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Vorwort

Der dreiundvierzigste sowie der folgende vierundvierzigste Band der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels enthält das Manuskript "Zur Kritik der politischen Ökonomie", das Karl Marx von August 1861 bis Juli 1863 schrieb. Den größten und am weitesten ausgearbeiteten Teil des Manuskriptes bilden die bereits veröffentlichten "Theorien über den Mehrwert" (siehe Band 26.1-26.3 unserer Ausgabe).

Das Manuskript 1861-1863 besteht insgesamt aus 23 Heften. Der vorliegende Band 43 enthält die ersten fünf Hefte. Sie wurden erstmalig im Jahre 1973 als Band 47 der Ausgabe der Werke von Marx und Engels in russischer Sprache vom Institut für MarxismusLeninismus beim ZK der KPdSU herausgegeben. In der Sprache des Originals erschienen diese Hefte 1976 im Band 3.1 der Zweiten Abteilung der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA).

Das Manuskript 1861-1863 ist die bei weitem umfangreichste Vorarbeit von Marx für sein Hauptwerk "Das Kapital". Es widerspiegelt eine wichtige Etappe bei der Erforschung und Darstellung des ökonomischen Bewegungsgesetzes der kapitalistischen Gesellschaftsformation und der Auseinandersetzung mit der bürgerlichen politischen Ökonomie. Bei der Ausarbeitung der ökonomischen Theorie von Marx ist es das wichtigste Bindeglied zwischen den "Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie" von 1857/1858 und dem "Kapital" (siehe Band 42 und Band 23 unserer Ausgabe). Mit der Arbeit an diesem Manuskript näherte sich Marx einer klaren Form und Struktur, in der er die Gesamtheit seiner Erkenntnisse über die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft darzulegen gedachte.

Das Besondere ist, daß das Manuskript eine große Zahl neuer theoretischer Entdeckungen enthält, die weit über den in den "Grundrissen" erreichten Stand der Forschung hinausgehen. Das betrifft vor allem die weitere Ausarbeitung der Wert- und Mehrwerttheorie und die Lösung zahlreicher damit zusammenhängender, bisher nicht bearbeiteter Probleme der besonderen Formen des Mehrwerts.

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Seit seiner Übersiedlung nach London hatte sich Marx im Jahre 1850 erneut der politischen Ökonomie zugewandt. Hier betrieb er für sein Hauptwerk über viele Jahre hinweg ein umfangreiches Literaturstudium. Im Britischen Museum arbeitete er die reichhaltigen Bestände an philosophischen, sozialpolitischen und ökonomischen Schriften durch. Bereits in Paris, Manchester und Brüssel entstanden im Zeitraum von Mitte bis Ende der vierziger Jahre etwa 30 Exzerpthefte zur politischen Ökonomie. Von Herbst 1850 bis Sommer 1853 kamen weitere 24 Hefte hinzu, auf die er in den folgenden Jahren bei der Ausarbeitung seiner Theorie immer wieder zurückgriff.

Die Exzerpthefte der vierziger und fünfziger Jahre fanden ihren ersten Niederschlag in den "Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie" von 1857/1858 und in der Schrift "Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Erstes Heft", Berlin 1859 (siehe Band 42 und Band 13 unserer Ausgabe). Bis August 1861 entstanden zwei weitere Hefte: das "Zitatenheft" mit einem "Verzeichnis zu dem Zitatenheft" und ein umfangreicher Exzerptteil im Heft VII des Manuskriptes von 1857/1858. Beide Hefte besitzen für das Manuskript 1861 - 1863 außerordentlich große Bedeutung.

Marx plante die Publikation eines großen ökonomischen Werkes mit dem Titel "Zur Kritik der Politischen Ökonomie" in einzelnen in zwangloser Folge erscheinenden Heften. Das erste Heft mit den beiden Kapiteln "Die Ware" und "Das Geld oder die einfache Zirkulation" erschien 1859 (siehe Band 13 unserer Ausgabe). Bereits in diesem Teil der politischen Ökonomie des Kapitalismus wird Grundlegendes über die bürgerliche Produktionsweise ausgesagt. Er entwickelte hier ihren s p e z i f i s c h e n gesellschaftlichen, keineswegs a b s o l u t e n Charakter (siehe Band 29 unserer Ausgabe, S. 463). Jetzt ging es darum, die kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse selbst zu charakterisieren durch den theoretisch exakten Nachweis des antagonistischen Widerspruchs zwischen Kapital und Lohnarbeit - die systematische Darstellung der Mehrwerttheorie.

Marx begann im August 1861 das Manuskript 1861-1863 als unmittelbare Fortsetzung des ersten Heftes "Zur Kritik der Politischen Ökonomie". Es trug daher auch den gleichen Titel und für Heft I und II zusätzlich die Überschrift "Drittes Kapitel. Das Kapital im allgemeinen". Das Manuskript war zunächst als Reinschrift für den Druck des zweiten Heftes gedacht. Seinem Planentwurf vom Sommer 1861 folgend, strebte Marx nach einer überzeugenden, ausgereiften Darstellungsweise. Bei dem Bemühen, seinen theoretischen Erkenntnissen die endgültige Form zu geben, kamen ihm immer wieder Bedenken und neue Ideen. Zuweilen schrieb er seine Überlegungen nur stichwortartig nieder. Er begnügte sich oftmals mit bloßen Hinweisen auf

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noch Auszuarbeitendes und ging in sogenannten Abschweifungen auf Probleme ein, die gemäß seinem Plan erst später behandelt werden sollten. Er schrieb selbst darüber: "Dazu kömmt meine Eigentümlichkeit, daß, wenn ich nach 4 Wochen etwas fertig Geschriebnes vor mir sehe, ich es ungenügend finde und wieder total umarbeite" (siehe Band 30 unserer Ausgabe, S. 622). Diese "Eigentümlichkeit" brachte es mit sich, daß das Manuskript Marx' intensive Forschungsarbeit in starkem Maße widerspiegelt. Im Fortgang der Arbeit diente es immer stärker der Selbstverständigung über bedeutsame theoretische und methodische Fragen.

