Wolfram Pfreundschuh (12.10.2012)

Diskussionen rund ums Geld

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Teil VII: Das Preisdiktat des Finanzkapitals

Der Niedergang der Wirtschaften im Süden der EU geht weiter. Inzwischen wurde auch Spanien auf Ramschniveau gestellt, also für bankrott erklärt. Und Griechenland braucht erneut hohe Zuschüsse. Es ist immer wieder dasselbe und wird es auch bleiben, denn Geld kann keine fehlende Sustanz ersetzen. Das weiß man natürlich schon lange. Aber das System soll auf keinen Fall an seiner Substanzlosigkeit zusammenbrechen, denn an ihr ist es ja bereits gescheitert. Die Hoffnung auf Erholdung wurde deshalb jetzt wieder mal gestreckt. Auf zwei Jahre mehr. Alles soll nun auch in der Kreditvergabe völlig alternativlos sein, was das Geld betrifft, weil nur die eine solche Hoffnung verlängern kann. So entstehen Ewigkeiten, die in ihrem Himmel nicht mehr scheitern können, wohl aber als Hölle zur Welt kommen können, die schlagartig sehr endlich werden kann. Die Würfel der Politik sind gefallen.

Seit dem 8. Oktober 2012 ist der Rettungsschirm vollendeter Verschuldungspolitik, der ESM in Kraft, 700 Milliarden Euro, die nur dazu bereitgestelt sind, dass Staaten nicht zahlungsunfähig werden können, auch wenn sie es sind. Es sollen auf jeden Fall die Gläubiger der Staatsdarlehen noch bei der Stange bleiben. Die Gläubiger, das sind vor allem die europäischen Banken, die selbst von der Stange fallen würden, wenn nichts mehr zu glauben ist. Daher haben sich die beteiligten Staaten der EU zudser Täuschung verpflichtet, bei drohender Insolvenz die Probleme der europäischen Staaten und ihrer Banken auch auf Dauer finanzieren zu können.

Man muss sich das nochmal durch den Kopf gehen lassen: Das grundlegende Gesetz des Kapitalismus, dass die Risikohaftung die Kehrseite der Gewinne ist und daher auch durch diese finanziert werden muss, ist damit außer Kraft gesetzt. Staaten können eben nicht aus dem Markt fallen, aber Banken schon. Beides geht nun wunderbar zusammen. Es ist einfach zuviel Geld, das da in der Schwebe steht Aber es ist eigentlich nur Buchgeld, das erst bei Zahlungsunfähigkeit gedeckt werden muss, weil es zuvor auch nur fiktives Kapital war, an sich wertlos gewordenes Geld, das nur noch von einem Zahlungsversprechen gedeckt ist. Kann das nicht mehr eingelöst werden, so müsssen es jetzt die Steuerzahler auslösen. Nein, wie praktisch!

Staatspapiere sollen ihren Wert auf jeden Fall behalten, auch wenn er wirtschaftlich kaum noch darstellbar ist. Je nach ihrer systemischen Relevanz werden daher die Banken und Wertpapiere von denen gerettet, die selbst schon von den damit verbundenen Sparplänen und Auflagen gefährdet sind. Gerettet wird der Geldwert als solcher und damit zweierlei: reine Buchwerte werden aufgewertet und Schulden nicht inflationär. Der Zwang zur Auffrischung des Geldes, der Würgegriff solcher Finanzierungsmethoden ist dabei aber total und wird die Länder dennoch kaum in die Lage versetzen, wieder eine eigene Wertstabilität zu erlangen. Doch darum geht es ja auch nicht. Es geht um den Wert des Finanzkapitals an sich, um die Aufrechterhaltung seiner Fiktionen, den Glaubensgrundlagen einer sinnlosen Spekulationsgesellschaft. Und so ist offenbar geworden, dass das europäische Finanzsystem nur noch funktionieren kann, wenn es über das bestehende Bankensystem hinaus auch noch durch die europäischen Steuerzahler gedeckt werden muss. Eigentlich ist das der Offenbarungseid der Finanzwirtschaft, - nun auch das Insolvenzverfahren der bisherigen europäischen Demokratie.

Es ist zuviel Geld im Kreditsystem und das ist absurd: Der Kapitalismus hat ein Geldproblem, weil er zuviel Geld hat, weil seine Vorschüsse sich nicht mehr im realen Wirtschaftsprozess hinreichend verwerten lassen. Es ist Geld, das zum weitaus größten Teil nur noch durch  durch ein Kreditsystem getragen wird, in welchem vor allem Schulden gehandelt werden, einem Handel, in welchem die eine Schuld den Kredit für eine andere decken soll, einem Handel mit Wechsel, also reinem Kreditgeld, einem Mehrwert, der nur noch als Zahlungsverpflichtung kursiert. So funktioniert eben der Finanzmarkt, wenn er sich verselbständigt hat: Geld, das geschuldet wird, wird für den Gläubiger gebucht wie das Geld des Schuldners, das bloß geliehen ist und nur potenziell wertbildend sein kann. Da wird im Grunde mit einer doppelte Buchung, mit reinem Buchgeld gehandelt und auf dem immer wackliger werdenden Hochseil der Zahlungspflichtigkeiten getanzt.

Es handelt sich bei dem ESM um die systemische Notwendigkeit eines Glaubensverhältnisses, das zusammenbricht, wenn und weil die Gläubiger Grund haben, um ihre Kreditrückzahlungen zu bangen. Und sie haben allen Grund hierzu, weil die Staaten mit niedriger Produktivität zu Schuldnerländer gegenüber den Staaten mit hoher geworden sind und also immer ärmer werden, immer weniger Wertwachstum zur Wertstabilisierung und immer größere Verschuldungen einbringen. Ihre Substanz ist erschöpft, die Grenze der Ausbeutung erreicht. Obwohl die EU eigenlich nur als eine marktwirtschaftliche Gemeinschaft, einem Bündnis in gleichem Recht und hohen Idealen konzipiert war, die allen Mitgliedsstaaten eine substanzielle Verbesserung ihrer Entwicklung durch Solidarverträge sichern wollte, hat sie sich eben auch als ein Kapitalverhältnis herausgestellt, in welchem die Beteiligten durch ihre unterschiedlichen Produktivitäten konkurrieren, weil sie eben marktwirtschaftlich kalkulieren..

Marktwirtschaft ist ja selbst ein Solidarversprechen, das nur für die gilt, die mithalten können. Und das wird immer verleugnet, weil vor allem der Ertrag aus der Konkurrenz zählt: Das Wertwachstum. Ganz im Widerspruch zu ihrer Ideologie wird daher auch in der EU der immer ärmer, der immer weniger Macht hat, weil er immer weniger Geld besitzt, sich immer billiger verkaufen muss und immer höhere Zinsen zu bezahlen hat. Ohnmacht entsteht eben immer nur durch Macht, ist immer ihr Resultat auf der anderen Seite. Und dann heißt es, man sei selber Schuld und findet viele Grunde. Doch die Türkei zum Beispiel, die zum Zeitpunkt des Eintritts von Griechenland in die EU wirtschaftlich ähnlich dran war, ist sehr wohl reicher, statt ärmer geworden, weil sie nicht beitreten durfte - eine Ironie am Rande der Geschichte.

