Wolfram Pfreundschuh (12.04.2013)

Die neue Rechte kommt von links

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Teil II: Die Emanzipation des "wahren Lebens" gegen das Falsche

Wo Not herrscht ist Abhilfe n�tig. Doch wohin sie gewendet wird und ob sie tats�chlich aufgehoben wird, h�ngt davon ab, worin ihr Grund erkannt wird. Wer davon ausgeht, dass es Pers�nlichkeiten sind, die Geschichte machen, der wird auch auf Pers�nlichkeiten setzen, die etwas Gutes zu tun beanspruchen. Und unmittelbar treten sie ja auch als Menschen auf, die Politik machen und f�r alle gut sein wollen. Aber es sind diesselben, die Kriege f�hren oder Menschen pl�ndern oder Gewalt �ber sie aus�ben. Die Geschichtsb�cher sind voller Beschreibungen geschichtlicher Pers�nlichkeiten, die durch ihre pers�nlichen Entscheidungen ganze Epochen gepr�gt haben sollen. Geschichte erscheint dadurch von Menschen gemacht. Was aber ist das Menschliche an dieser Geschichte? Ist es das pers�nliche Streben der M�chtigen, sind es ihre guten oder schlechten Taten und F�higkeit oder sind es nicht einfach nur die Bedingungen ihrer Macht, die im wesentlichen immer von ganz realen politischen Verflechtungen, von ihrer Wirtschaft, vom Stand ihrer Produktivkr�fte und vom Reichtum ihrer Gesellschaft abh�ngig sind? Wie pers�nlich ist sie denn, was macht den politischen Willen wirklich aus, was das richtige und was das falsche Handeln? Kann man das im Vorhinein, also vor aller Geschichte schon wissen? Und was w�re dann deren Wahrheit, die richtige politische Entscheidung, der wahre politische Wille (1)? Heute ist das f�r uns erst mal eine absurde Konstruktion. Aber sie ist damit l�ngst nicht �berwunden, solange Politik mit solchen Konstruktionen hantiert.

Im Nachhinein zumindest ist erkennbar, dass Geschichte, wo sie die Menschheit wirklich weiterbrachte, eine Emanzipation aus bornierter Existenz war, eine Befreiung aus den Zw�ngen von Notwendigkeiten, die durch materiellen Fortschritt �berfl�ssig und �berwindbar geworden waren. Der geistige Fortschritt folgte umgehend oder entstand gleichzeitig. Wirkliche Freiheit war immer in der Aufhebung einer �berkommenen Notwendigkeit entstanden. "Die bisherige Geschichte war immer eine Geschichte von Klassenk�mpfen" hatte Marx gesagt und damit auch das Ende der Klassenverh�ltnisse angek�ndigt und eingefordert. Dass dies noch nicht erreicht ist, zeigen die Krisen, die sich auch heute noch so ereignen, wie von Marx schon 1848 beschrieben:

�Es gen�gt, die Handelskrisen zu nennen, welche in ihrer periodischen Wiederkehr immer drohender die Existenz der ganzen b�rgerlichen Gesellschaft in Frage stellen. In den Handelskrisen wird ein gro�er Teil nicht nur der erzeugten Produkte, sondern der bereits geschaffenen Produktivkr�fte regelm��ig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen fr�heren Epochen als ein Widersinn erschienen w�re - die Epidemie der �berproduktion. ... Die Produktivkr�fte, die ihr zur Verf�gung stehen, dienen nicht mehr zur Bef�rderung der b�rgerlichen Eigentumsverh�ltnisse; im Gegenteil, sie sind zu gewaltig f�r diese Verh�ltnisse geworden, sie werden von ihnen gehemmt; und sobald sie dies Hemmnis �berwinden, bringen sie die ganze b�rgerliche Gesellschaft in Unordnung, gef�hrden sie die Existenz des b�rgerlichen Eigentums. Die b�rgerlichen Verh�ltnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen.� (Quelle: Karl Marx/Friedrich Engels in MEW 4, S. 467f)

