Korsch, Karl

Aus kulturkritik

Karl Korsch (1886-1961) war Philosoph und Politiker und gilt neben Georg Lukács als Gründungsfigur eines intellektuellen kritischen Marxismus, der sich gegen die parteikommunistische Orthodoxie wandte. In seinen Schriften arbeitete er gegen diese Orthodoxie (Vulgärmarxismus) den Zusammenhang des Bewusstseins mit der gesellschaftlichen Totalität und damit die politische Bedeutung von Theoriebildung und Ideologiekritik sowie in eins damit gegen die Sozialdemokratie (revisionistischer Marxismus) die materielle Bedingtheit des Bewusstseins aus. Sein Programm ist bekannt unter dem Titel „Anwendung des dialektischen Materialismus auf sich selbst“. Er beeinflusste unter anderem Brecht und Adorno.

Korsch arbeitete als Rechtsprofessor in Jena und bekleidete für die KPD ab 1923 politische Ämter auf Landes- und Reichsebene. Er hatte Kontakte zu verschiedenen politischen Kreisen: 1923 war er an der Gründung des Instituts für Sozialforschung beteiligt, 1924-25 leitete er die „Internationale“ (Theoriezeitschrift der KPD), er hatte aber auch Verbindungen zum Anarchosyndikalismus. 1933 emigrierte er nach Dänemark (und wohnte bei Brecht), dann nach Großbritannien, 1936 schließlich in die USA.

Von heute aus sind Korschs Schriften vor allem als historische Dokumente, als kritische Opposition innerhalb der kommunistischen Bewegung, interessant; die zentralen Gedanken Korschs sind im Prinzip relativ banal, aber vor dem damaligen historischen Hintergrund "revolutionär". Diese Gedanken nimmt man heute am besten aus den viel tieferen Auseinandersetzungen Marx' mit der Hegelschen Philosophie in den Pariser Manuskripten auf; allerdings standen letztere Korsch noch nicht zur Verfügung.

Zu seinen Arbeiten gehören die „Kernpunkte der materialistischen Geschichtsauffassung“ (1922), eine Analyse der Marxschen und Engelschen Grundlagen, „Marxismus und Philosophie“ (1923) (siehe ausführlich unten), „Karl Marx“ (1936) und die Vorlesung „10 Theses on Marxism“ (1950). In dieser wendet er sich zum Teil vom Marxismus ab und sagt: "Der erste Schritt zum Wiederaufbau der revolutionären Bewegung" müsse darin bestehen, "den monopolistischen Anspruch des Marxismus [...] auf die theoretische und praktische Führung zu brechen."

Emanuel Kapfinger