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330. Einleitung in die Institutionalisierung einer Heilserwartung (Das Geltungsstreben einer abstrakten Ganzheit)

War der Kulturkonsum (siehe 32. Einleitung in den Kulturkonsum einer Heilskultur") noch ein einfaches Verhältnis der verallgemeinerten gegenseitigen Einverleibung selbstloser Menschen (siehe auch Spießbürger), so waren sie dort noch in einem Refexionsmodus der Befriedung ihrer Bildung verblieben, um sich in den Ereignissen ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse gerade mal zu bestätigen, zu bestärken, um für sich wahrmachen zu können, was sie für sich wahrhaben wollten. Darin versammelten sich Bildungsbürger, um das zu bleiben, was sie in ihrer Vorstellung von sich durch ihre Selbstwahrnehmung, durch die Selbstbeziehungen über die Bilder von sich schon geworden waren. So konnten sie sich zwar in dem rückversichern, was ihnen als Kulturereignis für das Selbsterleben geboten werden konnte, waren aber zugleich von den Ereignissen getrieben, welche die Ereignisproduktion der bildungsunbürgerlichen Selbstreflektionen im Kult ihrer eranstaltungen, ihrer Bräuche und Selbstdarstellungen (siehe Medien) einbringen und vergesellschaften konnten.

Das aber hatte ihre Kultur letzlich zu einem allgemeinen Ressentiment gebracht, zum Rassismus einer allgemeinen gesellschaftlichen Macht bestimmt, wodurch sie sich selbst entkultuviert hatten. Es geht deshalb nun darum, dass dieselbe Kultur nicht nur durch selbstlose Ereignisse bestimmt wird, sondern sich zugleich in einem selbstlosen Reflex ereignet, also das produziert, was darin schon vor aller Erfahrung reflektiert ist. Was die Menschen in ihrem Kulturkonsum abgebildet (siehe Bild) und für sich bewahrheitet wissen wollten, wird nun zu einem lebenden Reflexionsmodus im Gemeinsinn einer doppelten, selbst reflektierenden Kultur, einer bürgerlich verbürgten Kultur, zum Kult eines politischen Verhältnisses, zur allgemeinen Gesinnung einer den Menschen im Großen und Ganzen entäußerten Kultur, um ihr Kulturbürgertum zu vergesellschaften.

Wo es in der bisherigen Geschichte faschistoid gesinnten Eliten gelang, in einer repräsentativen Demokratie an die Macht zu kommen, war Angst der vorwiegende Trieb eines nationalistischen Wählerwillens (siehe Wählermeinung), der vor allem den Niedergang der verbürgten Sicherheiten und Heilsversprechen reflektierte. So wurde z.B. A. Hitler ebenso wie D. Trump regelrecht "nach oben gespült", wo es ihnen gelungen war, sich für die Sache eines verelendenden Mittelstandes zu verwenden und sich gar als Stellvertreter verwahrlosender Kleinbürger und der großen Masse eines zunehmend ohnmächtiger werdenden Mittelstands als radikale Systemveränderer auszugeben, indem sie eine "Revolution von oben" vorstellten und die psychische Aufruhr ergriffen und den aufgebrachten Bürgern eine quasi übermenschliche Lebensvorstellung (siehe auch Religion), den Größenwahn ihrer Selbstverständigung als Erlösungsversprechen einer ihnen genehmen politischen Allmacht vorstellen konnten. Ursprünglich war hierzu keine besondere Beherrschung des Bewusstseins nötig. Weder durch faschistische Ideologie noch durch die überwältigende Einnahme einer faschistischen Staatsgewalt läßt sich der Erfolg der Repräsentanten der radikal nationalistischen Ideologie wirklich begreifen. Sie entstand in der Abtötung eines gesellschaftlichen Selbstbewusstseins. Und dies setzte die Zeitspanne einer politischen Kultur voraus, in der die Selbstlosigkeit der Gemeinsinnigkeit einer hoch politisierten Lebensangst sich aus den Nischen ausgesonderter Lebensbedürfnisse hervorwagten.