Es ist ein altes Lied. Neu ist nur, dass in der kapitalistischen Krise der Massenkonsum der Mehrprodukte zu einem Massenproblem der b�rgerlichen Kultur geworden ist, zum Tittytainment einer Gesellschaft, in welcher schon die Bed�rfnisse der Menschen an den chronisch gewordenen Problemen der �berproduktion ausgerichtet werden. W�hrend ihre Zukunft schon durch unaufl�sbare Verschuldungen verkauft ist, sollen sie sich in ihrer Gegenwart noch massenweise durch den Verzehr dieser Produkte vergn�gen. W�hrend sich die Verm�genden ihr gesellschaftliches Unbehagen durch kulturelle Events und Reiz�berflutung vom Hals schaffen, erfahren die Besitzlosen den Niedergang ihrer Lebensperspektiven. Gesellschaftlich treibt da alles auseinander, nichts kommt mehr richtig zusammen. Und doch erg�nzt sich im Zerfall alles auf fatale Weise: Das Wertwachstum funktioniert gerade dann besonders gut, wo aus Vernichtung Wachstum notwendig wird. Und eine Eventkultur bietet eine Alternative zu einer desolaten Politik und gesellschaftlichen Zukunft. Die repr�sentative Demokratie verheddert sich in den Widerspr�chen der Meinungsvielfalt politischer Interpretationen zur Geldwertsicherung. Und die soziale Vorsorge und F�rsorge, sogar der Erhalt der Infrastrukturen scheitert am verf�gbaren Haushaltsvolumen. So ufert der Kampf um die Existenz, sowohl der privaten wie auch der gesellschaftichen, in eine Konkurrenz aus, die allgemein als vernichtend erlebt wird. Der Druck auf die Bev�lkerung w�chst mit der Unl�sbarkeit der Krise. Die Politik kann zur Krisenbew�ltigung nur durch Wiederherstellung einer produktiven Verwertung hinarbeiten, indem der Staat selbst die Wertaneignung aus der Bev�lkerung �bernimmt, durch Nutzung ihrer Sozialvorsorge, ihrer Renten, ihrer Steuern und ihrer Rechte zum Zweck der Wertdeckung und Schuldenfinanzierung. Dass dies alles nicht richtig sein kann, wei� man. Die Rechten beschreien den Untergang des Abendlandes, die Linken sehen den Grund des gesellschaftlichen Debakels im �berfluss des Geldbesitzes der Reichen. Tats�chlich erscheint das Ganze sowohl kulturell als auch wirtschaftlich in einer Abw�rtsspirale der gesellschaftlichen Verh�ltnisse. Doch was macht den wirklichen Zusammenhang des Ganzen aus? Warum werden die Reichen immer reicher, warum die Armen immer hoffnungsloser? Ist es nur die Willk�r ihrer Geschichte?

Die Zusammenh�nge entschwinden in der Zerst�ckelung und Isolation der sozialen Beziehungen. Sie werden immer desolater, je mehr sie im Einzelnen sich voneinander ausschlie�en und abtrennen, je weniger im Allgemeinen ihr wirtschaftlicher Sinn und Zweck erkennbar ist. Und je weniger die Verh�ltnisse realwirtschaftlich zu durchschauen sind, desto unheimlicher erscheinen sie in ihrer Kultur (2). Der Schutz ihrer gro�en Ideale droht die B�rger zu verlassen. Wo die wachsende Kluft ihrer Existenzen und ihres Verm�gens sie auseinandertreibt, kann von sozialer Gerechigkeit keine Rede mehr sein und niemand wird da noch was idealisieren wollen, wo jede Freiheit schwindet und der totalisierte Konkurrenzdruck ihre Gleichheit und Solidarit�t infrage stellt und sich ihre wahre Ungleichheit wie ein neues Lebenschicksal als Bedrohung durch Armut entpuppt (3).

Die Zeiten haben sich ge�ndert. Es ist offenkundig, dass die Ideologien der Idealisten bestenfalls eine Tagtr�umerei sind, der Traum von einer Freiheit, die jeder Notwendigkeit entflohen ist. Aber dennoch sind sie sch�n und n�tzlich, um von den wahren Gr�nden der Zerst�rung abzulenken, um zu zeigen, dass in all den irdischen Versagungen der Gegenwart doch auch ein guter Kern steckt. Man mussnur etwas h�her greifen: Subjektiv verstanden dient ein Ideal dem Sch�nen und Guten in seiner Reinheit. Es ist die Vorstellung einer menschlichen Identit�t als menschliches Wesen, als wahrhaftigstes, innerstes Wesen des Menschen, der an sein "wahres Leben" gemahnt wird und daran auch glauben soll (4).

