Quelle: MEW 4 Mai 1846 - März 1848

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KARL MARX und FRIEDRICH ENGELS

Mai 1846 - März 1848

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Karl Marx/Friedrich Engels

[Zirkular gegen Kriege [1]]

In einer Zusammenkunft nachbenannter Kommunisten: Engels, Gigot, Heilberg, Marx, Seiler, Weitling, v. Westphalen und Wolff 1*) wurden in betreff des New-Yorker deutschen Blattes,

"Der Volks-Tribun [2] redigiert von Hermann Kriege"

folgende, in der Beilage motivierten Beschlüsse einmütig gefaßt mit einziger Ausnahme Weitlings, "der dagegen stimmte".

Beschlüsse:

1. Die von dem Redakteur Hermann Kriege im "Volks-Tribun" vertretene Tendenz ist nicht kommunistisch.

2. Die kindisch-pomphafte Weise, in der Kriege diese Tendenz vertritt, ist im höchsten Grade kompromittierend für die kommunistische Partei in Europa sowohl als in Amerika, insofern er für den literarischen Repräsentanten des deutschen Kommunismus in New York gilt.

3. Die phantastische Gemütsschwärmerei, die Kriege unter dem Namen "Kommunismus" in New York predigt, muß im höchsten Grade demoralisierend auf die Arbeiter wirken, falls sie von ihnen adoptiert wird.

4. Gegenwärtige Beschlüsse nebst deren Begründung werden den Kommunisten in Deutschland, Frankreich und England mitgeteilt.

5. Ein Exemplar wird der Redaktion des "Volks-Tribunen" mit der Aufforderung zugeschickt, diese Beschlüsse nebst deren Begründung in den nächsten Nummern des "Volks-Tribunen" abdrucken zu lassen.

Brüssel, den 11. Mai 1846 Engels Phil. Gigot Louis Heilberg K. Marx Seiler v. Westphalen Wolff

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1*) Im Original: Wolf

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ERSTER ABSCHNITT

Verwandlung des Kommunismus in Liebesduselei

Nr. 13 des "Volks-Tribunen" enthält einen Artikel: "An die Frauen"

1) "Die Frauen, Priesterinnen der L i e b e." 2) "Die L i e b e ist es, welche uns gesandt hat." 3) "Apostel der L i e b e." a) Belletristisches Intermezzo: "Flammenblicke der Humanität", "Töne der Wahrheit." b) Heuchlerische und unwissende Captatio benevolentiae 1*) des Weibes: "Selbst im Gewände der Königin verleugnet Ihr das W e i b nicht... auch habt Ihr nicht gelernt, zu spekulieren mit den Tränen des Unglücklichen; Ihr seid zu weich, um das arme Kind einer M u t t e r zu Eurem Besten verhungern zu lassen." 4) "Zukunft des g e l i e b t e n Kindes." 5) "G e l i e b t e Schwestern." 6) "O höret uns an, Ihr begeht einen Verrat an der L i e b e, wenn Ihr's nicht tut." 7) "Der L i e b e." 8) "Der L i e b e." 9) "Um der L i e b e willen." 10) "Das heiligste L i e b e s werk, welches wir von Euch flehen" (winseln).

c) Belletristisch-biblische Trivialität: "Das Weib ist bestimmt, des Menschen Sohn zu gebären", wodurch konstatiert wird, daß die Männer keine Kinder gebären.

11) "Aus dem H e r z e n der L i e b e muß sich der h e il i g e G e i s t der Gemeinschaft entwickeln."

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1*) Haschen nach Wohlwollen Zirkular gegen Kriege

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d) Episodisches Ave Maria: "G e s e g n e t, d r e i m a l g e s e g n e t seid Ihr Frauen, die Ihr auserkoren seid, dem lang v e r h e i ß e n e n Reich der Glückseligkeit die e rs t e W e i h e zu geben." 12) "G e l i e b t e Schwestern." 13) "Statt L i e b e Haß" (Gegensatz der bürgerlichen und kommunistischen Gesellschaft).

14) "Ihr L i e b e n." 15) "Die L i e b e auf den Thron erheben." :

16) "Tätige Menschen in l i e b e n d e r Gemeinschaft." 17) "Echte Priesterinnen der L i e b e." e) Ästhetische Parenthese: "wenn Eure zitternde Seele den schönen Flug noch nicht verlernt hat" - (ein Kunststück, dessen Ausführbarkeit erst nachzuweisen ist).

