienen -- und alles ohne auch nur den blassesten Schimmer zu haben, was Geld ist, usw.

s.

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21. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Es ging nicht drum, ob die Marktforschung begriffslos oder deppert ist und wer weiß was Geld ist und wer nicht. Es war behauptet worden, dass sich niemand fragen täte, was man wie oft brauchen kann. Das ist nicht der Punkt, dass die Leute sich keine Gedanken darüber machen, was sie hoffen absetzen zu können. Auch als Einzelinteresse an der Produktion schauen sie shr wohl, was auf dem Markt so alles schon geboten ist. Es wäre wohl mit Jensens Frage eher zu thematisieren, warum es immer wieder Überproduktion, also Produkte gibt, die nicht gekauft werden können, weil das Geld aus den Lohntüten nicht hinreicht, warum ungezügelt und anarchisch eine Wertmasse produziert werden muss, die sich im Warenabsatz nicht realisieren lässt. Aber das hat nichts mit Warenfetischismus zu tun, wenn es denn hierzu gemeint war.

W.

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21. März 2010 schrieb S.G.:

Du hast das Argument mit der Wissenschaft und ihrer Existenz falsch verstanden, wenn du so:

Das ist nicht der Punkt, dass die Leute sich keine Gedanken darüber machen, was sie hoffen absetzen zu können. Auch als Einzelinteresse an der Produktion schauen sie s[e]hr wohl, was auf dem Markt so alles schon geboten ist.

darauf antwortest. Das bestreitet nun wirklich niemand, dafür werden sogar Leute bezahlt, diese ganze Sache ist sogar ein eigenes Geschäft, mit seiner eigenen Akkumulation usw. Bloß: um was geht es dabei überhaupt? Es geht darum, dass das "Marktgeschehen", die Wertbewegungen der Waren, fertig und unverstanden -- weil nicht bewusst kontrolliert -- als Bedingung vorgefunden werden, auf die man sich einzustellen hat. Und der Treppenwitz ist: Die ganze Marktanalyse wird getrieben, um sich selbst einen Vorteil beim Konkurrieren zu verschaffen; d.h. ausgerechnet die anarchistische Konkurrenz der Privatinteressen, die den Markt aus- und so chaotisch macht, voran zu treiben. Ich glaube du hast einfach nicht verstanden, auf welcher -- verzeih' den blöden Ausdruck, aber ich glaube hier passt er -- Ebene der Analyse des Kapitals sich der Jens befand, als sagte: "Sie [die Warenproduzenten] fragen nicht nach was gebraucht wird und ob andere das auch herstellen und wieviel." Wenn du das im Text von Marx verorten willst: es ist die Stelle, wo er von der "allpfiffigen Vorsehung" redet, der berühmten "unsichtbaren Hand" usw. Dir sind da die modernen Marktanalysten eingefallen, und die kommen erst lang nach der Trinitarischen Formel, mit solchen falschen Theorien hatte der Marx es noch gar nicht zu tun, und es spielt sehr wohl eine Rolle, dass die gar keine Ahnung haben. Das ist sogar der entscheidende Witz; es kennzeichnet diese Disziplin als ein "Sich-Einstellen-auf", das glatte Gegenteil von bewußter Kontrolle des Marktgeschehens.

s.

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21. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 21.03.2010 um 18:17 schrieb Stefan Groß:

Wenn du das im Text von Marx verorten willst: es ist die Stelle, wo er von der "allpfiffigen Vorsehung" redet, der berühmten "unsichtbaren Hand" usw.

Von der "unsichtbaren Hand" hat nicht Marx, sondern Adam Smith (1799) gesprochen und damit die Grundlagen liberaler Marktwirtschaft formuliert. Darauf gründen auch heute noch die Theorien der Liberalen und Neoliberalen. Und Marx hat genau diese Art von "Risikotheorie", die dem Markt eine eigenständige Vernunft zuweist, welche dem Markt ein inneres Klärungspotenziel zuspricht, aufs hefigste widersprochen (vergl. Theorien über den Mehrwert). Du solltest Dich wirklich erst mal etwas gründlicher mit dem befasst haben, was Du hier einschleppst.

W.

