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MEW 23: Kapital Band I - Der Produktionsprozess des Kapitals
Abschn. 3: Die Produktion des absoluten Mehrwerts
Kap. 9: Rate und Masse des Mehrwerts - Abs. 1


9. Kap. Rate und Masse des Mehrwerts

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 MEW23 - Abschn. 3 - Kap.9 - Thema 9/1:  (Alles zu K.9 | Linkadresse)
Textstelle 9/1 | Kommentar 9/1 | Zusammenfassung 9/1


 Textstelle 9/1:  (Linkadresse)

Da die Arbeitskraft mehr Wert erzeugt, als sie selbst darstellt, verhält sich ihr Preis (Lohn) als Darstellung des Werts der Arbeitskraft zu dem Gesamtwert, den sie erzeugt, in dem Maß ihrer Nutzbarkeit für das Kapital, also in dem Verhältnis, welches die Reproduktion der Arbeitskraft durch das variable Kapital, die notwendige Arbeit, zu dem bringt, was das Kapital als ganzen Produktwert, als deren Wert insgesamt realisiert. Die Masse des Mehrwerts steht also in einem bestimmten Verhältnis zur Menge der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeiten.

"Wie bisher wird in diesem Kapitel der Wert der Arbeitskraft, also der zur Reproduktion oder Erhaltung der Arbeitskraft notwendige Teil des Arbeitstags, als gegebne, konstante Größe unterstellt.

Dies also vorausgesetzt, ist mit der Rate zugleich die Masse des Mehrwerts gegeben, die der einzelne Arbeiter dem Kapitalisten in bestimmter Zeitperiode liefert. Beträgt z.B. die notwendige Arbeit täglich 6 Stunden, ausgedrückt in einem Goldquantum von 3 sh. = 1 Taler, so ist der Taler der Tageswert einer Arbeitskraft oder der im Ankauf einer Arbeitskraft vorgeschoßne Kapitalwert. Ist ferner die Rate des Mehrwerts 100%, so produziert dies variable Kapital von 1 Taler eine Masse Mehrwert von 1 Taler, oder der Arbeiter liefert täglich eine Masse Mehrarbeit von 6 Stunden.

Das variable Kapital ist aber der Geldausdruck für den Gesamtwert aller Arbeitskräfte, die der Kapitalist gleichzeitig verwendet. Sein Wert ist also gleich dem Durchschnittswert einer Arbeitskraft, multipliziert mit der Anzahl der verwandten Arbeitskräfte. Bei gegebnem Wert der Arbeitskraft steht also die Größe des variablen Kapitals in direktem Verhältnis zur Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter. Ist der Tageswert einer Arbeitskraft = 1 Taler, so ist also ein Kapital vorzuschießen von 100 Talern, um 100, von n Talern, um n Arbeitskräfte täglich zu exploitieren.

Ebenso: Produziert ein variables Kapital von 1 Taler, der Tageswert einer Arbeitskraft, einen täglichen Mehrwert von 1 Taler, so ein variables Kapital von 100 Talern einen täglichen Mehrwert von 100, und eins von n Talern einen täglichen Mehrwert von 1 Taler x n. Die Masse des produzierten Mehrwerts ist also gleich dem Mehrwert, den der Arbeitstag des einzelnen Arbeiters liefert, multipliziert mit der Anzahl der angewandten Arbeiter. Da aber ferner die Masse Mehrwert, die der einzelne Arbeiter produziert, bei gegebnem Wert der Arbeitskraft, durch die Rat des Mehrwerts bestimmt ist, so folgt dies erste Gesetz: Die Masse des produzierten Mehrwerts ist gleich der Größe des vorgeschoßnen variablen Kapitals multipliziert mit der Rate des Mehrwerts oder ist bestimmt durch das zusammengesetzte Verhältnis zwischen der Anzahl der von demselben Kapitalisten gleichzeitig exploitierten Arbeitskräfte und dem Exploitationsgrad der einzelnen Arbeitskraft. <In der autorisierten französischen Ausgabe wurde der zweite Teil dieses Satzes wie folgt wiedergegeben: "oder aber sie ist gleich dem Wert einer Arbeitskraft multipliziert mit dem Grad ihrer Exploitation und multipliziert mit der Anzahl der gleichzeitig exploitierten Arbeitskräfte.">