18) "Die Welt der L i e b e." 19) "Reich des Hasses und Reich der L i e b e." f) Wird den Frauen vorgeschwindelt: "Und darum habt Ihr auch in der Politik eine sehr gewichtige Stimme. Ihr braucht nur Euren Einfluß zu gebrauchen, und das ganze alte Reich des Hasses sinkt in Trümmer, um dem neuen Reich der L i e b e Platz zu machen." g) Philosophischer Tusch zur Übertäubung des Nachdenkens: "Ein ewig heitrer Selbstgenuß der ganzen Menschheit ist das Endziel ihres Wirkens." 20) "Eure L i e b e." Bei dieser Gelegenheit wird von den Weibern verlangt, ihre Liebe soll "nicht zu klein" sein, "alle Menschen mit gleicher Hingebung zu umfassen". Ebenso unanständige wie überschwengliche Forderung.

h) Fuge: "Daß Tausende und aber Tausende von verlassenen Waisen dem gräßlichen Mord der Verhältnisse preisgegeben werden." Worin besteht hier das "Gräßliche"? Darin, daß die "Waisen" die "Verhältnisse" oder daß die "Verhältnisse" die "Waisen" morden?

i) Enthüllung der neukommunistischen Politik: "Wir wollen keines Menschen Privateigentum antasten, was der Wucherer einmal hat, mag er behalten; wir wollen nur dem ferneren Raub an des Volkes Gut zuvorkommen und das Kapital hindern, noch länger der Arbeit ihr rechtmäßiges Eigentum vorzuenthalten." Dieser Zweck soll erreicht werden wie folgt: "Jeder Arme wird auf der Stelle in ein nützliches Glied der menschlichen Gesellschaft verwandelt, sobald man ihm Gelegenheit bietet, produzierend tätig zu sein." (Hiernach erwirbt sich niemand größeres Verdienst um die "menschliche Gesellschaft" als die Kapitalisten, auch die von New York, gegen die Kriege so gewaltig poltert.) "Diese ist ihm aber für immer gesichert, sobald die Gesellschaft

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ihm ein Stück Land gibt, darauf er sich mit seiner Familie ernähren kann... Wird diese ungeheure Bodenfläche (die 1400 Millionen Acres 1*) amerikanischer Staatsländereien) d e m H a n d e l e n t z o g e n u n d i n b e g r e n z t e n Q u a n t it ä t e n der Arbeit zugesichert, so ist mit e i n e m Schlage aller Armut in Amerika ein Ende gemacht; denn jedermann erhält Gelegenheit, sich mit Hülfe seiner Hände eine unantastbare Heimat zu gründen." Daß es nicht in der Macht der Gesetzgeber liegt, durch Dekrete die Fortentwicklung des von Kriege gewünschten patriarchalischen Zustandes zum industriellen Zustande zu hemmen oder die industriellen und kommerziellen Staaten der Ostküste der Vereinigten Staaten in die patriarchalische Barbarei zurückzuwerfen, diese Einsicht wäre zu erwarten gewesen. Für die Zeit, wo die oben geschilderte Herrlichkeit eingetreten sein wird, bereitet Kriege inzwischen folgende Landpfarrerworte vor: "Und dann können wir die Menschen lehren, i n F r i e d e n b e i e in a n d e r w o h n e n, sich gegenseitig ihres Lebens Last und Mühe erleichtern und:

21) dem Himmel der L i e b e seine ersten Wohnsitze auf Erden bauen" (Stück für Stück 160 Acres groß).

Kriege schließt seine Anrede an die verheirateten Frauen wie folgt: "Zuerst wendet Euch an 22) die Männer Eurer L i e b e, b i t t e t sie, der alten Politik den Rücken zu kehren, ...

zeigt ihnen ihre Kinder, beschwört sie in i h r e n (der Unvernünftigen) N a m e n, Vernunft anzunehmen." Zweitens an die "Jungfrauen": "Lasset bei 23) Euren L i e b habern d i e B o d e n b e f r e i u n g d e n P r ü f s t e i n s e i n i h r e s M e n s c h e n w e r t s, und traut nicht 24) ihrer L i e b e, eh' sie sich der Menschheit verschworen." (Was soll das heißen?) Wenn die Jungfrauen sich also gebaren, garantiert er ihnen, daß ihre Kinder 25) "l i e b e n d werden wie sie" (nämlich "die Vögel des Himmels"), und schließt die Leier mit der Repetition von 26) "echte Priesterinnen der L i e b e", "großem Reich der Gemeinschaft" und "Weihe".

Nr. 13 des "Volks-Trib[unen]": - "A n t w o r t a n S o l lt a." 27) "Er" (der große Geist der Gemeinschaft) "flammt als Feuer der L i e b e aus des Bruders Auge."

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1*) 1 Acre = 4046,7 m² bzw. 40,467 a

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28) "Was ist ein Weib ohne den Mann, den es l i e b e n, dem es seine z i t t e r n d e S e e l e dahingehen kann?" 29) "Alle Menschen in L i e b e verbinden." 30) "Die Mutter l i e b e"...

31) "Die Menschen l i e b e"...

32) "Alle ersten Laute der L i e b e"...

33) "Die Strahlen der L i e b e." k) Der Zweck des Kommunismus ist: "das ganze Leben der Menschheit seinen" (des fühlenden Herzens) "Schlägen zu unterwerfen".