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22. März 2010 schrieb S.G.:

Ach komm, das ist ja wohl ein gewolltes Missverständnis, und außerdem ein Ablenkungsmanöver: glaubst du denn noch immer, die Marktforschung wäre ein Einwand gegen die Auskunft vom Jens? Darum geht es gerade. Die Stelle vom Marx ist die S. 189/190 in der MEW-Ausgabe; und wenn du meinst, was da als Benthams Theorie angeführt wird, wäre was anderes, als das, was heute als "unsichtbare Hand" und Smiths Theorie zu den Volksvorurteilen über den Markt gehöhrt, dann will ich mich mit dir darüber trotzdem nicht streiten; das ist mir dann wirklich zu blöd. Wir sind doch nicht im Kindergarten.

s.

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23. März 2010 schrieb J.:

zurück zum Thema:

bezüglich Zitat: ..."Diese Ungewissheit ist aber keine Sinnestäuschung, sondern entspringt der wirklichen Vertauschung einer Seinsweise von Arbeitsprodukten durch das gesellschaftliches Verhältnis der Waren. Im Warentauschvertauschen sie ihre Naturalform in eine Wertform."

Wenn man Fetisch von der Marktforschung aus denkt, dann fällt auf, dass diese Befragungen, 2 Aussagen haben. Erstens soundsoviel Leute brauchen Schuhe. Aber 2., ob sie die dann auch kaufen, ist eine andere Frage. Und dann verlegen die Marktforscher diese Zwiespältigkeit in die Käufer und erklären die Kundschaft für bescheuert.

Oder sie fragen gleich, welche Nachfrage gibt es nach 100€- Schuhen. Ich mein mit der Verrücktheit steigt der Marx in den Warenfetisch ein. Er sagt 100€- Schuhe, dass ist doch ein mystische Ausdrucksweise des TW. Und er hält fest, dass dann doch behauptet ist, dass 100€ eine Eigenschaft der Schuhe wäre. Und dann macht er noch den Witz, dass man ja den Schuh mal auf der Suche nach dem TW in seine Teile zerlegen sollte und dann wird man kein Atom Wert finden. Ist das auch die Frage, von der Du meinst, dass der Marx sie bespricht?

Dann macht der Marx noch den Witz, dass es - z.B. - auch 10 Cent- Mobiltelefonminuten gibt. Und dann doch 1000 Minuten soviel wie ein Paar Schuhe sind. Besteht Einigkeit, dass 100€- Schuh eine verkehrte Ausdrucksweise des Wertgesetzes ist?

Dann fragt Marx sich, wie die auf den Quatsch kommen, dass TW eine Eigenschaft der nützlichen Sachen ist. Dann verweist er darauf, dass es nicht falsch ist zu sagen, dass die nützlichen Sachen Arbeitsprodukte sind, deren Herstellungszeit man messen kann. Und dass es (irgendwie!) eine gesellschaftliche Arbeitsteilung gibt, also dass man alle individuellen Arbeitszeiten zu einer gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit zusammenzählen kann. So, er das findet er alles noch einleuchtend. Hast Du das auch so gelesen?

Dann sagt er, dass die Privatproduzenten das nicht so sehen und das liegt daran, wie sie diesen gesellschaftlichen Zusammenhang herstellen. Die produzieren alle für sich und zwar GW. Dann tauschen sie diese GW und dadurch setzen sie sie gleich, um soviel Geld wie möglich einzustreichen.. Was ihnen dabei egal ist, ist das was sie damit anrichten. Denn sie setzen sie so als Arbeitsprodukte praktisch gleich; also 1. als nützlicher Teil der Gesamtarbeit und 2. als verausgabte menschliche Arbeit. Und das fällt Ihnen nicht auf, sondern erscheint Ihnen ganz selbstverständlich nur in der selbständigen, gegenständlichen Form der gesellschaftlichen notwendigen Durchschnittsarbeitszeit, im Geld. Denn das ist es was sie für Ihre GW haben wollen und was deren Gleichheit ausdrückt und nur das interessiert die Warenbesitzer, dass Ihre Waren so gut wie Geld sind.

Und dann schauen sie sich dieses Resultat an und es erscheint ihnen so als hätten Ihre GW die natürliche Eigenschaft TW zu sein; sich in Geld zu Tauschen und Geld von Natur aus die Eigenschaft dieser TW zu sein. Ist es das was Du mit deinen Sätzen sagen willst?

Dann lacht der Marx über diese Dummheit, dass 1000 Minuten ein Paar Schuhe sind und verweist auf überkommene Gesellschaften. Da gab es auch Schuhe, auch wenn es keine Mobiltelefone gab. Und sagt, dass die nicht so dumm waren und TW in ihren Schuhen gesucht haben. Und das lag nicht nur daran, dass kein TW drin war, sondern, dass den Menschen in diesen Gesellschaften der Soziale Zusammenhang nicht in Ware und Geld erschien, sondern (wie heute auch noch) eher in Jesuskreuzen oder Moscheen, weil Warenproduktion damals noch nicht die durchgesetzte Produktionsweise war.

