Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 40. Berlin/DDR. 1962. »Auszüge aus Mills Buch Élémens d'économie politique« (S. 444 - 463)
Quelle: Marx: Schriften/Briefe Nov. 1837 bis Aug. 1844
<443>
Auszüge aus James Mills Buch
"Élémens d'économie politique"
Trad. par J.T. Parisot, Paris 1823 [94]
<444>
Geschrieben im ersten Halbjahr 1844.
Nach der Handschrift.
<445>
[Auszüge aus James Mills Buch "Élémens d'économie politique".
¦¦XXV¦ Bei jener Kompensation des Geldes und Metallwerts, wie bei der Darstellung der Produktionskosten als des einzigen Momentes in der Wertbestimmung, begeht Mill - wie überhaupt die Schule von Ricardo - den Fehler, daß sie das a b s t r a k t e G es e t z, ohne den Wechsel oder die beständige Aufhebung dieses Gesetzes - wodurch es erst wird - ausspricht. Wenn es ein b e s t ä n d i g e s Gesetz ist, daß z.B. die Produktionskosten in letzter Instanz - oder vielmehr bei der sporadisch zufällig 1*) eintreffenden Deckung von Nachfrage und Zufuhr - den Preis (Wert) 2*) bestimmen, so ist es ein ebenso b e s t ä n d i g e s G e s e t z, daß dies Verhältnis sich nicht deckt, also daß Wert und Produktionskosten in keinem notwendigen Verhältnis stehn. Ja, Nachfrage und Zufuhr decken sich immer nur momentan durch das vorhergegangne Schwanken von Nachfrage und Zufuhr, durch das Mißverhältnis zwischen Produktionskosten und Tauschwert, wie diese Schwankung und dies Mißverhältnis ebenso wieder der momentanen Deckung folgt. Diese w i r k l i c h e Bewegung, wovon jenes Gesetz nur ein abstraktes, zufälliges und einseitiges Moment ist, wird von der neuren Nationalökonomie zum Akzidens gemacht, zum Unwesentlichen. Warum? Weil bei den scharfen und exakten Formeln, worauf sie die Nationalökonomie reduzieren, die Grundformel, wollten sie jene Bewegung abstrakt aussprechen, heißen müßte: Das Gesetz ist in der Nationalökonomie durch sein Gegenteil, die Gesetzlosigkeit, bestimmt. Das wahre Gesetz der Nationalökonomie ist der Z u f a l l, aus dessen Bewegung wir, die Wissenschaftlichen, einige Momente willkürlich in der Form von Gesetzen fixieren." Sehr gut und das Wesen der Sache in einen Begriff gebracht, ist es, wenn Mill das G e l d als den V e r m i t t l e r des Austausches bezeichnet. Das
_____
1*) "zufällig" steht in der Handschrift über "sporadisch" 2*) (Wert) steht in der Handschrift über "Preis"
<446>
Wesen des Geldes ist zunächst nicht, daß in ihm das Eigentum entäußert wird, sondern daß die v e r m i t t e l n d e T ä t i gk e i t oder Bewegung, der m e n s c h l i c h e, gesellschaftliche Akt, wodurch sich die Produkte des Menschen wechselseitig ergänzen, e n t f r e m d e t und die Eigenschaft eines m a t e r i e l l e n D i n g s außer dem Menschen, des Geldes wird. Indem der Mensch diese vermittelnde Tätigkeit selbst entäußert, ist er hier nur als sich abhanden gekommner, entmenschter Mensch tätig; die B e z i e h u n g selbst der Sachen, die menschliche Operation mit denselben, wird zur Operation eines Wesens außer dem Menschen und über dem Menschen. Durch diesen f r e m d e n M i t t l e r - statt daß der Mensch selbst der Mittler für den Menschen sein sollte - schaut der Mensch seinen Willen, seine Tätigkeit, sein Verhältnis zu andren als eine von ihm und ihnen unabhängige Macht an. Seine Sklaverei erreicht also die Spitze. Daß dieser M i t t l e r nun zum w i r kl i c h e n G o t t wird, ist klar, denn der Mittler ist die w i r k l i c h e M a c h t über das, womit er mich vermittelt.
Sein Kultus wird zum Selbstzweck. Die Gegenstände, getrennt von diesem Mittler, haben ihren Wert verloren. Also nur, insofern sie ihn r e p r ä s e n t i e r e n, haben sie Wert, während es ursprünglich schien, daß er nur Wert hätte, soweit e r s i e repräsentierte. Diese Umkehrung des ursprünglichen Verhältnisses ist notwendig. Dieser M i t t l e r ist daher das sich selbst abhanden gekommne, entfremdete W e s e n des Privateigentums, das sich selbst äußerlich gewordne, e n t ä u ß e r t e Privateigentum, wie es die e n t ä u ß e r t e V e r m i t t l u n g der menschlichen Produktion mit der menschlichen Produktion, die e n t ä u ß e r t e Gattungstätigkeit des Menschen ist. Alle Eigenschaften, welche dieser in der Produktion dieser Tätigkeit zukommen, werden daher auf diesen Mittler übertragen. Der Mensch wird also um so ärmer als Mensch, d.h. getrennt von diesem Mittler, als dieser Mittler r e i c h e r wird. Christus r e p r ä s e n t i e r t ursprünglich 1. die Menschen vor Gott; 2. Gott für die Menschen; 3. die Menschen dem Menschen.
So repräsentiert das G e l d ursprünglich seinem Begriff nach:
1. Das Privateigentum für das Privateigentum; 2. die Gesellschaft für das Privateigentum; 3. das Privateigentum für die Gesellschaft.
Aber Christus ist der e n t ä u ß e r t e Gott und der entäußerte M e n s c h. Gott hat nur mehr Wert, sofern er Christus, der Mensch nur mehr Wert, sofern er Christus repräsentiert.
Ebenso mit dem Geld. Warum muß das Privateigentum zum G e l d w e s e n fortgehn?
Weil der Mensch als ein geselliges Wesen zum A u s t a u s c h ¦¦XXV¦ [96] und weil der Austausch - unter der Voraussetzung des Privateigentums - zum W e r t fortgehn muß. Die vermittelnde Bewegung des austauschenden Menschen
<447>
ist nämlich keine gesellschaftliche, keine menschliche Bewegung, kein m e n s c h l i c h e s V e r h ä l t n i s, es ist das a b s t r a k t e V e r h ä l t n i s des Privateigentums zum Privateigentum, und dies a b s t r a k t e Verhältnis ist der W e r t, dessen wirkliche Existenz als Wert erst das G e l d ist. Weil die austauschenden Menschen sich nicht als Menschen zueinander verhalten, so verliert die S a c h e die Bedeutung des menschlichen, des persönlichen Eigentums. Das gesellschaftliche Verhältnis von Privateigentum zu Privateigentum ist schon ein Verhältnis, worin das Privateigentum sich selbst entfremdet ist.