34) "Der Ton der L i e b e entflieht vor dem Geklapper des Geldes." 35) "Mit L i e b e und Hingebung läßt sich alles durchsetzen." Wir haben also in dieser e i n e n Nummer die Liebe, schlecht gezählt, in fünfunddreißig Gestalten. Dieser Liebessabbelei entspricht es, daß Kriege in der "Antwort an Sollta" und anderwärts den Kommunismus als den liebevollen Gegensatz des Egoismus darstellt und eine weltgeschichtliche revolutionäre Bewegung auf die paar Worte: Liebe - Haß, Kommunismus - Egoismus reduziert. Ebenfalls gehört dazu die Feigheit, womit er oben dem Wucherer dadurch schmeichelt, daß er ihm das zu lassen verspricht, was er schon hat, und weiter unten beteuert, "die t r a u t e n G ef ü h l e des F a m i l i e n l e b e n s, der H e i m a tl i c h k e i t, des V o l k s t u m s nicht zerstören", sondern "nur erfüllen" zu wollen. Diese feige, heuchlerische Darstellung des Kommunismus nicht als "Zerstörung", sondern als "Erfüllung" der bestehenden schlechten Verhältnisse und der Illusionen, die sich die Bourgeois darüber machen, geht durch alle Nummern des "Volks-Tribunen". Zu dieser Heuchelei und Feigheit paßt die Stellung, die er in den Diskussionen mit Politikern einnimmt. Er erkennt es (Nr. 10) für eine Sünde gegen den Kommunismus an, wenn man gegen katholizisierende politische Phantasten wie Lamennais und Borne schreibt, wodurch also Männer wie Proudhon, Cabet, Dézamy, mit einem Wort sämtliche französische Kommunisten bloß Leute sind, "die sich Kommunisten nennen". Daß die deutschen Kommunisten ebensoweit über Borne hinaus sind, wie die französischen über Lamennais, hätte Kriege schon in Deutschland, Brüssel und London lernen können.

Welche entnervende Wirkung auf beide Geschlechter diese Liebesduselei ausüben und welche massenweise Hysterie und Bleichsucht sie bei den "Jungfrauen" hervorrufen muß, darüber möge Kriege selbst nachdenken.

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ZWEITER ABSCHNITT

Ökonomie des "Volks-Tribunen" und seine Stellung zum Jungen Amerika [3]

Wir erkennen die Bewegung der amerikanischen Nationalreformer in ihrer historischen Berechtigung vollständig an. Wir wissen, daß diese Bewegung ein Resultat erstrebt, das zwar für den Augenblick den Industrialismus der modernen bürgerlichen Gesellschaft befördern würde, das aber als Resultat einer proletarischen Bewegung, als Angriff auf das Grundeigentum überhaupt und speziell unter den in Amerika bestehenden Verhältnissen durch seine eigenen Konsequenzen zum Kommunismus forttreiben muß. Kriege, der sich mit den deutschen Kommunisten in New York der Anti-Rent-Bewegung angeschlossen hat, überklebt diese dünne Tatsache mit seinen herkömmlichen kommunistischen und überschwenglichen Redensarten, ohne sich je auf den positiven Inhalt der Bewegung einzulassen, und beweist dadurch, daß er über den Zusammenhang des Jungen Amerika mit den amerikanischen Verhältnissen im höchsten Grade unklar ist. Außer den schon gelegentlich angeführten einzelnen Stellen wollen wir noch ein Beispiel geben, wie er eine agrarisch zugestutzte Parzellierung des Grundbesitzes im amerikanischen Maßstabe mit seiner Menschheitsbegeisterung überschüttet.

Nr. 10, "Was wir wollen", heißt es:

"Sie" - nämlich die amerik[anischen] Nationalreformer - "nennen den Boden das g e m e i n s c h a f t l i c h e Erbteil aller Menschen ... und wollen durch die gesetzgebende Macht des Volkes Mittel getroffen wissen, die 1400 Mill[ionen] Acker Land, welche noch nicht in die Hände räuberischer Spekulanten gefallen sind, d e r g a n z e n M e n s c h h e i t a l s u n v e rä u ß e r l i c h e s G e m e i n g u t z u e r h a l t e n."

Um dies "g e m e i n s c h a f t l i c h e Erbteil", dies "unveräußerliche G e m e i n g u t" in seiner Gemeinschaftlichkeit "der ganzen Menschheit zu erhalten", adoptiert er den Plan der Nationalreformer: "jedem Bauern, weß Landes er auch sei, zu seiner Ernährung 160 Acker amerikanischer Erde zu Gebote zu stellen", oder wie dies Nr. 14, "Antwort an Conze", ausgedrückt wird:

"Von diesem noch unberührten Gut des Volkes soll niemand mehr als 160 Acker in Besitz nehmen und auch diese nur, wenn er sie selbst bebaut."

Der Boden soll also dadurch "unveräußerliches G e m e i n gut" und zwar "der ganzen Menschheit" bleiben, daß man unverzüglich anfängt, ihn zu t e i l e n;

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Kriege bildet sich dabei ein, er könne die notwendigen Folgen dieser Teilung: Konzentration, industriellen Fortschritt pp.

durch Gesetze v e r b i e t e n. 160 Acres Land gelten ihm für ein stets gleichbleibendes Maß, als ob der Wert einer solchen Bodenfläche nicht nach ihrer Qualität verschieden sei. Die "Bauern" werden, wenn auch nicht ihren Boden, doch ihre Bodenprodukte untereinander und mit ändern austauschen müssen, und wenn die Leute so weit gekommen sind, wird es sich bald zeigen, daß der eine "Bauer" auch ohne Kapital, bloß durch seine Arbeit und die größere ursprüngliche Produktivität seiner 160 Acres den ändern wieder zu seinem K n e c h t herabdrückt. Und dann, ist es nicht einerlei, ob "der Boden" oder die P r o d u k t e des Bodens "in die Hände räuberischer Spekulanten fallen"?