Es blieb hierbei die Frage, wie es möglich war, dass gerade unter ängstlichen und gesellschaftlich eher ausgegrenzten Menschen die oft vorlaufende und vorläufige Kritik einer objektiv durchgesetzten Staatsgewalt sich in ihnen so verkehren konnte, dass sie sich auf die Seite dieser Gewalt stellten und hierbei auch ihre wirtschaftliche Lage, ihre staatsbürgerliche Position und ihre national bestimmte Klassenlage (siehe Klassengegensatz) sich ihrer Wahrnehmung entwunden hatte und sich einer autoritären Selbstwahrnehmung überantwortete (siehe auch autoritärer Charakter). Es war kein bloßer Opportunismus, denn der läßt sich nicht radikalisieren. Es war ihr ästhetischer Wille, das notwendig gewordene Verlangen nach einer totalitären Kultur, nach einer allgemein wirksamen Gesinnung, die in die Selbstwahrnehmung der Menschen einzugreifen in der Lage ist und sie politisch an das Gemeinwohl einer ihnen fremden Macht anzupassen. Und darauf waren die Bürgerinnen und Bürger durch die Geschichte ihrer persönlichen Selbstentfremdung und Selbstverlorenheit einerseits und die kulturellen Nebelschwaden eines Kulturkonsums von übermenschlicher Wirkkraft an Befriedungstechnologieen sehr wohl vorbereeitet. Wesentlich bei alledem ist die Ohnmacht der Lebesängste, die durch eine kultivierte Selbstlosigkeit abwesend waren und die Macht der Sehnsüchte und Träume in die Beziehungen der zwischenmenschlichen Verhältnisse eintrieben, sodass ber die politische Macht der Medien an jeden Ort der persönlichen Gewohnheiten, der Wohnzimmer, der Familien, Gemeinden und Veranstaltungen der Kultur und damit in die sinnliche Gegenwärtigkeit der Menschen eindringen konnte. Die Konsumkultur kann sich hierüber leicht zu einem totalen Tittytainment mit jedweder Heilserwartung zusammenschließen.

Die unmittelbare Folge einer selbstlosen Konsumkultur ist der Mainstream gegen komplizierte oder unangenehme Aufklärungen oder Beziehungen. Lebenshaltungen, die nicht unmittelbar "einleuchten" sind schon in ihrem Anschein verdächtig einer Selbstsucht zu dienen oder schlicht und einfach nur ein politisch obszönes "Fake" oder eine schnell mal als Verschwörungstheorie gelabelte Theorie zu sein. In den Kommunikationswissenschaften gibt es bereits Forschungen über den totalitären Nominalismus von nur noch formal und zusammenhangslos auftretenden politischen Haltungen und deren Folgen. Der Streit um eine "canceled culture" wird selbst zu einer Wahrheitsfrage der politischen Identität und rückt damit ins Zentrum der politischen Auseinandersetzungen um plausible oder auch über verdrängte "Wahrheiten".

Soweit sie durch den ästhetischen Willen der objektiv gewordenen Selbstgefühle bestimmt sind müssen die Auseinandersetzungen hierüber nicht mehr unbedingt einen objektiven Sinn haben. Es genügt die Persönlichkeit ihrer Vertretung, die Repräsentanz eines politischen Willens, der nur noch als Einverständis der Gefühle, als ästhetisch begründeter Wille daher kommt. Inhaltliche Beweisführung wird überflüssig, weil die Ungeheuerlichkeiten seiner Wirkungen - das Unheil einer zerklüfteten Gesellschaft - entscheidend geworden sind. Die Phänomene einer in sich verkehrten Kultur heilsamer Befriedungen, die veräußerlichte und entfremdete Form der Lebensinhalte ihrer heilen Welten und Heilkräfte schließen sich wie ein entäußerter Naturzusammenhang von Gemeinsinnigkeiten zu einer verallgemeinerten Körperform der persönlichen Wahrnehmung zusammen und totalisieren über ihre Idenitätsbehauptungen den Fetischismus der Selbstgerechtigkeiten des Meinens und bloßen Dafürhaltens. So wurde ihre Wahrheit reduziert auf die Frage der kulturellen Gegenwärtigkeit ihrer Formation, ihrer kulturellen Prominenz.