Nennen wir also die Masse des Mehrwerts M, den vom einzelnen Arbeiter im Tagesdurchschnitt gelieferten Mehrwert m, das im Ankauf der einzelnen Arbeitskraft täglich vorgeschoßne variable Kapital v, die Gesamtsumme des variablen Kapitals V, den Wert einer Durchschnitts-Arbeitskraft k, ihren Exploitationsgrad a'/a (Mehrarbeit)/(Notwendige Arbeit) und die Anzahl der angewandten Arbeiter n, so erhalten wir:

M=m/v * V bzw. M=k * a'/a * n."

(MEW 23, S. 321 f)

 Kommentar 9/1:  (Linkadresse)

Die Mehrwertrate des Einzelkapitals ist das Verhältnis des Mehrwerts, den die gekauften Arbeitskräfte erbringen zu ihrem Selbsterhaltungswert als Lohn, also dem Verhältnis von unbezahlter Arbeit zu bezahlter Arbeit. Wenn man den Preis der Arbeitkraft gleich dem Produktwert der Lebensmittel zu ihrer Selbsterhaltung nimmt, so wäre die Mehrwertrate mit der Geldmenge identisch, in der sich das Verhältnis der Löhne zum Profit der Einzelkapitale darstellt. Doch was der Profit im einzelnen als Geldüberschiuss erbringen kann, setzt sich nicht unmittelbar gesellschaftlich um. Dazwischen stehen die Wertverhältnisse auf dem Markt zwischen dem Arbeitsmarkt und dem Produktmarkt im Allgemeinen, wie er durch die Konkurrenz der Wertverhältnisse in ihren Preisen zu verwirklichen ist. Von daher stellt sich das Verhältnis der Preise zu den Löhnen im Maßstab der Preise dar, die dem Maß der Werte, also dem durchschnittlichen Aufwand an Arbeit, der durchschnittlich notwendigen Arbeitszeit nicht notwendig entspricht. Entscheidend für den wirklich verbleibenden Mehrwert ist von daher der Wert der Durchschnittsarbeitskraft, wie sie aus dem allgemeinen Verhältnis des einzelnen Menrwerts zur einzelnen Arbeitskraft im Durchschnitt all dieser Verhältnisse ergibt und sich pro Arbeitskraft als Rate ihrer Ausbeutung realisiert. Weil der Kapitalvorschuss sich schon vor allen Konkurrenzverhältnissen auf den Märkten aus der Preisbildung vergangener Produktion als Kautmittel ergeben hatte und das damit produzierte Zahlungsmittel Geld erst mit den allgemein realisierten Preisen einen Mehrwert nach dem Verkauf der Produkte realisieren kann, resultiert hieraus das mögliche und notwendige Quantum der Arbeitskräfte, die darin einbezogen werden. Dies ist die Grundlage für das Wertwachstum des Kapitals, aus dem das Wirtschaftswachstum im entsprechenden Maßstab der Preise erfolgt.

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 MEW23 - Abschn. 3 - Kap.9 - Thema 9/2:  (Alles zu K.9 | Linkadresse)
Textstelle 9/2 | Kommentar 9/2 | Zusammenfassung 9/2


 Textstelle 9/2:  (Linkadresse)

Zur Erzeugung einer bestimmten Masse von Mehrwert ist ein bestimmtes Verhältnis des Gesamtkapitals zur Masse der Arbeiter und deren Arbeitszeiten nötig: Die Mehrwertsrate. Diese ist durch die physischen Bedingungen des Arbeitstags beschränkt, was nur mit einer erweiterten Masse an Arbeitsleuten zu überwinden ist.

"Es wird fortwährend unterstellt, nicht nur daß der Wert einer Durchschnitts-Arbeitskraft konstant ist, sondern daß die von einem Kapitalisten angewandten Arbeiter auf Durchschnitts-Arbeiter reduziert sind. Es gibt Ausnahmefälle, wo der produzierte Mehrwert nicht verhältnismäßig zur Anzahl der exploitierten Arbeiter wächst, aber dann bleibt auch der Wert der Arbeitskraft nicht konstant.