Für die Agenten der Politik ist das eine einfache Faktenlage: Der ESM soll vor der systemischen Abwärtsspirale bewahren, damit dieses Kapitalverhältnis auch dann noch funktioniert, wenn es mangels verwertbarer Substanzen längst nicht mehr funktionieren kann. Immerhin kann man sich dort ja auch noch etwas anderes aneigenen als nur billige Produkte: Zum Beispiel Grund und Boden, Ressourcen und Absatzmärkte. Ja klar: Es geht nicht einfach nur um die Rettung eines verrückten Finanzsystems, sondern um die Zukunft. Und die kann man gut verkaufen, wenn man entsprechende Vorstellungen auch gut unterlegt. Jedem soll klar sein: Es geht um uns alle, um unsere Gesellschaft schlechthin, das Kernelement unserer Existenz. Zu seiner Rettung muss man auch Härte zeigen können, die Härte eines Einsatzes im Katastrophenschutz. Alle ziehen an einem Strang, alle sitzen in einem Boot. Doch es ist eigentlich nur die Katastrophe der Geldbesitzer. Es ist ihr Boot. Aber wenn es untergeht müssen alle schwimmen und das Festland liegt in weiter Ferne.

Aus dem heraus wird nun ein Finanzdiktat der europäischen Finanzpolitik begründet, das in das Allerheiligste der bürgerlichen Demokratie, in die Hoheit der eigenständigen Haushaltsverantwortung der beteiligten Staaten eingreift. Nicht mal das Bundesverfassungsgericht konnte das aufhalten, weil es nicht verantworten kann, dass das System insgesamt zusammenbricht. Es war zusammengetreten, um den Schein zu erwecken, dass es den Weltenlauf des Kapitals aufhalten könnte. Aber selbst da schon griff der Chef der EZB ihm vor, indem er die unbeschränkte Verpflichtung seiner Bank zum Ausgleich aller Zahlungsausfälle verkündete. Die Finanzinvestoren sollten nichts mehr fürchten müssen, sonst wäre der Euro tatsächlich am Ende. Zu fürchten ist allerdings die Sache selbst. Und die wird einfach nur noch vollstreckt, leicht vernebelt durch die Auflage, dass die Parlamente zustimmen müssen. Und die werden aus demselben Grund immer zustimmen, aus dem sie schon immer zugestimmt habe: Es ist wieder mal die Formel der eisernen Lady, dass es nun mal  keine Alternativen gebe. Nur haben sich die Ladies  indes vermehrt.

Wessen Schuld sind die Schulden?

Die EU ist kein Staatenbund wie die USA, sondern eine Wirtschaftsvereinigung, die nötig wurde, weil die Nationalstaaten Europas wirtschaftlich zu schwach waren, um der Vorherrschaft des Dollars und seiner Aneignungsmacht zu widerstehen. Mit ihrem Petrodollar konnten die USA jeden Verkäufer von Erdöl dazu zwingen, diesen durch Einkauf in den USA einzulösen. Damit war das ganze Ölgeschäft, das über den Dollar lief, ein mächtiger Marktgewinn der USA - und natürlich eine Schwächung der Absatzmärkte für Europa. Die EU wurde daher zunächst als eine Wirtschaftsgemeinschaft mit einem verbindlichen gemeinsamen Markt errichtet, der zunehmend zu einem Handelsplatz des internationalen Finanzhandelskapitals wurde. Von daher ist die EU auch ein Produkt der Globalisierung. Ihr Ziel war schon als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft eine einheitiche Währung. Doch hierfür mussten die Staaten zunächst ihre Wirtschaftskraft vereinheitlichen und ihr Gesamtvolumen vergrößern. Erst mit der Einführung des Euro entstand daher ein ungeheuerer Wirtschaftsschub, der die Währung selbst zu einer Weltwährung werden ließ. Auch Ölkäufe wurden zunehmend damit verrechnet. Das Konzept als Alternative zum Dollar war voll aufgegangen.

Dennoch ist die EU in ihrer Finanzpolitik gescheitert - nicht weil sie einen Fehler hatte, der zu reparieren wäre, sondern weil sie selbst wie die Finanzwirtschaft funktioniert, ihr wesentliches Organ ist: Den weniger entwickelten Ländern wurden Kredite gegeben, ja nachgetragen, damit sie sich "nachholend modernisieren" sollten, um billig zu produzieren und die Produkte der besser gestellten Länder auch kaufen zu können. Der Kapitalismus hat in seiner späten Phase mit hoch entwickelter Produktivkraft eben hauptsächlich ein Problem mit dem Absatz seiner Mehrprodukte, der sein Wertwachstum ausmacht. In einem hoch automatisierten Produktionsprozess wird mit relativ wenig Aufwand an menschlicher Arbeit eine große Masse an Kapital bewegt, das sich aber nur bei einem großem Umfang an Produktabsatz rentiert, durch den ja erst ihr Mehrwert realisiert werden kann. Wo das nicht gelingt, wird dieser unrealisierbare Wert zu einem fiktiven Kapital, das als Kreditgeld, also als nur potenziell einlösbarer Mehrwert auf den Finanzmärkten sich umtreibt und Kreditnehmer sucht, um sich als Mehrwert aus Zinsen und Spekulation, als Wertwachtum durch den Kreditnehmer jenseits des Warenhandels umzusetzen.


Quelle: "Die Hungermacher" (Harald Schumann) *)

Der EU war der Blitzstart einer solchen Bereicherungsquelle gelungen, weil sie das Anlage suchende Finanzkapital im eigenen Wirtschaftsraum zugleich produktiv umsetzen konnte, produktiv zumindest in den Ländern, die in ihrer Exportwirtschaft immer erfolgreicher und stabiler werden konnten. Aber dies erzeugte schon bald eine Spaltung zu den EU-Ländern, die das nicht konnten und bestenfalls Zulieferer an Hilfs  mittel und Lebensmittel und Tourismus wurden. Deren "Modernisierung" misslang - und zwar in dem Ausmaß, wie sie von den reicheren immer abhängiger wurden. Um der industriell begründeten Spaltung entgegen zu wirken wurden ihnen immer mehr Kredite zum Ausbau ihrer Zuliefer- und Tourismusindustrie angetragen. Doch diese wurde damit zugleich immer wertloser, weil immer mehr fremdes Kapital darin engagiert war und sich darin vor allem das zentraleuropäische Bankenwesen stark machen konnte. Es wurde ihr Dilemma, weil Geld immer nur Geld produziert, das die Menschen erarbeiten müssen, und sie also immer mehr arbeiten mussten, nur um den Geldwert als ihre Exstenzgrundlage zu erhalten. So eben funktioniert Kapitalismus und die europäische Modernisierung war nichts anderes als dessen Totalisierung.

Doch irgendwann behindert die angesammelte Wertmasse ihre Quellen, die Arbeit und den Konsum. Die Geldzirkulation stockt, gerade weil zuviel Geld auf dem Markt ist, das nur noch in den Banken gehortet wird und nur noch als Kreditangebot unerfüllt nach Anlage suchen muss. Und wenn Geld an Wert zu verlieren droht, weil es sich zu lange als Kreditangebot unerfüllt rumtreibt, dann lassen sich die Kreditgeber so einiges einfallen. Es ist wie eine Parallele zur Hypothekenkrise in den USA: Dort hatte man den Menschen Kredite nachgetragen, um durch ihre Löhne wieder Leben in das Nirwana eines überschüssigen Geldes zu bringen, es wieder "frisch" zu machen. Aber man hat damit den Marktwert der Immobilien ruiniert, die solche Kredite decken sollten. Plötzlich hatte jeder ein Haus, das er erst noch verdienen musste, das aber zugleich seinen Wert verlor, weil es zuviele Häuser gab. Die Menschen konnten bald die Kredite nicht mehr bezahlen, weil ihr Einkommen nicht mehr ausreichte und sie konnten die Häuser weder vermieten noch verkaufen, weil sie zu billig geworden waren. Heraus kam die Ödnis ganzer Stadtbezirke leerstehender Häuser, die von Einbrecherbanden heimgesucht wurden. Sie waren leicht erkennbar durch ihre zertrümme rten Fenster, "broken Windows", wie das dann genannt wurde: Ruin rundum. So geht das eben zu Ende, wenn Geld jede Substanz verloren hat und zugleich die Preise verwüstet, weil es ihre Werte vernichtet. Und das alles soll nun mit einem chronischen Rettungsschirm aufgehalten werden, der wohl so langsam aber sicher zu einer chronischen Geldinvestition in das Nichts des Bankenwesens werden muss.