Das Manuskript 1861-1863 wurde in mehreren Phasen erarbeitet. In der e r s t e n P h a s e, von August 1861 bis März 1862, entstanden die Hefte I-V (S. 1-210), die im vorliegenden Band wiedergegeben werden. Entsprechend dem wahrscheinlich im Sommer 1861 aufgestellten Plan behandelte Marx hier den Abschnitt "I. Der Produktionsprozeß des Kapitals", mit den Themen: 1. Verwandlung von Geld in Kapital, 2. Der absolute Mehrwert, 3. Der relative Mehrwert. In der gleichen Reihenfolge erscheinen sie später auch im ersten Band des "Kapitals". Die vorliegende Fassung verdient besonderes Interesse, weil in ihr deutlicher als im "Kapital" zu erkennen ist, wie sich Marx' Theorie entwickelt hat.

In der z w e i t e n P h a s e, von März 1862 bis Ende November/Anfang Dezember 1862, widmete sich Marx in den "Theorien über den Mehrwert" theoriegeschichtlichen Untersuchungen, angefangen bei James Steuart und den Physiokraten über Adam Smith und David Ricardo bis hin zur Auflösung der Ricardoschen Schule. (Siehe Band 26.1-26.3 unserer Ausgabe.)

Die d r i t t e P h a s e begann im Dezember 1862 und endete im Januar 1863. Die hier entstandenen Hefte XVI-XVIII sind unterschiedlichen Themen gewidmet.

In einer v i e r t e n P h a s e, von Januar bis Juli 1863, führte Marx die schon in Heft V begonnene Analyse zum relativen Mehrwert weiter (S. 211-219), wobei die Problematik dann vor allem in den Heften XIX und XX fortgesetzt wurde. In den folgenden drei Heften widmete sich Marx weiteren Schwerpunkten des Abschnitts "Der Produktionsprozeß des Kapitals". (Siehe Band 44 unserer Ausgabe.)

Mit der Beendigung des Gesamtmanuskriptes im Juli 1863 ist Marx zu einem relativen Abschluß seiner Arbeit am Hauptwerk gelangt.

Er wußte jetzt, wie das "Kapital" zu schreiben ist.

Marx entwickelt im Manuskript 1861-1863 erstmals einige fundamentale Erkenntnisse seiner ökonomischen Theorie. Im vorliegenden Band gruppieren

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sie sich im wesentlichen um zwei thematische Hauptkomplexe. Der erste umfaßt das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, dem Austausch zwischen beiden, verbunden mit der Ausarbeitung der Lehre von der Ware Arbeitskraft. Der zweite umfaßt die detaillierte Untersuchung der Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts.

Beide Komplexe hängen eng miteinander zusammen, besonders durch die Beantwortung des Problems, ob die Produktion des Mehrwerts auf der Basis und ohne Verletzung des Wertgesetzes erfolgt oder nicht.

Anknüpfend an die 1859 im ersten Heft "Zur Kritik der Politischen Ökonomie" veröffentlichten Kapitel über Ware und Geld, in denen er noch nicht auf das Kapitalverhältnis eingegangen war, untersucht Marx im ersten Abschnitt des vorliegenden Bandes, wie und unter welchen Bedingungen sich Geld in Kapital verwandelt. Er arbeitet den qualitativen Unterschied zwischen den Verhältnissen der einfachen Warenproduktion und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen heraus, der darin zum Ausdruck kommt, daß in der einfachen Warenzirkulation der Gebrauchswert im Vordergrund steht, während unter kapitalistischen Bedingungen die Verwertung des Werts, die Produktion von Mehrwert, Ziel der Produktion ist.

"In der einfachen Warenzirkulation - W-G-W", erklärt Marx, "erscheint das Geld in allen seinen Formen stets nur als Resultat der Zirkulation. In G-W-G erscheint es ebenso als Ausgangspunkt wie als Resultat der Zirkulation, so daß der Tauschwert nicht wie in der ersten Zirkulationsform bloß verschwindende Form der Warenzirkulation [...], sondern der Zweck, der Inhalt und die treibende Seele der Zirkulation." (Siehe vorl. Band, S. 13.)

Das Kapital definiert Marx in diesem Zusammenhang als sich selbst verwertender, Mehrwert setzender Wert (siehe vorl. Band, S. 15).

Eis entsteht aber erst unter bestimmten gesellschaftlichen Verhältnissen, nämlich, wenn die Arbeitskraft des unmittelbaren Produzenten als Ware auf dem Markt erscheint, was voraussetzt, daß sich die Produktionsmittel in den Händen einer Klasse befinden Kapitalisten ", für die nicht die Produktion von Gebrauchswerten, sondern von Mehrwert die Triebkraft ist.