In der Produktion einer bestimmten Masse Mehrwert kann daher die Abnahme des einen Faktors durch Zunahme des andren ersetzt werden. Wird das variable Kapital vermindert und gleichzeitig in demselben Verhältnis die Rate des Mehrwerts erhöht, so bleibt die Masse des produzierten Mehrwerts unverändert. Muß unter den frühern Annahmen der Kapitalist 100 Taler vorschießen, um 100 Arbeiter täglich zu exploitieren, und beträgt die Rate des Mehrwerts 50%, so wirft dies variable Kapital von 100 einen Mehrwert von 50 Talern ab oder von 100 x 3 Arbeitsstunden. Wird die Rate des Mehrwerts verdoppelt, oder der Arbeitstag, statt von 6 zu 9, von 6 zu 12 Stunden verlängert, so wirft das um die Hälfte verminderte variable Kapital von 50 Talern ebenfalls einen Mehrwert von 50 Talern ab oder von 50 x 6 Arbeitsstunden. Verminderung des variablen Kapitals ist also ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags. Innerhalb gewisser Grenzen wird die vom Kapital erpreßbare Zufuhr der Arbeit also unabhängig von der Arbeiterzufuhr. Umgekehrt läßt Abnahme in der Rate des Mehrwerts die Masse des produzierten Mehrwerts unverändert, wenn proportionell die Größe des variablen Kapitals oder die Anzahl der beschäftigten Arbeiter wächst.

Indes hat der Ersatz von Arbeiteranzahl oder Größe des variablen Kapitals durch gesteigerte Rate des Mehrwerts oder Verlängerung des Arbeitstags unüberspringbare Schranken. Welches immer der Wert der Arbeitskraft sei, ob daher die zur Erhaltung des Arbeiters notwendige Arbeitszeit 2 oder 10 Stunden betrage, der Gesamtwert, den ein Arbeiter tagaus, tagein produzieren kann, ist immer kleiner als der Wert, worin sich 24 Arbeitsstunden vergegenständlichen, kleiner als 12 sh. oder 4 Taler, wenn dies der Geldausdruck von 24 vergegenständlichten Arbeitsstunden. Unter unsrer frühern Annahme, wonach täglich 6 Arbeitsstunden erheischt, um die Arbeitskraft selbst zu reproduzieren oder den in ihrem Ankauf vorgeschoßnen Kapitalwert zu ersetzen, produziert ein variables Kapital von 500 Talern, das 500 Arbeiter zu Mehrwertsrate von 100% oder mit zwölfstündigem Arbeitstag verwendet, täglich einen Mehrwert von 500 Talern oder 6 x 500 Arbeitsstunden. Ein Kapital von 100 Talern, das 100 Arbeiter täglich verwendet zur Mehrwertsrate von 200% oder mit 18stündigem Arbeitstag, produziert nur eine Mehrwertsmasse von 200 Talern oder 12 x 100 Arbeitsstunden. Und sein gesamtes Wertprodukt, Äquivalent des vorgeschoßnen variablen Kapitals plus Mehrwert, kann tagaus, tagein niemals die Summe von 400 Talern oder 24 x 100 Arbeitsstunden erreichen. Die absolute Schranke des durchschnittlichen Arbeitstags, der von Natur immer kleiner ist als 24 Stunden, bildet eine absolute Schranke für den Ersatz von vermindertem variablen Kapital durch gesteigerte Rate des Mehrwerts oder von verringerter exploitierten Arbeiteranzahl durch erhöhten Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Dies handgreifliche zweite Gesetz ist wichtig zur Erklärung vieler Erscheinungen, entspringend aus der später zu entwickelnden Tendenz des Kapitals, die von ihm beschäftigte Arbeiteranzahl oder seinen variablen in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteil soviel als immer möglich zu reduzieren, im Widerspruch zu seiner andren Tendenz, die möglichst große Masse von Mehrwert zu produzieren. Umgekehrt. Wächst die Masse der verwandten Arbeitskräfte oder die Größe des variablen Kapitals, aber nicht verhältnismäßig zur Abnahme in der Rate des Mehrwerts, so sinkt die Masse des produzierten Mehrwerts." (MEW 23, S. 322 f)

