Logische Folgerung hieraus ist die Grundbehauptung einer Fundamentalontologie, einer Hochform eines akademistischen Selbstverständnisses, nach dem Menschen im Wesentlichen keine Individualität haben, sondern das Denken selbst immer einem objektiven Wesen von selbst folgen müsse, wie es die tödlichen Konsequenzen als Wesen der Objektivität ihrer Entscheidungen vorgeben würden, eben wie es das "Sein zum Tode" als wesentliche Notwendigkeit der Erkenntnis des Seienden von selbst erwirken würde. "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" befand Paul Celan in seiner Todesfuge. Und nicht von ungefähr bestand hieraus die Kritik an Heidegger, dem vorgehalten wurde, dass er ein "Hitler des Denkens" (Martin Buber) sei. Was wir unter Erleben verstehen, ist hiernach lediglich ein Ereignis des Seins, “Seinsgeschichte". Über das Sein lässt sich daher nichts mehr aussagen; es ist einfach es selbst, das Heile durch sich selbst, durch sein ganzes Sein, durch seine Totalität (siehe auch Totalitarismus). Es offenbare sich dem Menschen, der in der “Lichtung des Seins" steht, genauer in das Sein hinaussteht, ek-sistiert. Das beängstigende In-der-Welt-Sein wird zum “Haus des Seins", in das uns das uns Zukommende zugeschickt wird (“Seins-Geschick"). Aus der Freiheit des Sein-Könnens, wird ein "dankendes Sein-Lassen". Es geht um das Offenbarwerden, um die Unverborgenheit (=Wahrheit) des Seins, die sich als geschichtliche Tatsache, sich nicht als kritische Einsicht erweist, sondern dieser immer schon geltende Wahrheiten vorausgesetzt ist. Karl Marx hatte solche philosophische Selbstlosigkeit trefflich beantwortet, indem er der Kreisbewegung einer objektivistischen Fragestellung die Subjektivität der Natur selbst entgegenhielt: "Du mußt auch die Kreisbewegung, welche in jenem Progreß sinnlich anschaubar ist, festhalten, wonach der Mensch in der Zeugung sich selbst wiederholt, also der Mensch immer Subjekt bleibt. Allein du wirst antworten: Diese Kreisbewegung dir zugestanden, so gestehe du mir den Progreß zu, der mich immer weitertreibt, bis ich frage, wer hat den ersten Menschen und die Natur überhaupt gezeugt? Ich kann dir nur antworten: Deine Frage ist selbst ein Produkt der Abstraktion. Frage dich, wie du auf jene Frage kommst; frage dich, ob deine Frage nicht von einem Gesichtspunkt aus geschieht, den ich nicht beantworten kann, weil er ein verkehrter ist? Frage dich, ob jener Progreß als solcher für ein vernünftiges Denken existiert? Wenn du nach der Schöpfung der Natur und des Menschen fragst, so abstrahierst du also vom Menschen und der Natur. Du setzest sie als nichtseiend und willst doch, daß sie ich als seiend dir beweise. Ich sage dir nun: Gib deine Abstraktion auf, so gibst du auch deine Frage auf, oder willst du an deiner Abstraktion festhalten, so sei konsequent, und wenn du den Menschen und die Natur als nichtseiend denkend, denkst, so denke dich selbst als nichtseiend, der du doch auch Natur und Mensch bist. Denke nicht, frage mich nicht, denn sobald du denkst und fragst, hat deine Abstraktion von dem Sein der Natur und des Menschen keinen Sinn. Oder bist du ein solcher Egoist, daß du alles als Nichts setzt und selbst sein willst?" (MEW 40, Seite 545*f) Dagegen sollte Heideggers Philosophie die absolute Philosophie als Kreisbewegung des sich selbst gerechten Verstandes in der Vernunft seiner Existenzialien sein. Und die war auch schon in ihrem Ansatz das totale Denken einer absoluten Totalität, welche die Kraft einer jeden wirklichen Geschichte schon auflösen konnte, bevor sie entstand. Eine Philosophie beginnt aber meist mit einer Fragestellung des Menschseins, die mit bisheriger Philosophie nicht aufgegriffen oder in einer Beziehung begriffen war, die zu bezweifeln blieb. Ihre Weisheit bezog sich bis dahin auf das menschliche Leben schlechthin so, wie es sich selbst unschlüssig ist, auf das Wesen der Humanitas im Verhältnis ihrer Subjektivität zu ihrer Objektivität, kurz: auf die Zwiespältigkeiten des Menschseins (siehe auch Wesensnot), die sich in der Sphäre des Denkens auflösen sollte. Philosophie ist für Martin Heidegger aber "ein menschlich-übermenschliches Erstes und Letztes wie die Kunst und Religion, d.h. sie steht - gerade weil klar geschieden von beiden und doch mit beiden ein gleich Erstes - notwendig im Glanz des Schönen und im Wehen des Heiligen" (Martin Heidegger zitiert nach "Grundriss Heidegger" von Helmuth Vetter, Felix Meiner Verlag Hamburg 2014, S. 22) Heidegger folgt ganz im Sinne Platons einer Philosophie, die eine hohe Einheit der Erkenntnis als eine wahre menschliche Identität in seinem Dasein begründen sollte, indem er das methodische Verständnis von einem "hermeneutischen Zirkel" zur Vertiefung des Denkens zur "Lichtung" seiner Erkenntnisse hernahm. Nach seiner Auffassung verläuft Denken überhaupt in einer "natürlichen" Kreisförmigkeit, durch den es sich von selbst und durch sich selbst "vertieft" und in seinen Gegenstand vordringt, von einem unbestimmten Ganzen ausgeht und daraus eine wachsende Kenntnis seiner Teile bezieht. Doch diese Kenntnis kann nur in der Ewigkeit der Kreisbewegung sich bewahren. Und das sollte sie auch. Das Rätsel der Geschichte löste sich für Heidegger in seiner Fundamentalontologie auf, die nichts anderes war, als die Existenz einer Gedankenform, eines auf sein Kreisen reduzierter Geschichtsobjektivismus (siehe auch Gedankenabstraktion). "Philosophie ist universale phänomenologische Ontologie, ausgehend von der Hermeneutik des Daseins, die als Analytik der Existenz das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens dort festgemacht hat, woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt." (Heidegger, Sein und Zeit, S. 436) Darin zeigt sich der im Grunde fraglose Ausgangspunkt, der selbst schon metaphysisch ist als "Frage nach dem Sinn des Seins" und lediglich seine Aufteilung der Welt als Teile des Seins vorstellen konnte und damit jede philosophische Vorstellung zu bereichern schien, indem er der Phänomenologie eine beliebige "Tiefe", eine Eidetische Reduktion als Hochform der Interpretation nicht einfach als Ontologie, sondern als Fundamentalontologie des Denkens überhaupt verschaffte. Aber diese Hochform beweist lediglich die Kritiklosigkeit eines Denkens, welches das Dasein nicht selbst befragen wollte, sondern es dadurch bestärkt, dass es mit der "Frage nach dem Sein" schon beantwortet wäre. Von daher unterstellte Heidegger den Menschen, die dieser Frage nicht folgen, eine Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit zum Denken, machte ihnen ihre Seinsvergessenheit zum Vorwurf und schloss daraus die Notwendigkeit eines Führers, der auf die "Tiefe des Seins" pocht (siehe z.B. seine Rektoratsrede). Als Mensch der Moderne kritisierte Heidegger deren Metaphysik und als moderner Denker verlieh er ihr schließlich die finale Metaphysik einer Endzeit, einem "Sein zum Tode", eine Fundamentalontologie, die über alle Ontologie hinaus gedacht sein will. So wurde Philosophie durch Heidegger schließlich "streng katholisch". Deren Denken vermittelt sich selbst als Welt, schafft sich selbst seinen Gegenstand, und entweicht schon durch sich der wirklichen