Der Begriff Kapital wurde ebensowenig wie die Begriffe Ware, Wert und Geld zuerst von Marx angewendet. Er übernahm sie von den bürgerlichen Ökonomen, ging aber im Unterschied zu ihnen an die Untersuchung der Kategorien von vornherein historisch heran, gab ihnen einen erweiterten Inhalt. Wenn er sich in diesem Teil seines Werkes auch nicht das Ziel gestellt hatte, die Entstehung, Entwicklung und den schließlichen Untergang des Kapitalismus zu untersuchen, betont er doch stets den historischen Charakter dieser gesellschaftlichen Verhältnisse. "Die Bildung des Kapitalverhältnisses zeigt

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also von vornherein, daß es nur auf einer bestimmten geschichtlichen Stufe der ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft - der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte eintreten kann. Es erscheint von vornherein als ein historisch bestimmtes ökonomisches Verhältnis, ein Verhältnis, das einer bestimmten historischen Periode der ökonomischen Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion angehört." (Siehe vorl. Band, S. 34/35.)

Durch die Analyse des kapitalistischen Produktionsprozesses weist Marx nach, daß die Produktion des Mehrwerts auf der Basis des Wertgesetzes erfolgt. Gerade an dieser Frage waren die Ökonomen vor ihm gescheitert, wie Marx ausdrücklich feststellt: "Die Ökonomen haben nie den Mehrwert mit dem von ihnen selbst aufgestellten Gesetz der Äquivalenz ausgleichen können. Die Sozialisten haben stets an diesem Widerspruch festgehalten und auf ihm herumgeritten, statt die spezifische Natur dieser Ware, des Arbeitsvermögens, dessen Gebrauchswert selbst die den Tauschwert schaffende Tätigkeit, zu verstehn." (Siehe vorl. Band, S. 84.)

Deshalb befaßt sich Marx so eingehend mit der allseitigen Untersuchung der Ware Arbeitskraft und deckt damit das Wesen der kapitalistischen Ausbeutung auf. Ökonomen vor Marx waren nicht über die Auffassung hinausgekommen, daß der Arbeiter dem Kapitalisten seine A r b e i t verkauft - was falsch ist und ihnen allen verwehrt, zum Wesen der Mehrwertproduktion und zum objektiven Charakter der Ausbeutung vorzudringen. Erst Marx gelang es, die Ware des Arbeiters, die er dem Kapitalisten verkauft, genau zu bestimmen - nämlich seine A r b e i t s k r a f t. Marx wies ausführlich nach, daß die Arbeitskraft, das Arbeitsvermögen des Arbeiters, die besondere Eigenschaft hat, mehr Wert zu schaffen, als sie selbst wert ist, d. h., als sie zu ihrer Erhaltung bedarf. "Diese Differenz zwischen der Arbeitszeit, die den Tauschwert des Arbeitsvermögens selbst mißt, und der Arbeitszeit, während der es als Gebrauchswert vernutzt wird, ist Arbeitszeit, die es über die in seinem Tauschwert enthaltne Arbeitszeit hinaus arbeitet, also über den Wert hinaus, den es ursprünglich kostete und ist als solche Mehrarbeit - M e h r w e r t." (Siehe vorl. Band, S. 82/83.)

Von großer Bedeutung ist seine Analyse für die Größenbestimmung des Werts der Ware Arbeitskraft sowie seines Geldausdrucks, des Arbeitslohns. Marx stellt fest, daß ihr Wert "wie der jeder andren Ware gleich dem Quantum der in ihm [dem Arbeiter] enthaltnen und daher zu seiner Reproduktion erheischten Arbeit ist, und [...] exakt gemessen ist durch die Arbeitszeit, erheischt, um die zur Erhaltung des Arbeiters nötigen Lebensmittel zu schaffen." (Siehe vorl. Band, S. 48.) Bürgerliche Ökonomen betrachteten den Wert

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der Arbeitskraft (sie sprachen vom "Wert der Arbeit") als eine unveränderliche Größe, die nicht vom Niveau der Entwicklung der Produktivkräfte abhängig ist. Sie entwickelten eine Konzeption "des Minimums des Arbeitslohnes", d. h., daß die Größe des Arbeitslohnes einmal und damit für immer durch den Wert einer gegebnen Auswahl von Lebensmitteln, die für die physische Existenz des Arbeiters notwendig sind, bestimmt wird. Marx widerlegte diese Konzeption und begründete gleichzeitig damit die Notwendigkeit des Kampfes der Arbeiterklasse für die Erhöhung des Arbeitslohnes und die Verkürzung des Arbeitstages. Der Wert des Arbeitsvermögens wird "nicht durch das bloße Naturbedürfnis umschrieben", erklärte er, "sondern durch das Naturbedürfnis, wie es in einem gewissen Kulturzustand geschichtlich modifiziert ist" (siehe vorl. Band, S. 48/49). An einer anderen Stelle seines Manuskriptes betont er, daß die notwendigen Mittel und damit die Höhe des Lohns nicht nur natürlich, sondern auch historisch bestimmt sind. "Die Lebensmittel, deren der Arbeiter bedarf, um als Arbeiter zu leben, sind natürlich verschieden in verschiednen Ländern und in verschiednen Kulturzuständen [...], da der Umfang sog. erster Lebensbedürfnisse und die Art ihrer Befriedigung großenteils von dem Kulturzustand der Gesellschaft abhängen selbst historisches Produkt sind, gehört in einem Land oder in einer Epoche zu den notwendigen Lebensmitteln, was in der anderen nicht dazu gehört." (Siehe vorl. Band, S. 40/41.)