Nichts geht mehr, wenn das Geld nicht mehr das Kaufmittel ist, als das es geschaffen wurde. Stockt der Geldkreislauf, so ist es weder als Kaufmittel für Investitionen tauglich, die zumindest ihren Wert tragen können, noch als Zahlungsmittel für den Lohnarbeiter, der nicht mehr das kaufen kann, wofür er seine Kraft verausgabt. Jedes Kreditgeld hat seine Grenze in der Lebenswirklichkeit der Menschen. Gewonnen aus menschlicher Arbeit und gezogen aus dem Mehrwert einer Produktion, deren Mehrprodukte sich nicht mehr wertenspechend absetzen lassen, existiert deren Mehrwert nur noch in den Fiktionen von Spekulanten und Kasinokapitalisten fort, in ihrem Trieb, überall Geld anzubieten, wo sich noch Ertragsmöglichkeiten eröffnen. Aber auch diese Investitionen können ihren Wert nur einbringen, wo sie in der Existenz der Menschen auch gebraucht und finanziert werden können. Ohne dies werden sie sinnlos und entwerten, was sie zu nutzen hofften. Der Teufelskreis solcher Verwertungslage mündet in Panikverkäufe, Bauruinen, Arbeitslosigkeit und leeren Kassen. Die Broken Windows der Finanzwirtschaft sind dann schließlich die fortschreitenden Zusammenbrüche der Staatshaushalte, Sozialkassen und Kommunen - zunehmend von den ärmsten bis hin zu den reicheren. Denn ohne Substanz aus wirklicher Produktion kann kein Wert entstehen, schon gar nicht noch mehr Wert, der zur Schuldentilgung nötig wäre. Die Finanzwirtschaft ist durch ihr eigenes Wertwachstum verfilzt und zerrüttet. Ihre Trümmer und Abfälle werden durch die Einrichtungen des Staates, durch seine sozialen Einrichtungen verräumt. Und der muss sich für die Rekonstruktion der Kapitalwirtschaft dann auch verwenden. Die Fiktionen zergehen im Aufwand solcher Kosten, doch nicht durch die, welche sie haben, sondern durch die, die dafür arbeiten müssen. Die Finanzwirtschaft bewegt sich zwischen Aufbau und Zerstörung ihrer gesellschaftlichen Grundlagen.

Das Prinzip der Staatsverschuldung

Nun könnte man meinen, dass die Sache doch eigentlich ganz einfach wäre, wenn man die Fiktionen verbieten würde, wenn das überschüssige Geld dem Staat übereignet würde. Denn wenn zuviel Geld da ist, so muss es doch einfach besser ausgeben, besser verteilt werden, - von den Privatiers an die öffentlichen Kassen, von den Reichen an die Armen übertragen. Könnte das nicht in größerem Umfang geschehen oder wenigstens mit diesem Europäischen Sicherheitsmechanismus funktionieren? Doch die Wahrheit ist, dass das viele Geld garnicht da ist, wo es Wert hat, dort auch nicht sein kann, weil es soeben unwiderruflich von dort gekommen war. Geld besteht eigentlich nur als Zahlungsmittel und Kaufmittel von und für wirkliche Produkte der Realwirtschaft. Nachdem es als Mehrwert aus der eigenen Produktion noch eine Reihe von Krediten in fremde Investitionen produktiv umsetzen konnte, war es zu einem hochkantiges Mittel einer Finanzmacht geworden, die nur noch sich selbst finanziert, durch Wetten auf Preise und Gewinne ein Geld bewegt, das sich systematisch und in hohem Tempo globalisiert hat. Und das hatte dann mit zunehmenden Verwertungskrisen zunehmend seinen Boden verloren und damit auch seinen Wert, beziehungsweise, seine reale Verwertbarkeit. Die Deregulation der Nationalstaaten war nicht der Grund hierfür, sondern dessen Folge. Die Anwendungssuche des fiktive Kapitals bestimmte die Produktion und die Warenmärkte und unterwarf die nationalen Währungen ihrem Verwertungskalkül. Einkäufe und Verkäufe konkurrieren zunehmend immer weniger auf den Warenmärkten, sondern mussen sich nach der Konkurrenz auf den Weltmärkten richten, deren Preise durch Kapitaleinsätze in den Derivatenhandel und dem Handel mit Währungen, durch Wetten auf Zukunft oder Untergang ganzer Staaten gesetzt sind. Auf den Finanzmärkten spekuliert man daher immer mehr auf Eigentumstitel, durch die zunächst mehr zu holen ist, als in der knallharten Realität des Notwendigen. Doch auch die Rechtstitel auf Grund und Boden, Haus und Hof, Ressourcen und Gebühren können nur Geld abholen, das verdient werden kann, mit dem die Menschen ihre Mieten, ihren Energiebedarf, ihre Gebühren, Versicherungen und Steuern bezahlen können. Wo das nicht mehr möglich ist, ist der Absturz bodenlos. Die Schuldforderungen bleiben in der Luft hängen oder sie platzen.

Eigentlich gibt es ja grundsätzliche Regeln für jedes Kreditverhältnis: Wer Schulden macht, der soll sie auch bezahlen. Doch das Problem ist, dass dies nur mit Geld möglich ist, das auch verdient werden kann. Und wo die Produktionsstätten und Handelsplätze verwüstet sind, da bleibt nur die Notwendigkeit, sie wieder herzustellen. Was in den Banken auch geschehen mag, wieviel Korruption oder Betrug dort auch während dem Niedergang des Geldhandels geschieht: Ihre Grundlage ist der Staat beziehungsweise die Nationalbank, die Bundesbank. Und die hat die Probleme des Geldes zu regeln, auch wenn sie zu dessen Bildung nichts tun kann (9). Aber sie kann einen Geldumsatz aufbauen, der die Produktion wieder antreibt durch Geldausschüttung und bloßer Zahlungsverpflichtung an sie, also durch künstliche Geldzufuhr auf Märkte, die um seine Verwertung buhlen müssen. Sie ist das Herzstück aller Kreditgeschäfte und deshalb wirft sie auch mal Geld auf den Markt, das keinerlei Wert hat, wohl aber zur Preisdarstellung taugt. Es ist Geld, das vom Staat in die Produktion vorgeschossen wird, um dem Kapital wieder auf die Sprünge zu helfen. Die Nationalbank ist die einzige Bank, die den Zinsfuß nicht aus vergangener Produktion, aus der durchschnittlichen Profitrate ermittelt, sondern einen Leitzins aus den Erwartungen an die Verwertbarkeit zukünftiger Produktionen bestimmt. Sie ist sogar in der Lage, Geld ohne oder fast ohne Zinsen auszugeben, wenn die Verschuldung über die Verschuldungsgrenzen hinausgewachsen ist, der Staat also faktisch bankrott ist. Alles nur deshalb, weil sie nicht dem einzelnen Geschäft der einzelnen Betriebswirtschaften dient, sondern dem Systemerhalt des Geldes als Ganzes, als Wert des Sozialprodukts, die also unmittelbar nur systemisch so kalkuliert, wie es ihre Volkswirtschafter gut heißen. Dadurch ist der Staat in der Lage, seine Bank auch zur Geldakkumulation ohne Wert einzusetzen. So können Schulden auch unmittelbar zu einem Guthaben werden, das nur aus Buchung besteht, um seinen Wert im Nachhinein zu realisieren. Im Kapital hatte Marx geschrieben:

„Die öffentliche Schuld wird einer der energischsten Hebel der ... Akkumulation. Wie mit dem Schlag der Wünschelrute begabt sie das unproduktive Geld mit Zeugungskraft und verwandelt es so in Kapital, ohne dass es dazu nötig hätte, sich der von industrieller und selbst wucherischer Anlage unzertrennlichen Mühwaltung und Gefahr auszusetzen.“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 782f.)