Gegenständlichkeit der Welt. Seine Methode ist das Schürfen in einem "hermeneutischen Zirkel". Der sollte das Wesen des Seins ergründen. Und schon die Wortwahl "Zirkel" belegt, dass Heidegger tatsächlich in der Endlosschleife einer phänomenologischen Begrifflichkeit seine Gedanken konstruiert und seine Sprache entsprechend eingerichtet hat. Was nach dem dialektischen Verständnis der Wesenslogik eine schlechte Unendlichkeit wäre, weil sie jede Substanz schlicht durch ein Nichts ersetzt, wird hierdurch zu einer Vertiefung eines eidetischen Verständnisses hergenommen. Den "circulus vitiosus der Logik", den er durch seine Sprache umgehen wollte, hat er hierdurch lediglich auf eine metaphysische Art in ein "höheres Denken" verschoben, indem er es als ein "tieferes Denken" vorstellte. Seine Sprache sollte das Denken aus dem sich selbst Verstehenden (siehe Verstand), also aus seinem Selbstverständnis von Sprache entwickeln. Sie selbst bleibt bei sich, bleibt also eine sich selbst verstehende Sprache, die zugleich sein Denken formulieren sollte, um es durch die Kreisbewegung ihrer Begriffe zu beweisen. Aber schon ihre Anwendung vor, während und nach dem 2. Weltkrieg zeigt, wie beliebig sie zur Wirklichkeit im Ganzen stand: unwirklich, abgehoben und willkürlich verwendbar, aber gerade hierdurch extrem wirkungsvoll. Aber dieses radikale Seinsverständnis, das den Nationalsozialisten noch Zögerlichkeit im Durchsatz der Führerschaft gegen die Seinsvergessenheit des modernen Menschen vorwarf, wurde zugleich ungeheuer zahm, als Heidegger nach 1947 den Menschen nicht mehr als den "Platzhalter des Nichts" begreifen wollte, sondern als den "Hirten des Seins". Sein eigentlicher Bezug des Menschen zum Sein, die Forderung nach dem "Seinlassen" des Seienden und nach der "Schonung" der Welt waren allerdings allesamt schon im Ansatz von "Sein und Zeit" bereits angelegt, immerhin so doppelsinnig, wie das ganze Seinsverständnis von Heidegger war - eben als ein Sinn des Sein ohne wirklich zu sein. Dasein selbst gilt schon als Bewusstsein und schwebt im Sinn des Seins zwischen Raum und Zeit. Mit solcher Vorstellung von Gegenwärtigkeit ist jede Diskrepanz von Wesen und Erscheinung sowohl aufgehoben wie bestärkt, alles Wesentliche, Wesen als Grund einer Folgerung praktisch abgeschafft. Übrig bleibt daher eine Kritik in der Sprache, eine Sprachkritik ohne Bedeutung, bzw. als Deutung der Sache, welche eine Unmittelbarkeit der Entgegnung suggeriert, die keinen Begriff von ihrer Sache nötig hat, weil sie ihren Gegenstand schon aufgehoben behauptet, bevor sie sich ihm entgegenstellt. Aus der Sprache heraus war das begrifflose Wort selbst dadurch schon als Kritik des Seienden zu verstehen, dass es nicht mehr Begriff der Sache sondern unmittelbare Erkenntnis aus den Weisheiten der zwischenmenschlichen Kommunikation heraus darstellen würde. Und so wurde der späte Heidegger zum Miturheber des Dekonstruktivismus, der postmodernen Kritik an den "großen Erzählungen" - Derrida, Lyotard und Foucault beriefen sich auf ihn. In Deutschland nahmen seine Schüler nach 1950 einen Großteil der philosophischen Lehrstühle ein. Von den bedeutenden Naturwissenschaftlern entzog sich Carl Friedrich von Weizsäcker ebensowenig seinem Einfluß wie Werner Heisenberg. Zu großen Künstlern wie Georges Braque und René Char stand er in einem freundschaftlichen und wechselseitig produktiven Verhältnis. Als Anhänger von Edmund Husserl wollte er vor allem dessen Phänomenologie fortbilden. Er wollte eine Philosophie schaffen, die keine Sinnfragen oder deren unaufgelöste Widersprüche nachvollzieht und erforscht, sondern sie überhaupt erst radikal und ganz wesentlich in ihrer innigsten Ursprünglichkeit stellt: Was ist die Wahrheit allen Seins? Wo ist der "ontische Horizont" für die Interpretation des Seins? Wie "weltlich" ist die Welt, wie fundamental ist ihre Seinsgewissheit? Heidegger begründete seine Philosophie als Frage nach dem Sinn von Sein und entwarf eine umfassende sprachliche Architektur einer Seinsproblematik, in der er eine Seinsgewissheit erdachte, die unendlich zu ersuchen und zu befinden, letztlich aber nur im Tod wirklich zu bewahrheiten sei ("Sein zum Tode"). Er entwickelte sie aus einer ontologische Differenz, aus der Unterscheidung von Sein und Seiendem, wodurch die sinnhafte Existenz erst in einem Sein zu verstehen sei, das keinerlei sinnhafte Substanz, sondern lediglich mit der Zeit zu begreifen sei. Dieser Verständnishorizont gilt ihm als Grundlage der Dinge in der Welt (siehe Verstand), das Seiende aber nicht etwa als Erscheinung eines darin erkennbaren logischen Wesens in ihrer weltlichen Substanz, sondern als darin grundlos in die Welt geworfene Ungewissheit der Existenz. Man könnte sagen, Heidegger setzt Verstand mit Sein gleich, was bedeutet: nur was verstanden wird, ist auch, und das, was ist, ist immer schon verstanden, da Seiendes nur auf dem Hintergrund des Seins zu verstehen ist. Dass etwas ist, also existiert, und was etwas ist, also verstanden wird, ergebe sich aus dem Nebeneinander von beidem durch eine stets zu erstrebenden Seinsgewissheit, die sich nicht wirklich erweisen kann oder beweisen ließe, weil sie praktisch nur in der philosophischen Erkenntnis sich "lichten" könne. Diese biete im Handeln als "Vorlauf zum Tode" deren Wahrheit im "Sein zum Tode". In ihm kann Philosophie allerdings auch nur noch soldatisch begriffen sein, eben als Gewissheit des Handelns im Antlitz des Todes. Was die Menschen für sich seit ihrem Bestehen schon immer wieder für sich und für einander praktisch beantworten müssen, soll in seinem Hauptwerk "Sein und Zeit" nun eine höhere Weihe erfahren, - nicht um daraus eine einfache Religion zu machen, sondern um die Geister ihrer Ursprünge zu bemühen, um sie in einer allgemeinen Phänomenologie des Seins, einer Fundamentalontologie zu verewigen, die damit Größe erwarb, dass sie sich nicht nur dem Seienden, sondern auch seinem Ende widmete und den "Raum des Seins" mit seiner Zeit verbunden erkannt haben wollte: Das "Sein zum Tode". Jede Religion weiß das für sich adäquat zu interpretieren. Aber eine fundamentale Ontologie verlangt natürlich nach mehr als nur einen Glauben und muss wissenschaftlich unterlegt werden. So allerdings ist sein Werk, das sich von der bisherigen Philosophie abwendet, indem es diese trivialisiert, eher zu einem Kaleidoskop aller denkbaren Fragestellungen geraten, welche Philosophie überhaupt haben kann - und zwar nur sie. Indem sie etwas denkbar zu machen suchte, das nicht unbedingt einen Gedanken nötig hatte, soweit nichts davon eine "Wahrheitsfrage" wirklich eröffnete, geriet sie zu einem System, welche mit schweren Gedanken das Seiende in einen Mangel gegen das Sein-sollende, das "wahre Sein" verführte. Damit war der Widerspruch in der ihm immanenten Frage nach seiner Wahrheit exkommuniziert und der philosophische Oberlehrer geboren, der jedweden Mangel zu beheben hat, auch wenn nur er selbst ihn "gefunden" hatte und befand. Klar, die "Seinsvergessenheit" der Menschen ist in einer Welt allgegenwärtig, worin in stetigem Wechsel das eine nur sein kann, wenn das andere nicht ist (siehe Trennung). Heidegger wollte