In der Abw�rtsspirale des gesellschaftlichen Niedergangs werden die Ph�nomene der Entfremdung immer totaler. Und so muss der Appell an die h�heren Wahrheiten auch als eine h�here Weisheit erscheinen, als Medium einer Bereinigung, der Aufhebung einer Entfremdung dienen. Das �bel soll im Ganzen behoben werden, dem wahren menschlichen Leben weichen, das menschliche Wesen aus seiner Weltvergessenheit wieder ans Licht bringen.So hatte es schon der deutsche Philosoph Martin Heidegger formuliert und so haben das auch linke Sozialphilosophen wie z.B. Foucault nachgesprochen. Mit der Wesensbehauptung eines an und f�r sich wahren Lebens k�nnen allerdings nicht mehr die wirklichen Lebensverh�ltnisse gemeint sein. Es ist der Appell an die Pers�nlichkeiten, eine Wahrheit herzustellen, die verschwunden sei, das Urspr�ngliche des Lebens wieder zur Sache der Politik zu machen. Es l�sst sich diese Vorstellung allerdings nur in der Bek�mpfung der Tr�ger von diesem �bel verwirklichen. Und das sind die Menschen, die sich in den idealisierten Vorstellungen vom Menschsein nicht einordnen lassen, weil sie sich leicht als Lebensfremde identifizieren lassen. Und damit gilt dies Fremde nicht mehr als Ph�nomene dieser Kultur sondern als eine Fehlleitung, die aus ihr entfernt werden muss, weil sie eine Gefahr f�r das Leben im Ganzen darstellt.

So baut sich das Ideal als Ressentiment gegen die Individuen auf, die das "wahre Leben" st�ren, die als die Verursacher seiner Entfremdung gelten und von daher das eigentlich wahre, sch�ne und gute, des gesunden Wesens der menschlichen Lebensverh�ltnisse wieder rein ist, wenn sie als Pers�nlichkeiten der Fremde an den Pranger gestellt sind. Durch ihre Entfernung, durch die Bestrafung und �chtung der zur blo�en Bosheit herabgesetzten Entfremdung wird dem Guten auf seinen kulturellen Altar verholfen. Das ist simpel und in einer komplizierten Welt dann wenigstens naheliegend. Nur weil es ein Leben gibt, das hier nicht so wohltuend rein passt, eben weil es ein "falsches Leben" sein muss, sind die Lebensverh�ltnisse dann auch leicht zu bereinigen. Es ist die Weisheit der Ph�nomenologie und die hat ziemlich brutale Konsequenzen.

Wir kennen sie schon aus der alten Geschichte. Das "Deutsche Wesen", an dem die Welt genesen sollte, bestand nicht nur aus Anstand, Sauberkeit und Ordnung, sondern in der Reinheit einer Rasse, der Rasse der Arier, die dieses Wesen zum �bermenschen machen soll, damit die Welt daran gesunden k�nne. Und solch ein wahres Wesen setzt seine wahre Natur voraus, Reinheit in Geist und K�rper. Dem radikalen Idealisten gilt sie schlie�lich als die Natur der Wahrheit des menschlichen Lebens �berhaupt, als seine fundamentalontologische Grundlage, wie es Heidegger genannt hatte.

Vom Edelmut des "wahren Lebens"

Das Unangenehme am Faschismus ist seine aut�rit�re Macht und Gewalt. Das Ungeheuerliche ist sein Ziel, eine vollst�ndig funktionalisierte Gesellschaft durch eine Staatskultur der Vollendung in einem vollendeten Kulturstaat zu errichten. Wenn Faschisten von der Ausrottung der niederen Rassen, des falschen oder lebensunwerten Lebens sprechen, so beschreiben sie ihr Heilsprinzip etwa so, wie ein Operateur �ber k�rperliche Fehlgestaltungen, �ber Tumure und Geschw�lste spricht. In dieser Funktionalit�t sind sie die Profis einer ungeheuerlichen Vision. Die ist kein blo�er Einfall einer fehlgeleitete Psyche. Faschismus hat ganz objektive Voraussetzungen und deshalb k�nnen auch Faschisten wie alle Menschen einen guten oder schlechten Charakter haben, gute Familienv�ter oder wilde Egomanen, Sadisten und machtgeile Monster sein. Das alles macht sie nicht wesentlich aus. Es sind nicht kranke Gem�ter, wie man es im Nachhinein gerne interpretiert, um die Gesundheit der normalen Repr�sentationsverh�ltnisse der Politik hervorzukehren. Nicht ihre Pers�nlichkeit ist au�ergew�hnlich; im Gegenteil: Der ganz normale Lebensalltag des Spie�ers vollzieht sich schon sowieso in den Gewohnheiten einer h�heren Bestimmtheit, in der das h�chste Gut die guten Sitten sind, die Ehre und G�te der platten Gegebenheiten abgeschirmter Lebensburgen. Zu Geboten einer h�heren Welt werden diese als Gesinnung von h�herer Wahrheit, mittels derer das gegenw�rtige Elend dieser Welt aufgehoben werden soll, indem die subjektiven Eigenschaften, die Sittlichkeit einer besseren, einer wahreren Gesellschaft des Gemeinwohls als Charaktereigenschaften altruistischer Motivationen anerzogen werden.