In der Masse der Gefühle, in der schlichten Gefühlsmasse vergemeinschafteter Kulturen vereinen sich die Perversionen der Selbstlosigkeit mit den Ereignissen der aus ihrem Unglück geborgenen Verheißungen. Was das Perverse als Anspruch auf eine Macht seiner Verwirklichung zur Gewalt einer verkehrten Selbstbehauptung treibt wird als Ereignis in der Kultur zwischenmenschlicher Verhältnissen zum Unheil ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen. Und indem sie in ihrer selbstverlorenen Einzelheit unerträglich werden, gewinnt sich eine allgemeine Kulturmacht aus der Dekadenz ihrer Beziehungen, aus der ohnmächtigen Geschichte ihrer Zwischenmenschlichkeit.

Im ersten und zweiten Abschnitt des dritten Teils dieses dritten Bandes der Kritik der politischen Kultur des Kapitals hat sich erwiesen, dass die Selbstlosigkeit einer toten Wahrnehmung sich im Lebenszusammenhang einer Eventkultur durch deren Ereignisproduktion zu einem kulturellen Befriedungsmedium entwickelt, das nach einer gewaltigen Macht ihrer eigenen Art verlangt, weil sie von den kulturellen Inhalten eines politisch bestimmten Lebensraums abhängig ist. Sie hat eine totale Ausschließlichkeit ihrer Funktionalität nötig, um ihre Macht als Form einer allgemeinen Selbstwahrnehmung durch deren Kulte, durch ihre Rituale und Strukturen (siehe auch Brauch) zu vermitteln und sich über die allgemeine Meinungsbildung des Wählerwillen in einer repräsentativen Demolratie zu erhalten. Deren Nöte und Notwendigkeiten, die sich nicht mehr menschlich verhalten können, weil sie nur repräsentativ sind und keinen menschlichen Sinn mehr erkennen lassen, müssen sich übermenschliche Qualitäten einer gesellschaftlichen Mitte und Vermittlung verschaffen, denn sie haben in den heilen Welten ihrer medialen Vermittlung sich als das allgemeine nationale Versagen ihrer sozialen Inhalte und vor allem als Dekadenz ihrer Kultur herausgestelt.

Von daher war aus der unmittelbaren Vereinzelung der Bürger des Mittelstandes (siehe auch Kleinbürgr) das Verlangen nach einer Rettung ihres zerfallenden Gemeinwesens, nach einem übersinnlichen Wesen der eigenen Natur entstanden, die der ästhetische Wille der Politik mit der politischen Ideologie eines nur vorgestellten übersinnlichen Gemeinwohls zur Gattung eines Massenmenschen aus der Kultur ihres politischen Gemeinswesens (siehe auch Nationalstaat) entwickelt und zu einer übernatürlichen Größe der darin übersinnlich erscheinenden Eigenarten eines Übermenschen zu einer rassistisch bestimmten Kulturmacht und Größe umformt. Diese wird durch ihren esoterischen Charakter aus der Verallgemeinerung des ästhetische Willens zu einer politischen Gewohnheit des Alltags, zu einer tatsächlichen "Banalität des Bösen"", indem sie alle individuellen Eigenarten der Menschen aufhebt und gleichschaltet, um sie von ihren Gegensätzen und Entgegnungen in ihren Widersprüchen durch das Heil eines nationalistischen Willens (siehe auch Nationalismus) zu "erlösen" und sich ihrer persönlichen wie sozialen Ohnmacht zu bemächtigen.

In solcher Heilserwartung entsteht das Gemeingefühl einer Kulturpersönlichkeit, die für die Bestärkung der poltischen, wirtschaftlichen und militärischen Potenziale des weltweit konkurrierenden Nationalstaats hiilfreich ist, sich nurmehr aber nur in der Totatlität einer zwischenmenschlichen Gesellschaft als Gesellschaft der Formbestimmungen ihrer Zwischenmenschlichkeit verwirklichen kann. Und weil eine solche Persönlichkeit nur aus den allgemeinen Selbstbezogenheiten der Bürger bezogen werden kann, muss sie aus der vereinzelten Gestalt der Gewohnheiten ihrer nationalen Kultur persönlich verallgemeinert werden und sich zur wirklich politischen Macht einer übersinnlichen Substanz fortgebildet werden. Und damit verhalten sie sich als Norm von allgemeinen politisch erwirkten Umgangsformen als Wirklichkeit eines Kulturstaats, der sich kraft seiner kulturpolitischen Potenzen normativ verfassen und verhalten kann.