die absolute Philosophie erschaffen. Und das ist ihm in soweit gelungen, wie er "die Wahrheit" als Schlussfolgerung in der Suche nach dem Wesen der Welt und der Sinne befand, als innigster Trieb der Philosophie, die zu diesem Zweck "eine wesenhafte Seinsart des Daseins" ("Sein und Zeit", §44.c) zu erschließen hat. Sinn und Zweck dieser Ausführungen ist die Reduktion der Philosophie auf die Grundlagen seiner Phänomenologie: Philosophie soll durch ihre Schlussfolgerung, durch ihr Urteil der Wahrheit zur Macht verhelfen, da nur sie sich durch sich selbst als wahr erweisen könne. Das ist in der Tat die Aufhebung der ganzen Diskussion um das Philosophieren selbst, aber dies überwindet im Durchgang dann auch schließlich das Denken von Platon, Kant , Hegel bis über Marx, der aber natürlich sowieso schon als Antiphilosoph kein "Denker" gewesen sein konnte. Immerhin bot dieser Wahrheitsbegriff einen Bogen um die ganze bisherige Welt und ihre Geschichte, wie man sie enzyklopädisch verstehen kann: Schon Platon hatte seine Staatsaristokrie aus einem qualitativen Wahrheitsverständnis begründet. Das sollte die philosophische Logik zum Richter über Geschick und Geschichte des Volkes machen und mit ihrem unveränderbaren Telos das Wesen des menschlichen Geistes fortführen. So ähnlich war es auch das Ziel der Vernunft bei Kant - wenn auch nicht als Telos, sondern als Vorstellung einer Sozialgenese - und so war es ja auch schon von Hegel im Begriff der Selbsterkenntnis angelegt worden - freilich nicht ontisch, sondern idealistisch. Solche "Wahrheit" sollte die Menschheit nun durch die von Heidegger totalisierte Wesensfrage im "Fluss der Zeit" (§82.a) aus ihrer Verblendung und Selbstvergessenheit befreien, sich als"begreifende Begriffenheit des Selbst" entwickeln, wodurch erst erwiesen werden könne, was "das Selbst eigentlich ist" (§82.b). Für das eigentliche Selbstsein wandte sich Heidegger von jeglicher geistigen Gegenständlichkeit der Philosophie (wie etwa Weltgeist oder Geschichte) ab und suchte das "reine Denken" (siehe Reinheit), mit dem freilich auch die weltlichen Probleme zu bereinigen sein sollten. Die darin bezogene Grundbehauptung war von da her, dass es eine absolute Wahrheit des Seins schon vor dem Seienden gebe und dass von da her die Welt zu einer Änderung zu erziehen sei. In der Fundamentalontologie seiner frühen Phase vor der so genannten "Kehre" befand Heidegger die kulturelle Überformung der Moderne als ein Projekt und Produkt des humanistischen Opportunismus, im Grunde verantwortungslos gegen die wahren Dinge des Lebens und gegen das Wesen der Selbstbestimmung des "eigentlichen" Menschseins, das darin begründet sei, dass es eigentlich in seiner Eigenheit nicht da, dass es also in Beziehung auf das wahre Wesen abwesend ist, weil das Dasein nicht bewusst sei. Dasein und Bewusstsein waren für ihn identisch und von daher schon in der Sprache fundamental, so vergessen, wie sie eben nicht eigentlich, das gesprochene Wort unwesentlich sei. Diese Seinsvergessenheit des modernen Menschen sei den Irritationen seines Daseins geschuldet, sein Bewusstsein also selbst der Grund seiner Weltvergessenheit und also der Mangel in der Grundlegung seiner Weltbezogenheit. Von daher war für Heidegger die Frage der Selbstbestimmung die Grundfrage seiner Philosophie, die Frage, was das wesentlich Bestimmende, das unverfälschte Menschsein, das Eigentliche sei, das sich nicht von den Fundamenten das Daseins überhaupt unterscheiden ließe und für ihn daher von einer Fundamentalontologie zu beantworten war. Das Wesen dieses Dasein könne schon aus der Sprache als Formulierung eines wesentlichen Seins ermittelt und begriffen werden und wurde für ihn zur Grundlage einer Sinnbestimmung, einer wesentlichen Gesinnung, einer Gewissheit der existenziellen Elemente, der von ihm so benannten Existenzialien. Aus dem darin implizierten Verständnis von Wahrheit heraus war er auch für den Nationalsozialismus ein ihn prägender Philosoph, der allerdings auch den Nazis vorwarf, dass sie nicht radikal genug in ihrer Gesinnung seien. Im Grunde ist Heidegger ein Kulturkritiker, der die allgemeinsten Denkformen der Reaktion als Philosophie der Subjektivität schlechthin formuliert hat. Indem er eine sinnliche Unmittelbarkeit der Dinge des Lebens als Wesen der Selbstbestimmung behauptet, wird ihm der Mensch selbst zur absoluten Persönlichkeit einer Seinsfrage, die sich nicht relativieren lasse und daher jede Person unmittelbar eine Menschheitsfrage darstelle und in diesem Sinne auch zu erziehen sei. Nicht sei der Mensch in seinem Gattungswesen als gesellschaftlicher Mensch, sondern als Individualwesen schon unmittelbar bestimmt und bestimmend. Dieser radikale Individualismus als allgemein behauptete objektive Wesenhaftigkeit des Menschseins ist wohl auch der Grund, warum Heidegger bis zum heutigen Tag auch in einer linken Szene anklingt und für Theorien zur Kultur und Kunst immer noch so tauglich ist wie auch für das gehobene Kulturbürgertum und dessen reaktionären Lebensvorstellungen (siehe auch Kulturchauvinismus). Die Dekonstruktion des Bestehenden kann hier als politische Gesinnung zur Grundlage einer Selbstverwirklichung radikaler Individualität werden, indem sie sich als politisches Konzept eines destruktiven Konstruktivismus verallgemeinert. Heidegger befand es deshalb für nötig, allen allgemeinen Positionen und Dispositionen zum Menschsein überhaupt entgegen zu treten und den von ihm so benannten humanistischen Opportunismus als anthropozentrische Metaphysik zu kritisieren, die eine analytische Grundlegung des Seins erfordern müsse, das im bloßen Dasein schon objektive Subjektivität habe, die jenseits aller Lebenshaltungen und -einstellungen eines Beweises um ihrer selbst bedürfe. Philosophie bleibe bloße Beschreibung, wenn sie sich nicht auf die Grundlage eines solchen Beweises stelle. Das Sein als solches habe keine Substanz, wie es die klassische Metaphysik seit Aristoteles meine, sondern lediglich ihr Dasein in der Zeit, das immer wieder erneut zu befragen sei - z.B. auch in der Frage: Was meinen wir, wenn wir sagen, der Himmel ist blau?. Dies setze die Destruktion der bestehenden Bedeutungen voraus, die durch eine analytische Beweisführung über den Sinn des Seins zu erneuern wäre (siehe auch Dekonstruktivismus). Dessen Wahrheit sei nämlich die Angst, die Lebensangst, die einem Wissen um den Tod entstammt. Geschichtlich werde das Leben durch den Tod. Und diese Erkenntnis sei deshalb die Grundlage der Lebensverantwortung, der "wahren Besinnung auf sein Sein", auf sein kulturelles Wesen, seine "Existenzialien". Wer darin sein finales Dasein denkt, die tödliche Endlichkeit als Seinsbestimmung begreift, sieht sich selbst darin allgemein bestimmt, sich in allgemeiner Selbstbezüglichkeit ergriffen - nicht in seinen Eigenschaften und Fähigkeiten, sondern als ein Wesen seiner Eigentlichkeit, die nur uneigentlich existiert, als Erscheinung "seiner erd- und bluthaften Kräfte", das seine Endlichkeit als unendliche Bestimmung seines "In-der-Welt-Seins", seines Daseins erkennen müsse. Es tritt der Mensch hierin in eine Lichtung, einen Moment unendlich möglicher Erkenntnis, der