Das Kreditwesen, das auf Zahlungsverpflichtungen beruht, auf Schuldgeld, das irgendwann zurückbezahlt werden muss, kann damit auch umgekehrt werden, wenn man den Schuldner austauscht, den Steuerzahler der Zukunft an die Stelle des zahlungsunfähigen Kapitals der Gegenwart setzt. Aber wenn dann der Ausgleich von Staatsanleihen beansprucht wird, dann wird der Staat zu einem knallharten Finanzkapitalisten, der sich auch gegen seine Bevölkerung verhalten muss, um seine Staatspapiere wieder auf Kurs zu bringen. So schließt sich der Kreis der Verwertung über die Staatskasse, in welcher die Gegenwart von ihrer Zukunft bestimmt wird. Diese Kasse wird nicht nur vom Steuerzahler, sondern auch von der Bundesbank gespeist, von ihren Erträgen und ihren Verlusten. Die Zukunft bekommt damit selbst eine Kapitalform, auch wenn deren Substanz erst noch von Menschen erwirtschaftet werden muss, die vielleicht noch nicht einmal geboren sind. Die Produktion der Gegenwart baut damit auf die Verwertbarkeit einer ungewissen Zukunft. Und die ist Abhängig von der Verwertbarkeit zukünftiger Arbeitskraft. (2)

Staatsverschuldung ist von daher keine Notlösung, sondern ein Prinzip der Wertschöpfung, wo kein Wachstum der realen Ökonomie mehr möglich ist. Die Überbesteuerung  der Staatsbürger gehört damit wie selbstverständlich zur Akkumulation des Kapitals. Das hat schon Marx im 19. Jahrhundert treffend beschrieben:

"Da die Staatsschuld ihren Rückhalt in den Staatseinkünften hat, die die jährlichen Zins- usw. Zahlungen decken müssen, so wurde das moderne Steuersystem notwendige Ergänzung des Systems der Nationalanleihen. Die Anleihen befähigen die Regierung, außerordentliche Ausgaben zu bestreiten, ohne dass der Steuerzahler es sofort fühlt, aber sie erfordern doch für die Folge erhöhte Steuern. Andererseits zwingt die durch Anhäufung nacheinander eingegangener Schulden verursachte Steuererhöhung die Regierung, bei neuen außerordentlichen Ausgaben stets neue Anleihen aufzunehmen. Die modernen Staatsfinanzen, deren Drehungsachse die Steuern auf die notwendigsten Lebensmittel (also deren Verteuerung) bilden, trägt daher in sich selbst den Keim automatischer Progression. Die Überbesteuerung ist nicht ein Zwischenfall, sondern vielmehr Prinzip. ..." (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 784)

Die Überbesteuerung der Bürger beruht auf der Möglichkeit, durch Grund und Boden Geldwert zu halten, also durch eine Art Pacht Abgaben einzuziehen, die den Löhnen und Umsätzen einer Gesellschaft entnommen werden. Die Staatsbürger fungieren somit auch als Pächter, die nicht nur die Kosten für ihre Infrastruktur innerhalb des Hoheitsgebietes ihrer Nation aufkommen, sondern die auch als dessen Bewohner einen Teil ihres Mehrwerts wie eine Grundrente aus ihren Einkünften an den Staat abtreten müssen. So funktioniert nun mal der Kapitalismus. Die höchste und letztlich stabilste Kapitalform ist die Grundrente, in der alles Geld seinen Wert zwar nicht erzeugen, wohl aber halten kann. Und der Staat ist deren höchste politische Gewalt.

Die Rute der Finanzpolitik

Weil nur Menschen die Waren kaufen, die auf dem Markt geboten werden, kann deren Wert nur durch menschlichen Aufwand begründet sein, - nicht durch maschinelle Arbeit, sondern durch menschliche. Wo und wie Geld auch immer sich auf der Welt bewegt und zirkuliert; - es wird nur durch menschliche Arbeit, durch die Herstellung von Waren und Dienstleistungen produziert (3). Wenn die Warenmärkte immer weniger Wert einbringen, weil immer weniger menschliche Arbeit in die Produkte einfließt, weil ein Großteil der Produktion durch immer mehr Automaten betrieben wird, so muss eine ungeheuerliche Wertmasse bewegt werden, um die geringer werdenden Wertanteile der einzelnen Waren einzulösen. In dem Maß, wie sich dabei das Wertwachstum der Realwirtschaft auf den Warenmärkten reduziert, muss sich der Wertentzug durch Gebühren auf Eigentumstitel erhöhen, der sich auf dem Rentenmarkt der Geldbesitzer entfaltet, die nicht über reale Produkte oder Produktionsmittel verfügen müssen, sondern über bloße Rechtstitel, über die sie Abgaben aus dem Einkommen ihrer Nutzer beziehen. Der Finanzmarkt hat daher die Spekulation auf die Besitzer solcher Eigentumstitel fokussiert, auf die Besitzer der Energieträger, Ressourcen, Versicherungen, Rententitel, Immobilien, Kommunikationswege und Infrastrukturen. Die sogenante Realökonomie ist in den Hintergrund getreten und spielt ihre Rolle vor allem als Zuträger dieser Rechtstitel, als Entwickler, Dienstleister und Baumeister, die immer weniger Mehrwert zu Händen haben.


Quelle: "Die Hungermacher" (Harald Schumann) *)

Doch hat das Ganze weiterhin den großen Haken, dass Geld, mit dem dies alles bezahlt wird, nur funktioniert, solange die Menschen es erdienen können, sei es durch produktive Arbeit oder durch Dienstleistung. Auch der größte Grundbesitzer, der Staat, kann das Wertverhältnis nur überstehen, solange ihm die Menschen aus ihren Einkommen Geld abtreten können, solange also, wie sich Arbeit so rentiert, dass auch Mehrwert direkt aus dem Lohn für ihn gezogen werden kann, um Steuer und Gebühren zu bezahlen (4). Wo das nicht mehr gelingt, dort wandelt sich der Staat ziemlich schnell vom ideellen Gesamtkapitalisten zum reellen. Das alte Prinzip der Staatsverschuldung ist dann nicht mehr nur der Ausweg, den das Kapital hat, um seinen Geldwert zu akkumulieren, sondern auch die Politik, durch die es überlebt, wenn es selbst keinen Wert mehr bilden kann, wenn der ganze Verwertungsprozess leer läuft, wenn Geld inflationiert, hohe Arbeitslosigkeit unüberwindbar geworden ist und die Rücklagen und Akumulationen nicht mehr funktionieren. Der in seiner Hoheit begrenzte Lebensraum, der Grund und Boden seiner Politik, wird dann selbst zum Verwertungsinstrument erster Güte, zum Maßstab der Preise, die den Löhnen von den noch arbeitenden Menschen per Spardiktat, also durch Reduktion ihres Lebensstandards und Gleichschaltung ihrer Arbeitskraft entzogen werden, sei es durch die Kontrolle der Arbeits- und Warenmärkte oder durch Billiglohn und Kürzung der Sozialleistungen. Er muss alles dransetzen, dass es Arbeit überhaupt gibt, gleich, ob sie für die Menschen noch einen Sinn hat oder auch nicht, ob sie noch ihr Auskommen sichert, oder nur noch ihre Verelendung ausbeutet. Sein einzige Angst und sein einziges Argument ist die Arbeitslosigkeit, die das Einzelkapital in seinen Krisen erzeugt und gegen die dann der Staat den großen Retter zu spielen hat, soweit er das kann. In dieser Gleichgültigkeit gegen die Bevölkerung wird der Staat absolut und muss Arbeit beschaffen und Geld eintreiben, wo immer es geht. Die zunehmende Verarmung der Bevölkerung und der Niedergang sozialer Wahrnehmung und die Zunahme sozialer Konflikte wird zum Treibriemen der Gewalt zu ihrer Disziplinierung. Die unbegriffene Existenzangst in diesen Verhältnissen wird kulturalisiert und zum Beweggrund der Wählermeinung. Aus der Wahl in einer repräsentativen Demokratie wird leicht die Repräsentanz der Staatsgewalt einer Heilserwartung, die die Bevölkerung zum Subjekt der Gewalt, zum Volk als Volkskörper erhebt. Die Fascies, so wurden die Ruten der italienischen Steuereintreiber bezeichnet, erscheinen dann als notwendige Selbstzucht und Disziplin eins Volksganzen, das seinen Lebensgrund verloren hat, weil es sein Leben als Tribut an den Volksstaat und sein Gemeinwohl abgegeben hat.