Die für sich seiende Existenz dieses Verhältnisses, das Geld, ist daher die Entäußrung des Privateigentums, die Abstraktion von seiner s p e z i f i s c h e n, persönlichen Natur. " Der Gegensatz der modernen Nationalökonomie zu dem Geldsystem, système monétaire, kann daher trotz aller ihrer Klugheit uns zu keinem entscheidenden Sieg bringen; denn, wenn der rohe nationalökonomische Aberglaube des Volks und der Regierungen an dem s i n n l i c h e n, h a n d g r e i f l i c h e n, a u g e nf ä l l i g e n Geldsack festhält und daher an den absoluten Wert der edlen Metalle wie an ihren Besitz als die einzige Realität des Reichtums glaubt, - wenn dann der aufgeklärte, weltkundige Nationalökonom kömmt und ihnen beweist, daß das Geld eine Ware wie jede andre ist, deren Wert daher, wie der jeder andren Ware, von dem Verhältnis der Produktionskosten zur Nachfrage Konkurrenz 1*) und Zufuhr, zu der Quantität oder Konkurrenz der andren Waren abhängt, - so wird diesem Nationalökonomen richtig erwidert, daß doch der w i r k l i c h e Wert der Dinge ihr T a u s c h w e r t sei und dieser in letzter Instanz im Geld, wie dieses in den edlen Metallen existiere, daß also das Geld der w a h r e Wert der Dinge und darum das wünschenswerteste Ding sei. Die Lehren des Nationalökonomen liefen ja selbst in letzter Instanz auf diese Weisheit hinaus, nur daß er die Abstraktionsfähigkeit besitzt, dieses Dasein des Geldes unter allen Formen von Waren zu erkennen und darum nicht an den exklusiven Wert seines offiziellen metallenen Daseins zu glauben. - Das metallne Dasein des Geldes ist nur der offizielle sinnfällige Ausdruck der Geldseele, die in allen Gliedern der Produktionen und Bewegungen der bürgerlichen Gesellschaft steckt. Der Gegensatz der modernen Nationalökonomen zu dem Geldsystem ist nur der, daß sie das G e l d w e s e n in seiner Abstraktion und Allgemeinheit gefaßt und daher aufgeklärt sind über den s i n n l i c h e n Aberglauben, der an das exklusive Dasein dieses Wesens im edlen Metall glaubt. Sie setzen an
_____
1) Konkurrenz" steht in der Handschrift über "Nachfrage"
<448>
die Stelle dieses rohen den raffinierten Aberglauben. Weil aber beide im Wesen eine Wurzel haben, so bringt es die aufgeklärte Form des Aberglaubens nicht dahin, die rohe sinnliche Form desselben gänzlich zu verdrängen, weil er nicht dessen Wesen, sondern nur die bestimmte Form dieses Wesens angreift. - Das p e r s ö n l i c h e Dasein des Geldes als Geld - und nicht nur als das innere, an sich seiende, versteckte Konversationsverhältnis oder S t a n d e s v e r h ä l t n i s der Waren zueinander - dies Dasein entspricht um so mehr dem Wesen des Geldes, je abstrakter es ist, je weniger n a t ü r l i c h e s Verhältnis es zu den andren Waren hat, je mehr es als Produkt und doch wieder als Nichtprodukt des Menschen erscheint, je weniger n a t u rw ü c h s i g e r sein Daseinselement, je geschaffner es vom Menschen ist, oder nationalökonomisch, je größer das u mg e k e h r t e Verhältnis seines W e r t e s a l s G e l d zum Tauschwert oder Geldwert des Materials ist, in welchem es existiert. Daher ist das P a p i e r g e l d und die Zahl der p a p i e r n e n R e p r ä s e n t a n t e n d e s G e ld e s (wie Wechsel, Mandate, Schuldscheine etc.) das v o l lk o m m n e r e Dasein des G e l d e s a l s G e l d und ein notwendiges Moment im Fortschritt der Entwicklung des Geldwesens.
Im K r e d i t w e s e n, dessen vollständiger Ausdruck das B a n k w e s e n ist, gewinnt es den Schein, als sei die Macht der fremden, materiellen Macht gebrochen, das Verhältnis der Selbstentfremdung aufgehoben und der Mensch wieder in menschlichen Beziehungen zum Menschen. Die S t. S i m o n is t e n, von diesem S c h e i n getäuscht, betrachten die Entwicklung von Geld, Wechselbriefen, Papiergeld, papiernen Repräsentanten des Geldes, K r e d i t, B a n k w e s e n als eine stufenweise Aufhebung der Trennung des Menschen von der Sache, des Kapitals von der Arbeit, des Privateigentums vom Gelde und des Geldes vom Menschen, der Trennung des Menschen vom Menschen. Das organisierte B a n k w e s e n ist daher ihr Ideal. Aber diese Aufhebung der ¦¦XXVI¦ Entfremdung, diese R ü c k k e h r des Menschen zu sich selbst und daher zum andern Menschen ist nur ein S c h e i n, sie ist eine um so i n f a m e r e und e xt r e m e r e Selbstentfremdung, Entmenschung, als ihr Element nicht mehr Ware, Metall, Papier, sondern das m o r a l i s c h e Dasein, das g e s e l l i g e Dasein, das I n n e r e der menschlichen Brust selbst ist; als sie unter dem Schein des V e r t r a u e n s des Menschen zum Menschen, das höchste M i ß t r a u e n und die völlige Entfremdung ist. Was konstituiert das Wesen des K r e d i t s? Wir sehn hier ganz vom I n h a l t des Kredits ab, der wieder das Geld ist. Wir sehn also vom I n h a l t dieses Vertrauens ab, wonach ein Mensch den andern dadurch a n e r k e n n t, daß er ihm Werte vorschießt und - im besten Fall, wenn er sich nämlich den Kredit nicht zahlen läßt, d.h. kein Wucherer ist - seinem Mitmenschen des Vertrauen schenkt, daß er kein Spitzbube, sondern ein "guter" Mann ist.
<449>
Unter einem "guten" Mann versteht der Vertrauende hier, wie Shylock, einen "zahlbaren" Mann. - Der Kredit ist unter 2 Verhältnissen und unter 2 verschiednen Bedingungen denkbar. Die 2 Verhältnisse sind: Einmal, ein Reicher kreditiert einem Armen, den er für fleißig und ordentlich hält. Diese Art von Kredit gehört in den romantischen, sentimentalen Teil der Nationalökonomie, zu ihren Verirrungen, Exzessen, A u s n a h m e n, nicht zu der R e g e l. Allein selbst diese Ausnahme unterstellt, diese romantische Möglichkeit zugegeben, so gilt das Leben des Armen und sein Talent wie Tätigkeit dem Reichen für eine G a r a n t i e der Rückerstattung des geliehnen Geldes; d.h. also, alle sozialen Tugenden des Armen, der Inhalt seiner Lebenstätigkeit, sein Dasein selbst, repräsentiert dem Reichen das Remboursement seines Kapitals mit den gewöhnlichen Zinsen. Der Tod des Armen ist daher für den Kreditierenden der schlimmste Fall. Er ist der Tod seines Kapitals samt Zinsen. Man bedenke, was in der S c h ä t z u n g eines Menschen in G e l d, wie sie im Kreditverhältnis geschieht, [für] eine Niederträchtigkeit liegt. Es versteht sich von selbst, daß der Kreditierende, außer den m o r a l is c h e n Garantien auch die Garantie des j u r i s t is c h e n Zwangs und noch mehr oder minder r e a l e Garantien für seinen Mann hat. Ist nun der, dem kreditiert wird, selbst vermögend, so wird der K r e d i t bloß zu einem erleichternden V e r m i t t l e r des Austauschs, d. h. es ist das G e l d selbst in eine ganz i d e a l e Form erhoben. Der K r e d i t ist das n a t i o n a l ö k o n o m i s c h e Urteil über die M o r a l i t ä t eines Menschen. Im Kredit ist statt des Metalls oder des Papiers der M e n s c h selbst der M i t tl e r des Tausches geworden, aber nicht als Mensch, sondern als das D a s e i n e i n e s K a p i t a l s und der Zinsen. Das Medium des Austauschs ist also allerdings aus seiner materiellen Gestalt in den Menschen zurückgekehrt und zurückversetzt, aber nur weil der Mensch selbst außer sich versetzt in sich selbst zu einer materiellen Gestalt geworden ist. Nicht das Geld ist im Menschen - innerhalb des Kreditverhältnisses aufgehoben, sondern der Mensch selbst ist in G e l d verwandelt, oder das Geld ist in ihm i n k o r p o r i e r t. Die m e n s c h l i c h e I n d i v i d u a l i t ä t, die menschliche M o r a l ist sowohl selbst zu einem Handelsartikel geworden, wie zum Material, worin das Geld existiert. Statt Geld, Papier ist mein eignes persönliches Dasein, mein Fleisch und Blut, meine gesellige Tugend und Geltung die Materie, der Körper des G e l dg e i s t e s. Der Kredit scheidet den Geldwert nicht mehr in Geld, sondern in menschliches Fleisch und in menschliches Herz.