Mit einer großen Anzahl von Beispielen, die Marx statistischen Quellen entnommen hat, erläutert er die dem Kapital eigene Tendenz, die Mehrarbeit und damit die kapitalistische Ausbeutung unbegrenzt zu vergrößern. Die Mehrarbeit führt zur Verkürzung der individuellen Reproduktionszeit des Arbeiters und zur Zerstörung des Wertes seiner Arbeitskraft. Dazu schreibt Marx: "Die kapitalistische Produktion ist [...] außerordentlich sparsam mit der v e r g e g e n s t ä n d l i c h t e n A r b e i t, einer Arbeit, realisiert in Waren. Sie ist weit mehr als jede andere Produktionsweise eine große Vergeuderin von Menschen, von lebendiger Arbeit, Vergeuderin nicht nur von Fleisch und Blut und Muskeln, sondern auch von Hirn und Nerven. Es ist, in der Tat, nur durch die ungeheuerste Verschwendung von individueller Entwicklung, daß die Entwicklung der Menschheit überhaupt gesichert wird in der Geschichtsepoche, die der Entwicklung der sozialistischen Konstituierung der Menschheit vorausgeht." (Siehe vorl. Band, S. 351.)

Die kapitalistische Produktion ist absolut ausgerichtet auf die übermäßige Ausbeutung der Arbeiterklasse. Und nur durch ihren organisierten Widerstand ist sie fähig, diesen maßlosen Anspruch des Kapitals zu bändigen. Marx analysierte den Kampf der Arbeiterklasse, der zu einer gesetzlichen Einschränkung

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des Arbeitstages führte. Englische Fabrikinspektoren legten zum Beispiel in ihren Berichten ein ganzes System von Umgehungen der Fabrikgesetzgebung dar. Sie war auf die - wenn auch geringe Einschränkung der Ausbeutung gerichtet. Marx erkannte ihren Einfluß an, welchen sie unter anderem dank der Tätigkeit der Fabrikinspektoren auf die Verbesserung des physischen, moralischen und intellektuellen Zustandes der Arbeiter nahm. Besonders diese Tatsachen unterstrich Marx in der "Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation" (siehe Band 16 unserer Ausgabe, S. 10/11).

Wie jede andere Ware hat die Ware Arbeitskraft nicht nur Wert, sondern auch Gebrauchswert. Ihr Gebrauchswert realisiert sich im Arbeitsprozeß. Die Spezifik der Ware Arbeitskraft ist ihre Fähigkeit, im Produktionsprozeß mehr Wert zu schaffen, als sie selbst besitzt. Darum ist die Analyse des Produktionsprozesses von entscheidender Bedeutung für die politische Ökonomie. Das Wesentliche, betont Marx, besteht darin, "daß der besondre Gebrauchswert der Ware [Arbeitskraft] und seine Verwirklichung als Gebrauchswert das ökonomische Verhältnis, die ökonomische Formbestimmtheit selbst betrifft und daher in den Kreis unsrer Betrachtung fällt" (siehe vorl. Band, S. 50).

Bei dem zweiten thematischen Hauptkomplex geht es um die Untersuchung der Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts. Der kapitalistische Produktionsprozeß ist nicht nur Arbeitsprozeß schlechthin, sondern zugleich Verwertungsprozeß. Die klassischen bürgerlichen Ökonomen haben nie die kapitalistische Form des Mehrprodukts, den Mehrwert, in seiner reinen Form dargestellt, sondern immer nur in den Erscheinungsformen als Profit, Zins und Rente. Aber in ihnen ist der Ursprung des Mehrprodukts verhüllt.

Profit und Zins scheinen dem Kapital und die Rente dem Boden zu entspringen. Die Entdeckung des Mehrwerts beseitigte deshalb nicht nur den falschen Schein des Ursprungs des Mehrprodukts im Kapitalismus, sondern enthüllte zugleich den spezifischen Ausbeutungs- und Klassencharakter des kapitalistisch produzierten Mehrprodukts und dessen Funktion als Haupttriebkraft und Ziel der kapitalistischen Produktionsweise.

Davon ausgehend konnte Marx die Methoden der Produktion des Mehrwerts analysieren, die zugleich Methoden der Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktion mit spezifisch kapitalistischem Charakter sind. Aus dem Arbeiter wird Mehrwert herausgepreßt entweder durch Verlängerung des Arbeitstages oder durch Reduzierung des Werts der Arbeitskraft. Schon in den "Grundrissen" prägte Marx für den auf die erste Art und Weise erzeugten Mehrwert den Begriff "absoluter Mehrwert", den auf letztere Weise

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erzielten Mehrwert nannte er "relativen Mehrwert" (siehe Band 42 unserer Ausgabe, S. 260-283). Beide Methoden zur Produktion des Mehrwerts werden im vorliegenden Band zum erstenmal systematisch dargestellt. Marx legt ihre Spezifik sowie ihren Zusammenhang dar. Er weist nach, daß die Produktion des absoluten Mehrwerts in der Frühzeit des Kapitalismus, während seiner Entwicklung zur herrschenden ökonomischen Gesellschaftsformation, überwog, was nicht heißt, daß sie dieser Zeitperiode allein und ausschließlich angehört. Von Beginn des Kapitalismus an wurde auch die Produktion des relativen Mehrwerts angewandt, besonders durch die industrielle Revolution gefördert, sie nahm mit fortschreitender Entwicklung des Kapitalismus an Bedeutung zu. Beide Methoden existierten stets gleichzeitig nebeneinander, doch die Produktion des relativen Mehrwerts trat historisch immer stärker in den Vordergrund.

Marx hatte bereits in den "Grundrissen" herausgearbeitet, daß die Produktion des relativen Mehrwerts - die Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit durch die Erhöhung der Produktivität der Arbeit vermittels der Produktivkraftentwicklung - den historischen Unterschied des Kapitalismus zu anderen Gesellschaftsformationen ausmacht. Auf diese Erkenntnisse aufbauend, drang er im vorliegenden Band tiefer in das Wesen des relativen Mehrwerts ein. Die umfassende Herausarbeitung seiner Spezifik erlaubte es Marx, das Gesetz des relativen Mehrwerts zu formulieren. Es besagt, "daß infolge der steigenden Produktivität ein größrer Teil des Arbeitstags vom Kapital angeeignet wird" (siehe vorl. Band, S. 243).