Das ist dann die Stelle wo Marx sagt, dass dieser historische Rückblick ein guter Einwand gegen VWLer ist, die immer noch behaupten, dass seit der Mensch laufen kann, ihn die Frage umtreibt, wie er mit knappen Gütern und Geld geschickt wirtschaften soll; so unterstellen die, dass TW eine natürliche Eigenschaft von der Güter ist. Weil sie nicht fragen wollen, "warum sich die Arbeit im Wert und das Maß der Arbeit durch ihre Zeitdauer in der Wertgröße des Arbeitsprodukts darstellt"(95). Dann macht er noch den Witz über diese Wissenschaftler, die Ihren Verstand dazu benutzen, nützliches Wissen über die Ökonomie rauszufinden, um es nutzbar zu machen. Er sagt, was finden die raus?!: Es handelt sich um eine Wirtschaft, in der nicht der Mensch den gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß, sondern dieser den Menschen und beherrscht. Und das halten sie für eine Naturnotwendikeit des Wirtschaftens, die zu beseitigen dem Menschen nicht zusteht. Wie vernünftig!

Wolltest Du das mit deinen Zitaten sagen?

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23. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Die Grundlagen für den Warenfetischismus sind nicht die Preise von Produkten und auch nicht ihr Tauschwert und auch nicht ihr Gebrauchswert und nicht, ob sie auch wirklich absetzbar sind oder nicht. Es ist ihre Wertform selbst, durch welche die physische Formen der Arbeitsprodukte, also ihre Naturalform, zum Träger ihres Gegenteils bestimmt werden. Man muss die Sätze auf S.70f des K1 genau verstehen, dann braucht man nicht drüber nachdenken, ob das Witze sind oder damit nur Dummheit dargestellt werden soll:

"Die erste Eigentümlichkeit, die bei Betrachtung der Äquivalentform auffällt, ist diese: Gebrauchswert wird zur Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts. Die Naturalform der Ware wird zur Wertform."

"Es ist also eine zweite Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß konkrete Arbeit zur Erscheinungsform ihres Gegenteils, abstrakt menschlicher Arbeit wird."

"Es ist also eine dritte Eigentümlichkeit der Äquivalentform, daß Privatarbeit zur Form ihres Gegenteils wird, zu Arbeit in unmittelbar gesellschaftlicher Form."

Der Warenfetischismus stellt in der Wahrnehmung der Menschen reine Wirklichkeit dar, an welche die Menschen sich gebunden fühlen, wenn sie aus dem reinen Wahrnehmen und Auffassen von Gegebenheiten nicht heraustreten. Es handelt sich im Warenverhältnis, also dem Warentausch, sobald er sich allgemein durchgesetzt hat und eine allgemeine Äquivalentform gebildet hat, um eine wirklichen Vertauschung der Seinsweise von Arbeitsprodukten durch das gesellschaftliches Verhältnis der Waren. Im Warentausch vertauschen sie ihre Naturalform in eine Wertform. So hab ichs geschrieben und so hab ichs gemeint.

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23. März 2010 schrieb S.J.:

Hi, also Wolfram, du schreibst für mich in Rätseln. Aber um es nicht bei dem billigen Vorwurf zu belassen, sondern dich zu verstehen, habe ich erstmal nur zu einem Absatz eine Frage; vielleicht können wir das so Stück für Stück klären:

Es handelt sich im Warenverhältnis, also dem Warentausch, sobald er sich allgemein durchgesetzt hat und eine allgemeine Äquivalentform gebildet hat, um eine wirklichen Vertauschung der Seinsweise von Arbeitsprodukten durch das gesellschaftliches Verhältnis der Waren. Im Warentausch vertauschen sie ihre Naturalform in eine Wertform. So hab ichs geschrieben und so hab ichs gemeint.

Was habe ich mir unter "Vertauschung der Seinsweise" zu denken, und was unterscheidet eine "wirkliche Vertauschung der Seinsweise" von einer z.B. "scheinbaren Vertauschung der Seinsweise"? Vielleicht bin ich auch einfach mit dem Vokabular nicht vertraut, kannst du es mir erklären? Und wenn du dann noch Zeit und Muse hast: "Im Warentausch vertauschen sie [die Waren] ihre Naturalform in eine [warum eine, warum nicht z.B. ihre?] Wertform" -- ist damit gemeint, dass ein Warenproduzent zunächst seinen Wert in Warenform hat, und nach dem Verkauf dann in Geldform, oder meinst du was anderes?

s.