Die Sitten waren aber immer Reflexionen aus kultureller Erfahrung, aus der Vergangenheit. Jetzt sollen sie ein Konstrukt f�r eine Zukunft werden, f�r eine Kultur, die es noch garnicht gibt. Da ist dann alles unsittlich, was nicht f�r eine solche Gesellschaft funktional ist. Fortschritt wird neu definiert. Was nur konservativ war, wird aus ihren Verh�ltnissen isoliert und zur Ma�gabe eines Fortschritts ihrer Ideale. Die Konserve soll lebendig werden, weil darin die Not der Vereinzelung aufgehoben, die falsche Gegenwart �berwunden scheint. Als Glaube an das Kollektiv soll sie den Individualismus mit ihrer idealisierten Sittlichkeit �berwinden, weil dessen Egozentrik das Unheil einer falschen Gesellschaft darstellt.

Aber Altruismus ist die h�chste Form der Selbstsucht, der in die Unendlichkeit verlegte Egoismus. Und da wird der Idealist, der "Gute Mensch" auch mal b�se, wenn seine Gesellschaft nicht funktioniert, wenn eben nicht alle so gut sind, so selbstlos, so gemeinn�tzig wie er. Wenn seine Ideale eine Erl�sung von dieser Welt versprechen, einen Endzweck, eine Endl�sung, so erscheint die Gegenwart nur profan und fl�chtig. Hannah Ahrend nannte es "Die Banalit�t des B�sen", mit der Menschen in der Lage sind, v�llig gleichg�ltig und selbstlos ein Vernichtungssystem zu betreiben, das ihnen als Mittel zu einem guten Zweck notwendig erscheint, einen Idealismus zu vollstrecken, der seine Leblosigkeit auch in der Vernichtung von Leben umsetzen kann, nur weil er es nicht mehr begreifen kann. Dem vorausgesetzt sind die Verh�ltnisse, in denen Menschen entmenscht werden, in denen ihre Sinne aufgebraucht werden, weil sie vollst�ndig in deren Dienst gestellt sind, in die Bestimmung funktionaler Sinne einer abstrakten Sinnlichkeit. In der hoffnungslosen Lage einer perspektivlos gewordenen Welt l�sst dies den Normalb�rger auf die Erl�sung durch eine Gr��e und Masse hoffen, die seinen innersten Wahrnehmungen entspricht, seine entzogen Subjektivit�t in die Welt bringt, die von einer anderen Natur ist, als die Welt, in der er sich permanent von ungewissen M�chten bedroht f�hlt und in der ihm seine Existenzangst und Not unaufl�sbar erscheint. Wenn er keine Chancen f�r sein Auskommen hat, keinen Sinn f�r sein Leben finden kann, bereitet er sich gerne f�r die Dienstleistung an einem gro�en Ganzen auf, in welchem seine Welt unverwundbar erscheinen kann, wenn sich darin nur die gro�e Masse der Menschen einig werden. Wo ihm seine Gesellschaftlichkeit l�ngst entgangen ist hofft er auf die Erl�sung durch die Aufmassung seines Vertrauens in h�here Lebenswahrheiten, die Ideale des Lebens als Macht gegen das B�se (4a). Ideale sind aber nur hervorgehobene Bereinigungen des Wirklichen im Ziel ihrer Verstetigung.