Den historischen Hintergrund bildete die sich zu jener Zeit voll entfaltende maschinelle Großproduktion und der Übergang von extensiven zu intensiven Formen der Ausbeutung. Der relative Mehrwert wurde zur bestimmenden Ausbeutungsmethode, d.h., mit der Erkenntnis dieses Gesetzes erbrachte Marx den wissenschaftlichen Nachweis, daß sich als Ergebnis der Produktivkraftentwicklung gesetzmäßig die Ausbeutung verschärft, die Klassenlage des Proletariats verschlechtert und der Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat zuspitzt.

Eine wesentliche Weiterentwicklung der Theorie des relativen Mehrwerts bedeutete die Einbeziehung des Extramehrwerts in die Darstellung. Mit der Feststellung, daß die Produktion des relativen Mehrwerts die Entwicklung der Produktivkräfte voraussetzt, war noch nichts über die eigentliche Triebkraft und konkrete Art der Produktivkraftentwicklung ausgesagt. Es war aber notwendig, dieses Problem zu klären, um den Entwicklungsprozeß der kapitalistischen Gesellschaftsformation erfassen zu können. Extramehrwert ist eine Form des relativen Mehrwerts. Er wird dann erzielt, wenn ein Betrieb bestimmte

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technische und organisatorische Verbesserungen einführt, die in den meisten Betrieben desselben Produktionszweiges nicht vorhanden sind, das heißt, wenn die Steigerung der Produktivität in einem Produktionszweig noch nicht verallgemeinert worden ist. Da nur die gesellschaftlich notwendige Arbeit wertbildend ist, kann der Kapitalist, dessen Produktivität über dem gesellschaftlichen Durchschnitt liegt, zum Beispiel das Produkt von einer dreiviertel Stunde als Produkt von einer Stunde verkaufen. Nach Marx zählt die Arbeit, die über dem gesellschaftlich durchschnittlichen Niveau der Produktivität liegt, als "höhre Arbeit" (siehe vorl. Band, S. 315). Der relative Mehrwert resultiert auch hier daraus, daß eine geringere Arbeitszeit notwendig ist, um den Wert der Arbeitskraft zu reproduzieren. Mit der Einbeziehung des Extramehrwerts war das in den "Grundrissen" noch offene Problem, nämlich die Begründung des Strebens des Kapitals nach Mehrwert und damit der Zwang zur Produktivkraftentwicklung, geklärt.

Mit der Untersuchung des Extramehrwerts drang Marx gleichzeitig tiefer in die Wechselwirkung von Produktivkraft und Produktionsverhältnis ein, indem er die Triebkräfte für die Produktivkraftentwicklung in der kapitalistischen Gesellschaftsformation enthüllte. Der einzelne Kapitalist erhöht die Produktivität nicht mit dem Ziel, die notwendige Arbeit zu verringern, sondern sie als über dem Durchschnitt stehende zu verkaufen, also Extramehrwert zu erzielen. Das ist der Stachel des technischen Fortschritts, die Triebkraft der Produktivkraftentwicklung im Kapitalismus.

Im vorliegenden Band geht Marx ausführlich auf die drei historischen Stadien der Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit auf der Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise ein: I. Kooperation, 2. Teilung der Arbeit in der Manufaktur und 3. Maschinerie sowie Anwendung der Wissenschaft. Damit unterzieht Marx erstmalig die Produktionsmethoden des relativen Mehrwerts einer systematischen Betrachtung. Zwar war er in den "Grundrissen" auch schon darauf eingegangen, hatte sie aber nicht in ihrer inneren Abfolge analysiert.

Die Kooperation bezeichnet Marx als "die G r u n d f o r m, [...] die a l l g e m e i n e F o r m, die allen gesellschaftlichen Arrangements zur Vermehrung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit zugrunde liegt und in jeder derselben nur weitere Spezifikation erhält" (siehe vorl. Band, S. 247). Er kennzeichnete sie als "eine Naturkraft der gesellschaftlichen Arbeit, insofern vermittelst der Kooperation die Arbeit des einzelnen eine Produktivität erlangt, die sie als Arbeit des isolierten einzelnen nicht erhalten würde" (siehe vorl. Band, S. 249). Diese Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit, die die Kooperation darstellt, wird unter kapitalistischen Bedingungen zu einer "Produktivkraft

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des Kapitals, nicht der Arbeit" (siehe vorl. Band, S. 252). Hier kommt zum Ausdruck, daß der kapitalistische Produktionsprozeß nicht nur Arbeits-, sondern vor allem Verwertungsprozeß ist. Ausgehend von dem erreichten kooperativen Zusammenwirken der Lohnarbeiter strebt das Kapital danach, durch Veränderung der Organisation des Arbeitsprozesses diesen profitabler auszubeuten, den Mehrwert zu vergrößern.

Die Arbeitsteilung in der kapitalistischen Manufaktur wird als weiterentwickelte Form der Kooperation gekennzeichnet, als mächtiges Mittel zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität und damit zur Vergrößerung des relativen Mehrwerts. Marx unterscheidet zum erstenmal zwei Typen von Arbeitsteilung: Erstens die gesellschaftliche Arbeitsteilung, bei der die Produkte als Waren ausgetauscht werden, und zweitens die Arbeitsteilung in der Herstellung einer Ware, "also Teilung der Arbeit nicht in der Gesellschaft, sondern gesellschaftliche Teilung der Arbeit innerhalb eines und desselben Ateliers" (siehe vorl. Band, S. 261).