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23. März 2010 schrieb S.J.:

Am 23.03.2010 um 19:11 schrieb Stefan Groß:

Was habe ich mir unter "Vertauschung der Seinsweise" zu denken, und was unterscheidet eine "wirkliche Vertauschung der Seinsweise" von einer z.B. "scheinbaren Vertauschung der Seinsweise"? Vielleicht bin ich auch einfach mit dem Vokabular nicht vertraut, kannst du es mir erklären? Und wenn du dann noch Zeit und Muse hast: "Im Warentausch vertauschen sie [die Waren] ihre Naturalform in eine [warum eine, warum nicht z.B. ihre?] Wertform" -- ist damit gemeint, dass ein Warenproduzent zunächst seinen Wert in Warenform hat, und nach dem Verkauf dann in Geldform, oder meinst du was anderes?

Also weißt du, jetzt reichts ja irgendwann. Wenn Du meine Sprache nicht verstehen kannst oder willst, da halt ichs dann auch lieber wieder mit Marx: "Im übrigen unterstelle ich, dass meine Leser auch selber denken."

Versuchs doch einfach.

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24. März 2010 schrieb S.J.:

Aber der hat auch keine selbsterfundenen Worte benutzt, wie "Seinsweise" -- wenn du sowas machst, dann ist eine Nachfrage doch das normalste von der Welt. Ich habe wirklich nicht den blassesten Schimmer, was das heißen soll.

s.

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24. März 2010 schrieb Sonja:

Ich versteh immernur "Halleluja Berlin". Bin ich HIer Richtig? Amen?

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24. März 2010 schrieb S.J.:

Ich glaube nicht, versuchs mal beim Faschingsball nächstes Jahr.

s.

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24. März 2010 schrieb Sonja:

Entschuldigung, aber Ich lasse mich nicht gerne zum HOrst machen. Aber eine Frage: Hat Marx etwas zu "Liebe" geschrieben oder die Nützlichkeit der "Kunst" zur Selbstverständigung? Und wie ist das mit "Digital" vs. "Real"? Hat Zizek dazu geschrieben?

Hochachtungsvoll, S.

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24. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Am 24.03.2010 um 10:14 schrieb Sonja Suess:

Hat Marx etwas zu "Liebe" geschrieben oder die Nützlichkeit der "Kunst" zur Selbstverständigung?

"Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst Du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen etc. Wenn Du die Kunst genießen willst, mußt Du ein künstlerisch gebildeter Mensch sein; wenn Du Einfluß auf andere Menschen ausüben willst, mußt Du ein wirklich anregend und fördernd auf andere Menschen wirkender Mensch sein. Jedes Deiner Verhältnisse zum Menschen - und zur Natur - muß eine bestimmte, dem Gegenstand Deines Willens entsprechende Äußerung Deines wirklichen individuellen Lebens sein. Wenn Du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, das heißt, wenn Dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn Du durch Deine Lebensäußerung als liebender Mensch Dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist Deine Liebe ohnmächtig und ein Unglück!" Karl Marx in Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844) (Marx-Engels-Werke Bd.40, S. 567)

aus: http://wikipool.net/zit.php?zit=Liebe_nur_gegen_ Liebe&ord=Zitat&cod=marxx_karlx_MEW40_567_567

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24. März 2010 schrieb Ingo Stützle:

Hallo Ihr drei,

eine kurze Zwischenmeldung vom "Administrator", der ein Problem hat: Lange wurde auf der Liste nicht diskutiert (was nicht Zweck der Liste sein kann), nun diskutieren seit Tagen immer nur die gleichen (Männer). Und: Als Admin musste ich zur Kenntnis nehmen, dass sich in den letzten Tagen über 10 Leute von Liste verabschiedet haben. Woran das liegt ist nicht klar, aber es hängt in jedem Fall mit der Aktivität auf der Liste zusammen.

Da Ihr scheinbar immer wieder an eine Grenze der Verständigung stoßt, wäre es vielleicht eine Idee, die "Diskussion" anders zu führen. Vor allem deshalb, weil es schnell patzig bis beleidigend wird, wenn sich jemand nicht verstanden fühlt. Mein Vorschlag: Ihr schreibt an Eure privaten Adressen, zumal sich bisher niemand weiteres an der Diskussion beteiligt hat. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Leute melden Unverständnis über Eure Diskussion an oder bestellen die Liste gleich ganz ab. Nicht schön.