selbst schon notwendig beschränkt ist, eben weil er nur (vorübergehend) seiend ist. Und solche Phänomenologie mündet in einer Wesensbehauptung, in welcher das isolierte Dasein des Alltags verwesentlicht wird, selbst als Verwirklichung seines Wesens gilt, indem es nur in seinen Gegenständen nicht verwest. Die Absicht einer solchen Philosophie ist, die Lust am Leben, seine Wirkkraft und Neugier, als Gefahr, als Vergessen des Wesentlichen hinzustellen, die Subjektivität des Menschen ihm als objektive Bedrohung vorzustellen. Nur in seinen Gegenständen liegt es demnach, das zu werden, was sie schon vor aller Erfahrung eigentlich sind. Das Besondere seiner Existenz wird sich hierdurch selbst allgemein, weil in ihm schon sein Werden bestimmt ist. Und dieses wiederum ist selbst erst in seiner Nichtung wirklich wahr - eben weil es vergänglich, die Welt aber ewig ist. Genau dies aber ist die Grundlage einer jedweden Heilsbotschaft, die aus dem Sinnfälligen, eben dass Geschichte auf der Vergänglichkeit ihrer sie bildenden Momente beruht, einen Übersinn des Lebens ihm entgegenhält. Das Heil der Menschen, ihr wesentliches Glücksversprechen, steht demnach dann auch über ihrem Leben und sie können es lediglich durch ihren selbstlosen Dienst an den Existenzialien des Lebens erhoffen (siehe Heilserwartung). Eine solche Sichtweise des Lebens ist aber gerade die Verkehrung von jedweder Geschichte, die aus der Tätigkeit von Subjekten erst ergeben kann, was sie in ihrem Dasein verwirklichen können (siehe historischer Materialismus). Als eine verkehrte Geschichtsschreibung einer Unheilsverkündung wurde sie daher auch zur Grundlage des Rassismus der Nationalsozialisten, die sich auf Heidegger bezogen und er selbst war ein Nazi mit hoher Abstraktionskraft, wie es sich in seiner Rektoratsrede erwies. Das Eigentliche - als das allgemein Eigene verfasst - ist die philosophische Grundlage des Heideggerschen Rasseverständnisses, das als Vorwurf jederzeit und beliebig ex negativo gegen die Uneigentlichen, die Seinsvergessen gewendet werden kann. Das "Sein zum Tode" ist eben nur durch dieses "wahre Wesen" zu leben. So weist schließlich auch der "Sinnspruch" an den Toren einigen Todeslager der Nationalsozialisten ganz in dieser Auffassung darauf hin, das hier "Jedem das Seine" geboten wird. Wer seine Bestimmung, sein eigenes Wesen nicht gefunden hat, dem wird dann eben der Tod geboten, um Eigen zu sein. Nach der späten Distanzierung von seiner nationalsozialistischen Position, die er aus der Kritik der Moderne entwickelt hatte, wurde Heidegger erst zum richtigen Existenzialisten, indem er die Ereignishaftigkeit als einzige geschichtliche Wahrheit erkannt haben wollte. Es war keine grundsätzliche Abwendung seiner Analytik, aber eine Wendung ins vereinzelt Wesentliche, das seiner Allgemeinheit phänomenal enthoben wurde, die seinen Rassismus ausgemacht hatte und von daher aus der Erfahrung selbst nur einbezogen wurde. Bei Heidegger ist ein Ereignis dasjenige Geschehen, das Mensch und Sein einander übereignet. Die Nähe des Menschlichen erschließt sich ihm aus dem Teilwort Eigen, das ihm als Wesensbegriff nutzt, da es im Dasein die Eignung der Welt für den Menschen erweist.. Darin überwindet Heidegger die Existenzialien seiner Fundamentalontologie, durch die ein Wesen vor aller Erfahrung behaupet war Das Ereignis wurde so zum Schnittpunkt der Geschichtsbildung bei Heidegger, das zwischen Dekonstruktion und Konstruktion in einer Wesensgleicheit von Subjekt und Objekt im Dasein aufgeht, also keinen objektiven Bestand hat und von daher auch nicht dem Menschen entfremdet sein, wohl aber in Vergessenheit geraten kann (siehe Seinsvergessenheit). Überhaupt kreist sein ganzes Denken nach seiner Abwendung von seiner Fundamentalontologie um die Nähe von Sein und Menschenwesen in der Zeit selbst, dessen Herkunft aus dem »Ereignis«, das ihm die Vereinigung von Zeit und Sein als »Anwesen« erbringt. Doch gerade diese bloße Anwesenheit macht ja die Abstraktion jeder sinnlichen Beziehung aus (siehe abstrakt menschlicher Sinn). Folgerichtig kommt Heidegger dahin, den Sinn des Seins in der Zeit zu verstehen, also das Sein selbst als zeitbestimmt, als Wissen um die Endlichkeit des Daseins, um das Sein nur im Antlitz des Todes im Leben des Menschen zu begreifen, in welchem sich das Wesen zwischen Verbergen und Entbergen bewegt und daher auch jedes Ereignis eine Verwesentlichung darstellt, sowohl objektiv wie subjektiv in Einheit und daher nur durch ein finales Ereignis begreifbar sein kann. Sein ist im Begriff seines Untergangs dadurch wertvoll, dass es sein Ende erkennt, und kann von daher als wertbestimmtes Sein auch unendlich wertvoll sein. Von daher ist Heidegger unendlich nutzbar und implizit schon ein moderner Vertreter der Event-Kultur (Ereigniskultur) wie auch ihr Kritiker in einem. Das war für die "Überwinder" des Marxismus (Foucault, Derrida, Hellinger usw) von großer Bedeutung, da sie in der Dekonstruktion die Bedingung der Konstruktion theoretisch angehen konnten, weil solche Theorie immer doppelt begründbar ist. Sie hat ja nur noch die Geschichte einer objektiven Subjektivität zu beschreiben, die sich zu sich selbst wie Sein und Vergessen verhält, also nur als Bewusstsein zu begreifen hat, das dann selbst ausschließliches Dasein sein soll. Im "Ereignis" lässt sich auf wundersame Weise alles zusammenfügen, was nicht zusammenpasst: Bedeutung, Sprache und Sein, wie auch Macht, Ohnmacht und Schicksal. Ereignis ist die logisch erscheinende Aufhebung der Logik - eben Zufall, der Zusammenhänge stiftet (bei Heidegger: Seinsgeschick, Schicksal): Genealogie. Wesentlich für Heidegger ist das Sein, das im Seienden nur erscheinen kann, man könnte sagen "Fleisch geworden" und also nur darin vergänglich ist. Seine Substanz als Gedanke sei darin nur An-Denken und lediglich Moment einer Seinsgeschichte, die im Nachhinein reflektiert und analysiert werden könne. Nicht die Selbsterzeugung des Lebens sondern eine ihm äußerliche Bestimmung mache dieses Sein aus: Eine Wahrheit außer sich, eine Offenbarung, die in die Unverborgenheit einzelner Lebensmomente als deren Wahrheit tritt, sich in ihrem Dasein entbirgt. Allgemein der Endlichkeit seiner Existenz verpflichtet, verlangt dies nach einem Allgemeinwesen der persönlichen Seinsbestimmung, die persönliche Allgemeinheit als innere Stimme des Gewissens. Sie impliziert eine im einzelnen nur erscheindende, also abstrakte Allgemeinheit, die der Person eine totale Moralität abverlangt, im Grunde eine Gesinnung, die aus einer fundamentalen Ontologie abgeleitet ist, aus dieser heraus "transzendiert". Alles Sein ist in seinem Dasein in seiner wesentlichen Beschränktheit begrifffen - wesentlich nur durch den Tod bestimmt. Heidegger nennt dies das "Sein zum Tode". Dadurch sei Leben selbst daran relativiert, also nichts, was darin im Einzelnen zu Ende geht, sondern schlechthin und allgemein endlich, in einer schlechten Unendlichkeit ist, die nur in ewig momenthafter Existenz sein könne. Das "eigentliche" Leben rage darin nur hie und da hervor, was ja die Wortbedeutung von Ek-sitieren ist. Es ist notwendig also auch nur vereinzelt da und kündet