So sehr sind alle Fortschritte und Inkonsequenzen innerhalb eines falschen Systems der höchste Rückschritt und die höchste Konsequenz der Niedertracht. - Innerhalb des Kreditsystems betätigt sich seine Menschen entfremdete Natur unter dem Schein der höchsten nationalökonomischen
<450>
Anerkennung des Menschen auf doppelte Weise: 1. Der Gegensatz zwischen Kapitalist und Arbeiter, großem und kleinem Kapitalist wird noch größer, indem der Kredit nur dem gegeben wird, der schon hat und eine neue Chance der Akkumulation für den Reichen ist, oder indem der Arme im zufälligen Belieben und Urteil des Reichen über ihn seine g a n z e Existenz bestätigt oder verneint, sie völlig von diesem Zufall abhängig sieht; 2. indem die wechselseitige Vorstellung, Heuchelei und Scheinheiligkeit bis auf die Spitze getrieben werden, daß über den Kreditlosen nun außer dem einfachen Urteil, daß er arm ist, nun auch das demoralische Urteil, daß er kein Vertrauen, keine Anerkennung besitzt, also ein geselliger Paria, ein schlechter Mensch ist, hinzukömmt; und indem der Arme zu seiner Entbehrung diese Erniedrigung und die erniedrigende B i t t e um Kredit bei dem Reichen hinzubekommt; ¦¦XXVII¦ 3. indem durch diese ganz i d e e l l e Existenz des Geldes die F a l s c h m ü n z e r e i von dem Menschen an keinem andern Stoff, sondern nur mehr an seiner eignen Person vorgenommen werden kann, er selbst sich zu einer falschen Münze machen, Kredit erschleichen, erlügen etc. muß und dieses Kreditverhältnis - sowohl nach Seite des Vertrauenden, als dessen, der das Vertrauen braucht - zum Handelsgegenstand, Gegenstand des wechselseitigen Betrugs und Mißbrauchs wird. Hier zeigt sich dann noch brillant das M i ß t r a u e n als die Basis dieses nationalökonomischen Vertrauens; das mißtrauische Abwägen, ob der Kredit geschenkt werden soll oder nicht; die Espionnage nach den Geheimnisssen des Privatlebens etc. des Kreditsuchenden; das Verraten momentaner Übelstände, um einen Rivalen durch plötzliche Erschütterung seines Kredits zu stürzen etc. Das ganze System des Bankerutts, die Scheinunternehmungen etc. ... Im S t a a t s k r e d i t hat der Staat ganz dieselbe Stellung, die oben der Mensch ... Im Spiel mit Staatspapieren zeigt sich, wie er zum Spielzeug der Handelsleute geworden ist etc. 4. Das K r e d i t s y s t e m hat endlich seine Vollendung im B a n k w e s e n. Die Schöpfung der Bankiers, die Staatsherrschaft der Bank, die Konzentration des Vermögens in diesen Händen, dieser nationalökonomische A r e o p a g der Nation, ist die würdige Vollendung des Geldwesens. Indem im Kreditsystem die m o r a l i s c h e A n e r k e n n u n g e i n e s M e n s c h e n, wie das V e r t r a u e n z u m S t a a t etc. die Form des K r e d i t s erhielt, tritt das Geheimnis, welches in der Lüge der moralischen Anerkennung liegt, die u n m o r a l i s c h e Niedertracht dieser Moralität, wie die Scheinheiligkeit und der Egoismus in jenem Vertrauen zum Staat hervor und zeigt sich als das, was er wirklich ist.
Der A u s t a u s c h sowohl der menschlichen Tätigkeit innerhalb der Produktion selbst, als auch der m e n s c h l i c h e n P r o d u k t e gegeneinander ist = der
<451>
G a t t u n g s t ä t i g k e i t und Gattungsgeist, deren wirkliches, bewußtes und wahres Dasein die g e s e l ls c h a f t l i c h e Tätigkeit und der g e s e l ls c h a f t l i c h e Genuß ist. Indem das m e n s c h l ic h e Wesen das w a h r e G e m e i n w e s e n der Menschen, so s c h a f f e n, produzieren die Menschen durch Betätigung ihres W e s e n s das menschliche G e m e i n w e s e n, das gesellschaftliche Wesen, welches keine abstrakt-allgemeine Macht gegenüber dem einzelnen Individuum ist, sondern das Wesen eines jeden Individuums, seine eigne Tätigkeit, sein eignes Leben, sein eigner Geist, sein eigner Reichtum ist. Nicht durch Reflektion entsteht daher jenes w a h r e G e m e i n w e s e n, es erscheint daher durch die N o t und den E g o i s m u s der Individuen, d. h. unmittelbar durch die Betätigung ihres Daseins selbst produziert. Es hängt nicht vom Menschen ab, daß dies Gemeinwesen sei oder nicht; aber solange der Mensch sich nicht als Mensch erkennt und daher die Welt menschlich organisiert hat, erscheint dies G e m e i n w e s e n unter der Form der E n t f r e m d u n g. Weil sein S u b j e k t, der Mensch, ein sich selbst entfremdetes Wesen ist. Die Menschen, nicht in einer Abstraktion, sondern als wirkliche, lebendige, besondre Individuen s i n d dies Wesen. W i e sie sind, so ist daher es selbst. Es ist daher ein identischer Satz, daß der M e n s c h sich selbst entfremdet, und daß die G e s e l ls c h a f t dieses entfremdeten Menschen die Karikatur seines w i r k l i c h e n G e m e i n w e s e n s, seines wahren Gattungslebens sei, daß daher seine Tätigkeit als Qual, seine eigne Schöpfung ihm als fremde Macht, sein Reichtum als Armut, das W e s e n s b a n d, was ihn an den andren Menschen knüpft, als ein unwesentliches Band und vielmehr die Trennung vom andren Menschen als sein wahres Dasein, daß sein Leben als Aufopfrung seines Lebens, daß die Verwirklichung seines Wesens als Entwirklichung seines Lebens, daß seine Produktion als Produktion seines Nichts, daß seine Macht über den Gegenstand als die Macht des Gegenstandes über ihn, daß er, der Herr seiner Schöpfung, als der Knecht dieser Schöpfung erscheint.
Die Nationalökonomie nun faßt das G e m e i n w e s e n des M e n s c h e n, oder ihr sich betätigendes M e n s c h e nw e s e n, ihre wechselseitige Ergänzung zum Gattungsleben, zum wahrhaft menschlichen Leben unter der Form des A u st a u s c h s und des H a n d e l s auf. Die G e s e l ls c h a f t, sagt Destutt de Tracy, ist eine R e i h e v o n w e c h s e l s e i t i g e n é c h a n g e s, [96] Sie ist eben diese Bewegung der wechselseitigen Integration. Die G es e l l s c h a f t, sagt Adam Smith, ist eine h a n d e l st r e i b e n d e G e s e l l s c h a f t. Jedes ihrer Glieder ist ein K a u f m a n n. [97] Man sieht, wie die Nationalökonomie die e n t f r e m d e t e Form des geselligen Verkehrs als die w e s e n t l i c h e und u r s p r ü n g l i c h e und der menschlichen Bestimmung entsprechende f i x i e r t.