 Kommentar 9/2:  (Linkadresse)

Im Verhältnis der Wertform des Geldes war die Beziehung von Kaufmittel und Zahlungsmitel noch gleichgültig als bloße Funktionen des Geldes nebeneinander bestimmt und nur über die Preisbildung verbunden. Nun wird dieses Verhältnis unter der Bestimmung des Kapitals zu einer notwendigen Beziehung in der Zusammensetzung des Produktionsprozesses, dem Verhältnis der Masse des vorgeschossenen Kapital und der Anzahl der darin vermittelbaren Arbeitskräfte, worin sich der Verwertungsgrad des Kapitals, also seine Mehrwertrate darstellt. Für das Anwachsen der Mehrwertrate ist es gleichgültig, ob bei gleicher Produktivität der Arbeit die Anzahl der Arbeitskäfte, also das variable Kapital vermindert wird oder der Geldwert ihrer Lebenshaltung erhöht wird. Es ist lediglich der Wert des Zahlungsmitels, der das Anwachsen der Mehrwertrate bestimmt, was also durch den Aufwand einer bestimmten Arbeitszeit an Lebensmittel zu bezahlen ist, was also die Preise pro Arbeitsaufwand, also die Kaufkraft des Geldes allgemein bestimmt. Die natürliche Grenze des Wertwachstums ist auf diesem Niveau der Ausbeutung die maximal mögliche Durchschnittsarbeitszeit. Darin bewegt sich der Widerspruch des angewandten Kapitals, die Masse der Arbeitskräfte, also seinen variablen Kapitalanteil für die Produktion zu reduzieren und zugleich die Realisierung einer großen Masse des Mehrwerts aus dem Warenumsatz zu beziehen. Die Masse des produzierten Mehrwerts bleibt in dem Verhältnis befangen, mehr Wert aus menschlicher Arbeit zu erpressen und zugleich den Erhalt einer großen Masse von Mehrwert aus der Geldzirkulation zu realisieren. Darin ist die Grenze der Wertrealisation angelegt, deren notwendige Überschreitung sich in den Krisen des Kapitals darstellt, weil die Arbeitslöhne, die bezahlte Arbeit, nicht den Mehrwert der Produkte, also die Existenzform unbezahlter Arbeit auf dem Warenmarkt abkaufen kann.

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 MEW23 - Abschn. 3 - Kap.9 - Thema 9/3:  (Alles zu K.9 | Linkadresse)
Textstelle 9/3 | Kommentar 9/3 | Zusammenfassung 9/3


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Weil das Wertwachstum in der Tendenz bestimmt ist, mit einem möglichst geringen Aufwand an variablem Kapital (Löhne) eine möglichst große Wertmasse aufzuhäufen, entwickelt sich mit der Mehrwertrate ein Widerspruch des Kapitalvorschusses von variablem Kapital und der Größe des Gesamtwerts der vom Einzelkapital in Bewegung gesetzten Arbeit. Und weil das konstante Kapital im Produktwert erscheint und darin verschleißt, verhält sich bei gleichbleibender Produktivität die Ausbeutung (Exploitationsgrad) der Arbeitskraft direkt wie die Größen der variablen Bestandteile der verschieden angewandten Einzelkapitale im Ganzen.