Es ist pervers. Die Armut der Menschheit inmitten der reichsten Entfaltung ihrer Gesellschaften sticht inzwischen überall ins Auge und man liest und hört fassungslos von den  chronisch gewordenen Verschlechterungen der Lage, die vom Reichtum der Reichen und zugleich von der Angst um die Wertlosigkeit des Geldes, der Angst vor Inflation immer vollständiger beherrscht wird. Da merkt jeder, Es kann sich nicht mehr nur um eine Krise handeln, denn Krisen sind Teil eines Systems und enden darin, sobald die Wirtschaft wieder in Gang kommt. Es wird dabei immer klarer, dass es nicht mehr so laufen wird, wie es in den Phasen der Prosperität noch möglich gewesen war (5).

In dieser Gleichgültigkeit gegen die wirklichen Lebensverhältnisse der Menschen erscheint die Sorge um die darauf bezogenen Konsequenzen der Geschäfte als Luxus. Weder auf der Seite des Finanzkapitals, noch auf Seiten der Staatspolitik sind da noch Rücksichtnahmen möglich, selbst wenn man dabei sein Image und seine Wahl verlieren kann. Politik kann sowieso nur entscheiden, wo Entscheidungen möglich sind, also die Scheidung von alternativen Zielen oder Auswegen. Doch der Geldwert selbst beschränkt alle Handlungsmöglichkeiten, weil er nicht nur durch zunehmende Verwertungsprobleme, sondern zugleich dadurch reduziert wird, dass die Preise selbst von den Fiktionen des Kapitals bestimmt werden. Dieses sucht in seiner Verwertungsnot alles auszubeuten, was es erreichen kann und diktiert durch seine Eigentumstitel die Preise, die nur noch durch Wertentzug, also durch eine inverse, eine negative Verwertung zu erzielen sind.

Das Preisdiktat - oder die Unendlichkeit des Finanzkapitals

Solange die Menschen mit dem Geld bezahlen, dass sie verdienen, werden auch die Produkte entsprechend billiger, wie die sie effektiver hergestelllt werden und der Mehrwert zur Investition oder Vorsorge akkumuliert wird. Wenn mit verschiedenen Währungen gehandelt wird, werden auch verschiedene Verwertungskreisläufe, also die Gesamtheit unterschiedlicher Produktions- und Reproduktionsaufwände ins Verhältnis gesetzt. Geld fungiert hierbei nicht nur als Mittler zwischen Produktion und Konsumtion, sondern auch zwischen dem Mehrwert unterschiedlich produktiver Länder. Das hat die Finanzkapitalisten dazu gebracht, auch mit Währungen zu handeln, die je nach Produktivität unterschiedliche Wertmengen darstellen. Ihre Grundlage ist ein hohes Wertgefälle der unterschiedlichsten Volkswirtschaften, das sich als Preisvariation einer Währung nutzen lässt. Devisen sind wie Aktien abhängig vom Wertumsatz der Produktion können daher auch durch Beeinflussung der Produktivität verändert werden. Importierte Devisen entziehen Wert und mit solcher Abwertung können eigene Produkte verteuert werden. Umgekehrt können eigene Produkte auch besser verkauft werden, wenn die eigene Währung abgewertet wird. Der Spielraum ist gewaltig, wenn hochproduktive Länder die Notlagen der weniger produktiven Ausnutzen können..

In unseren Breitengraden ist hochwertige Technik für Produktion, Verkehr und Waffen der Exportschlager schlechthin. Und hochwertige Arbeit benötigt immer weniger Arbeitskräfte mit immer höherem Bildungsstand, in welchem komplexes Arbeitsvermögen hoch komprimiert ist. Anderswo funktioniert Realwirtschaft nur noch, wo Maschinen menschliche Arbeit noch nicht ersetzen können oder wo sie volkswirtschaftlich noch aufwändiger sind, als diese. Dort findet die Ausbeutung der arbeitenden Menschen vorwiegend auf unterstem Wertniveau statt. Der Handel mit ihren Produkten schafft dennoch hohen Mehrwert, weil er eine billige Selbsterhaltung der Menschen in den reicheren Ländern durch die Not der Selbsterhaltung der Menschen in den armen Ländern ermöglicht. Für die Verbraucher stellen sie einen Wertgewinn dar, weil sie einen Gewinn am Wert ihrer Arbeitskraft einbringen, wenn sie diese Produkte hier relativ billig einkaufen können. Die Ausbeutung verläuft daher insgesamt weltweit und nicht nur über die Arbeitszeit, sondern zugleich über die Währungen, über die Wertunterschiede der durchschnittlichen Selbsterhaltungskosten. Eine Jeans, deren Herstellung in Bangladesh oder Kambodscha oder anderswo knapp 1 Euro kostet und die für 3 Euro auf dem Weltmarkt landet und schließlich in Deutschland für 30 Euro verkauft wird, erbringt grob gesagt einen Handelsprofit von fast 2700 %, - allerdings auf niedrigem Niveau, das sich nur in großer Menge rentiert. Dieser Handel verläuft entweder direkt über die Verkäufer selbst oder wird zudem überbrückt durch Warentermingeschäfte auf dem Finanzmarkt.

Mit dem inzwischen weltweit ausgedehnten Machtpotenzial der Finanzmärkte, die nur noch darauf spekulieren, dass aus ihrem Geldüberschuss frisches Geld aus dem globalen Warenhandel herausgepresst werden kann, ist der Aktienhandel selbst zu einer preisbildenden Macht auf den Weltmärkten geworden (7). Das hat die Welt grundsätzlich verändert. Nicht mehr das Verhältnis von Kosten und Profit treibt sie an und auch nicht das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, sondern der Einsatz auf die Preise der Produkte, Wetten auf Gewinn durch Zufügung einer überschüssigen Geldmenge in den Warenhandel dort, wo Geldzufuhr das gehandelte Produkt entwerten und hierdurch sein Preis zu einem eigenständigen Handelsprofit werden kann (8). Die unterschiedlichen Produktivitätsentwicklungen der Staaten werden selbst zum Gegenstand der Ausbeutung wenn die Unterschiede ihrer Wertschöpfung von spekulativen Geldanlagen genutzt und als Verwertungslage einer Währung internationalisiert wird. Durch hohe Spekulationen mit einer gut gestellten Währung kann schleche Währung mit hohem Gewinn für den Spekulanten ruiniert werden, indem deren Geld als Kredit zum Aufkauf ihrer Produkte, Produktionsanlagen und Infrastrukturen verwendet wird, also ihren Marktwert entzieht, und die darauf folgende Inflation dann den Wert der Kreditrückzahlung extrem mindert. Wertabschöpfung durch Geldentwertung geht sehr einfach, wenn man viel Geld hat und damit im großen Stil handelt, das hat George Soros längst der Welt bewiesen. Jeder Kapitalüberschuss kann inzwischen an jeder Ecke der Welt zu feindeindlichen Investitionen, die lediglich preispolitische Zwecke verfolgen, eingesetzt werden. Er kann ebenso aus nationalen Unternehmungen transnationale machen oder billige Verkaufspreise durch weltweite Optionen zum Beispiel durch den Derivatenhandel, durch Future-Bonds und Devisenhandel verteuern (6).