<452>
¦¦XXVIII¦ Die Nationalökonomie - wie die wirkliche Bewegung geht aus von dem V e r h ä l t n i s d e s M e n s c h e n z u m M e n s c h e n, als dem des P r i v a t e i g e nt ü m e r s z u m P r i v a t e i g e n t ü m e r. Wenn der Mensch als P r i v a t e i g e n t ü m e r vorausgesetzt wird, d.h. also als exklusiver Besitzer, der durch diesen exklusiven Besitz seine Persönlichkeit bewährt und sich vom andern Menschen unterscheidet, wie auf sie bezieht - das Privateigentum ist sein persönliches, sein ihn a u s z e i c h n e n d e s, darum sein wesentliches Dasein so ist der V e r l u s t oder das A u f g e b e n des Privateigentums eine E n t ä u ß e r u n g d e s M e n s c h e n, wie des P r i v a t e i g e n t u m s selbst. Wir halten hier nur die letztere Bestimmung fest. Wenn ich mein Privateigentum an einen andren ablasse, so hört es auf, m e i n zu sein; es wird eine von mir unabhängige, a u ß e r meinem Bereich hegende Sache, eine mir ä u ß e r l i c h e Sache. Ich e n t ä u ß e r e also mein Privateigentum. In bezug auf mich setze ich es also als e n t ä u ß e r t e s Privateigentum. Aber ich setze es nur als e n t ä u ß e r t e Sache überhaupt, ich hebe nur mein p e r s ö n l i c h e s Verhältnis zu ihm auf, ich gebe es den e l e m e n t a r i s c h e n Naturmächten zurück, wenn ich es nur in bezug auf mich entäußere.
Entäußertes P r i v a t e i g e n t u m wird es nur, wenn es zugleich aufhört, m e i n Privateigentum zu sein, ohne deswegen aufzuhören, überhaupt P r i v a t e i g e n t u m zu sein, d.h. also, wenn es zu einem a n d r e n Menschen a u ß e r mir in dasselbe Verhältnis tritt, in welchem es zu mir selbst stand, mit einem Wort, wenn es das P r i v a t e i g e n t u m eines a n d r e n Menschen wird. Den Fall der G e w a l t ausgenommen - wie komme ich nun dazu, an einen andren Menschen m e i n Privateigentum zu entäußern? Die Nationalökonomie antwortet richtig: Aus N o t, aus B e d ü r f n i s. Der andre Mensch ist auch Privateigentümer, aber von einer a n d r e n Sache, die ich entbehre und die ich nicht entbehren kann oder will, die mir ein B e d ü r f n i s zur Vervollständigung meines Daseins und Verwirklichung meines Wesens scheint.
Das Band, welches die beiden Privateigentümer aufeinander bezieht, ist die s p e z i f i s c h e N a t u r d e s G e g e n s t a n d e s, der die Materie ihres Privateigentums ist. Die Sehnsucht nach diesen beiden Gegenständen, d.h. das Bedürfnis nach ihnen, zeigt jedem der Privateigentümer, bringt es ihm zum Bewußtsein, daß er außer dem Privateigentum noch ein andres w e s e n t l i c h e s Verhältnis zu den Gegenständen hat, daß er nicht das besondre Wesen ist, wofür er sich hält, sondern ein t o t a l e s Wesen, dessen Bedürfnisse im Verhältnis des innern Eigentums - denn das Bedürfnis nach einer Sache ist der evidenteste, unwiderleglichste Beweis, daß die Sache zu m e i n e m Wesen gehört, daß ihr Sein für mich, ihr E i g e n t u m das Eigentum, die Eigentümlichkeit meines Wesens ist - zu allen, auch zu den Produktionen der Arbeit des andren stehn. Beide Eigentümer werden also getrieben, ihr Privateigentum
<453>
aufzugeben, aber es so aufzugeben, daß sie zugleich das Privateigentum bestätigen, oder das Privateigentum innerhalb des Verhältnisses des Privateigentums aufzugeben. Jeder entäußert also einen Teil seines Privateigentums an den andern.
Die g e s e l l s c h a f t l i c h e Beziehung oder das g es e l l s c h a f t l i c h e Verhältnis der beiden Privateigentümer ist also die W e c h s e l s e i t i g k e i t der E n t ä u ß r u n g, das Verhältnis der Entäußrung auf beiden Seiten gesetzt, oder die E n t ä u ß r u n g als das Verhältnis der beiden Eigentümer, während im einfachen Privateigentum die E n t ä u ß r u n g nur noch in bezug auf sich, einseitig stattfindet.
Der T a u s c h oder der T a u s c h h a n d e l ist also der gesellschaftliche, der Gattungsakt, das Gemeinwesen, der gesellschaftliche Verkehr und Integration der Menschen innerhalb des P r i v a t e i g e n t u m s und darum der äußerliche, der e n t ä u ß e r t e Gattungsakt. Eben darum erscheint er als T a u s c h h a n d e l. Es ist darum ebenso das Gegenteil des g e s e l l s c h a f t l i c h e n Verhältnisses.
Durch die wechselseitige Entäußrung oder Entfremdung des Privateigentums ist das P r i v a t e i g e n t u m selbst in die Bestimmung des e n t ä u ß e r t e n Privateigentums geraten.
Denn erstens hat es aufgehört, das Produkt der Arbeit, die exklusive, auszeichnende Persönlichkeit seines Besitzers zu sein, denn dieser hat es entäußert, es ist von dem Besitzer weggeraten, dessen Produkt es war und hat eine persönliche Bedeutung für den gewonnen, dessen Produkt es n i c h t ist. Es hat seine persönliche Bedeutung für den Besitzer verloren. Zweitens ist es auf ein andres Privateigentum bezogen worden, diesem gleichgesetzt worden. An seine Stelle ist ein Privateigentum von a n d r e r Natur getreten, wie es selbst die Stelle eines Privateigentums von a n d r e r Natur vertritt. Auf beiden Seiten erscheint also das Privateigentum als Repräsentant eines Privateigentums von andrer Natur, als das g l e i c h e eines a n d e r n Naturprodukts, und beide Seiten beziehen sich so aufeinander, daß jede das Dasein ihres a n d e r n vertritt und beide wechselseitig sich aufeinander als E r s a t z m ä n n e r ihrer selbst und ihres andern beziehn. Das Dasein des Privateigentums als solchen ist daher zum E r s a t z, zum Ä q u i v a l e n t geworden. An die Stelle seiner unmittelbaren Einheit mit sich selbst ist es nur mehr als Beziehung auf ein a n d r e s. Als Ä q u i v a l e n t ist sein Dasein nicht mehr sein ihm eigentümliches. Es ist daher zum W e r t und unmittelbar zum T a u s c h w e r t geworden. Sein Dasein als W e r t ist eine von seinem unmittelbaren Dasein verschiedne, seinem spezifischen Wesen äußerliche, eine e n t ä u ß e r t e Bestimmung ¦¦XXIX¦ s e i n e r s e l b s t, ein nur r e l a t i v e s Dasein desselben.
Wie nun dieser W e r t sich näher bestimmt, ist anderswo zu entwickeln, ebenso, wie er zum P r e i s wird.
<454>
Das Verhältnis des Tausches vorausgesetzt, wird die A r b e i t zur u n m i t t e l b a r e n E r w e r b s a r b e i t. Dies Verhältnis der entfremdeten Arbeit erreicht seine Höhe erst dadurch, daß 1. von der einen Seite die E r w e r b s a r b e i t, das Produkt des Arbeiters in keinem u n m i t t e l b a r e n Verhältnis zu seinem Bedürfnis und zu seiner A r b e i t sb e s t i m m u n g steht, sondern nach beiden Seiten hin durch dem Arbeiter fremde gesellschaftliche Kombinationen bestimmt wird; 2. daß der, welcher das Produkt kauft, selbst nicht produziert, sondern das von einem andren Produzierte vertauscht.
In jener rohen Gestalt des e n t ä u ß e r t e n Privateigentums, des T a u s c h h a n d e l s, hat jeder der beiden Privateigentümer das produziert, wozu ihn unmittelbar sein Bedürfnis, seine Anlage und das vorhandene Naturmaterial trieb.
Jeder tauscht daher gegen den andren nur den Überschuß seiner Produktion aus. Die Arbeit war allerdings seine unmittelbare S u b s i s t e n z q u e l l e, aber zugleich auch die Betätigung seiner i n d i v i d u e l l e n E x i s t e n z.