Die erste Form der Arbeitsteilung entspricht den Warenbeziehungen überhaupt, die Arbeitsteilung innerhalb eines Betriebes ist dagegen eine spezifisch kapitalistische Form, eine besondere Produktivkraft der Arbeit, die aber erst durch die Konzentration der Arbeitskräfte unter das Kommando des Kapitals zustande kommt.

(Siehe vorl. Band, S. 258"312.) Beide Typen der Arbeitsteilung bedingen einander und greifen ineinander über. Marx untersucht ausführlich diese Wechselbeziehungen und bemerkt, die Arbeitsteilung sei "in gewisser Beziehung die Kategorie aller Kategorien der politischen Ökonomie" (siehe vorl. Band, S. 261). Marx beweist, daß die kapitalistische Manufaktur nicht durch die Verteilung der verschiedenen Arbeitsprozesse unter die Arbeiter gekennzeichnet ist, sondern umgekehrt, durch die Verteilung der Arbeiter auf die verschiedenen Arbeitsprozesse, "deren jeder ihr ausschließlicher Lebensprozeß wird" (siehe vorl. Band, S. 272). Die Arbeiter werden zu bloßen "Bausteinen" in der Manufaktur. Welche Stellung der Arbeiter im kapitalistischen Produktionsprozeß einnimmt, charakterisiert Marx zusammenfassend mit folgenden Worten: "Die g e s e l l s c h a f t l i c h e F o r m dieser kombinierten Arbeiten ist das Dasein des Kapitals gegen den Arbeiter; die Kombination tritt ihm als übermächtiges Verhängnis entgegen, der er verfallen ist durch die Reduktion seines Arbeitsvermögens auf eine ganz einseitige Funktion, die getrennt von dem Gesamtmechanismus nichts ist und daher ganz von demselben abhängt. Er ist selbst zu einem bloßen Detail geworden." (Siehe vorl. Band, S. 274.) Er hebt hervor, daß die kapitalistische Produktionsweise hier bereits die Arbeit in der Substanz ergriffen und verändert hat. "Es ist nicht mehr bloß die f o r m e l l e Subsumtion des Arbeiters unter das Kapital"

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(siehe vorl. Band, S. 273). Diese These von der zunächst nur formellen Unterwerfung der Arbeit unter das Kapital, die erst später zur reellen Unterordnung wird, entwickelt Marx, der die kapitalistische Produktionsweise in ihrer Entwicklung untersuchte und den Übergängen stets große Beachtung schenkte, im vorliegenden Band zum erstenmal. Schon im ersten Heft finden wir dazu eine entsprechende Darstellung. (Siehe vorl. Band, S. 87/88.)

Am Abschnitt über die Arbeitsteilung läßt sich sehr gut zeigen, wie Marx die eigene Lehre immer in Auseinandersetzung mit seinen Vorgängern in der politischen Ökonomie entwickelt hat. Weit ausführlicher als im "Kapital" verfolgt er die Entwicklung der Ansichten über die Arbeitsteilung von den Denkern der Antike - Homer, Thukydides, Plato, Xenophon, Diodor - bis zu den Theoretikern der bürgerlichen Epoche, wobei er besonders die Ausführungen von Adam Ferguson und Adam Smith heraushebt. Insbesondere setzt er sich mit Smith auseinander. Als dessen Hauptverdienst hebt Marx hervor, daß er die Arbeitsteilung "an die Spitze stellt und betont, und zwar direkt als Produktivkraft der Arbeit (i.e. des Kapitals)" (siehe vorl. Band, S. 268).

Wichtiger als diese Smith gezollte Anerkennung ist jedoch die Kritik an seinen Auffassungen, weil hier die Präzisierung und Weiterentwicklung der Theorie durch Marx einsetzt. Marx kritisiert Smith hauptsächlich deswegen, weil er die beiden Typen der Arbeitsteilung nicht unterschieden hat. "A. Smith hat die T e i l u n g d e r A r b e i t nicht als ein der kapitalistischen Produktionsweise Eigentümliches begriffen" (siehe vorl.

Band, S. 265), stellt er fest. Dabei berücksichtigt er die Abhängigkeit "von der damaligen Entwicklungsstufe der M a n u f a kt u r, die noch weit von der modernen Fabrik verschieden", darum hat bei Smith die Arbeitsteilung ein relatives Übergewicht über die Maschinerie, letztere erscheint nur als deren Anhängsel. (Siehe vorl. Band, S. 268.)

Die der entwickelten kapitalistischen Produktion entsprechende Produktionsweise ist die maschinelle Großproduktion. In Heft V des Manuskriptes 1861 - 1863 beginnt Marx mit ihrer Untersuchung.