Es war in diesem Band der Kritik der politischen Ästhetik zunächst das zwischenmenschliche Verhältnis der Menschen nun auch wirklich objektiv abstrakt und allgemein geworden (siehe auch abstrakt Allgemeines), indem es für sich selbstlos geworden war und nurmehr sich sittlich, also nach dem Brauch und den Gewohnheiten des allgemein gewordenen Lebens vergesellschaften musste. Schließlich konnte es seinen Lebenszusammenhang in dieser Form eben auch nur aus einem Sinn beziehen, der allen gemein sein muss und der daher auch in sich keine andere Gewissheit kennen kann, als den Gemeinsinn, der die Totaliät einer zwischenmenschlichen Gesellschaft als Wirklichkeit einer abstrakt menschlichen Gesellschaft entfaltet.

Der Staat ist durch die Aufhäufung des ästhetischen Willens, durch die Akkumulation einer gesellschaftlich gebildeten Gefühlsmasse aus dem Massengefühl seiner ohnmächtig gewordenen Bürgerinnen und Bürger selbst zu einer Kulturpersönlichkeit geworden, die sich nicht mehr politisch begründen muss, weil sie im Allgemeinen schon durch die Mängel ihrer Kultur, ihrer menschlichen und sozialen Verwahrlosung unmittelbar notwendig politisch gewoden ist. Aus der sozialen Notwendigkeit ihrer Aufhebung ist eine staatspolitische Notwendigkeit geworden, durch welche nun auch per politische Anweisung die Sittlichkeit der Bürgerinnen und Bürger selbst zu einer Staatsangelegenheit, zur Notwendigkeit seines kulturpolitischen Eingriffs geworden ist.

Kulturstaat ist ein Staat, der sein politisches Handeln durch eine national verfasste Kultur des Kulturbürgertums begründet, durch kulturelle, meist religiöse Macht im Lebensraum der nationalen politischen Verhältnisse und ihrer Wirtschaftsform. Das kann er nur, wenn sich seine Rechtsform jenseits seiner materiellen Verhältnisse, jenseits der Naturverhältnisse einer Gesellschaft körperlich, also als reine Staatsgewalt durchsetzen kann, z.B. durch religiöse oder kulturelle Macht einer staatspolitisch eingeforderten Gesinnung, wie sie in Gesellschaften begründet ist, die autoritäre Bindungen nötig haben, weil ihre wirtschaftlichen Beziehungen, der Entwicklungsstand ihrer Produktivkräfte nur hierdurch gesellschaftlich funktional sein können (z.B. Feudalismus oder Feudalkapitalismus). So wird Staatsgewalt als gesellschaftliche Notwendigkeit dadurch eingeführt, dass ökonomische Schuldverhältnisse (z.B. Staatsverschuldung) oder ein ganzes Schuldgeldsystem den Staatsbürger als wirtschaftlichen Bürgen abrufen muss.

Ein Kulturstaat setzt die vollständige Entfremdung der politischen Kultur von ihrem Sinn voraus, der sich aus einer toten Wahrnehmung durch eine Ereignisproduktion zu Massengefühlen zu einer selbständigen Gefühlsmasse deformiert hat, in der sich die selbstlos gewordenen Menschen in einem ununterscheidbaren Gemeinsinn zusammenfassen, um darin gleich zu gelten, sich in ihrer Gleichgültigkeit gegen sich selbst anzugleichen. Darin heben sich die Gegensätze der individuellen Selbstwahrnehmungen auf, die in ihren unendlich gewordenen Kämpfen als eine allgemeine Bedrohung empfunden werden, und von daher zu einem Gefühl des Staates, zu einem Selbstgefühl der Politik verallgemeinert werden, durch das eine dem entsprechende politische Form statuiert wird. Diese kann nur noch aus der Kultur, bsonders aus dem Gemeinsinn ihrer Lebenswerte bezogen werden und als ein übermenschlicher Maßstab bürgerlicher Sittlichkeit politisch durchgesetzt werden. Es ist also die politische Macht und Gewalt, die sich darin formiert, nicht ihr kultureller Bezug.