Nehmen wir einmal Krieges Geschenk an die Menschheit ernsthaft.

1400 Millionen Acres sollen "der ganzen Menschheit als unveräußerliches Gemeingut erhalten" werden. Und zwar sollen auf jeden "Bauer" 160 Acres kommen. Hiernach läßt sich berechnen, wie stark Krieges "ganze Menschheit" ist - genau 83/4 Millionen "Bauern", die als Familienväter jeder eine Familie von fünf Köpfen, also eine Gesamtmasse von 43 3/4 Millionen Menschen repräsentieren.

Wir können ebenfalls berechnen, wie lange die "alle Ewigkeit" dauert, für deren Dauer "das Proletariat in seiner Eigenschaft als Menschheit die ganze Erde", wenigstens der Vereinigten Staaten, "in Anspruch nehmen" kann. Wenn die Bevölkerung der Vereinigten Staaten in demselben Maße zunimmt wie bisher (d.h. sich in 25 Jahren verdoppelt), so dauert diese "alle Ewigkeit" nicht volle 40 Jahre; in dieser Zeit sind die 1400 Mill[ionen] Acres okkupiert, und es bleibt den Nachkommenden n i c h t s mehr "in Anspruch zu nehmen". Da aber die Freigebung des Bodens die Einwanderung sehr vermehren würde, so könnte Krieges "Ewigkeit" schon eher "alle" werden. Besonders wenn man bedenkt, daß Land für 44 Millionen nicht einmal für den jetzt existierenden europäischen Pauperismus ein zureichender Abzugskanal sein würde, da in Europa der zehnte Mann ein Pauper ist und die britischen Inseln allem 7 Millionen liefern. Eine ähnliche ökonomische Naivität findet sich Nr. 13, "An die Frauen", wo Kriege meint, wenn die Stadt New York ihre 52000 Acker auf Long Island freigäbe, so reiche das hin, um "mit einem Male" New York von allem Pauperismus, Elend und Verbrechen auf ewige Zeiten zu befreien.

Hätte Kriege die Bodenfreiheits-Bewegung als eine unter bestimmten Verhältnissen notwendige erste Form der proletarischen Bewegung, als eine Bewegung gefaßt, die durch die Lebensstellung der Klasse, von der sie ausgeht, notwendig zu einer kommunistischen sich fortentwickeln muß, hätte er gezeigt, wie die kommunistischen Tendenzen in Amerika ursprünglich in

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dieser scheinbar allem Kommunismus widersprechenden agrarischen Form auftreten mußten, so wäre nichts dagegen zu sagen gewesen.

So aber erklärt er eine allerdings noch untergeordnete Bewegungsform wirklicher, bestimmter Menschen für eine Sache d e r Menschheit, stellt sie wider sein besseres Wissen als letztes, höchstes Ziel aller Bewegung überhaupt hin und verwandelt dadurch die bestimmten Zwecke der Bewegung in baren überschwenglichen Unsinn.

Er singt indes ungestört in demselben Aufsatz (Nr. 10) seinen Triumphgesang weiter:

"Also damit gingen endlich die alten Träume der Europäer in Erfüllung, es würde ihnen auf dieser Seite des Ozeans eine Stätte bereitet, die sie nur zu beziehen und mit ihrer Hände Arbeit zu befruchten brauchten, um allen Tyrannen der Welt mit Stolz entgegenrufen zu können:

Das ist m e i n e Hütte, Die Ihr nicht gebaut, Das ist m e i n Herd, Um dessen Glut Ihr mich beneidet. [4]"

Er hätte hinzufügen können: Das ist m e i n Misthaufen, den Ich und mein Weib, Kind, Knecht, Magd und Vieh produziert haben. Welche Europäer sind denn das, deren "Träume " hier in Erfüllung gehen? Nicht die kommunistischen Arbeiter, sondern bankrute Krämer und Handwerksmeister oder ruinierte Kotsassen, die nach dem Glücke streben, in Amerika wieder Kleinbürger und Bauern zu werden. Und was für ein "Wunsch" ist es, der durch die 1400 Millionen Acres realisiert werden soll? Kein anderer als der, a l l e M e n s c h e n i n P r i v a t e i g e n t ü m e r zu verwandeln, ein Wunsch, der ebenso ausführbar und kommunistisch ist, wie der, alle Menschen in Kaiser, Könige und Päpste zu verwandeln. Als schließliche Probe von Krieges Einsicht in kommunistisch-revolutionäre Bewegungen und ökonomische Verhältnisse möge hier noch folgender Satz stehen:

"J e d e r Mensch sollte wenigstens so viel von j e d e m Gewerbe erlernen, daß er nötigenfalls eine Z e i t l a n g a l l e i n f e r t i g w e r d e n k ö n n t e, wenn ein ungünstiges Geschick ihn von der menschlichen Gesellschaft losgerissen."

Es ist allerdings viel leichter, "Liebe" und "Hingebung" "auszuströmen", als sich mit Entwicklung wirklicher Verhältnisse und praktischer Fragen zu befassen.