zugleich von einer Allgemeinheit, die nicht von Menschen geschaffen, nicht von dieser Welt ist, die aber in ihr wirkt. Der Tod, der in dieser Unbezüglichkeit keine substanzielle Erkenntnis mehr erbringen kann außer dem Postulat eines bloßen Nichts, das nichts mehr werden kann, wurde mit diesem Gedanken zum Subjekt einer Philosophie, die im Grunde gar keine mehr ist, weil die Phänomene ihres Denkens selbst als Vorwurf gegen das lebende Subjekt taugen. Damit ist ihre "Weisheit" lediglich die Wahrnehmung einer bestimmungslosen Endlichkeit, die zugleich völlig bestimmend gegen die Unzulänglichkeit des Menschen in seiner Selbstverantwortung ist. Der Tod als Subjekt der Erkenntnis befördert jede Fragestellung in eine Endlösung des Denkens, in eine Psychologie der Selbstverantwortlichkeit, die natürlich nur eine hintergründige Pädagogik sein kann, ein Belehrungswille zur Bewältigung der Seinsvergessenheit der Menschen, der nur noch psychologisch argumentiert. Und das war der Kern der neuen Ontologie Heideggers, die das Ontische im Phänomen eines unendlichen Daseins im Gegensatz zur platonischen Seinsbegrifflichkeit, aber auch als deren konsequente Weiterführung verstehen wollte. Heidegger wollte sich (wenn auch etwas verspätet) dem verselbständigten Rationalismus von Descartes entgegenstellen und dem Sein "wieder" sinnliche und unmittelbare "Existenzialien" zusprechen, deren wesentlichste die Angst des "In-der-Weltseins" des Menschen sei, eben das "Sein zum Tode". Darin ist jeder Augenblick schon beendet aufgefasst, als Existenzial verschwindend, so dass das darin scheinende Wesen auch unendlich verlängert werden kann. Das Wesen solcher Phänomene wird nicht nur überhistorisch, sondern jenseitig, ohne als Grundlage einer absoluten Religion kenntlich zu sein. Heidegger hat damit die Trickkiste der Philosophie entdeckt, sich selbst unendlich zu machen, selbst zum totalen Denken zu werden. Alle Gegenwärtigkeit entschwebt, weil in ihr sich Unendliches Sein so vorstellt, wie es von der Heideggerschen Phänomenologie vorgestellt wird. Eine Beweisführung in der Wirklichkeit wäre hiergegen nur noch vulgär, bleibt solche Philosophie doch notwendig immer ein Vorwurf gegen sie. Es sollte eine radikale Erneuerung des Seinsbegriffs werden, der vor allem auf der Kritik des schlechthin Objektiven, aber auch als Verneinung des objektivierten Subjekts beruhte. Er verwarf daher sowohl die in der objektiven Philosophie verwendeten Begriffe eines der Erkenntnis vorausgesetzten Seins und dessen Dinglichkeit, wie auch die subjektiven oder subjektbeschreibenden Begriffe wie Mensch, Leben, Gewissheit, Leiden, Entfremdung usw., also alle bis dahin für die Erkenntnis von Wahrheit geläufigen Grundlagen. Zunächst war dies eine Abweisung der Erkennbarkeit von Gegenwärtigkeit und Geschichte, eine transzendentale Fundamentalontologie, die sich vom Standpunkt einer allumfassenden Seinswahrheit an das Seiende gewendet hatte, an das Sein, das sich im Seienden "lichtet", aus einer eigentlichen Wesenhaftigkeit entschlüpft ist und in die Welt hinein "west". Das Sein ist das Prinzip einer Ganzheit, die nicht wirklich und an und für sich grundlos ist, die aber lediglich in der Einzigartigkeit und Ausschließlichkeit des Seienden hervorragt (ex-istiert) und sich in jedem einzelnen "Schicksal" verwirklicht. Es ist, weil sonst Nichts ist, weil alles andere nur tot ist. Alles ist nichts, was sich nicht selbst hervorbringt und hierin seiend wird - und das heißt bei Heidegger: über den Tod hinausragen, sich über das Verwesende als Wesen setzt. Hieraus ergibt sich die Seinsnotwendigkeit, das Wesentliche zu bergen, um es dem Tod zu entziehen. "Bergen" ist daher ein fundamentaler Begriff der Heideggerschen Gedankenwelt (siehe Lebensbergung). Sie kennt keine Bedingtheit oder Vorausgesetztheit, weder Geschichte noch Wirklichkeit, sondern bloße Zeit als abstrakte Form der Geschichte. Von daher ist diese auch nur ein Zeitverlauf, in welchem sich das Sein je nach Geschick und Schicksal lichtet und sich als das Eigene in den Ereignissen des Lebens bildet. Insofern wird Geschichte als die bloße Herausnahme des "Eigentlichen" im Fortschreiten von Existenz zu Existenz verstanden, das als Eigenes Bewahrte des Fortschritts. Es sei von daher wesentliches Sein, welches dem Seienden entnommen ist wie ein Wesen, das seiner Erscheinung enthoben wurde. Der Heiggersche Konservatismus kann sich hierdurch fortschrittlich geben: Alles sei in die Welt geworfen, in seiner Entstehung zufällig und substanzlos, und lebe im Antlitz des Todes solange es sich ihm widersetzt, solange es also gegen ihn ankämpft, bis es schließlich im Tod verschwindet. Darin habe die Lebensangst eben auch ihre Wahrheit, so dass zu folgern ist, was alles Reaktionäre ausmacht: "Leben heißt kämpfen". Natürlich spricht Heidegger nicht vom Leben, sondern nur vom Tod, denn Leben ist ihm lediglich Existenz. Es gehe hierbei um die bloße Selbstverantwortlichkeit des Existierens, welche das Sein ausmache (siehe Existenzialismus) und sich überhaupt nur im Ereignis die Nähe des Menschenwesens zu seinem Sein ergeben könne: Das Seinsgeschick (siehe Schicksal). Darin alleine können nach seiner Auffassung die Menschen ihre Seinsvergessenheit überwinden, ihr ontisches Wesen finden, das heißt: sich zu eigen, eigentlich werden (vergl. hierzu Adornos Kritik an dem "Jargon der Eigentlichkeit"). Mit dem Begriff des Ereignisses vereinigt Heidegger die Phänomenologie mit einem konservativen Existenzialismus. Hierdurch wird das, was dem Existenzialismus widerstrebt, der wesentliche Sinn, den etwas schon vor aller Erfahrung hat, zugleich zu einem Phänomen, das sich als wesentliches Sein in seiner Existenz offenbaren soll. Damit gerät ihm die Dialektik von Wesen und Erscheinung zu einem Einerlei von Begriff und Sein, in welchem das eine sowohl das andere ist, Sein selbst für Wahrheit steht, für sich schon wahr ist. Mit einem monströsen sprachlichen Apparat, welcher der Umgangssprache unzugänglich ist, muss dieser doppelte Boden seines Denkens überbrückt werden. Aber auch die Geschichte von Heidegger selbst zeigt, wie beliebig sich seine "Wahrheit" wenden lässt, taugt doch das "wahre Sein" sowohl zur absoluten Selbstbegründung, als auch für jeden Vorwurf gegen andere (z.B. der Seinsvergessenheit des modernen Menschen), denen im Sinne der Philosophie gleiche Selbstbegründung zugestanden werden müsste. Aber wo es weder Subjekt noch Objekt gibt, überlebt nur das Geborgene, das sich zu einem ganzen einzelnen Wesen emaniert, das sowohl in und außer den Menschen besteht. Das Nichts ist damit sehr wohl etwas, - nämlich das Reich einer Wahrheit, die den Kosmos zumindest als Prinz des wahren Ganzen, des entkommenen Unheils, ausfüllt. Das darin implizierte Heilsprinzip sollte (in der Zeit nach dem Nationalsozialismus) durch die sogenannte "Kehre" überwunden werden, in welcher das Sein selbst nicht inneres und gestaltendes Wesen einer Wahrheit ist, sondern nurmehr wesentlich seiend sich im Menschen denkt. Auf diese Weise entstand eine Philosophie der Hermeneutik, ein "An-Denken des Seins" in den Ereignissen der Existenz, die ein reines Verstehen des Seins im Seienden