Durch den Tausch ist seine A r b e i t teilweise zur E r w e r b s q u e l l e geworden. Ihr Zweck und ihr Dasein sind verschieden geworden. Das Produkt wird als W e r t, als T a u s c h w e r t, als Ä q u i v a l e n t, nicht mehr seiner unmittelbaren persönlichen Beziehung zum Produzenten wegen produziert. Je vielseitiger die Produktion wird, je vielseitiger also einerseits die Bedürfnisse, je einseitiger andrerseits die Leistungen des Produzenten werden, um so mehr fällt seine Arbeit in die Kategorie einer E r w e r b s a r b e i t, bis sie endlich nur mehr diese Bedeutung und es ganz z u f ä l l i g und u n w e s e n t l i c h wird, sowohl ob der Produzent in dem Verhältnis des unmittelbaren Genusses und des persönlichen Bedürfnisses zu seinem Produkt steht, als auch ob die T ä t i g k e i t, die Aktion der Arbeit selbst ihm Selbstgenuß seiner Persönlichkeit, die Verwirklichung seiner Naturanlagen und geistigen Zwecke ist.
In der E r w e r b s a r b e i t liegt: 1. Die Entfremdung und Zufälligkeit der Arbeit vom arbeitenden Subjekt; 2. die Entfremdung und Zufälligkeit der Arbeit vom Gegenstand derselben; 3. die Bestimmung des Arbeiters durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse, die ihm aber fremd und ein Zwang sind, dem er sich aus egoistischem Bedürfnis, aus Not unterwirft und die für ihn nur die Bedeutung einer Quelle der Befriedigung für seine Notdurft, wie er für sie nur als ein Sklave ihrer Bedürfnisse vorhanden ist; 4. daß dem Arbeiter die Erhaltung seiner individuellen Existenz als Z w e c k seiner Tätigkeit erscheint und sein wirkliches Tun ihm nur als Mittel gilt; daß er sein Leben betätigt, um Lebensmittel zu erwerben.
Je größer, je ausgebildeter also die gesellschaftliche Macht erscheint innerhalb des Privateigentumsverhältnisses, um so e g o i s t i s c h e r, gesellschaftsloser, seinem eignen Wesen entfremdeter wird der Mensch.
<455>
Wie der wechselseitige Austausch der Produkte der m e n s c hl i c h e n T ä t i g k e i t als T a u s c h h a n d e l, als S c h a c h e r, so erscheint die wechselseitige Ergänzung und Austauschung der Tätigkeit selbst als: T e i l u n g d e r A r b e i t, welche aus dem Menschen möglichst ein abstraktes Wesen, eine Drehmaschine etc. macht und bis zur geistigen und physischen Mißgeburt ihn umwandelt.
Grade die E i n h e i t der menschlichen Arbeit wird nur als T e i l u n g betrachtet, weil das gesellschaftliche Wesen nur als sein Gegenteil, in der Form der Entfremdung zum Dasein kommt.
Mit der Zivilisation steigert sich die T e i l u n g d e r A r b e i t.
Innerhalb der Voraussetzung der Teilung der Arbeit erhält das Produkt, das Material des Privateigentums für den einzelnen immer mehr die Bedeutung eines Ä q u i v a l e n t s, und wie er nicht mehr seinen Ü b e r s c h u ß austauscht, sondern der Gegenstand seiner Produktion ihm schlechthin g l e i c hg ü l t i g sein kann, so tauscht er auch nicht mehr sein Produkt unmittelbar gegen das ihm b e d ü r f t i g e Wesen aus. Das Äquivalent erhält seine Existenz als Äquivalent in G e l d, welches nun das unmittelbare Resultat der Erwerbsarbeit und der M i t t l e r des Tauschs ist. (Siehe oben.) Im G e l d, der vollständigen Gleichgültigkeit sowohl gegen die Natur des Materials, gegen die spezifische Natur des Privateigentums, wie gegen die Persönlichkeit des Privateigentümers, ist die vollständige Herrschaft der entfremdeten Sache ü b e r den Menschen in die Erscheinung getreten. Was als Herrschaft der Person über die Person, ist nun die allgemeine Herrschaft der S a c h e über die P e r s o n, des Produkts über den Produzenten. Wie schon im Ä q u i v a l e n t, im Wert die Bestimmung der E n t ä u ß r u n g des Privateigentums lag, so ist das G e l d das sinnliche, selbst gegenständliche Dasein dieser E n tä u ß r u n g.
¦¦XXX¦ Es versteht sich, daß die Nationalökonomie diese ganze Entwicklung nur als ein factum, als die Ausgeburt zufälliger Not begreifen kann.
Die Trennung der Arbeit von sich selbst = Trennung des Arbeiters vom Kapitalisten = Trennung von Arbeit und Kapital, dessen ursprüngliche Form in G r u n d e i g e n t u m und b e w e gl i c h e s 1*) E i g e n t u m zerfällt ... Die ursprüngliche Bestimmung des Privateigentums ist das Monopol; sobald es sich daher eine politische Konstitution gibt, ist sie die des Monopols. Das vollendete Monopol ist die Konkurrenz. - Dem Nationalökonomen zerfallen P r o d u k t i o n, K o n s u mt i o n und als Vermittler von beiden der A u s t a u s c h
_____
1*) "bewegliches" in der Handschrift nicht hervorgehoben
<456>
oder die D i s t r i b u t i o n. Die Trennung von Produktion und Konsumtion, von Tätigkeit und Geist an verschiedne Individuen und in demselben Individuum, ist die T r e n n u n g d e r A r b e i t von ihrem G e g e n s t a n d und von ihr selbst als einem Geist. Die D i s t r i b u t i o n ist die sich betätigende Macht des Privateigentums. - Die Trennung von Arbeit, Kapital, Grundeigentum wechselseitig, wie die der Arbeit von der Arbeit, des Kapitals vom Kapital, und des Grundeigentums vom Grundeigentum, endlich die Trennung der Arbeit vom Arbeitslohn, des Kapitals von dem Gewinn, und des Gewinns von den Zinsen, endlich des Grundeigentums von der Grundrente, läßt die Selbstentfremdung sowohl in der Gestalt der Selbstentfremdung als der wechselseitigen Entfremdung erscheinen.
"Man unterstelle nun den Fall, daß das Gouvernement die Vermehrung und Vermindrung des Geldes fixieren will. Bestrebt es sich, die Quantität des Geldes unter dem Maß zu halten, den der freie Verlauf der Dinge produzieren würde, so erhebt es den Wert des gemünzten Goldes und macht es zum Interesse aller, die Barren in Münze zu verwandeln. Dann entsteht heimliche Fabrikation, das Gouvernement muß sie durch Strafen verhindern. Will das Gouvernement die Goldquantität ü b e r der nötigen Höhe erhalten, so drückt es seinen Wert herab, jeder sucht es in Barren zu gießen, wogegen es wieder nur das Mittel der Strafe hat. Aber die Hoffnung des Gewinns siegt über die Furcht vor der Strafe." p. 137, 138.
§ 9. "Wenn 2 Individuen sich eines dem anderen 100 £ schuldeten, statt sich wechselseitig diese Summe auszuzahlen, haben sie wechselseitig nur ihre Obligationen auszutauschen. So auch zwischen 2 Nationen... Daher W e c h s e l b r i e f e, um so nötiger in einer Zeit, wo die wenig aufgeklärte Politik die E x p o rt a t i o n edler Metalle verbot und grausam bestrafte." p. 142 sq.
§ 10. Ersparung u n p r o d u k t i v e r Konsumtion durch das Papiergeld, p. 146 sq.
§11. "Die Unbequemlichkeiten des Papiergeldes sind: I. Die E r m a n g l u n g" Sünde 1*) (manque) "der Personen, die das Papiergeld ausstellen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. 2. Die Fälschungen. 3. Der Kurswechsel, alteration des cours." p. 149.
§ 12. Edle Metalle sind Waren. Man exportiert Waren nur, die weniger teuer sind in dem Lande, woher sie kommen, als in dem Lande, wohin sie gehn, und man importiert Waren nur, die teurer sind in dem Land, wo sie hingehn, als in dem, wo sie herkommen.