Die Spekulation auf Währungen und Termingeschäfte erbringen im Durchschnitt weit mehr, als die Investitionen in die real produzierende Industrie. Der Handel mit Titel auf Zahlungstermine ist die logische Folge und eine weiter entwickelte Form der Geschäfte mit Eigentumstitel. Im Zusammenwirken von Krediten in fremder Währung und Preisabsicherungen im Warenterminhandel sind sogenannte Finanzhebel entstanden, welche eine verstärkte Ausbeutung der Lieferländer betrieben, nämlich durch deren produktive Wertminderung zu einem Liefertermin, zu welchem die Landeswährung durch Währungsspekulation entwertet wird. Man mag Hedgefonds verbieten, doch das was sie betreiben kann man nicht verbieten weil man sonst das Kreditsystem selbst verbieten müsste.

Für die Finanzmärkte sind ganz besonders die Profite auf den Rohstoffmärkten zwischen Produktabgabe und Produktverkauf von Bedeutung. In den Warentermingeschäften wird der Wertunterschied zwischen Produktpreis und Marktpreis gehandelt. Ursprünglich zur Sicherung der Verkaufspreise gedacht, sind sie inzwischen selbst zum Gegenstand einer Spekulation auf die Endverkausfpreise geworden. Man kann diese über sogenannte Future-Bonds hochtreiben, indem die Verkaufserwartungen im Vorhinein durch Scheinkäufe hochgetrieben und im Nachhinein der erhöhte Preis gegen den real erwirtschafteten als Gewinn kassiert wird. Da der Markt sich nach den überhöhten Preisen richtet, weil sie die einzige Referenz für den Produzenten sind, können so ungeheure Summen für die Investoren herauskommen. Für die Käufer der Produkte bedeuten sie eine Verteuerung, die weit über ihren Lebensstandard hinausgehen kann. Die Deutsche Bank hat auf diese Weise beispielsweise im Jahr 2011 durch Spekulation auf Weizenpreise 4,5 Milliarden Euro Gewinn gemacht, während etwa 40 Millionen Menschen in Afrika verhungert sind, weil sie den lebensnotwendigen Weizen nicht mehr bezahlen konnten. Harald Schumann hat in der Broschüre "Die Hungermacher" (siehe auch Quelle: "Die Hungermacher), die er für Food-Watch verfasst hat, sehr schön dargestellt, wie das geht. Heraus kommt immer nur Geld. Aber Geld kann man nicht essen.

Protest der Empörung oder Widerstand gegen die Enteignung?

Alle derartigen Geschäfte des Finanzkapitals beruhen darauf, dass Rohstoffe, Energieträger, Grundnahrungsmittel, Renten und Wohnraum bezahlt werden müssen, was immer ihr Preis ist. Es sind Geschäfte auf der Basis eines Existenzmonopols, die lediglich auf dem Rechtstitel des Eigentümers, auf Eigentumstitel basieren, die Grundlagen eines Gemeinwesens sind, die in privater Hand Macht über die gesellschaftliche Existenz der Menschen verfügt. Der darein investierte Wert gehört längst zur Verfügungsmasse der Finanzmärkte, den Fiktionen des Kapitals über seine zukünftige Verwertbarkeit und wird zunehmend von deren Entwertung bestimmt. Wer die Preise für solche Lebensgrundlagen nicht bezahlen kann, scheidet aus, entweder aus dem sozialen Verhältnis, aus der Arbeit oder aus dem Leben selbst.

Es ist das Resultat einer verrückten Wirtschaftsform, die schon in ihren Grundlagen, in der Marktwirtschaft, einen wesentlichen gesellschaftlichen Widerspruch hat und entfaltet, dass die Menschen darin nämlich ihr eigenes Leben nur gestalten können, wenn sie es sich durch Geld erdienen dürfen. Nicht die Arbeit und nicht die Überbevölkerung ist ihr Problem, sondern der Zugang zu den Märkten, zum Markt der Lebensmittel und der Arbeit, denen sie mit ihrer Geburt in kapitalistische Lebensverhältnisse schon unterworfen sind. Hier wird für den Warenmarkt produziert und die Produkte über ihren Wert an die Menschen vermittelt. Und sie müssen hierfür selbst als Ware auf dem Markt auftreten und ihre Arbeitskraft zu einem Preis verkaufen, der ihnen letztlich nur ihre Reproduktion ermöglicht, wenn sie überhaupt dort auch entsprechende Arbeit finden. Und die Mittel ihres Fortschritts, die Werkzeuge, die Maschinen und Automaten, die ihre Arbeit ihnen erleichtern und verkürzen können, werden zu ihrem Gegner, weil sie im Privatbesitz des Kapitals sind und von den Finanzmärkten verpreist und gehandelt werden.

Geld enthält schon in seiner Selbständigkeit als Kaufmittel einen fatalen Widerspruch, der immer dazu führt, dass die Menschen für einen Mehrwert arbeiten, der irgendwann in Fiktionen zerplatzt. Ungeheuere Mengen an Arbeit werden damit einfach nur aufgebraucht und vernichtet, nur um das Kapital in seinem Verwertungsprozess zu halten und zu bestärken. Und immer mehr richtet der sich gegen Mensch und Natur, weil er seine eigene Produktivkraft gegen sich selbst gerichtet hat.

Der Kapitalismus verbraucht einen hohen Anteil der menschlichen Lebenszeit nur für sein irrsinniges Wertwachstum. Und er beutet nicht nur die Menschen aus. Ihr ganzes Gemeinwesen und ihre Natur werden auch substanziell von seinen Verwertungszwängen aufgezehrt. Seine Logik ist in einer vernichtenden Spirale angekommen, einem Teufelskreis aus dem nur eine Frage herausfürht: Die Eigentumsfrage. Wem gehört diese Welt, die Länder, die Wohnungen, die Rohstoffe, die Städte, die Gemeinden, das Wasser, die Kraft und die Erzeugnisse selbst? Wir müssen uns auf eine lange und harte Auseinandersetzung hierüber vorbereiten. Und dazu gehört auch, dass wir uns selbst versorgen können, wenn die Machtverhältnisse implodieren, dass wir die Kraft haben, auf Kapital zu verzichten, dass wir über eine Subsistenzindustrie und über den nötigen Raum und die nötige Zeit verfügen können. Umwege und Illusionen beschränken unser Potenzial und die Zeit ist knapp.

Natürlich ist die Barbarei dieses Systems empörend und die Empörung über die Macht und Sinnlosigkeit des Kapitalismus ist natürlich. Aber es bleibt die Empörung nur eine zur Empore gehobene Aufregung,  die sich an dem herausgesetzten und ausgestellten Fakt festmacht und seine Existenz nur beklagt. Es geht aber nicht um die Abschaffung eines Übels der bisherigen Gesellchaft und nicht um die Konstruktion einer neuen, sindern um einen ganzen Lebenszusammenhang der Menschen, dessen lebensverändernde Kraft nur verdeckt ist. Es geht um die Entdeckung dieser Lebensänderung einer Gesellschaft, die in ihrer Form verfangen ist, die aus den Trennungen und ihrer Fixierungen, Ideologien und Fetische emanzipiert werden soll. Das verlangt eine sehr gründliche Erkenntnis und Analyse der gegenwärtitgen Gesellschaft und der Möglichkeiten, ihre anachronistische Form aufzuheben.