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DRITTER ABSCHNITT

Metaphysische Fanfaronnaden

Nr. 13 des "Volks-Trib[unen]": "Antwort an Sollta." 1) Kriege behauptet hier, er sei "nicht gewohnt, in der kahlen Wüste der Abstraktion logische Seiltänze aufzuführen". Daß er zwar nicht "logisch", aber doch auf einem [aus] philosophischen und liebeseligen Phrasen gedrehten "Seile tanzt", geht aus jeder Nummer des "Volks-Tribunen" hervor.

2) Den Satz, daß "der einzelne Mensch individuell lebt" (was schon ein Unsinn ist), drückt Kriege in folgendem unlogischen "Seiltanze" aus: "solange die menschliche Gattung überhaupt noch in Individuen ihre Darstellung findet", 3) soll es von dem "Gefallen", des "schöpferischen Geistes der Menschheit", der nirgends existiert, abhängen, "der heutigen Lage der Dinge ein Ende zu machen".

4) Folgendes ist das Ideal des kommunistischen Menschen: "Er trägt den Stempel der Gattung" (wer tut das nicht schon jetzt ganz von selbst?), "bestimmt seine eigenen Zwecke nach den Zwecken der Gattung" (als ob die Gattung eine Person wäre, die Zwecke haben könnte) "und sucht nur darum ganz sein eigen zu werden, um sich mit allem, was er ist und werden kann, der Gattung hingeben zu können" (vollständige Aufopferung und Selbstdemütigung vor einem phantastischen Nebelbilde).

5) Die Stellung des einzelnen Menschen zur Gattung wird auch in folgendem überschwenglichen Unsinn charakterisiert: "Wir alle und unsere besondre Tätigkeit sind nur Symptome der großen Bewegung, die tief im Innern der Menschheit vor sich geht." "Tief im Innern der Menschheit" - wo ist das? Nach diesem Satze sind also die wirklichen Menschen nur "Symptome", Kennzeichen einer "im Innern" eines Gedankenphantoms vor sich gehenden "Bewegung".

6) Den Kampf um die kommunistische Gesellschaft verwandelt dieser Landpfarrer in "das Suchen nach jenem großen Geiste der Gemeinschaft". Diesen "großen Geist" läßt er "aus dem B e c h e r d e r K o m m u n i o n schäumen schön und voll" und als "den h e i l i g e n G e i s t aus des Bruders Auge flammen".

Nachdem so die revolutionäre kommunistische Bewegung in das "Suchen" nach dem heiligen Geist und dem heiligen Abendmahl verwandelt i s t, kann Kriege natürlich auch behaupten, daß dieser Geist "n u r e r n a n n t z u s e i n braucht, um alle Menschen in Liebe zu verbinden".

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7) Diesem metaphysischen Resultat geht vorher folgende Verwechselung des K o m m u n i s m u s mit der K o m m u n i o n:

"Der Geist, der die Welt überwindet, der Geist, der dem Sturm gebietet und dem Gewitter (!!!!), der Geist, der die Blinden heilt und die Aussätzigen, der Geist, der allen Menschen zu trinken beut von e i n e m Wein" (wir ziehen die mehrfachen Sorten vor) "und zu essen von e i n e m Brot" (die französischen und englischen Kommunisten machen mehr Ansprüche), "der Geist, d e r d a e w i g i s t u n d a l l g e g e n w ä r t i g, das ist der Geist der Gemeinschaft." Wenn dieser "Geist" "ewig und allgegenwärtig" ist, so ist gar nicht abzusehen, wie nach Kriege das Privateigentum so lange hat existieren können. Aber freilich, er war nicht "erkannt" und war daher "ewig und allgegenwärtig" bloß in seiner eigenen Einbildung.

Hier predigt also Kriege im N a m e n d e s K o m m u n i sm u s die alte religiöse und deutschphilosophische Phantasie, die d e m K o m m u n i s m u s d i r e k t w i d e rs p r i c h t. Der G l a u b e, und zwar der Glaube an den "heiligen Geist der Gemeinschaft" ist das Letzte, was für die Durchführung des Kommunismus verlangt wird.

VIERTER ABSCHNITT

Religiöse Tändeleien

Es versteht sich, daß Krieges Liebessabbeleien und Gegensatz gegen den Egoismus weiter nichts sind als die schwellenden Offenbarungen eines durch und durch in Religion aufgegangenen Gemütes.

Wir werden sehen, wie Kriege, der sich in Europa immer für einen Atheisten ausgab, hier sämtliche Infamien des Christentums unter dem Wirtshausschilde des Kommunismus an den Mann zu bringen sucht und ganz konsequent mit der S e l b s t s c h ä n d u n g d e s M e n s c h e n endigt.

Nr. 10. "Was wir wollen" und "H[ermann] Kriege an Harro Harring" bestimmen den Zweck des kommunistischen Kampfes dahin:

1) "Die R e l i g i o n d e r L i e b e zu einer Wahrheit und die langersehnte Gemeinschaft der seligen Himmelsbewohner zu einer Wirklichkeit zu machen." Kriege übersieht bloß, daß diese christlichen Schwärmereien nur der phantastische Ausdruck der bestehenden Welt sind und daher ihre "Wirklichkeit" in den schlechten Verhältnissen dieser bestehenden Welt s c h o n e x is t i e r t.