Also hängt es vom Wert der edlen Metalle in einem Lande ab, ob [man] sie importieren oder exportieren soll. [p. 175 sq.] § 13. "Der Wert der edlen Metalle ist die Quantität von anderen Sachen, die man für sie im Austausch gibt." p. 177. "Dies Verhältnis ist in verschiedenen Ländern und sogar in verschiedenen Gegenden desselben Landes verschieden. [...] 'La vie est moins chère' 2*) heißt, daß man an einem bestimmten Ort die Lebensmittel mit einer geringeren Summe Geldes kaufen 3*) kann." [p. 177.]
_____
1*) "Sünde" steht in der Handschrift über "Ermangelung" 2*) 'Das Leben ist weniger teuer' - 3*) in der Handschrift: verkaufen
<457>
§ 14. "Das Verhältnis der Nationen ist wie das der Kaufleute... ils achèteront toujours au meilleur marché possible, et vendront toujours le plus cher qu'ils pourront 1*)." p. 215.
IV. De la consommation. 2*) "Production, distribution, échange 3*) sind bloße M i t t e l.
Man produziert nicht, um zu produzieren. Es sind intermediäre, vermittelnde Operationen. Der Zweck ist die K o n s u mt i o n." p. 237.
§ 1. "Die Konsumtion ist: 1. p r o d u k t i v. Begreift alles, was depensiert wird im Zweck, eine Sache zu produzieren, umfaßt den Unterhalt des Arbeiters ... dann die Maschinen, Handwerkszeug, Gebäude, Tiere für die produktiven Operationen; endlich: die Rohstoffe, sei es nun, daß das zu produzierende Objekt unmittelbar aus ihnen geformt wird oder woher man es ziehen kann." p. 238, 239. "Nur die Sachen der 2. Klasse sind nicht vollständig konsumiert im Lauf der produktiven Operationen." l.c.
2. i m p r o d u k t i v e Konsumtion. "Gagen eines Lakais, jede Konsumtion, die nicht im Behuf der Produkte geschieht, um vermittelst einer Sache eine andre äquivalente zu erhalten, ist improduktiv." p. 240. "Die produktive Konsumtion ist selbst ein M i t t e l, nämlich ein Mittel der Produktion; die improduktive ist kein Mittel, sie ist Zweck, der G e n u ß, den die Konsumtion verschafft, das M o t i v aller vorhergehenden Operation." p. 241. "Durch die erste Art der Konsumtion geht nichts, durch die 2. alles verloren." l.c. "Was man p r o d u k t i v konsumiert, ist immer K a p i t a l. Das ist eine besonders merkwürdige Eigenschaft der produktiven Konsumtion. Was produktiv konsumiert wird, ist Kapital, und es w i r d Kapital durch die Konsumtion." p. [241,] 242. "Die Totalität dessen, was die produktiven Kräfte eines Landes in einem Jahre schaffen, ist das produit annuel brut 4*). Der größte Teil davon zur Ersetzung des konsumierten Kapitals bestimmt. Was übrigbleibt vom produit brut 5*) nach Ersetzung des Kapitals, ist das produit net 6*); es verteilt sich nur als Gewinn des Kapitals oder Grundrente." p. [242,] 243. "Es ist der fonds, woraus gewöhnlich alle Zulage zum Nationalkapital herkömmt." l.c. "Der p r o d u k t i v e n und i m p r o d u k t i v e n K o n s u m t i o n entsprechen die p r o d u k t i v e und i m p r o d u k t i v e Arbeit." p. 244.
§ 2. "Alles, was im Lauf eines Jahres produziert ist, ist im Lauf des folgenden Jahres konsumiert, produktiv oder improduktiv." p. 246.
§ 3. "Die Konsumtion dehnt sich aus nach dem Maß der Produktion; ein Mensch produziert nur, weil er z u h a b e n verlangt. Ist das produzierte Objekt das, was er haben will, so hört er, wenn er sich soviel verschafft hat, als er braucht, zu arbeiten auf.
Produziert er mehr, so geschieht es, weil er im Austausch gegen dies Mehr irgendein anderes Objekt haben will. Er produziert die eine Sache, aus Begierde, die andere zu besitzen. Die Produktion dieser Sache ist ihm das einzige Mittel, die andere Sache zu erhalten, und er erhält sie so wohlfeiler, als wenn er gezwungen wäre, sie selbst zu produzieren.
_____
1*) sie kaufen immer so billig wie möglich und verkaufen immer so teuer wie sie können - 2*) Über die Konsumtion. - 3*) Produktion, Verteilung, Austausch - 4*) Jahresprodukt - 5 Bruttoprodukt - 6*) Nettoprodukt
<458>
Bei der Teilung der Arbeit beschränkt er sich, eine bestimmte Sache oder nur einen Teil derselben zu produzieren, nur einen kleinen Teil seiner eigenen Produktion wendet er für sich an; den Rest bestimmt er dazu, alle andern Waren zu kaufen, welche er verlangt; und wenn sich ein Mensch auf die Produktion einer einzigen Sache beschränkt und sein Produkt gegen alle andern austauscht, findet man, daß jeder mehr von den verschiedenen Sachen, die er begehrt, erhält, als er davon erhalten hätte, wenn er selbst sie ¦¦XXXI¦ hätte produzieren wollen. Produziert ein Mensch für sich selbst, so findet der A u s t a u s c h nicht statt. Er verlangt nichts zu kaufen und bietet nichts zum Verkauf an. Er besitzt einen Gegenstand, er hat ihn produziert und hat nicht die Absicht, sich seiner zu entledigen. Wendet man als Metapher die terminos "offre und demande" 1*) auf diesen Fall an, so sind offre und demande sich hier vollständig proportioniert.
Was die offre und demande der verkäuflichen Gegenstände betrifft, so können wir ganz außer Frage stellen den Teil des jährlichen Produkts, welchen jeder producteur verzehrt unter der Gestalt, welche er produziert oder empfängt." p. 251.
"Sprechen wir hier von offre und demande, so sprechen wir im allgemeinen. Sagen wir von einer bestimmten Nation zu einer bestimmten Epoche, daß ihre offre = ist ihrer demande, so sagen wir das nicht in bezug auf 1 oder 2 Waren; wir wollen sagen, daß ihre demande von allen Waren en masse genommen = ist allem, was sie an Waren von jeder Art anbieten kann. Trotz dieser Gleichheit von offre und demande, im allgemeinen genommen, kann es sehr wohl geschehen, daß man von einer oder mehreren besondren Waren zuviel oder zuwenig in bezug auf die Nachfrage dieser Waren produziert hat." p. 251, 252. "Zwei Sachen sind nötig, um eine N a c hf r a g e (demande) zu konstituieren: die Begierde, eine Ware zu haben, und der Besitz eines äquivalenten Objekts, das man im Austausch geben kann. Eine demande bezeichnet die B e g i e rd e und das M i t t e l zu kaufen. Wenn eines oder das andre mangelt, kann der Ankauf nicht stattfinden. Der Besitz eines äquivalenten Gegenstandes ist die notwendige Basis jeder Nachfrage. Vergeblich wünscht ein Mensch, irgendwelche Gegenstände zu besitzen, wenn er nichts zu geben hat, um sie zu erhalten. Das äquivalente Objekt, welches ein Mensch hinzubringt, ist das I n s t r u m e n t der Nachfrage. Die Ausdehnung seiner Nachfrage mißt sich am Wert dieses Gegenstandes. Die Nachfrage und der äquivalente Gegenstand sind die termini, welche man einen dem anderen substituieren kann. Man hat schon gesehn, daß jeder Mensch, welcher produziert, den Besitz anderer Gegenstände erstrebt als dessen, zu dessen Produktion er konkurriert hat, und daß die Ausdehnung dieses Strebens, dieser Begierde g e m e ss e n ist durch die Totalität seiner Produktion, insofern er sie nicht für seine eigne Konsumtion behalten will. Ebenso evident ist es, daß ein Mensch das, was er produziert hat und nicht selbst konsumieren will, im Austausch für andre Gegenstände geben kann. Sein Wille zu kaufen und sein M i t t e l, e s z u t u n, sind also gleich, oder seine Nachfrage ist exakt = seinem Totalprodukt, sofern er es nicht selbst verzehren will." p. 252, 253.
