Arbeitsgeld

Aus kulturkritik

Die Verwandlung von Lohn in Arbeitsgeld ist eine Vorstellung, das Geld dadurch zu humanisieren, dass sein Maß unmittelbar auf individuell veräußerte Arbeit zurückgeführt wird. Das Geld, welches durch seinen Preis gesellschaftlichen Wert darstellt, soll zum Maßstab des individuellen Wertmaßes werden, also auch des individuellen Vermögens und Willens, worin es dann bemessen ist. Es ist eine Traumvorstellung des bürgerlichen Individuums, sich als allgemeines Maß und allgemeinen Willen dadurch veräußern zu können, dass dieses Maß anderen abverlangt wird. Diese Vorstellung ist daher auch so alt wie das Bürgertum. Marx hatte dies schon früh an dessen Ökonom John Gray dargestellt.

„Die Lehre von der Arbeitszeit als unmittelbarer Maßeinheit des Geldes ist zuerst systematisch entwickelt worden von John Gray. Er lässt eine nationale Zentralbank vermittelst ihrer Zweigbanken die Arbeitszeit vergewissern, die in der Produktion der verschiedenen Waren verbraucht wird. Im Austausch für die Ware erhält der Produzent ein offizielles Zertifikat des Werts, d.h. einen Empfangsschein für so viel Arbeitszeit, als seine Ware enthält, und diese Banknoten von 1 Arbeitswoche, 1 Arbeitstag, 1 Arbeitsstunde usw. dienen zugleich als Anweisung auf ein Äquivalent in allen anderen in den Bankdocks gelagerten Waren. Das ist das Grundprinzip ... Die Produkte sollen als Waren produziert, aber nicht als Waren ausgetauscht werden. Gray überträgt einer Nationalbank die Ausführung dieses frommen Wunsches. Einerseits macht die Gesellschaft in der Form der Bank die Individuen unabhängig von den Bedingungen des Privattausches und andererseits lässt sie dieselben fortproduzieren auf der Grundlage des Privattausches.

Die innere Konsequenz indes treibt Gray, eine bürgerliche Produktionsbedingung nach der anderen wegzuleugnen, obgleich er bloß das aus dem Warenaustausch hervorgehende Geld ‚reformieren’ will. So verwandelt er Kapital in Nationalkapital, das Grundeigentum in Nationaleigentum, und wenn seiner Bank auf die Finger gesehen wird, findet sich, dass sie nicht bloß mit der einen Hand Waren empfängt und mit der anderen Zertifikate gelieferter Arbeit ausgibt, sondern die Produktion selbst reguliert. ...

Was bei Gray versteckt und vor allem ihm selbst verborgen bleibt, nämlich dass das Arbeitsgeld eine ökonomisch klingende Phrase ist für den frommen Wunsch, das Geld, mit dem Geld den Tauschwert, mit dem Tauschwert die Ware, und mit der Ware die kapitalistische Form der Produktion loszuwerden, wird geradezu herausgesagt von einigen englischen Sozialisten, die teils vor, teils nach Gray schrieben.

Herrn Proudhon aber und seiner Schule blieb es vorbehalten, die Entwertung des Geldes und die Himmelfahrt der Ware ernsthaft als Kern des Sozialismus zu predigen und damit den Sozialismus in ein elementares Missverständnis über den notwendigen Zusammenhang zwischen Ware und Geld aufzulösen.“ K. Marx, Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 66 - 68.