"Ein drittes Gesetz ergibt sich aus der Bestimmung der Masse des produzierten Mehrwerts durch die zwei Faktoren, Rate des Mehrwerts und Größe des vorgeschoßnen variablen Kapitals. Die Rate des Mehrwerts oder den Exploitationsgrad der Arbeitskraft, und den Wert der Arbeitskraft oder die Größe der notwendigen Arbeitszeit gegeben, ist es selbstverständlich, daß, je größer das variable Kapital, desto größer die Masse des produzierten Werts und Mehrwerts. Ist die Grenze des Arbeitstags gegeben, ebenso die Grenze seines notwendigen Bestandteils, so hängt die Masse von Wert und Mehrwert, die ein einzelner Kapitalist produziert, offenbar ausschließlich ab von der Masse Arbeit, die er in Bewegung setzt. Diese aber hängt, unter den gegebnen Annahmen, ab von der Masse Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die er exploitiert, und diese Anzahl ihrerseits ist bestimmt durch die Größe des von ihm vorgeschoßnen variablen Kapitals. Bei gegebner Rate des Mehrwerts und gegebnem Wert der Arbeitskraft verhalten sich also die Massen des produzierten Mehrwerts direkt wie die Größen der vorgeschoßnen variablen Kapitale. Nun weiß man aber, daß der Kapitalist sein Kapital in zwei Teile teilt. Einen Teil legt er aus in Produktionsmitteln. Dies ist der konstante Teil seines Kapitals. Den andren Teil setzt er um in lebendige Arbeitskraft. Dieser Teil bildet sein variables Kapital. Auf Basis derselben Produktionsweise findet in verschiednen Produktionszweigen verschiedne Teilung des Kapitals in konstanten und variablen Bestandteil statt. Innerhalb desselben Produktionszweige wechselt dies Verhältnis mit wechselnder technischer Grundlage und gesellschaftlicher Kombination des Produktionsprozesses. Wie aber ein gegebnes Kapital immer zerfalle in konstanten und variablen Bestandteil, ob der letztre sich zum erstren verhalte wie 1 : 2, 1 : 10 oder 1 : x, das eben aufgestellte Gesetz wird nicht davon berührt, da früherer Analyse gemäß der Wert des konstanten Kapitals im Produktenwert zwar wiedererscheint, aber nicht in das neugebildete Wertprodukt eingeht. Um 1.000 Spinner zu verwenden, sind natürlich mehr Rohmaterialen, Spindeln usw. erheischt, als um 100 zu verwenden. Der Wert dieser zuzusetzenden Produktionsmittel aber mag steigen, fallen, unverändert bleiben, groß oder klein sein, er bleibt ohne irgendeinen Einfluß auf den Verwertungsprozeß der sie bewegenden Arbeitskräfte. Das oben konstatierte Gesetz nimmt also die Form an: Die von verschiednen Kapitalen produzierten Massen von Wert und Mehrwert verhalten sich bei gegebnem Wert und gleich großem Exploitationsgrad der Arbeitskraft direkt wie die Größen der variablen Bestandteile dieser Kapitale, d.h. ihrer in lebendige Arbeitskraft umgesetzten Bestandteile." (MEW 23, S. 322 f)

 Kommentar 9/3:  (Linkadresse)

Zum Beginn einer Produktionsphase teilt sich der Kapitalvorschuss auf zur Anwendung von variablen Kapital, das in einer bestimmten Mehrwertrate Mehrwert erbringen muss, und zur Anwendung von konstantem Kapital, das Stück um Stück in das Produkt eingeht und mit ihm verkauft wird. Am Ende aller Produktionsphasen, also im Gesamtprozess einer kapitalistischen Produktion, worin das konstante Kapital verschlissen wurde, verhält sich allein die Wertmasse der bezahlten Arbeit, also der Löhne, zur Wertmasse der unbezahlten Arbeit, dem Mehrwert, als bloßes Verhältnis des Kapitals zur Arbeit überhaupt, ganz gleich, was darin an Ressourcen und Einrichtungen verbraucht wird. Allein der "Verwertungsprozess der sie bewegenden Arbeitskräfte" bleibt als Geldform sowohl der bezahlten als auch der unbezahlten Arbeit erhalten. Und dieses Verhältnis stellt den Ausbeutungsgrad der Arbeit als bleibendes Verhältnis von lebendiger Arbeit und toter Arbeit in seiner reinen Geldform dar.

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 MEW23 - Abschn. 3 - Kap.9 - Thema 9/4:  (Alles zu K.9 | Linkadresse)
Textstelle 9/4 | Kommentar 9/4 | Zusammenfassung 9/4


 Textstelle 9/4:  (Linkadresse)

Schon zum Selbsterhalt des Kapitals muss bei gleichbleibender Produktivität die Mehrwertrate (=Ausbeutungsrate) verschärft werden, um die Masse des Kapitals in Wert zu halten. indem hierdurch eine immer größere Produktmasse als Wertmasse in den Produkten abgesetzt wird, ist mit dem Wachstum der produktiven Wertmasse zugleich ein Wertschwund des angewandten Kapitals über das sich selbst erneuernde konstante Kapital hinaus einbegriffen, so dass dessen Vorschüsse stetig ausgeweitet werden müssen, - nur um sich in Wert zu halten.