Schon früher hatte er festgestellt, "daß die Entwicklung des menschlichen Arbeitsvermögens sich besonders zeigt in der Entwicklung des A r b e i t s m i t t e l s oder P r o d u kt i o n s i n s t r u m e n t s [...] vom einfachsten Werkzeug oder Gefäß bis zum entwickeltsten System der Maschinerie" (siehe vorl. Band, S. 52). Gleich zu Beginn des Abschnitts über Maschinerie wird auf einen wesentlichen Unterschied zu den vorhergehenden Stadien der kapitalistischen Produktion hingewiesen. Die Vermehrung der Produktivkraft durch die einfache Kooperation und die Arbeitsteilung

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hatte dem Kapitalisten nichts gekostet, es waren "unentgeltliche Naturkräfte der gesellschaftlichen Arbeit" (siehe vorl. Band, S. 317). Mit der Einführung der Maschinerie wächst der Umfang der Arbeitsmittel beträchtlich, und damit wird der Unterschied zwischen Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß "ein bedeutendes Moment in der Entwicklung der Produktivkraft und dem Charakter der Produktion" (siehe vorl. Band, S. 321). Hier kommt die Einheit von Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß im kapitalistischen Produktionsprozeß besonders deutlich zum Ausdruck. Ziel der kapitalistischen Produktion und daher auch Ziel bei der Einführung von Maschinerie ist nicht in erster Linie die Herstellung von Gebrauchswerten, sondern der Profit, der Mehrwert. Maschinen werden nur angewandt, um den Profit zu erhöhen, nicht aber, um die Arbeit zu erleichtern. Das wirkliche Anliegen der Kapitalisten charakterisiert Marx mit folgenden Worten: "Es handelt sich in der Tat darum, [...] wie bei aller Entwicklung der Produktivkraft auf kapitalistischer Grundlage, die Arbeitszeit zu verkürzen, die der Arbeiter zur Reproduktion seines Arbeitsvermögens, in anderen Worten, zur Produktion seines Salairs, bedarf, also den Teil des Arbeitstags zu verkürzen, den er für sich selbst arbeitet, den b e z a h l t e n Teil seiner Arbeitszeit, und durch die Verkürzung derselben den andren Teil des Tags zu verlängern, den er gratis für das Kapital arbeitet, den u n b e z a h l t e n Teil des Arbeitstags, seine S u r p l u s a r b e i t s z e i t." (Siehe vorl. Band, S. 314.) Das Grundprinzip der Anwendung von Maschinen, erklärt Marx, ist die "Ersetzung geschickter Arbeit durch e i n f a c h e Arbeit; also [...] Reduktion der Produktionskosten des Arbeitsvermögens auf die Produktionskosten des einfachen Arbeitsvermögens" (siehe vorl. Band, S. 316/317). Ausführlich untersucht Marx die Folgen der maschinellen Großproduktion unter kapitalistischen Bedingungen auf die Arbeiter und nennt als ein wesentliches Resultat des technischen Fortschritts die Ersetzung der lebendigen Arbeit durch Maschinen. Die Anwendung von Maschinen führt nicht nur zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, sondern auch zu einer enormen Intensivierung der Arbeit. Auf diese Tendenz der kapitalistischen Produktionsweise, die auch große aktuelle Bedeutung hat, geht Marx hier zum erstenmal ausführlich ein. Die Maschinerie bewirkt eine Kondensierung der Arbeitszeit, "indem jeder Zeitteil mehr mit Arbeit ausgefüllt wird; die Intensität der Arbeit wächst; nicht nur die Produktivität (also Qualität) der Arbeit vermittelst der Anwendung der Maschinerie wächst, sondern das A r b e i t s q u a n t u m in einem gegebnen Zeitabschnitt wächst. Die Zeitporen werden sozusagen durch Kompression der Arbeit verkleinert." Die Folge ist eine Verkürzung der Lebensdauer der Arbeiter, zumindest eine Verkürzung der aktiven Lebenszeit, denn

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das "Arbeitsvermögen wird so in derselben Arbeitsstunde rascher abgenutzt". (Siehe vorl. Band, S. 330/331.)

Zunehmend leisteten die Arbeiter dieser verschärften Ausbeutung Widerstand. Marx schildert die Streikkämpfe der Arbeiter, die gegen die Herabsetzung des Lohns oder um Lohnerhöhung oder um die Festsetzung eines Normalarbeitstags geführt wurden. Die Kapitalisten begegneten den Streiks unter anderem mit Einführung von Maschinen. Die Maschine, erklärt Marx dazu, erscheint hier direkt als "Mittel des Kapitals - Macht des Kapitals - ü b e r die Arbeit - zur Niederschlagung jeder Ansprüche der Arbeit auf Selbständigkeit. Die Maschinerie hier auch der I n t e n t i o n n a c h a l s d e r A r b e i t f e i n d l i c h e F o r m d e s K a p i t a l s i n s S p i e l t r e t e n d." (Siehe vorl. Band, S. 336.)

Marx schloß durchaus nicht aus, daß sich die materielle Lage der Arbeiter verbessern kann, betonte aber, dies ändere durchaus nichts "an der Natur und dem Gesetz des relativen Mehrwerts - daß infolge der steigenden Produktivität ein größrer Teil des Arbeitstags vom Kapital angeeignet wird". Als "Abgeschmacktheit" bezeichnet er die Versuche, "dies Gesetz widerlegen zu wollen durch statistische Nachweise, daß die materielle Lage des Arbeiters hier oder da, in diesem oder jenem Verhältnis, sich verbessert habe infolge der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit".

(Siehe vorl. Band, S. 243.)

Bei allen Problemen, die Marx untersuchte, ging er stets von den Tatsachen aus. In dem vorliegenden Band sind viele Zusätze enthalten, die historisches und aktuelles Faktenmaterial seiner Zeit zum Inhalt haben. Diese Zusätze bezeichnete Marx zum Beispiel selbst als "Illustrationen zum Mehrwert". Er zog eine Vielzahl von Quellen, Berichten und Statistiken heran, schätzte deren Zuverlässigkeit hinsichtlich der enthaltenen Fakten ein und verschaffte sich ein genaues Bild von der wirklichen Situation. Mit ihrer Hilfe erhärtete er durch unwiderlegbares und gleichzeitig erschütterndes Tatsachenmaterial seine theoretischen Ausführungen über die katastrophalen Auswirkungen der Profitjagd auf die Lage der Arbeiter und anderer unterdrückter Klassen und Schichten.