sein wollte. Darin war jede Voraussetzung und Bedingung der Lebensereignisse ebenso abgestritten wie ihr Sinn, soweit er sich nicht ontologisch herleitet. Sie selbst seien das Wesen, das west, geschichtliche Faktizität des "Seins-Geschicks" und damit einzig dem Geschick der Menschen und ihrem Schicksal geschuldet. Jedweder Bezug eines Subjekts auf ein Objekt oder eine durch Objektivität bestimmte Subjektivität gab es für dieses Denken nicht mehr. Solche Begrifflichkeit sollte als Entweichen aus menschlicher, aus ontischer Selbstverantwortung aufgefasst und abgewiesen werden, als Unschuld einer rationalistischen Begriffsdeterminierung beschuldigt werden. Solches Sein sei von der Philosophie unnötig zerdacht und deren Begriffe seien es daher nicht mehr wert, verwendet zu werden. Jeder Begriff müsse sich ontologisch ausweisen lassen: "Dinglichkeit selbst bedarf erst einer Ausweisung ihrer ontologischen Herkunft, damit gefragt werden kann, was positiv denn nun unter dem nichtverdinglichten Sein des Subjekts, der Seele, des Bewußtseins, des Geistes, der Person zu verstehen sei. Diese Titel nennen alle bestimmte, »ausformbare« Phänomenbezirke, ihre Verwendung geht aber immer zusammen mit einer merkwürdigen Bedürfnislosigkeit, nach dem Sein des so bezeichneten Seienden zu fragen. Es ist daher keine Eigenwilligkeit in der Terminologie, wenn wir diese Titel ebenso wie die Ausdrücke »Leben« und »Mensch« zur Bezeichnung des Seienden, das wir selbst sind, vermeiden." (Heidegger, Sein und Zeit, § 10, S. 46) Was bereits als Gegenstand der Erkenntnis objektiv aufgegriffen und bedacht (und von Marx in den Historischen Materialismus gewendet) war, wurde von ihm neu bedacht, weil es subjektiv als ontische Wahrheit begriffen sein und das Eigentliche als das besondere Sein im Seienden hervorgekehrt werden sollte. Hierfür wurde der Ausgangspunkt des Denkens nicht mehr im denkenden Subjekt, sondern in seinem Sein genommen, das als Phänomen im Dasein zu begreifen sei, in welchem es selbst nur seiend zu lassen sei, Bestandteil des Daseins als "Lichtung des Seins". "Das Dasein ist zwar ontisch nicht nur nahe oder gar das nächste - wir sind es sogar je selbst. Trotzdem oder gerade deshalb ist es ontologisch das Fernste. Zwar gehört zu seinem eigensten Sein, ein Verständnis davon zu haben und sich je schon in einer gewissen Ausgelegtheit seines Seins zu halten. Aber damit ist ganz und gar nicht gesagt, es könne diese nächste vorontologische Seinsauslegung seiner selbst als angemessener Leitfaden übernommen werden, gleich als ob dieses Seinsverständnis einer thematisch ontologischen Besinnung auf die eigenste Seinsverfassung entspringen müßte. Das Dasein hat vielmehr gemäß einer zu ihm gehörigen Seinsart die Tendenz, das eigene Sein aus dem Seienden her zu verstehen, zu dem es sich wesenhaft ständig und zunächst verhält, aus der »Welt«." (Heidegger, Sein und Zeit, § 5, S. 15) Auch dieser "eigentlich" doch eher objektivistische Ansatz wäre nicht sonderlich neu, wäre er von Heidegger nicht geleugnet und zugleich subjektivistisch umgesetzt worden, indem ihm nur die Qualität des Sein-Könnens zugesprochen wird, das auch Sein-Lassen enthält, Dankbarkeit angesichts der Gegebenheit, Entlastung aus dem beängstigenden In-der-Welt-sein bietet, ohne dabei aus der Welt zu sein. Die Welt wird zum Raum, zum "Haus des Seins", das Ontische zum Ereignis des Ontologischen, das Denken zur Bestätigung des Gedachten. Denken selbst wird als Bestandteil der so gedachten Welt zirkelschlüssigkeit. Das geschieht bei Heidegger dadurch, dass er subjektives Denken für identisch mit objektiven Gedanken, Bewusstsein selbst für seiend hält und das Geschöpf als Schöpfer in der Welt allein sein lässt, im "Geviert von Erde und Himmel, Göttlichem und Sterblichen". Der dreieinige Gott wäre hiergegen leicht zu verstehen, aber als selbst seiende Einigkeit einer sich im Gegensatz produzierenden Welt wird eine Ganzheit unterstellt, die wie das verbliebene Unwesen des überwunden geglaubten Heilsgedankens sich phänomenologisch forttreibt und "west", zersetzt, was es gebiert, sich seiner Ohnmächtigkeit bewusst wird, indem es seinem Schicksal dafür dankbar ist, dass es dies alles denken kann. Es ist die reaktionäre Emanzipation eines abgrundtiefen Nihilismus gegen das Nichts, in das es alles versetzt, was es nicht ist. Es ist ein Denken, das sich zur fortwährenden Selbsterläuterung aufmacht, um sich wesentlich zu scheinen. Wahrheit ist für Heidegger durchaus subjektiv (wenn auch ontisch), während die Gegenstände des Denkens entweder Naturdinge oder Umweltdinge, und als solche nur leere Objektivität des "Angeschauten" sind. Er beschrieb eine Ontologie subjektiver Wahrheit, die als eine besondere Art von philosophischer Psychologie rezipiert wurde, besonders dort, wo Subjektivität selbst objektiv, wenn auch menschheitsgeschichtlich begründet werden sollte (z.B. bei C.G. Jung, Binswanger, Derrida, Foucault, Hellinger). Und darin ist er verfänglich, thematisiert er doch ein umfängliches Phänomen des Erkenntnisprozesses in der bürgerlichen Kultur, von der er zugleich vollständig absieht und stattdessen zum Grundleger einer Diskurstheorie wird (Habermas war ihm hierfür dankbar): "Das ist der phänomenologische Sinn der Rede, daß ich in evidenter Wahrnehmung nicht die Wahrheit dieser Wahrnehmung selbst thematisch studiere, sondern in der Wahrheit lebe. Wahrsein wird erfahren als ein ausgezeichneter Verhalt, ein Verhalt zwischen Vermeintem und Angeschautem, und zwar im Sinne der Identität." (Heidegger, Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs, S. 70) Das haben sie alle aufgegriffen, die sich auf ihn beziehen: Das Gemeinte im Gegensatz zum Angeschauten, die Evidenz der Wahrnehmung im Widerspruch zu ihrer Wahrheit. Nun war dies zwar allemal Grundlage des Denkens. Aber in dieser Selbstreflexion wird es zu einer unendlichen Selbstreferenz einer Identität im Gedachten, wenn "ich nur in der Wahrheit lebe": Was an Gegensätzlichkeit zu erklären wäre aus der Gegenständlichkeit der Verhältnisse der Menschen wird als Erklärung genommen für die Notwendigkeit der Selbstbestimmung des Denkens. Wie für viele vor ihm war Entfremdung des modernen Menschen auch sein Thema, jedoch rein implizit als eine Selbstgenügsamkeit der Wahrheit an sich, die er ontologisch verstand und daher als Unangemessenheit des Menschen zu seinem Sein den Menschen selbst zum Vorwurf machen konnte. Damit wird jeder Gedanke zugleich wirkmächtig für das, was er zu verneinen vorgibt, denn er muss nicht erkennen, was er zum Gegenstand hat, er wird selbst zum Maß für das Vorgeworfene, mit dem er die Menschen ihm unterwirft. Damit hatte Heidegger einen doppelten Ausgangspunkt für eine umfängliche Kritik der Welt: Kritik des Seienden mit all seinen Aufwänden der Moderne (z.B. Technik) und Kritik des Menschen, der in seiner Seinsvergessenheit das Vermögen zur Wahrheit verloren habe. Damit gab es für seine Philosophie kein wirkliche Problem mehr, keine wirkliche Frage, denn er hatte alle Antworten im Begriff der menschlichen Existenz, in welcher dies Doppelte sich widerstreiten müsse - aus Furcht vor dem Tod. So reduzierte Heidegger alle