"Die Arbeit, die vom Gesamtkapital einer Gesellschaft tagaus, tagein in Bewegung gesetzt wird, kann als ein einziger Arbeitstag betrachtet werden. Ist z.B. die Zahl der Arbeiter eine Million und beträgt der Durchschnittsarbeitstag eines Arbeiters 10 Stunden, so besteht der gesellschaftliche Arbeitstag aus 10 Millionen Stunden. Bei gegebner Länge dieses Arbeitstags, seien seine Grenzen physisch oder sozial gezogen, kann die Masse des Mehrwerts nur vermehrt werden durch Vermehrung der Arbeiteranzahl, d.h. der Arbeiterbevölkerung. Das Wachstum der Bevölkrung bildet hier die mathematische Grenze für Produktion des Mehrwerts durch das gesellschaftliche Gesamtkapital. Umgekehrt. Bei gegebner Größe der Bevölkrung wird diese Grenze gebildet durch die mögliche Verlängerung des Arbeitstags. Man wird im folgenden Kapitel sehn, daß dies Gesetz nur für die bisher behandelte Form des Mehrwerts gilt.

Aus der bisherigen Betrachtung der Produktion des Mehrwerts ergibt sich, daß nicht jede beliebige Geld- oder Wertsumme in Kapital verwandelbar, zu dieser Verwandlung vielmehr ein bestimmtes Minimum von Geld oder Tauschwert in der Hand des einzelnen Geld- oder Warenbesitzers vorausgesetzt ist. Das Minimum von variablem Kapital ist der Kostenpreis einer einzelnen Arbeitskraft, die das ganze Jahr durch, tagaus, tagein, zur Gewinnung von Mehrwert vernutzt wird. Wäre dieser Arbeiter im Besitz seiner eignen Produktionsmittel und begnügte er sich, als Arbeiter zu leben, so genügte ihm die zur Reproduktion seiner Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, sage von 8 Stunden täglich. Er brauchte also auch nur Produktionsmittel für 8 Arbeitsstunden. Der Kapitalist dagegen, der ihn außer diesen 8 Stunden sage 4 Stunden Mehrarbeit verrichten läßt, bedarf einer zusätzlichen Geldsumme zur Beschaffung der zusätzlichen Produktionsmittel. Unter unsrer Annahme jedoch müßte er schon zwei Arbeiter anwenden, um von dem täglich angeeigneten Mehrwert wie ein Arbeiter leben, d.h. seine notwendigen Bedürfnisse befriedigen zu können. In diesem Fall wäre bloßer Lebensunterhalt der Zweck seiner Produktion, nicht Vermehrung des Reichtums, und das letztre ist unterstellt bei der kapitalistischen Produktion. Damit er nur doppelt so gut lebe wie ein gewöhnlicher Arbeiter und die Hälfte des produzierten Mehrwerts in Kapital zurückverwandle, müßte er zugleich mit der Arbeiterzahl das Minimum des vorgeschoßnen Kapitals um das Achtfache steigern. Allerdings kann er selbst, gleich seinem Arbeiter, unmittelbar Hand im Produktionsprozesse anlegen, aber ist dann auch nur ein Mittelding zwischen Kapitalist und Arbeiter, ein "kleiner Meister". Ein gewisser Höhegrad der kapitalistischen Produktion bedingt, daß der Kapitalist die ganze Zeit, während deren er als Kapitalist, d.h. als personifiziertes Kapital funktioniert, zur Aneignung und daher Kontrolle fremder Arbeit und zum Verkauf der Produkte dieser Arbeit verwenden könne. Die Verwandlung des Handwerksmeisters in den Kapitalisten suchte das Zunftwesen des Mittelalters dadurch gewaltsam zu verhindern, daß es die Arbeiteranzahl, die ein einzelner Meister beschäftigen durfte, auf ein sehr geringes Maximum beschränkte. Der Geld- oder Warenbesitzer verwandelt sich erst wirklich in einen Kapitalisten, wo die für die Produktion vorgeschoßne Minimalsumme weit über dem mittelaltrigen Maximum steht. Hier, wie in der Naturwissenschaft, bewährt sich die Richtigkeit des von Hegel in seiner "Logik" entdeckten Gesetzes, daß bloß quantitative Verändrungen auf einem gewissen Punkt in qualitative Unterschiede umschlagen.