In der nächsten und letzten Sendung zu diesem Thema soll es daher um die Subversion des Geldverhältnisses gehen, um einen konkreten Lebenszusammenhang der Menschen, den ich in einer internationalen Kommunalwirtschaft sehe und erläutern will.



(1) Wo Deckungslücken offenbar werden, weil Wechsel platzen oder durch Absatzschwierigkeiten oder Produktionsausfälle minderwertig werden, kann dies nur durch eine stringentere Verwertung, also Ausbeutung der produktiven Arbeit ausgeglichen werden, oder durch Abgaben aus dem Einkommen, aus den Löhnen und Einnahmen der beteiligten Menschen, also durch Minderung ihres Lebensstandards. Und wenn da nichts mehr zu holen ist, bleibt die Staatsverschuldung, die Spekulation auf Zeit, mit der alles irgendwann mal wieder besser werden soll, wenn sich die Wirtschaft wieder erholt hat. Defizit Spending hate dies Mainard Keynes bezeichnet. Doch der Keynesianismus scheint sich erschöpft zu haben. Der Motor solcher Spekulation ist das nationale Bankensystem und das Kalkül mit einer Zinspolitik, die den Ausgleich zwischen Produktion und Konsumtion beflügeln sol ist am Zusammenbrechen und bedarf immer größerer Geldeinlagen, die voraussetzen, dass sich sogenannte Finanzinvestoren finden lassen, die noch an gewinnbringende Einlagen in dieses Spendiig glauben, die ihm im Verhältnis zum Verzinsungsgrad noch glauben schenken. Da werden die Zinsen natürlich immer teurer und die Verschuldung immer auswegloser. Die Verschuldungsgrenzen sind weit überschritten.

(2) Das Verschuldungssystem, welches schon das Wesen des Kapitalismus ausgemacht hatte, als die ersten Kapitalisten zu produzieren begannen, funktioniert eben nur solange, wie die Substanzen der Verwertung menschlicher Arbeitskraft noch nicht erschöpft sind. Solange die meisten Menschen noch von ihrer Arbeit leben und hinreichend viele Produkte kaufen können, um zumindest den Grundumsatz des Sytems zwischen Angebot und Nachfrage an Existenzmittel wie Miete, Kleidung, Nahrung, Kommunikation, Verkehr und Vorsorge zu halten und also auch ihre Steuern dafür bezahlen zu können, solange können sie auch über dies hinaus im Dienst des Kapitals mehr arbeiten und Mehrwert schaffen, der dessen Vermögen und Macht verstärkt.

Doch dieses System ist am Ende, weil es alle Grenzen seiner Reproduktion überschritten hat, weil menschliche Arbeit nur noch einen immer kleiner werdenden Teil der Menschen gut ernährt und immer mehr Produkte erzeugt, die sich deshalb immer schlechter nur absetzen lassen. Die Produktivität und Automation der Arbeit lässt immer weniger Anteile menschlicher Arbeitskraft in die einzelnen Produkte einfließen und mindert ihren Wert, denn nur solche Arbeit erzeugt Wert und Mehrwert, weil nur solche Arbeitskraft auch die Produkte kaufen kann, die sie erzeugt. Maschinen übertragen hingegen nur den Wert ihrer Erzeugung in die Produkte und reproduzieren lediglich den Wert ihrer Entstehung, ihre Anschaffungskosten. Sie verstärken sehr wohl auch die Produktivität der menschlichen Arbeit, machen sie aber eben zugleich auch immer überflüssiger. Mit seiner Produktivität, die als Wesensmerkmal und Rationalität des Kapitalismus angesehen wird, steht er sich letztlich selbst im Weg und wird anachronistisch, denn er beruht auf der Verwertung von menschlicher Arbeitskraft und dezimiert zugleich ihre Erhaltung. Er schafft einen Reichtum, der sich immer mehr gegen die Menschen verhält, die ihn bilden. Die Wertmasse, durch die er sich als Gesamtkapital erhält, wird immer größer, während der Anteil menschlicher Arbeit in den einzelnen Produkten immer geringer wird. Diese Rechnung geht nicht auf. Sie erzeugt zum einen die Krisen als notwendige Phasen der Zerstörung von Werten, also von Arbeit, die nicht verwertet werden kann, weil sie Mehrprodukte geschaffen hat, die nicht abgesetzt werden können. Zum anderen wandert ihr Geldwert in die Finanzmärkte ab und vertieft durch Spekulation, Preisdiktat und Bankenwesen die Konkurrenz der arbeitenden Menschen in ihrem Kampf um den bloßen Selbsterhalt, erzeugt immer größere Armut und zugleich immer mächtigerem Reichtum an Geldbesitz, der für die meisten Menschen keinen Sinn mehr macht und nurmehr als politisches Herrschaftsmittel über ihnen mit dem Verlust an Lebensstandard droht.

Der Staat dient hierbei als ein Reservoir an Vermögen, das auch über Produktionskrisen hinweg hilft. er ist der letztendliche Träger des produktiven Kapitals, der ideelle Gesamtkapitalist, der zwar keinen Mehrwert erhält, weil dieser in den privaten Taschen der Unternehmungen und Finanziers verschwindet, der aber sehr wohl dafür aufkommen muss, dass das Ganze funktionieren kann. Er sichert sich daher wiederum auch auf den Finanzmärkten durch Staatsanleihen ab und wird selbst abhängig von den Agenturen, die deren Werthaltigkeit kalkulieren.

(3) Kapital transportiert immer ein Arbeitsquantum, das auf den Märkten der Welt gehandelt wird, sei es produktiv eingesetzt oder auch nur zum Systemerhalt durch Steuern und Dienstleistungen. Wer es festhalten kann, wer mehr Geld besitzt, als ihm nötig ist, hat gesellschaftliche Macht zu Händen. Geldbesitz ist die einzige gesellschaftlich wirksame Privatform der Arbeitsprodukte. Als gesellschaftliche Macht ermöglicht es aber nicht nur die Besitznahme und Ausdehnung der Lebens- und  Produktionsmittel und Dienstleistungen, sondern auch die Besitznahme und Ausdehnung von Rechten, Eigentumstitel über Dinge, die nicht unbedingt Produkt menschlicher Arbeit sein müssen, der Besitz an Boden, Immobilien, Ressourcen usw., der nur noch den Wert darstellt, der gesellschaftlich durch den Privatbesitz entzogen werden kann.

(4) Mehrwert wird nicht nur unmittelbar aus Mehrproduktion gezogen, sondern auch aus dem Abzug aus den Löhnen durch Steuer, Miete, Gebühren usw. Es sind dies allein durch Eigentumstitel, also durch politische Gesetzesmacht begründete Ansprüche auf Aneignung von Geld, für das zwar mehr gearbeitet werden muss, durch das aber keine Mehrprodukte entstehen. Wer Miete oder Energiekosten kassiert, mag zwar auch zuvor die nötigen Mittel erstanden haben; aber sie können längst amortisiert sein: der Preis, den er verlangt resultiert nicht aus ihrer Produktion sondern aus dem, was von denen verlangt werden kann, deren Existenz davon abhängt. Es sind weder Produktionsmittel noch Produkte. Es ist lediglich das Privatrecht, das gesellschaftliche Zahlungsverpflichtugen geschaffen hat. Und dasselbe gilt auch für die Steuern.