Erstmals in diesem Manuskript ist dermaßen konzentriert und zahlreich historisches Quellenmaterial enthalten. Es beweist überzeugend, daß die von Marx enthüllten Gesetze der bürgerlichen Gesellschaft ihre reale Basis in der kapitalistischen Wirklichkeit haben und seine ökonomische Theorie die grundlegenden Merkmale der Realität der kapitalistischen Produktionsweise widerspiegelt. Eine wahre Fundgrube dazu waren für ihn die halbjährigen Berichte der englischen Fabrikinspektoren, in denen die Zustände und die Entwicklung der englischen Industrie geschildert wurden.

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Während der Ausarbeitung des Manuskriptes 1861 - 1863 gab es Unterbrechungen durch die eigene Krankheit von Marx, Krankheit von Familienangehörigen sowie materielle Sorgen und Entbehrungen.

Das alles behinderte die Arbeit an seinem Werk und brachte sie zeitweilig ins Stocken. Eine größere Unterbrechung gab es bei Heft V, dem letzten Heft des vorliegenden Bandes. Hier finden wir die erste größere Abschweifung, und zwar über die produktive Arbeit, wo Marx Überlegungen anstellte, wie er sein Werk fortsetzen sollte (siehe vorl. Band, S. 306/307). Der Plan vom Sommer 1861 wurde dadurch ergänzt und präzisiert, und er folgte auch weiterhin diesem Plan, wie der kurz darauf begonnene Abschnitt über Maschinerie zeigt.

Marx hat in der ersten Arbeitsphase das Heft V nicht beendet.

Erst im Januar 1863 nahm er die Arbeit am Abschnitt über Maschinerie, der zu Punkt 3 "Der relative Mehrwert" gehört, wieder auf.

Er beschrieb die letzten leergebliebenen Seiten von Heft V (S. 11-19) und setzte seine Ausführungen mit Heft XIX fort. Dieser letzte Teil des Manuskriptes wird auf der Grundlage des Bandes II/3.6 der MEGA im Band 44 unserer Ausgabe veröffentlicht.

Mit dem Erscheinen der Marx-Engels-Gesamtausgabe, die gemeinsam vom Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung Berlin und vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU herausgegeben wird, ist es möglich, die Herausgabe der Werke und Schriften von Marx und Engels auf ihrer Grundlage zu komplettieren.

In dem vorliegenden Band finden im Textteil, im Vorwort und im wissenschaftlichen Apparat die neuen Forschungsergebnisse des Bandes II/3.1 der MEGA ihren Niederschlag.

Der Text folgt der unveränderten Wiedergabe des Marxschen Manuskriptes in der MEGA. Offensichtliche Schreibfehler werden ohne Nachweis korrigiert, alle sinnverändernden Texteingriffe in Fußnoten nachgewiesen. Zum besseren Verständnis des Textes werden von der Redaktion an einigen Stellen erklärende oder ergänzende Worte in eckigen Klammern eingefügt. Die eckigen Klammern bei Marx sind durch geschweifte Klammern ersetzt.

Alle längeren Zitate erscheinen im Kleindruck. Fremdsprachige Zitate werden im Text erstmalig ins Deutsche übersetzt; ihr Originalwortlaut ist im Anhang zu finden. Soweit möglich, werden Ubersetzungen der Zitate gebraucht, die Marx oder Engels in den "Theorien über den Mehrwert", im "Kapital" und in anderen Werken selbst gegeben haben.

Die Fußnoten von Marx sind durch Sternchen gekennzeichnet. Die von ihm in den Text eingestreuten fremdsprachigen Wörter und Sätze werden unverändert

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gebracht und in Fußnoten übersetzt. Diese sind durch eine durchgehende Linie vom Text getrennt und durch Ziffern kenntlich gemacht.

Die Nummern der Manuskripthefte von Marx werden durch römische Zahlen, die Manuskriptseiten durch arabische Zahlen zwischen senkrechten Strichen gekennzeichnet. Bei fortlaufendem Text erscheint die Seitenzahl nur einmal am Anfang jeder Manuskriptseite (z.B. ¦¦67¦); bei Umstellung des Textes sowie beim Übergang in ein anderes Heft wird sowohl Anfang (¦¦II-1¦) als auch Ende (¦¦II-28¦) des betreffenden Textes gekennzeichnet. Beginnt der Text inmitten einer paginierten Seite der Textgrundlage, die vorher noch getilgten oder anderen Text enthält, wird die arabische Zahl durch Schrägstriche eingeschlossen (z.B. /17/ oder /18/).

Rechtschreibung und Zeichensetzung sind, soweit vertretbar, modernisiert. Der Lautstand und die Silbenzahl in den deutschsprachigen Texten werden nicht verändert. Im Text vorkommende Uneinheitlichkeiten bei Währungsbezeichnungen werden vereinheitlicht. Abkürzungen und Schreibverkürzungen werden ohne Kennzeichnung ausgeschrieben, ausgenommen solche, deren Ausschreibung ungebräuchlich ist (bzw., d.h., etc., usw., z.B.). In einigen Fällen, wo verschiedene Ausschreibungen möglich sind, wird die Abkürzung beibehalten.

Der vorliegende Band enthält Anmerkungen, auf die im Text durch hochgestellte Ziffern in eckigen Klammern hingewiesen wird, ein Literatur- und Personenverzeichnis, ein Verzeichnis der Gewichte, Maße und Münzen, ein Abkürzungsverzeichnis sowie ein Sachregister.

Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung Berlin