Das Minimum der Wertsumme, worüber der einzelne Geld- oder Warenbesitzer verfügen muß, um sich in einen Kapitalisten zu entpuppen, wechselt auf verschiednen Entwicklungsstufen der kapitalistischen Produktion und ist, bei gegebner Entwicklungsstufe, verschieden in verschiednen Produktionssphären, je nach ihren besondren technischen Bedingungen. Gewisse Produktionssphären erheischen schon in den Anfängen der kapitalistischen Produktion ein Minimum von Kapital, das sich noch nicht in der Hand einzelner Individuen vorfindet. Dies veranlaßt teils Staatssubsidien an solche Private, wie in Frankreich zur Zeit Colberts und wie in manchen deutschen Staaten bis in unsre Epoche hinein, teils die Bildung von Gesellschaften mit gesetzlichem Monopol für den Betrieb gewisser Industrie- und Handelszweige - die Vorläufer der modernen Aktiengesellschaften." (MEW 23, S. 324 f)

 Kommentar 9/4:  (Linkadresse)

Das Kapital realisiert seine Reproduktion als konstantes Kapital im Verhältnis des variablen Kapitals zum konstanten Kapital, also im Verhältnis der Wertmasse von angewandter Produktivkraft seiner Technologie und der Wertmasse des variablen Kapitals, also der Menge der darin einbezogenen Arbeitskräfte ausweitet. Es kann seinen Wert daher nur halten, indem es mit der Differenzierung der organischen Zusammensetzungen der Produktionsmittel deren mit der Produktion sich aufzwingende Wertverluste durch erweiterte Investitionen ausgleicht und damit seine Konkurrenzlage in Wert hält und sein Risiko an die allgemeine Produktivität angleicht. während das konstante Kapital im Verlauf seiner produktiven Anwendung seinen Wert verliert, muss es beständig neu investieren, um mit der entsprechenden Vermehrung der Arbeitskräfte sich zu erhalten. Daher kann man darin eine Ausweitung der quantitaiven Wertverhältnisse in einer unentwegt notwendigen Verbesserung ihrer qualitativen Zusammensetzung feststellen.

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 MEW23 - Abschn. 3 - Kap.9 - Thema 9/5:  (Alles zu K.9 | Linkadresse)
Textstelle 9/5 | Kommentar 9/5 | Zusammenfassung 9/5


 Textstelle 9/5:  (Linkadresse)

Der Produktionsprozess verkehrt sich durch das Kommando des Kapitals im Verwertungsprozess der Arbeit in politische Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit und kehrt damit die Verhältnisse der Arbeit um zu einer Macht toter Arbeit über die lebendige Arbeit, die mit der Ermächtigung durch die Verwertung unbezahlter Arbeit ihren Wert vermehrt.

"Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte.

Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.

Das Kapital ordnet sich zunächst die Arbeit unter mit den technischen Bedingungen, worin es sie historisch vorfindet. Es verändert daher nicht unmittelbar die Produktionsweise. Die Produktion von Mehrwert in der bisher betrachteten Form, durch einfache Verlängrung des Arbeitstags, erschien daher von jedem Wechsel der Produktionsweise selbst unabhängig. Sie war in der altmodischen Bäckerei nicht minder wirksam als in der modernen Baumwollspinnerei.