Mill analysiert hier mit seiner gewohnten zynischen Schärfe und Klarheit den Austausch auf der Basis des Privateigentums.
_____
1*) "Zufuhr und Nachfrage"
<459 >
Der Mensch - dies ist die Grundvoraussetzung des Privateigentums - p r o d u z i e r t nur, um zu h a b e n. Der Zweck der Produktion ist das H a b e n. Und nicht nur hat die Produktion einen solchen n ü t z l i c h e n Zweck; sie hat einen e i g e n n ü t z i g e n Zweck; der Mensch produziert nur, um für sich zu h a b e n; der Gegenstand seiner Produktion ist die Vergegenständlichung seines u n m i t t e l b a r e n, eigennützigen B e d ü r f n i s s e s. Der Mensch, für sich - im wilden, barbarischen Zustand - hat daher das Maß seiner Produktion an dem U m f a n g seines unmittelbaren Bedürfnisses, dessen Inhalt u n m i t t e l b a r der produzierte Gegenstand selbst ist.
Der Mensch produziert daher in diesem Zustand n i c h t m e h r, als er unmittelbar bedarf. Die G r e n z e s e in e s B e d ü r f n i s s e s ist die G r e n z e s e i n e r P r o d u k t i o n. Nachfrage und Zufuhr decken sich daher genau. Seine Produktion ist g e m e s s e n durch sein Bedürfnis. In diesem Fall findet kein Austausch statt, oder der Austausch reduziert sich auf den Austausch seiner Arbeit gegen das Produkt seiner Arbeit, und dieser Austausch ist die latente Form Keim 1*) des wirklichen Austausches.
Sobald der Austausch stattfindet, findet die Mehrproduktion über die unmittelbare Grenze des Besitzes hinaus statt. Diese Mehrproduktion ist aber keine Erhebung über das eigennützige Bedürfnis.
Sie ist vielmehr nur eine v e r m i t t e l t e Weise, ein Bedürfnis, das nicht unmittelbar in d i e s e r Produktion, sondern in der Produktion eines andren seine Vergegenständlichung findet, zu befriedigen. Die Produktion ist zur E r w e r b sq u e l l e, zur Erwerbsarbeit geworden. Während also in dem ersten Verhältnis das Bedürfnis das Maß der Produktion ist, ist in dem 2ten Verhältnis die Produktion oder vielmehr der B e s i t z d e s P r o d u k t e s das Maß, wieweit sich die Bedürfnisse befriedigen können.
Ich habe für mich produziert und nicht für dich, wie du für dich produziert hast und nicht für mich. Das Resultat meiner Produktion hat an und für sich ebensowenig Beziehung auf dich, wie das Resultat deiner Produktion eine unmittelbare Beziehung auf mich hat. D. h. unsere Produktion ist 2*) keine Produktion des Menschen für den Menschen als Menschen, d.h. keine g e s e l ls c h a f t l i c h e Produktion. Als Mensch hat also keiner von uns eine Beziehung des Genusses auf das Produkt des andren. Als Menschen sind wir nicht für unsere wechselseitigen Produktionen vorhanden. Unser Austausch kann daher auch nicht die vermittelnde Bewegung sein, worin es bestätigt wurde, daß mein Produkt ¦¦XXXII¦ [für] dich ist, weil es eine V e r g e g e ns t ä n d l i c h u n g deines eignen Wesens, deines Bedürfnisses ist. Denn
_____
1*) "Keim" steht in der Handschrift über "Form" - 2*) in der Handschrift: sind
<460>
nicht das m e n s c h l i c h e W e s e n ist das Band unserer Produktionen füreinander. Der Austausch kann nur in B ew e g u n g setzen, nur bestätigen den C h a r a k t e r, den jeder von uns zu seinem eignen Produkt, also zu der Produktion des andern hat. Jeder von uns sieht in seinem Produkt nur seinen e i g n e n vergegenständlichten Eigennutz, also in dem Produkt des andren einen a n d r e n, von ihm unabhängigen, fremden gegenständlichen Eigennutz.
Du hast allerdings als Mensch eine menschliche Beziehung zu meinem Produkt: du hast das B e d ü r f n i s meines Produktes. Es ist daher für dich als Gegenstand deiner Begierde und deines Willens vorhanden. Aber dein Bedürfnis, deine Begierde, dein Wollen sind ohnmächtiges Bedürfnis, Begierde, Wollen für mein Produkt. D. h. also, dein m e n s c h l i c h e s und darum auf meine menschliche Produktion notwendig in innerlicher Beziehung stehendes Wesen, ist nicht deine M a c h t, dein Eigentum an dieser Produktion, denn nicht die E i g e n t ü m l i c h k e i t, nicht die M a c h t des menschlichen Wesens ist anerkannt in meiner Produktion. Sie sind vielmehr das B a n d, welches dich mir abhängig macht, weil sie dich in eine Abhängigkeit von meinem Produkt versetzen. Weit entfernt, daß sie das M i t t e l wären, welches dir M a c h t über meine Produktion gäbe, sind sie vielmehr das M i t t e l, mir Macht über dich zu geben.
Wenn ich m e h r produziere, als ich unmittelbar selbst von dem produzierten Gegenstand brauchen kann, so ist meine Mehrproduktion auf dein Bedürfnis b e r e c h n e t, raffiniert. Ich produziere nur dem S c h e i n nach ein Mehr von diesem Gegenstand. Ich produziere der Wahrheit nach einen a n d r e n Gegenstand, den Gegenstand deiner Produktion, den ich gegen dies Mehr auszutauschen gedenke, ein Austausch, den ich in Gedanken schon vollzogen habe. Die g e s e l l s c h a f t l i c h e Beziehung, in der ich zu dir stehe, meine Arbeit für dein Bedürfnis ist daher auch ein bloßer S c h e i n, und unsere wechselseitige Ergänzung ist ebenfalls ein bloßer S c h e i n, dem die wechselseitige Plünderung zur Grundlage dient. Die Absicht der P l ü n d e r u n g, des B e t r u g s liegt notwendig im Hinterhalt, denn da unser Austausch ein eigennütziger ist, von deiner wie meiner Seite, da jeder Eigennutz den fremden zu überbieten sucht, so suchen wir uns notwendig zu betrügen. Das Maß der Macht, welche ich meinem Gegenstand über deinen einräume, bedarf allerdings, um zu einer wirklichen Macht zu werden, deiner A n e r k e n n u n g. Unsere wechselseitige Anerkennung über die wechselseitige Macht unserer Gegenstände ist aber ein Kampf, und im Kampf siegt, wer mehr Energie, Kraft, Einsicht oder Gewandtheit besitzt. Reicht die physische Kraft hin, so plündere ich dich direkt. Ist das Reich der physischen Kraft gebrochen, so suchen wir uns wechselseitig einen Schein vorzumachen und der
<461>
Gewandteste übervorteilt den andern. Wer den andern übervorteilt, ist für das G a n z e des Verhältnisses ein Zufall. Die i d e e l l e, g e m e i n t e Übervorteilung findet auf beiden Seiten statt, d. h. jeder der beiden hat in seinem eignen Urteil den andren übervorteilt.