Im einzelnen bietet ein Gemeinsinn eben auf Dauer auch keine Gewähr, existiert als bloße Bestimmung für alle, die sich daran ausrichten, weil und sofern sie darin gut gestimmt sind und ihre Stimmung allgemein bewährt finden, sich gut gestimmt darin einfinden und empfinden können. Aber diese Empfindung erkennt sich in Gefühlen, die nur ein höheres Wesen haben, ein gefühltes Gemeinwesen außer ihnen selbst, an das man nur durch die Gegenwärtigkeit von Menschen glauben kann, die in Wirklichkeit einander gleichgültig sind und nur ein abstrakt Allgemeines verkörpern können, an das man glauben muss, um nicht ausgeschlossen, ausschließlich in der Empfindungslosigkeit eines isolierten, von jedem Gemeinsinn abgetrennten Selbsterlebens zu verharren.

Wenn der gesellschaftliche Zusammenhang politisch nicht mehr darstellbar ist reiben sich die Meinungen darüber in unauflösbaren sozialen Widersprüchen auf, sodass sie jeden Sinn verlieren, eine ohnmächtige Wahrnehmung erzeugen, die schließlich durch ihren ästhetischen Willen auf ein Gefühl zurückgreift, das ihrem Ressentiment gegen das wirklich andere entspricht, um ihrer Selbstgerechtigkeit zu genügen (siehe auch Religion). Was im Ressentiment noch im Besonderen negativ wirkt, verallgemeinert sich darin positiv zu einer Persönlichkeit, die sich aus der Masse verselbständigter Selbstgefühle speist - vornehmlich mit einer autoritären Substanz ihres ästhetischen Willens (siehe autoritärer Charakter). Diese ersucht politische Macht. Von daher vermengen sich in ihrer Masse Selbstgefühle mit dem bürgerlichen Selbstverständnis, das sich in Massengefühlen zur Gefühlsmasse eines verkehrten politischen Verstandes zusammenfassen lässt und darin ihren Sinn als Gesinnung findet, der sich in dieser Gemeinschaft der Massen wie ein Gemeinsinn empfinden lässt. Was im Zweifel des Dafürhaltens noch relativ war, wird darin absolut.

Gesinnung ist eine entäußerlichte Reflexion von Sinnlichkeit, die Spekulation auf einen Sinn, der nicht durch sich, sondern allgemein für andere, also allgemein nur abstrakt ist, ein Sinn ohne Natur, ein Übersinn oder die Haltung eines übersinnlichen Verhaltens. In der politischen Kultur bildet sie sich aus einer abgeschlossenen und ausschließlichen Meinung, als eine Lebenshaltung, die für sich beansprucht, eine allgemein verbindliche sinnliche Wahrheit zu formulieren. Hierdurch wirkt sie als ein ästhetischer Wille, der auf gleichgeschalteten Meinungen in dem Sinn beruht, der für irgendwelche Zwecke einer Notwendigkeit eines äußerlichen Gemeinsinns als eine allgemeine Versinnbildlichung einer veräußerten Meinung verpflichtend erscheint. In Wahrheit aber verfolgt Gesinnung einen Zweck der Verwaltung, will subjektiv scheinende Notwendigkeiten gegen Absichten verfolgen, die das Auseinanderstreben der Meinungen durch ihre gegensinnigen und dadurch gleichgültig gewordenen Bedeutungen, die logische Konsequenzen ihrer Entzweiungen und der kritischen Analyse ihrer Zertrenntheit und Zersplitterung verhindern sollen. Das Verhältnis der Meinungen verrät schließlich auch in der Wählermeinung einer repräsentativen Demokratie, was das an und für sich gleichgültige Dafürhalten letztlich ist: Ein guter Glaube als Glaube an das Gute. Und das trifft dann auch besonders gut auf die sachlichen Verhältnisse der politischen Ökonomie und ihrer Krisen und bestärkt diese, wie sie sich selbst durch sie bestärkt.