Grüße, Ingo

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27. März 2010 schrieb Wolfram Pfreundschuh:

Na ist das nicht schön? Wir können uns privat schreiben, weil wir "an eine Grenze der Verständigung" gestoßen seien! Nur: Warum sollen wir uns dann privat schreiben? Ingo Stützle, der sich als Administrator einmischt. meint, weil die Leute öffentliche Verständnislosigkeit nicht mögen und aus der Liste austreten. Aber warum sollen sie austreten, wenn 3 sich nicht einig sind?

Der Vorgang ist überall der Gleiche: Da dümpelt eine Liste jahrelang in Schweigen dahin, viele wissen nicht mal mehr, dass sie "dabei" sind, und dann gibt's mal eine Auseinandersetzung. Da merken die auf, die damit schon lange nicht mehr zu tun haben und melden sich ab. Und vielleicht mögen auch einige nicht den Stil der Diskussion und sie steigen aus. Das ist jedesmal so auf Schweigelisten.

Und dann beklagt der Administrator, der eigentlich ein Moderator sein sollte, dass die Liste für einige Listenkonsumenten, die sich nicht äußern können oder wollen und lieber Schweigen, nicht so voll genießbar sei und man sich denen anzupassen habe oder zumindest öffentlich still halten solle. Es gebe ja schließlich auch das Private. Ja, das ist sehr verbreitet und es gibt das immer und überall. Eigentlich weiß das jeder, bevor er eine Liste aufmacht. War ja eigentlich anders gedacht. Aber die Liste wird dann wieder zur guten alten Schweigeliste. Und warum?

Vielleicht, weil es keine Diskussionsliste sein soll, weil sie eher nur den Eindruck einer Diskussion vermitteln soll, weil sie also eher der Werbung für festgelegte Gedankenstrukturen dienen soll, als dass wirklich Diskussion erwünscht ist. Denn zu Diskutieren gehören ja schließlich auch entsprechende Gedanken und die Bereitschaft, gegensätzliche Standpunkte zu moderieren. Gegensätzliche Standpunkte sind doch schließlich unabdingbare Voraussetzungen einer Diskussion. Dieser Gegenstandpunkt will aber vielleicht lieber total sein und sich garnicht vermitteln lassen. Aber dann ist es auch kein Gegenstandpunkt, sondern ein totalitäres Axiom. Und die Liste soll hierfür so ne Art Lebensausgleich, eine Kuschelecke der gleichen Gesinnung sein, symbiotische Koketterie. Die findet man eigentlich eher in Sekten als unter Menschen mit politischem Anspruch.

Wie auch immer, ich wollte dann wenigstens auf einer anderen Liste im Kapital 3 weiter diskutieren, die auch mit "Kapital lesen" wirbt und über die Rosa-Luxemburg-Stiftung angeboten wird. Meine Anmeldung wird kurzum vom Administrator abgelehnt. Und von wem wohl? Von Ingo Stützle natürlich. In einer "persönlichen Mail" klärt er mich dann auf: "Die Liste war für den Lektürekurs gedacht. Der hat letztes Jahr den dritten Band abgeschlossen. Die Liste wird seit dem nicht mehr benutzt.".

Ja guter Ingo. Dann schließ doch einfach die Liste! Damit vermeidest Du immerhin, dich lächerlich zu machen. Oder hast du diese Werbung mit Leerformen so nötig oder fürchtest du etwa bei all dem theoretischen Anspruch, den du ja offenbar hast, dass jemand Diskussion noch ernst nimmt?

Wolfram Pfreundschuh

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27. März 2010 schrieb S.G.:

Hi Wolfi, redest du hier:

Dieser Gegenstandpunkt will aber vielleicht lieber total sein und sich garnicht vermitteln lassen. Aber dann ist es auch kein Gegenstandpunkt, sondern ein totalitäres Axiom. Und die Liste soll hierfür so ne Art Lebensausgleich, eine Kuschelecke der gleichen Gesinnung sein, symbiotische Koketterie. Die findet man eigentlich eher in Sekten als unter Menschen mit politischem Anspruch.

über mich, über dich, oder über den Ingo? Wer ist "dieser Gegenstandpunkt"? Ist nur ne Nachfrage, nichts weiter, weder Kritik noch Zustimmung.

s.

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