Entfremdung, welche das Problem der Erkenntnis ausmacht, auf die Form der existentialen Selbstentfremdung. Nachdem alle bisherige Philosophie sich aus den Widersinnigkeiten der Welt entsponnen hatte und mit Marx zu dem Ende kam, dass sich Philosophie als Handeln in der Welt selbst aufheben müsse und von Nietzsche hiergegen zu einer Geschichtstheorie des Übermenschen gebracht worden war, machte nun Heidegger die Welt selbst zur Philosophie und die Philosophie zum Weltschmerz. Sein Denken war letztlich ein einziger Vorwurf an den unphilosophischen Menschen, der seine Selbstentfremdung betrieb und sogleich vergaß, sein "Ich-Selbst" als "Man-Selbst" zerstreute und in seiner Seinsvergessenheit sowohl als Täter wie Opfer seiner unglücklichen Wahrheit verblieb. Er ist der Theoretiker des selbständigen Intellekts, der sich auf seiner Wahrheitssuche von der Welt gekränkt fühlt - und das ist für Intellektuelle natürlich auch besonders reizvoll, wenn sie vergessen haben, was bisher hierzu gesagt war. Kein Wunder, dass er - nachdem der Marxismus als überwunden galt, zum Begründer der Postmodernen (siehe Derrida) wurde. Als Philosoph einer objektiven Zwischenmenschlichkeit behauptete er sich vor allem dadurch, dass er den Mitseienden vorwarf, von ihrer existentiellen Freiheit keinen Gebrauch zu machen. Es sei dies das "uneigentliche Dasein", in welchem der Einzelne in der Anonymität der Masse verschwände und erst in der existentiellen Selbstbehauptung (sprich "Existenzkampf") zu einer selbstbewussten, entscheidungsstarke Persönlichkeit des "eigentlichen Daseins" werde. Die Sorge um die Existenz prägt alle Lebensentscheidung, da sie Wissen um die Endlichkeit, das Schicksal und die Angst vor dem Dunkel und der Zukunft enthalte. In der Daseinsanalyse sei daher das kritische Potential der Selbstbefreiung "geborgen", das - aus dem Verborgenen geholt - die Menschen in die Konfrontation zu ihrem Leben bringt - ganz so, als sei "das Leben" bislang ihr Hauptgegner gewesen. ... Das gefällt natürlich ganz besonders den Psychologen und Psychiater (z.B. Binswanger, Hellinger), die endlich ihrem allmächtigen Seinsanspruch ein Brutkissen bereitet finden und ihre Einfühlsamkeit jetzt als Hermaneutik allgemeinbegrifflich einordnen dürfen. Ihr Gefühl konnte als ihr Daseinsbezug auch ohne Reflexion mächtig werden - im Seienden und ohne Bewusstsein. Die Daseinsanalyse wurde hierüber zu einem festen Bestandteil des psychotherapeutischen Angebots. Die Hermeneutik wurde somit auch ein unmittelbares Selbstverständnis von der politischen Funktion von Psychologie: Indem Menschen sich der Mitmenschlichkeit ihres Daseins inne werden, sind sie als Mit-Seiende Täter und Opfer zugleich. Das ist der Pferdefuss ihrer Emanzipation: Sie müssen die Welt so übernehmen, wie sie ihnen gegeben ist und sich ihr so geben, wie sie sich darin zu verantworten haben. Dies ist auch die ausdrückliche "Erfordernis an den Willen", welche Daseinsanalytiger (ganz besonders z.B. Hellinger) an ihre Klienten richten, ihr gesolltes Wollen. Und indem sie diesem in sich gegensinnigen Sollen sich übereignen, werden sie sich als besonderter Mit-Seiender zu eigentlichen Menschen - wenn auch zwischen ihrem sollenden Willen jegliches wirkliche Bedürfnis ausgelöscht werden muss, um gesollter Wille zu sein. Darin geht die Philosophie in eine kämpferische Psychologie über, die vor allem reaktionäres Gedankengut zum Zwecke einer abstrakten Vergemeinschaftung überträgt. Und das hat Geschichte... und das macht Geschichte. Es ist die Wende des Nihilismus zum guten Bürger, dem Menschen, der seine Existenz in einer kollektiven Selbstabgrenzung zu leben hat. Heidegger kritisisierte das Seinsverständnis von Nietzsche, dessen Nihilismus, als Seinsverlassenheit, das dem Seienden selbst entspringt. Das Sein sei dagegen als wesentliche Wahrheit zu begreifen, welche vom Seienden getrennt sei und sich ihm als tiefere Wahrheit im geschichtlichen Wandel "zuwirft". Deren Sinnbezug komme also nicht aus dem Dasein, sondern aus einer Ontologie höherer Wahrheiten. Sie sei nur ergündlich in der Frage nach dem Sinn des Seins. Die ganze Geschichte der Philosophie sei eine Seinsgeschichte, die in der beständigen Frage verlaufe: "Was ist das Seiende im Sinn?". Dies sei überhaupt die Grundfrage nach dem Sinn als Wahrheit des Seins, wie sie aus dem Seienden hindurchscheint, Lichtungen findet, die schließlich die (philosophische) Erkenntnis ausmachen. Philosophie ist für Heidegger nichts anderes als eine "universale phänomenologische Ontologie, ausgehend von der Hermeneutik des Daseins, die als Analytik der Existenz das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens dort festgemacht hat, woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt." (Sein und Zeit S. 436). Existenz sei dabei - ganz im Gegensatz zur Auffassung des sonstigen Existenzialismus - nicht das "Hinausstehen" des Seienden (ek-sistare), sondern das ursprüngliche "Draußen-Sein", "das ek-statische Wohnen in der Nähe des Seins", die "Sorge für das Sein" (Heidegger: Platons Lehre von der Wahrheit. Mit einem Brief über den Humanismus. Bern 1954, S. 91). Zu fragen sei daher nicht aus der Existenz heraus, sondern sie selbst sei zu befragen "nach der Wahrheit des Seins" darin, die sich ontologisch zu erweisen habe (Heidegger: Was ist Metaphysik? Frankfurt 1975, S.16-17). Das nun ist eine vollständige und finale Umkehr der Philosophie: Sie besteht für Heidegger nicht als Frage nach Wahrheit, sondern als Ontologie der Wahrheit. Es ist die logische Konsequent aus Heideggers Denkansatz: Wahrheit ist dem erkennenden Subjekt vorausgesetzt und also nicht mehr der Antrieb seines Denkens, sondern sein Denken lediglich ihr Nachvollzug. Damit machte sich Heidegger tatsächlich zum Heilslehrer, zum "Hitler des Denkens", wie Martin Buber ihn bezeichnet hatte. Solche allmächtige Wahrheitsbehauptung macht Philosophie selbständig und mächtig für die Zwecke der Existenz, zur Theologie der Existenz als Instanz ihrer Wahrheit. Kein Wunder, wenn sie sich schließlich gegen die existierenden Menschen wendet, die ihr Sein in der Existenz vergessen. Sie selbst seien der Grund für die Seinsvergessenheit der Moderne, in welcher das einfache Sein verschüttet werde. Heidegger kritisiert die Moderne als einen Willen der Eroberung des Seienden durch die Technik, durch die Ausbreitung von Oberflächlichkeiten, welche die Lebenswahrheiten des Seins enthaupte. Hierin wurde er schließlich als Kulturkritiker verstanden. Aber im Grunde war er alles andere: Ein radikaler Ontologe, der sich gegen die Unwahrheiten der Welt empörte und die Philosophie zum Medium einer sehr katholisch anmutendenden Wahrheitssuche machen wollte. Sein Existenzialismus hat mit dem ihm nachfolgenden und sich oft auf ihn berufenden Existenzialismus wenig zu tun. Er besteht aus hiergegen vor allem aus einem impliziten ontischen Sollen, das sich sogar weit über das objektive Sollen von Hegel erhebt, weil es nirgendwo wirklich zu "Innerst" (essentia) ist, sondern immer auch vollständig äußerlich (extensia) (Gesamtausgabe 26, S. 280). Die Differenz von Sein und Seiendem treibe überhaupt das Leben an, treibe die Menschen erst in