Von da her sind die Menschen gläubig geworden, um sich in diesen Verhältnissen einen Sinn zu vermitteln, der sie übersinnlich begründen konnen sollte. Dieser Sinn war ja immerhin schon zu einer objektive Form einer allgemeinen Selbstveredelung in einem ästhetischen Willen wirksam geworden, der sich zu einer Heilskultur, zu einer Kulturmacht der Selbstheilung quasi esoterisch fortentwickelt hatte, bis diese im Sog ihres Unheils sich als Massenbedarf nach einer heilen Welt als das herausstellen musste was sie sich nur unter allen in der Versammlung ihrer Gefühle, im Massengefühl ihrer Bestimmtheit als Allgemeinheit ihrer Stimmung bestätigen und bewähren kann.

Erst jetzt aber kann sich dieser Bedarf durch seine Institutionalisierung auch verwirklichen, sich wirklich wahr machen, indem er zum Inhalt eines Kulturstaats wird. Darin erfährt er jetzt einen politischen Lebensraum, in dem sich alles aufhebt, was von wirtschaftlichem Nutzen war, was ihn aber sinnlos gemacht hatte, weil die kapitalistische Wirtschaft selbst den Notwendigkeiten ihres Wertwachstum nicht wirklich allgemein folgen kann.

Die politische Kultur hat von da her nun auch in dieser Form ihren politischen Willen als politischen Raum, als gesellschaftlich bestimmten Lebensraum, durch den sie als reine Kulturgemeinschaft die Lebensverhältnisse der Menschen bestimmen kann, auch wenn und gerade weil sie weder Sinn noch Nutzen für die Menschen hat. Aber hierin können sich die allgemeinen Formationen der Selbstwahrnehmung in ihrer Gegensinnigkeit vereinen, wie sie in ihrem jeweiligen Trieb zwischen Selbstverwirklichung, Selbstbehauptung und Selbstbeherrschung allgemein entwickelt wurden, und sich nun aus sich selbst heraus, also sich in ihrem Widersinn gegenseitig bestärken und reproduzieren.

Dies Ganze hat jetzt eben seinen inneren wie auch seinen äußerlichen Grund. Mit den Verwertungskrisen des Geldes schwindet der Nutzen der Wirtschaft für die Menschen und es verstärkt sich ihre Existenzangst im Allgemeinen. Was sie in ihrer Eigennützigkeit als Persönlichkeit ihrer zwischenmenschlichen Lebensverhältnisse erwerben konnten, erscheint damit ebenso bedroht, wie sie darin im Einzelnen auch immer weniger Sinn finden können. Wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Gesellschaft zusammenbrechen, bleibt mit der Erfahrung ihrer Nichtung im Allgemeinen die Wahrnehmung einer Selbstauflösung im Einzelnen. Da ihre Kultur nur noch als Lebenszusammenhang durch diese Wahrnehmung in der Form ihrer Selbstwahrnehmung bestätigt werden kann, bestimmt sich darin nun auch deren Allgemeinheit als Selbstgefühl einer allgemein bedrohten Subjektivität fort, als Allgemeingefühl einer bedrohten Kultur überhaupt, als Massengefühl einer überdimensionalen Selbstauflösung, die als Gefühlsmasse einer Massenkultur zum Objekt eines jedweden Populismus wird. Dieser kehrt die Ursprungssehnsucht einer Scheinwelt, welche die heile Welt des ästhetischen Willens ausgemacht und endlos gemacht hatte, in die Heilserwartung einer übermenschlichen Auflösung aller Vernichtungsängste, zur Formation einer endlich allgemeinen rein politischen Lösung, zur allgemeinen Vorstellung einer Endlösung durch politische Kulturmacht.