2) "Wir fordern im Namen jener R e l i g i o n d e r L i e b e, daß der Hungrige gespeist, der Dürstende getränkt und der Nackende gekleidet werde." - Welche Forderung bereits seit 1800 Jahren bis zum Ekel und ohne den geringsten Erfolg wiederholt worden ist.

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3) "Wir lehren L i e b e üben", um 4) "L i e b e zu empfangen." 5) "In ihrem R e i c h d e r L i e b e, da können keine Teufel hausen." 6) "Es ist sein" (des Menschen) "h e i l i g s t e s Bedürfnis, sich mit seiner ganzen Individualität a u f z u l ö s e n in die Gesellschaft l i e b e n d e r W e s e n, denen gegenüber er nichts mehr festhalten kann als 7) seine g r e n z e n l o s e L i e b e." Mit dieser Grenzenlosigkeit, sollte man meinen, hat die Liebestheorie ihre höchste Spitze erreicht, die so hoch ist, daß man sich gar nichts mehr dabei denken kann; indessen geht es noch höher.

8) "Dieses heiße Ausströmen der Liebe, diese Hingebung an alle, dieser g ö t t l i c h e D r a n g nach Gemeinschaft - was ist das anders als die i n n e r e s t e R e l i g i o n des Kommunisten, die nur einer entsprechenden Außenwelt ermangelt, um sich im vollen Menschenleben auszusprechen." Die jetzige "Außenwelt" scheint indes vollständig hinzureichen, damit Kriege seine "innereste Religion", seinen "göttlichen Drang", seine "Hingebung an alle" und sein "heißes Ausströmen" in seinem "vollen Menschenleben" aufs breiteste "aussprechen" kann.

9) "Haben wir nicht ein Recht, mit den langverhaltenen Wünschen des religiösen Herzens Ernst zu machen und im Namen der Armen, der Unglücklichen, der Verstoßenen für die endliche Realisation des schönen Reiches der Bruderliebe in den Kampf zu ziehen?" Kriege zieht also in den Kampf, um mit den Wünschen, nicht des wirklichen, profanen, sondern des religiösen, nicht des von der wirklichen Not erbitterten, sondern von der seligen Phantasie aufgeblähten Herzens Ernst zu machen. Er beweist sein "religiöses Herz" sogleich dadurch, daß er als Priester, unter fremdem Namen, nämlich im Namen der "Armen", und so in den Kampf zieht, daß er deutlich zu verstehen gibt, er habe für sich selbst den Kommunismus nicht nötig, er ziehe in den Kampf aus bloßer großmütiger, hingebender, zerfließender Aufopferung für die "Armen, Unglücklichen und Verstoßenen", die seiner bedürftig sind -, ein Hochgefühl, das die Brust des Biedermannes in einsamen, trüben Stunden höher schwellt und allen Kummer der schlechten Welt aufwiegt.

10) schließt Kriege seinen Bombast: "Wer solch eine Partei nicht unterstützt, kann mit Recht als ein Feind der Menschheit behandelt werden." Dieser intolerante Satz scheint der "Hingebung an a l l e", der "Religion der Liebe" gegen alle zu widersprechen.

Er ist aber ein ganz konsequenter Schluß aus dieser neuen Religion, die wie jede andere alle ihre Feinde tödlich haßt und verfolgt. Der Feind der Partei wird ganz konsequent in einen Ketzer verwandelt, indem man ihn aus dem Feinde der wirklich existierenden

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P a r t e i, mit dem man k ä m p f t, in einen Sünder gegen die nur in der Einbildung existierende M e n s c h h e i t verwandelt, den man b e s t r a f e n muß.

11) Im Briefe an Harro Harring heißt es: "Wir wollen alle Armen der Welt in Aufstand bringen gegen den Mammon, unter dessen Zuchtrute sie sich totzuquälen verdammt sind, und wenn wir den fürchterlichen Tyrannen herabgestürzt von seinem alten Thron, da wollen wir die Menschheit durch L i e b e v e r b i n d e n, da wollen wir sie l e h r e n gemeinschaftlich arbeiten und gemeinschaftlich genießen, auf daß das langverheißene Reich der Freude endlich erfüllt werde." Um gegen die moderne Geldherrschaft in Zorn zu geraten, muß er sie sich erst in das Götzenbild Mammon verwandeln. Dies Götzenbild wird gestürzt - wie, erfahren wir nicht; die revolutionäre Bewegung des Proletariats aller Länder schrumpft zu einem Aufstande zusammen - und wenn dieser Sturz vollzogen, dann kommen die Propheten, die "Wir", die den Proletarier "lehren", was nun weiter zu tun sei. Diese Propheten "lehren" ihre Jünger, die hier in einer merkwürdigen Unwissenheit über ihre eigenen Interessen auftreten, wie sie "gemeinschaftlich arbeiten und genießen sollen", und zwar nicht, um "gemeinschaftlich zu arbeiten und zu genießen", sondern vielmehr bloß, auf daß die Schrift erfüllt werde und einige Phantasten vor 1800 Jahren nicht umsonst prophezeit haben. - Diese Manier der Prophezeiung wiederholt sich anderswo, z.B.:

Nr. 8. "Was ist das Proletariat?" und "Andreas Dietsch", wie a) "Proletarier, die Stunde euerer Erlösung ist gekommen", b) "Tausend Herzen schlugen frohlockend der großen Zeit der Verheißung entgegen" - nämlich "jenes großen Reichs der Liebe ...

für das langersehnte Reich der Liebe".

c) Nr. 12. "Antwort an Koch, den Antipfaffen." "Schon zuckt das Evangelium der endlosen Welterlösung von Auge zu Auge" und - sogar - "von Hand zu Hand." Dies Wunder von dem "zuckenden Evangelium", dieser Unsinn von der "endlosen Welterlösung" entspricht ganz dem ändern Wunder, daß die längst aufgegebenen Prophezeiungen der alten Evangelisten durch Kriege wider Erwarten erfüllt werden.

12) Von diesem religiösen Standpunkt aus kann die Antwort auf alle w i r k l i c h e n F r a g e n nur in einigen religiösüberschwenglichen und allen Sinn umnebelnden B i l d e r n, in einigen pomphaften Etiketten, wie "Menschheit", "Humanität", "Gattung" usf., und in einer Verwandlung jeder w i r k l ic h e n T a t in eine p h a n t a s t i s c h e P h r a s e bestehen. Dies zeigt sich besonders in dem Aufsatze: "Was ist das Proletariat?" (Nr. 8.) Auf diese Titelfrage wird geantwortet:

"Das Proletariat ist die M e n s c h h e i t", - eine w i ss e n t l i c h e L ü g e, nach der die Kommunisten auf die Abschaffung der Menschheit ausgehen. Diese Antwort,

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"Die Menschheit", soll dieselbe sein, die Sieyès auf die Frage gab: Was ist der tiers-état? [5] Beweis, wie Kriege die historischen Tatsachen verduselt. Dies beweist er sogleich nochmals in seiner Verfrömmelung der amerikanischen Anti-Rent-Bewegung: "Und wie endlich, wenn dann dieses Proletariat in seiner Eigenschaft als Menschheit" (notwendige Charaktermaske, in der es auftreten muß - eben war das Proletariat die Menschheit, jetzt ist die Menschheit nur Eigenschaft des Proletariats) "für alle Ewigkeit die ganze Erde als ihr unbestreitbares Besitztum in Anspruch nähme?" Man sieht, wie selbst eine höchst einfache, praktische Bewegung in leere Phrasen, wie "Menschheit", "unbestreitbares Besitztum", "alle Ewigkeit" usf., sich verwandelt und es daher auch bei dem bloßen "Anspruch" sein Bewenden hat. - Außer den gewöhnlichen Stichwörtern "Geächtete" usw., wozu sich noch das religiöse "Verfluchte" gesellt, beschränken sich alle Mitteilungen Krieges über das Proletariat auf folgende mythologisch-biblische Bilder:

"der gefesselte Prometheus", "das Lamm Gottes, das der Welt Sünden trägt" "der wandernde Jude",

und schließlich wird dann die merkwürdige Frage aufgeworfen:

"Soll die Menschheit denn ewig, ein heimatloser Vagabund, auf der Erde umherirren?" Während doch gerade das ausschließliche Festsiedeln eines Teiles der "Menschheit" auf der Erde der Dorn in seinem Auge ist!

13) Die Kriegesche Religion kehrt ihre schlagende Pointe hervor in folgendem Passus: "Wir haben noch etwas mehr zu tun, als für unser lumpiges Selbst zu sorgen, wir gehören der Menschheit." Mit diesem infamen und ekelhaften Servilismus gegen eine von dem "Selbst" getrennte und unterschiedene "Menschheit", die also eine metaphysische und bei ihm sogar eine religiöse Fiktion ist, mit dieser allerdings höchst "lumpigen" Sklavendemütigung endigt diese Religion, wie jede andere. Eine solche Lehre, welche die Wollust der Kriecherei und die Selbstverachtung predigt, ist ganz geeignet für tapfere - M ö n c h e, aber nimmer für energische Männer, und gar in einer Zeit des Kampfes. Es fehlt nur, daß diese tapfern Mönche ihr "lumpiges Selbst" kastrieren und dadurch ihr Vertrauen auf die Fähigkeit der "Menschheit", sich selbst zu erzeugen, genügend beweisen! - Wenn Kriege nichts Besseres vorzubringen weiß als diese erbärmlich stilisierten Sentimentalitäten, so täte er allerdings klüger, seinen "Vater Lamennais" in jeder Nummer des "Volks-Tribunen" aber und abermal zu übersetzen.

Welche praktischen Folgen diese Kriegesche Religion des unendlichen Erbarmens und der endlosen Hingebung hat, beweisen die Betteleien um

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Arbeit, die fast in jeder Nummer des "Volks-Tribunen" figurieren.

So lesen wir Nr. 8:

"Arbeit! Arbeit! Arbeit!" "Ist denn niemand unter all den weisen 1*) Herrn, der es nicht für verlorene Mühe hält, braven Familien Nahrung zu verschaffen und hülflose junge Leute vor Elend und Verzweiflung zu bewahren?