die Konfrontation zu ihrem Leben und mache es nötig, dass sie sich im Tod ihres Lebens gewiss werden müssen und darin ihre Seinsvergessenheit aufheben, also erkennende Menschen werden. Das freilich ist ein übermächtiges Lebensverständnis, das immer und allgegenwärtig gegen das unmittelbare Leben mächtig sein muss. Es ist dies einerseits eine Fortsetzung der negativen Erkenntnis von Nietzsche, die Gewissheit der Zerstörung, welche überhaupt Geschichte ausmache und in der Vorausgesetztheit gegensinniger Bewegkräfte (und Rassen) nur im Überlebenskampf aufginge. Andererseits habe Geschichte für sich keine Wahrheit und könne also auch nicht Ausgang der Erkenntnis sein. Deshalb wendet Heidegger die subjektive Philosophie Nietzsches zu einer objektiven, mit der nurmehr der Philosoph Subjekt sein kann: Wahrheit mache das Sein existent, bergend und verbergend. Philosophie und Kunst würden darin verschmelzen, Welt und Erde zu Eins werden. In der Entgegnung zur Modernen, die in ihrer Seinsvergessenheit zum Untergang führe, sei seine Philosophie der Geschichte des Seins absolute Notwendigkeit des Denkens: Die Führung des Gedankens der Seinsverpflichtung zum Heil der Welt. Es ist dies der Kern von reaktionärem Denkens überhaupt, das sich daraus begründet, sich dem Untergang, dem Sterben durch Selbstbehauptung entgegen zu setzen - nicht ohne dabei eine gewaltige Überlebensmacht gewinnen zu wollen (vergl. hierzu Spenglers "Untergang des Abendlandes"). Es ist dieser aus dem Nihilismus gewonnene Zynismus, der alles Handeln gegen das Siechtum stellt, dieses als Bestandteil der Geschichte disqualifiziert, und Erkenntnis als Macht eines überwältigenden Handelns begreift, eines Handelns, das seinen Willen aus der Vorstellung des Überwunden-Seins des Seienden bezieht. Als Vorläufer des Existenzialismus hat sich Heidegger mit einer Seins-Mythologie eingebracht: Die Überführung des Seins in das Seiende als Dasein gelingt ihm nur in der Begründung der Lebenserkenntnis durch den Tod - und er begreift hierbei Leben als ausschließlich individuelle Seinserfahrung. Nur dadurch, dass Leben auch nicht sei, ist Sein auch Nichtsein. Dies ähnelt zwar der Hegelschen Ontologie, meint aber etwas gänzlich anderes: Sein ist selbst Idee, Logik, welche in etwas anderes, in die Geschichte der Ereignisse, in das Seiende als permanente Grenzerfahrung im Zeitverlauf zwischen Leben und Tod hineinscheint. Die Zeit selbst als logisches Argument des Daseins hebt alle Begriffslogik außer ihr auf - letztlich auch die Zeitbestimmung als objektive gesellschaftliche Bestimmung überhaupt. Es sei eine "Emanzipation" des Nichts aus dem Seienden, welche das Dasein zum Wesen erklärt, zum Inbegriff aller Lebensäußerung. Mit einem ungeheuerlichen Aufwand an "Wortzauber" und "Begriffsschaum" (Christoph Türcke) hat Heidegger als Schüler Nietzsches die Metaphysik darin überwunden (und zugleich auf seine Weise bewahrt), dass er "das Sein als Sein" selbst in Zweifel gestellt hat und das "Andenken an das Sein selbst" nach Jahrtausenden "Seinsvergessenheit" nun als eine völlig neue Seins-Erfahrung in der Bezweiflung der Strukturen des Daseins vorgestellt: das sich lichtende Sein, das übrigens auch das Nichts ist, "weil das Sein (...) sich nur in der Transzendenz des in das Nichts hinausgehaltenen Daseins offenbart" (M. Heidegger, Was ist Metaphysik, Frankfurt am Main 1969, 5. 8ff., S.40). Im Grunde hebt der Existentialismus von Heidegger den Unterschied von Erscheinung und Wesen in die Differenz zwischen Sein und Seiendem auf, in welcher das Seiende eine eigene Oberflächlichkeit gegenüber wesentlicher Wahrheit des Seins, aber nicht erscheinendes Sein ist. Diese "Entdeckung" der ontologischen Gespaltenheit der Geschichte ist so mythologisch wie eh und jeh. Heidegger hat so die Philosophie darauf zurückgeführt, woher sie kam und ihr in seinem raunenden Begriffsgebilde jegliche emanzipatorische Sehnsucht wieder genommen, die Nietzsche in seinen Visionen - wenn auch äußerst zwiespältig - noch hatte. Geschichte ist für ihn als Seinsgeschichte selbst schon allem Denken vorausgesetzt: Das Unsprachliche, der jedem Wort und jeder Gegenständlichkeit vorausgehende Sinn, hat kein Sein und also auch keine Wirklichkeit. Denken über dieses Sein fällt hinter seine eigene Voraussetzung zurück, zerstört sich in der Abstreitung eines Gegenstands in bloßer Selbstbehauptung, sich selbst zu verwirklichen. Als solche Selbstverwirklichung des Denkens fasziniert sie vor allem jene Intellektuelle, denen Gegenständlichkeit nur leere Form ist. Diese ist das eigentliche Resultat des Heideggerschen Existenzialismus: Der Mensch, der um sein Leben nur sorgt, weil er sich dem Tod widersetzt, entfaltet alleine die Bornierung seines Lebens, als dessen Schmied er sich dünkt. Jeder menschliche Reichtum ist ihm abhold, sofern es nicht die Reichhaltigkeit seiner Persönlichkeit ist. Deren Selbstbehauptung bringt aber in ihrer Einzelheit der Sorge und Besorgung das Unglück der Selbstbeschränkung notwendig mit sich, welche die Aufsammlung der Persönlichkeiten zu einem Volk, zu einem Volk der Persönlichkeiten (und ihrer persönlichen Hierarchie) nötig hat. Darin steckt das Gewaltpotential eines völkischen Staates, das nicht zufällig bei Heidegger eine Nähe zum Faschismus erbracht hatte. Wirklichkeit besteht in dieser Denke eben nur als schlichte Erfindung, als Mache von unmittelbar und voraussetzungslos, also geschichtslos tätigen Menschen, als Konstruktion (Wirklichkeitskonstruktion), die ebenso relativ ist, wie sie auch nicht ist. "Dies schlechthin Andere zu allem Seienden ist das Nicht-Seiende. Aber dieses Nichts west als das Sein", "was jedem Seienden die Gewähr gibt, zu sein", weil "niemals ein Seiendes ist ohne das Sein." (a. a. O., S.46). Indem es "west", sich "lichtet", "zuschickt" oder sonst irgendetwas Geheimnisvolles tut, wofür es keine angemessene Sprache gibt" (zitiert nach Türcke). Aber Heidegger ist heute erfolgreicher denn je. Auch die Linke hat entdeckt, dass die objektiven Bedingungen so objektiv nicht mehr auftreten wie sie sind. Wirklichkeit hat wenig Wirkung. Das Auseinanderfallen von Mensch und Welt, von Außen und Innen, von Schrift und Stimme war deshalb auch für Derrida nurmehr an Ort und Stelle anzugehen. Da wird "die Wahrheit" dann plötzlich äußerst unmittelbar: Wirklichkeit selbst sei nur ein Konstrukt des logozentrischen Verstandes. Er mache alles zu einem System und bekämpfe bloß, was er sich so geschaffen habe: Gesellschaft als eine Ganzheit, die als Ganzes genommen werde. Dies selbst sei schon totalitär. Weil sie bloße Konstruktion sei, müsse jede Konstruktion bekämpft werden. Der Dekonstruktivismus, der die Wirklichkeit als Konstruktion angreift, geht auf Heideggers Denken in aller Konsequenz zurück. Wirklichkeitskonstruktion oder Dekonstruktion haben gemeinsam, dass sie Struktur subjektiv wie objektiv begreifen, d.h. hier: als daseiende Existenz von Gedanken ohne wirkliche Notwendigkeit, ansehen. Das hat zur einfachen Folge, dass das Nachdenken über wirkliche Lebensverhältnisse, dass eine Gesellschaftskritik als solche keinen Sinn mehr machen soll.
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