Der Austausch vermittelt sich also von beiden Seiten notwendig durch den G e g e n s t a n d der wechselseitigen Produktion und des wechselseitigen Besitzes. Das ideelle Verhältnis zu den wechselseitigen Gegenständen unserer Produktion ist allerdings unser wechselseitiges Bedürfnis. Aber das r e e l l e, sich in W i r k l i c h k e i t setzende, das w a h r e, sich ausführende Verhältnis ist nur der wechselseitige e x k l u s i v e B e s i t z der wechselseitigen Produktion. Was deinem Bedürfnis zu meiner Sache einen W e r t, eine W ü r d e, einen E ff e k t für mich gibt, ist allein dein G e g e n s t a n d, das Ä q u i v a l e n t meines Gegenstands. Unser wechselseitiges Produkt ist also das M i t t e l, die V e r m i tt e l u n g, das I n s t r u m e n t, die a n e r k a n n t e M a c h t unsrer wechselseitigen Bedürfnisse aufeinander. Deine N a c h f r a g e und das Ä q u i v a l e n t d e i n e s B e s i t z e s sind also g l e i c h b e d e u t e n d e, gleich gültige termini für mich, und deine Nachfrage hat erst einen S i n n, weil eine Wirkung, wenn sie Sinn und Wirkung in bezug auf mich hat. Als bloßer Mensch, ohne dies Instrument ist deine Nachfrage ein unbefriedigtes Streben deinerseits, ein nicht vorhandner Einfall für mich. Du als Mensch stehst also in keinem Verhältnis zu meinem Gegenstande, weil i c h s e l b s t kein menschliches Verhältnis zu ihm habe. Aber das M i t t e l ist die w a h r e M a c h t über einen Gegenstand, und daher schauen wir wechselseitig unser Produkt als die M a c h t eines jeden über den andren und über sich selbst an, d. h. unser eignes Produkt hat sich auf die Hinterfüße gegen uns gestellt, es schien unser Eigentum, in Wahrheit aber sind wir sein Eigentum. Wir selbst sind von dem w a h r e n Eigentum ausgeschlossen, weil unser E i g e n t u m den andren Menschen ausschließt.
Die einzig verständliche Sprache, die wir zueinander reden, sind unsre Gegenstände in ihrer Beziehung aufeinander. Eine menschliche Sprache verständen wir nicht, und sie bliebe effektlos; sie würde von der einen Seite als Bitte, als Flehen ¦¦XXXIII¦ und darum als eine D e m ü t i g u n g gewußt, empfunden und daher mit Scham, mit dem Gefühl der Wegwerfung vorgebracht, von der andren Seite als U n v e r s c h ä m t h e i t oder W a h nw i t z aufgenommen und zurückgewiesen werden. So sehr sind wir wechselseitig dem menschlichen Wesen entfremdet, daß die unmittelbare Sprache dieses Wesens uns als eine V e rl e t z u n g d e r m e n s c h l i c h e n W ü r d e, dagegen die entfremdete Sprache der sachlichen Werte als die gerechtfertigte, selbstvertrauende und sichselbstanerkennende menschliche Würde erscheint.
<462>
Allerdings: In deinen Augen ist dein Produkt ein I ns t r u m e n t, ein M i t t e l zur Bemächtigung meines Produkts und daher zur Befriedigung deines Bedürfnisses. Aber in meinen Augen ist es der Z w e c k, unsres Austauschs. Du giltst mir vielmehr als Mittel und Instrument zur Produktion dieses Gegenstandes, der ein Zweck für mich ist, wie du umgekehrt in diesem Verhältnis zu meinem Gegenstand giltst. Aber 1. jeder von uns t u t wirklich das, als was der andre ihn anschaut. Du hast wirklich dich zum Mittel, zum Instrument, zum Produzenten d e i n e s eignen Gegenstandes gemacht, um dich des meinigen zu bemächtigen; 2. dein eigner Gegenstand ist dir nur die s i n nl i c h e H ü l l e, die v e r b o r g n e G e s t a l t meines Gegenstandes; denn seine Produktion b e d e u t e t, will a u s d r ü c k e n: den E r w e r b meines Gegenstandes. Also bist du in der Tat für dich selbst zum M i t t e l, zum I n s t r u m e n t deines Gegenstandes geworden, dessen K n e c h t deine Begierde ist, und du hast Knechtsdienste getan, damit der Gegenstand deiner Begierde nie wieder eine Gnade antue. Wenn diese wechselseitige Knechtschaft des Gegenstandes über uns im Beginn der Entwicklung nun auch wirklich als das Verhältnis der H e r r s c h a f t und S k l a v e r e i erscheint, so ist das nur der r o h e und o f f e n h e r z i g e Ausdruck unsres w e s e n t l i c h e n Verhältnisses.
Unser w e c h s e l s e i t i g e r Wert ist für uns der W e r t unsrer wechselseitigen Gegenstände. Also ist der Mensch selbst uns wechselseitig w e r t l o s.
Gesetzt, wir hätten als Menschen produziert: Jeder von uns hätte in seiner Produktion sich selbst und den andren d o p p e l t b e j a h t. Ich hätte 1. in meiner P r o d u k t i o n meine I n d i v i d u a l i t ä t, ihre E i g e n t ü m l i c hk e i t 'vergegenständlicht und daher sowohl während der Tätigkeit eine individuelle L e b e n s ä u ß e r u n g genossen, als im Anschauen des Gegenstandes die individuelle Freude, meine Persönlichkeit als g e g e n s t ä n d l i c h e, s i n nl i c h a n s c h a u b a r e und darum ü b e r a l l e n Z w e i f e l e r h a b e n e Macht zu wissen. 2. In deinem Genuß oder deinem Gebrauch meines Produkts hätte ich u n m i tt e l b a r den Genuß, sowohl des Bewußtseins, in meiner Arbeit ein m e n s c h l i c h e s Bedürfnis befriedigt, also das m e n s c h l i c h e Wesen vergegenständlicht und daher dem Bedürfnis eines andren m e n s c h l i c h e n Wesens seinen entsprechenden Gegenstand verschafft zu haben, 3. für dich der M i t t l e r zwischen dir und der Gattung gewesen zu sein, also von dir selbst als eine Ergänzung deines eignen Wesens und als ein notwendiger Teil deiner selbst gewußt und empfunden zu werden, also sowohl in deinem Denken wie in deiner Liebe mich bestätigt zu wissen, 4. in meiner individuellen Lebensäußerung unmittelbar deine Lebensäußerung geschaffen zu haben, also in meiner individuellen Tätigkeit unmittelbar mein wahres Wesen, mein m e n s c h l i c h e s, mein G e m e i n w e s e n b e s t ät i g t und v e r w i r k l i c h t zu haben.
<463>
Unsere Produktionen wären ebenso viele Spiegel, woraus unser Wesen sich entgegenleuchtete.
Dies Verhältnis wird dabei wechselseitig, von deiner Seite geschehe, was von meiner gesch[ieht].
Betrachten wir die verschiedenen Momente, wie sie in der Unterstellung erscheinen: Meine Arbeit wäre f r e i e L e b e n s ä u ß e r u n g, daher G e n u ß des L e b e n s. Unter der Voraussetzung des Privateigentums ist sie L e b e n s e n t ä u ß r u n g, denn ich arbeite, u m z u l e b e n, um mir ein M i t t e l des Lebens zu verschaffen. Mein Arbeiten i s t n i c h t Leben.
Zweitens: In der Arbeit wäre daher die E i g e n t ü ml i c h k e i t meiner Individualität, weil mein i n d i v id u e l l e s Leben bejaht. Die Arbeit wäre also W a h r e s, t ä t i g e s E i g e n t u m. Unter der Voraussetzung des Privateigentums ist meine Individualität bis zu dem Punkte entäußert, daß diese T ä t i g k e i t mir v e r h a ß t, eine Q u a l und vielmehr nur der S c h e i n einer Tätigkeit, darum auch eine nur e r z w u n g e n e Tätigkeit und nur durch eine ä u ß e r l i c h e zufällige Not, n i c h t durch eine i n n e r e n o t w e n d i g e Not mir auferlegt ist.
Nur als das, was meine Arbeit ist, kann sie in meinem Gegenstand erscheinen. Sie kann nicht als das erscheinen, was sie dem Wesen nach n i c h t ist. Daher erscheint sie nur noch als der gegenständliche, sinnliche, angeschaute und darum über allen Zweifel erhabene Ausdruck meines S e l b s t v e r l u s t e s und meiner O h n m a c h t. ¦XXXIII¦¦ [98]