Da ist zuerst der Johann Stern aus Mecklenburg, noch immer ohne Arbeit, und er verlangt doch nichts, als sich zu schinden zum Vorteil eines Kapitalisten und dabei soviel Brot zu machen, als hinreicht, ihn aufrechtzuerhalten für seine Arbeit, - ist denn das zuviel verlangt in der zivilisierten Gesellschaft? - Und dann Karl Gescheidtle aus Baden, ein junger Mann von den trefflichsten Anlagen und nicht ohne höhere Schulbildung - er sieht so treu, so gut darein, ich garantiere dafür, er ist die Redlichkeit selbst... Und auch ein Greis und noch mehrere junge Leute flehen für ihrer Hände Arbeit um ihr tägliches Brot. - Wer helfen kann, säume nicht länger, oder sein Gewissen wird ihm einst seinen Schlaf rauben, wo er ihn am meisten bedarf. Freilich könntet Ihr sagen: Da sind Tausende, die vergebens nach Arbeit schreien, und allen können wir doch nicht helfen - Ihr könntet wohl, doch Ihr seid Knechte des Egoismus und habt kein Herz, etwas zu tun. Solange Ihr aber nicht allen helfen wollt, zeigt wenigstens, daß Ihr noch ein Restchen menschliches Gefühl übrigbehalten habt, und helft so vielen Einzelnen, als Euch möglich."

Natürlich, wenn sie wollten, so könnten sie mehreren helfen, als ihnen möglich ist. Das ist die Praxis, die wirkliche Ausübung der Selbsterniedrigung und Wegwerfung, die jene neuere Religion lehrt.

FÜNFTER ABSCHNITT

Krieges persönliches Auftreten

Wie das persönliche Auftreten Krieges in seinem Journale beschaffen ist, geht schon mit Notwendigkeit aus den obigen Stellen hervor; wie heben daher nur einige Punkte heraus.

Kriege tritt als P r o p h e t auf, daher auch notwendig als Emissär eines geheimen Essäerbundes [6], des "Bundes der Gerechtigkeit". Wenn er daher nicht im Namen der "Unterdrückten" spricht, so spricht er im Namen der "Gerechtigkeit", die aber nicht die gewöhnliche Gerechtigkeit, sondern die Gerechtigkeit des "Bundes der Gerechtigkeit" ist. Nicht bloß s i c h s e l b s t mystifiziert er, er mystifiziert auch die G es c h i c h t e. Die wirkliche geschichtliche Entwicklung des Kommunismus in den verschiedenen Ländern Europas, die

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1*) Im "Volks-Tribun" Nr. 8: reichen

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er nicht kennt, mystifiziert er dadurch, daß er den Ursprung und die Fortschritte des Kommunismus auf fabelhafte, romanhafte und erlogene Intrigen dieses Essäerbundes schiebt. Hierüber sieh alle Nummern, namentlich die Antwort an Harro Harring, wo auch die wahnwitzigsten Phantasien über die Macht dieses Bundes gegeben werden.

Als echter L i e b e s a p o s t e l wendet sich Kriege zunächst an die Frauen, denen er die Verworfenheit nicht zutraut, einem liebepochenden Herzen widerstehen zu können, dann an die vorgefundenen Agitatoren "söhnlich und versöhnlich" - als "Sohn" - als "Bruder" - als "Herzensbruder" - und endlich als M e n s c h an die Reichen. Kaum in New York angekommen, erläßt er Sendschreiben an alle reichen deutschen Kaufleute, setzt ihnen die Knallbüchse der Liebe auf die Brust, hütet sich sehr wohl zu sagen, was er von ihnen will, unterzeichnet sich bald "Ein Mensch", bald "Ein Menschenfreund", bald "Ein Narr" - und, "solltet Ihr's glauben, meine Freunde?", kein Mensch läßt sich auf seine hochtönenden Alfanzereien ein. Darüber kann sich niemand wundern als Kriege selbst. - Die bekannten, schon zitierten Liebesphrasen werden zuweilen gepfeffert durch Ausrufungen, wie (Nr. 12, "Antwort an Koch"): "Hurra! Es lebe die Gemeinschaft, es lebe die Gleichheit, es lebe die Liebe!" Praktische Fragen und Zweifel (cf. Nr. 14, "Antwort" an Conze) weiß er nur aus vorsätzlicher Bosheit und Verstocktheit sich zu erklären. Als echter Prophet und Liebesoffenbarer spricht er die ganze hysterische Gereiztheit einer geprellten schönen Seele über die Spötter, die Ungläubigen und die Menschen der alten Welt aus, die sich nicht durch seine süße Liebeswärme in "selige Himmelsbewohner" umzaubern lassen. In solcher malkontentsentimentalen Stimmung ruft er ihnen Nr. 11 unter der Etikett "Frühling" zu: "Darum, die Ihr uns heute verspottet, Ihr werdet bald f r o m m werden, denn wisset, es wird Frühling."

Geschrieben am 11. Mai 1846.

Als lithographisches Zirkular im Mai 1846 verbreitet.