Diese Allgemeinkultur bezieht ihre politische Kraft nur mehr aus der gesellschaftlichen Not einer Gesellschaft, die nicht mehr für die Menschen politisch handeln kann, weil sie als wirkliche gesellschaftliche Macht der Menschen zerstört ist. Der politische Wille soll dadurch verwirklicht werden, dass er ihrer wirklichen Vernichtung ästhetisch entgeht, dass er die Wahrnehmung ihrer Wirklichkeit selbst nichtet. Sie wird von daher zum Zentrum aller politischen Aufmerksamkeit, die weiterhin auch eine Aufmerksamkeit der politischen Ökonomie bleibt, die sich aber in der Wahrnehmungsform der bedrohten Selbstbezogenheit vor allem kulturell auswirkt. Politische Ökonomie und politische Ästhetik münden auf diese Weise in einen Fokus, welcher mit dem Begriff einer Volkskultur aufgerufen wird, und von daher den politischen Begriff des Volks mit dem kulturellen Volksbegriff gleichsetzt. Dies führt zur Kulturform einer allgemeinen Institutionalisierung, welche sich nicht mehr aus den Selbstgestaltungen der Menschen und ihren zwischenmenschlichen Beziehungsformen, auch nicht mehr nur aus ihrer Selbstlosigkeit, sondern aus ihrer Überflüssigkeit als Mensch begründet.

Das Volk wird zu einem Kampfbegriff als Kulturbegriff, indem es für einen gesitteten Allgemeinwillen steht, der als Wille einer allgemeinen Sittlichkeit zu einer allgemeinen Gesinnung werden soll, zur sittlichen Institution jedweder Sinnlichkeit. Hierdurch wird deren Güte als Ästhetik ihres Willens konkret und praktisch, ihre Ethik zum seelischen Beweggrund, alles Seelische dem Volk als ein ästhetisch geadelter Allgemeinwille unterworfen und ihr Geist staatlich übereignet. So bieder hierdurch das Leben der Menschen wird, so geistlos erscheint es aus der Natürlichkeit des Lebens schlechthin begründet. Der kultivierte Begriff des Volkes will die Naturmythologie einer Sittlichkeit, wie sie allgemein gewollt wird, dogmatisieren. Jetzt geht es um das praktische Verhältnis dieses Prozesses, der Bildung einer Gesinnung.

Die Wirklichkeit im Leben der Bevölkerung ist als einfache Lebenspraxis vollständig abgetrennt vom der Sittlichkeit des Willens. Es ist für eine Kultur, die sich zu einer Ästhetik des sittlichen Willens verselbständigt hat, lediglich äußeres Lebensmoment, also Stoff für diesen. Von daher bildet er sich heraus zu einer praktischen Förmlichkeit, zur Gesinnung, die vom Standpunkt einer "Volkskultivation" auf die Menschen übertragen werden muss, die zu einem Prinzip ihrer Lebensführung wird - nicht, weil es finstere Agenten so wollen, sondern weil die für sich selbst empfindungslos gewordenen Menschen dies zu ihrer quasireligiösen Selbstverklärung nötig haben, um darin Gesellschaft zu bilden. So wird solche gesellschaftliche Notwendigkeit selbst zu einem Mittel der Vergesellschaftung abstrakt menschlicher Sinnlichkeit.

Durch sie verläuft die konkrete Selbstfindung der einzelnen Menschen der sich darin als Moment einer besonderen Art, einer Rasse finden muss. Darin wird die Kultur zu einer artigen Allgemeinhheit, auf welche alle Menschen zurückkommen müssen, um in Gesellschaft zu sein. In den Ritualen dieser Gesellschaft fällen sich alle Seelen mit der Masse des sittlichen Willens und werden zur Massenpsyche. Darin steckt das Ganze des beseelten Volkes als übermenschliche Erwartung, als Heilserwartung, deren Sehnsucht jetzt auch gesellschaftliche Wirkung erfährt, also Wirklichkeit wird. Im Übermenschen regeneriert sich zwar kein wirklicher Mensch, aber die Seele wird als Gleichschaltung der Masse darin wirklich und also für jeden einzelnen zur wirklichen Existenzgrundlage - und damit zur Macht gegen jedes Leben.

Weiter mit Teil III.33.1 . Das Elend des Unheils (Das Ganze der Lebensängste)