(5) Der Lauf der menschlichen Geschichte ist im Grunde natürlich, wesentlich Menschwerdung der Natur, die Entwicklung der Prosuktivkräfte zur Naturmacht der Menschen. In Wirklichkeit aber ist sie gerade deswegen immer wieder im Widerspruch ihrer natürlichen Inhalte und ihrer gesellschaftlichen Form geraten, ist sie eine Geschichte von Kämpfen um die gesellschaftlichen Notwendiigkeiten und ihrer Macht, Geschichte von Klassenkämpfen. Darin verselbständigt sich diese Macht gerade in der Phase ihres Umbruchs zu einer Form, die sich gegen ihren Inhalt bestmmt, gegen diesen reagiert und in reaktionärer Absicht sich gegen die geschichtliche Kraft der Menschen, gegen die Potenzen ihrer Sinnbildung aufrichtet, um als Form der herrschenden Verhältnisse ihre Änderung zu verhindern.

Der Staat als ideeller Gesamtkapitalist kennt nichts anderes als diese Form, denn er ist nichts anderes als die gesellschaftlich formierte Macht des politischen Willens, der dem allgemeinen Mttel des Privateigentums, dem Geld, zu seinem Fortbestand nötig ist. Und von daher wird er selbst zum Träger der Reaktion, zum Agenten der der Selbstbehauptung des Finanzkapitals gerdae dann, wenn es mit siner Geschichte am Ende ist. Er setzt ihr Verwertungsinteresse auch dann noch durch, wenn es keine Mehrwertbildung mehr gibt. Er macht Schulden, auch wenn klar ist, dass diese nicht mehr einzulösen sind und er verwendet seine Bürger als Bürgen für die Macht, die sie auch noch verwertet, wenn es ihren Untergang bedeutet. An dieser Stelle war die Menschheit schon mehrmals angelangt. Das Verwertungsinteresse realisiert sich dann nur noch in seiner Negation, in seinem zwang zur Schuldentilgung, die keinen Wert mehr hat, weil sie keinen Wert mehr schafen kann. Die Verwertung der menschlichen Arbeit ist durch die Steigerung ihrer Produktivkraft im Lauf der Globalisierung nun endgültig und unumkehrbar in ihr Gegenteil umgeschlagen und zu einer Negativverwertung geworden. Dies ist die Maßgabe der derzeitigen Poltik: das Prinzip der Staatsverschuldung als Macht der Reaktion über das Leben der Menschen.

Mit der Staatsverschuldung - weit über die Grenzen eines bisher möglichen Wertwachstums hinaus - wird inzwischen die vorherrschende Politik gemacht. Sie zielt auf eine Verwertung von Geld, das längst ausgegeben ist, dessen Wert also im Nachtrag eingeholt werden muss, auf eine Verwertung, die nur nicht vorhandenes, negatives Geld erwirtschaften kann, Negativverwertung. Die Bewohner des staatlichen Hoheitsgebiets sind damit nicht nur Bürgen, sondern erfahren den Status einer Leibeigenschaft, die sie zur Abgabe ihres Anteils im Dienste des Staats verpflichtet. Man sollte dieses Verhältnis daher deutlicher als Feudalkapitalismus bezeichnen.

Und der hat seinen Preis. Es ist ein anderer als der Preis, der in der Marktwirtschaft zwischen Angebot und Nachfrage entsteht. Es ist der Preis, der staatlich sanktioniert wird: Der Preis des Überlebens. Und dieser wird nicht unmittelbar aus den Steuern bezahlt, sondern aus den Techniken der Finanzaristokratie, aus der sogenannten Finanzindustrie, welche die Politik des Bankenwesens bestimmt. Sie diktiert den Preis, den das Überleben kostet und treibt von daher den Feudalkapitalismus in die Verselbständigung einer systemisch notwendigen Finanzpolitik, wie wir sie gerade über solche Konstruktionen wie den ESM erfahren. Staat und Kapital verschmelzen in dem einen Zweck, Kapital auf einem Finanzmarkt zu verwerten und zugleich dessen Entwertung durch die Ausnutzung der Staatsbürgerschaft aufzufangen. Und das ist ein ökonomisches Unding, das letztlich daraus besteht, aus einem Verschuldungssystem ein Verwertungssystem zu machen, aus Schulden also Schulden wertbildend zu finanzieren. Es ist ein Unding schlechthin, eine schlechte Unendlichkeit, die alles zerstören muss, was Gesellschaft ausmacht - nicht nur in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern weltweit.

(6) Das ist auch nicht durch politische Restriktionen der einzelnen Staaten wieder umzukehren. Gewaltsam gegen die Finanzmacht wieder errichtete Zollschranken und Handelsbarieren würden ihren Handel auf dem Weltmarkt lähmen und die eigene Wirtschaft schlagartig zerstören, weil ihre nationale Einseitigkeit der Vielseitigkeit der weltweiten Produktivität nicht mehr gewachsen wäre. Das ist das zeitgeschichtliche Dilemma des Kapitals bei hoher Produktivität. Und das ist auch der Grund, warum sich die Staaten hiergegen nicht mehr wehren können. Die reflexartigen Forderungen nach staatspolitischen Durchgriffen gegen den Finanzmarkt können dessen Wirkung auf die nationale Wirtschaft nicht lindern und daher auch keinen wirklichen Fortschritt zu einer menschlichen Gesellschaft, zur Emanzipation der Menschen gegen das Kapital erbringen.

(7) Aktien sind ein Kreditsystem, das nicht durch Zinsen, also nicht durch Teilhabe an der Durchschnittsprofitrate rentiert, sondern an den Profiten von einzelnen Kapitalformationen. Sie waren ursprünglich ein Mittel, sich durch Geldeinlagen an den Profiten von Unternehmen zu beteiligten. So konnte jeder Mensch, der Geld übrig hatte, daraus unmitelbar Kapital machen, also auf mehr Geld spekulieren. Für die bestehenden Einzelunternehmen minderten sie deren Marktrisiko, wenn sie sich am Profit ihres Konkurrenten stabilisieren konnten, wenn sie ihre Konkurrenz sozusagen durch Anteilnahme am Konkurrenten minderten oder Einzelaktionäre selbst zum Unternehmer machten und aus der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt entließen. Auch Warentermingeschäfte geben den Produzenten die Sicherheit, ihre Produkte zu einem bestimmten Termin auf einen bestimmten Preis hin versichern zu können. Bei langen Transportwegen oder den langen Produktionszeiträumen in der Land- und Forstwirtschaft konnten durch Preisversicherungen Preisschwankungen ausgeglichen und damit höhere Produktionssicherheit erreicht werden. Dies alles war noch auf reale ökonomische Prozesse bezogen.

(8) Es war der eigentliche Grund zur globalen Entfaltung der Finanzmärkte, der Globalisierung, die Antwort des Geldüberflusses auf die Absenkung der Profitrate in der Realwirtschaft. Dabei wurden die unterschiedlichen Produktivitätsentwicklungen der Staaten selbst zum Gegenstand der Ausbeutung. 

(9) Die Bundesbank muss die verfügbare Geldmenge im Verhältnis zum Sozialprodukt sicherstellen, um Stockungen der Geldzirkulation entgegen zu wirken. Von daher kann sie auch der Entwicklung vorgreifen, wenn solche Probleme oder Inflation des Geldwerts absehbar sind. Im § 3 des Bundesbankgesetzesheißt es: „Die Deutsche Bundesbank ist als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken. Sie wirkt an der Erfüllung seiner Aufgaben mit dem vorrangigen Ziel mit, die Preisniveaustabilität zu gewährleisten, hält und verwaltet die Währungsreserven der Bundesrepublik Deutschland, sorgt für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland und trägt zur Stabilität der Zahlungs- und Verrechnungssysteme bei.“