Betrachten wir den Produktionsprozeß unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsprozesses, so verhielt sich der Arbeiter zu den Produktionsmitteln nicht als Kapital, sondern als bloßem Mittel und Material seiner zweckmäßigen produktiven Tätigkeit. In einer Gerberei z.B. behandelt er die Felle als seinen bloßen Arbeitsgegenstand. Es ist nicht der Kapitalist, dem er das Fell gerbt. Anders, sobald wir den Produktionsprozeß unter dem Gesichtspunkt des Verwertungsprozesses betrachteten. Die Produktionsmittel verwandelten sich sofort in Mittel zur Einsaugung fremder Arbeit. Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind "reiner Verlust" ("mere loss") für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen "Anspruch auf die Nachtarbeit" der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit. Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewußtsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt, zeige schließlich noch ein Beispiel. Während der englischen Fabrikantenrevolte von 1848-1850 schrieb

"der Chef der Leinen- und Baumwollspinnerei zu Paisley, einer der ältesten und respektabelsten Firmen von Westschottland, der Kompagnie Carlile, Söhne und Co., die seit 1752 besteht und Generation nach Generation von derselben Familie geführt wird" -
dieser äußerst intelligente Gentleman also schrieb in die "Glasgow Daily Mail" vom 25. April 1849 einen Brief unter dem Titel: "Das Relaissystem", worin u.a. folgende grotesk naive Stelle unterläuft:

"Laßt uns nun die Übel betrachten, die aus einer Reduktion der Arbeitszeit von 12 auf 10 Stunden fließen ... Sie 'belaufen' sich auf die allerernsthafteste Beschädigung der Aussichten und des Eigentums des Fabrikanten. Arbeitete er" (d.h. seine "Hände") "12 Stunden und wird er auf 10 beschränkt, dann schrumpfen je 12 Maschinen oder Spindeln seines Etablissements auf 10 zusammen (then every 12 machines or spindles, in his establischment, shrink to 10), und wollte er seine Fabrik verkaufen, so würden sie nur als 10 gewertschätzt werden, so daß so ein sechster Teil vom Wert einer jeden Fabrik im ganzen Lande abgezogen würde."

Diesem erbangestammten Kapitalhirn von Westschottland verschwimmt der Wert der Produktionsmittel, Spindeln usw., so sehr mit ihrer Kapitaleigenschaft, sich selbst zu verwerten oder täglich ein bestimmtes Quantum fremder Gratisarbeit einzuschlucken, daß der Chef des Hauses Carlile und Co. in der Tat wähnt, beim Verkauf seiner Fabrik werde ihm nicht nur der Wert der Spindeln gezahlt, sondern obendrein ihre Verwertung, nicht nur die Arbeit, die in ihnen steckt und zur Produktion von Spindeln derselben Art nötig ist, sondern auch die Mehrarbeit, die sie täglich aus den braven Westschotten von Paisley auspumpen helfen, und ebendeshalb, meint er, schrumpfe mit der Verkürzung des Arbeitstags um zwei Stunden der Verkaufspreis von je 12 Spinnmaschinen auf den von je 10 zusammen!" (MEW 23, S. 328 f)

 Kommentar 9/5:  (Linkadresse)

Durch die Verfügung über ein Kapital, das aus lebendiger Arbeit tote Arbeit entnimmt, also durch die Verfügung eines Mehrwerts, der die Aneignung einer lebenden Arbeit darstellt, deren Wert als tote Arbeit fortbesteht, wird der Kapitalvorschuss zunehmend auch hieraus gebildet. Der Kapitalist bestimmt sich durch den Wert seines Geldes als allgemeines Kaufmittel, das ihm nun die Kontrolle über den gesamten Verwertungsprozess der Arbeit ermöglich, aber auch aufzwingt, willl er den Wert seines Kapitals nicht verlieren. Aber weil er schon über einen gewissen Mehrwert verfügt, kann er diesen Zwang abgeben und zu einem Zwangsverhältnis gegen die Arbeitskräfte wenden, wodurch er sie als Arbeiterklasse nötigt, "mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschreibt". Im Besitz von toter Arbeit in Kapitalform wird er zum "Produzent fremder Arbeitsamkeit, zum Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft". Denn er ist Inhaber einer sich selbst bestärkenden Macht über das Leben der arbeitenden Menschen.

 Gesamte Zusammenfassung Kap.9 Abs.1 (Linkadresse)

 


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