Auf der Empore der politischen Repr�sentation m�ssen sie aber zur Masse der Guten werden, welche erm�chtigt werden sollen das Falsche zu bek�mpfen. Die Rassentheorie ist die dem entsprechende Ideologie, die aus der reinen Rasse, aus der Urspr�nglichkeit eines in seiner Tradition und Geschichte bereinigten "Volkes" den Herrenmenschen bestimmt. Nietzsches "�bermensch" und Schopenhauers "Willenskraft" und Heideggers "Eigentlichkeit" waren die begrifflichen Substanzen, mit denen sich der Nationalsozialismus zu einer h�heren Gesellschaftstheorie veredelte (5). Er wurde hierdurch von blo�en Vorstellungen zu einer allgemein notwendigen Meinung bef�rdert, prominent gemacht und w�hlbar. Und weil sie die Realit�ten der Marktwirtschaft f�r sich zu nutzen verstand, waren die politischen und wirtschaftlichen "Erfolge" der Rassisten und Nationalisten bei ihrer Anwendung sprichw�rtlich umwerfend. Die Staatsverschuldung stellte alles in den Schatten, was bis dahin als vern�nftig galt. Und sie war auf Kriege disponiert, die Schuldenerstattung unn�tig machen sollten.

Repr�sentative Demokratie muss jeder Meinung im Anteil ihrer Menge Recht geben. Ob das Daf�rhalten einer W�hlermeinung aus einem Ideal, einer Vorstellung, einer Zuneigung oder einer Gesinnung entstanden ist, ist ihr nicht anzumerken und es w�re zu sp�t, dies im Nachhinein noch auseinanderzusetzen. Die Wahl kann auch durch eine blo�e Abweisung, aus Abneigungen oder Entstellungen entschieden worden sein. Was z�hlt ist alleine die Anzahl der W�hler, die bei der Wahl ihrer Repr�sentanten ihre Stimme abgeben, gleich wie diese entstanden ist. Die Meinung wird jedenfalls erst zu einem politischen Willen durch die Pers�nlichkeiten, die hierbei aus der Menge der Vielen durch Konzentration auf die Menge der wenigen Personen gew�hlt wurden, die hierf�r aufgetreten. Populismus wird durch Anschaulichkeit immer m�chtiger, wo er allgemeine Vorstellungen in ihrer Einzelheit abhandeln kann.

Nach einer langen Krisenzeit, in der alles Eigene vergangen war, in der Hochzeit der Seinsvergessenheit, bekommt das eigentlichen Leben Hochkonjuktur. Die Gew�hnung an Entgeignung erfand das Leben, das es so nicht gibt, das aber f�r eine jenseitige Identit�t gut war und erschuf ein Prinzip der Erl�sung, das Heil, nach dem diese Welt erzogen werden, bereinigt werden m�sse. Es war die hohe Rede des oberdeutschen Philosophen Martin Heidegger den Martin Buber einmal den "Hitler des Denkens" genannt hatte: Weil die Menschen einer Seinsvergessenheit aufgesessen w�ren und nichts Eigentliches mehr kennen w�rden, sollten sie das wahre Leben, das es nur im Verborgenen gebe, entbergen, seine wahre Natur alsNatur der Wahrheit offenbahren. Er kam damit nahe an das Problem des deutschen Spie�ers heran, der sein Leben nur ante Portas begreifen konnte, bewaffnet mit einem Spie�, mit dem er seinen Besitz, seine Familie, sein Haus und seinen Hof zu verteidigen meinte. Und also wurde der Oberspie�er Heidegger auch umgehend zum Rektor der Freiburger Universit�t und hielt jene "Blut und Boden"-Rede, die bis in die B�cherverbrennung durch die nationalsozialistische Studentenvereinigung nachklang.

Die Gewohnheit der Entfremdung, die Existenz in einer allgemein gewordenen Selbstentfremdung macht Angst vor Fremdem. Weil dieses nur noch etwas Unwahres sein konnte, wurde der B�rger zum Subjekt der Wahrheit und das nicht vorhandene eigene Leben zur rabiaten Grundlage einer Barbarei, die das "eigentliche Leben" nur noch gewaltsam durchzusetzen sucht. Der Rassenwahn zehrt geradezu von der Eigentumslosigkeit der Menschen, dem Neid und der Verzweiflung der Enteigneten, die selbst schon zerst�rt sind und im eigentlichen Leben nur noch �berleben wollen und also �ber das wirkliche Leben hinwegtrampeln, es zu beherrschen suchen und darin nichts anderes betreiben k�nnen, als ihre Zerst�rtheit ihm zu �bertragen, es zum Brennen zu bringen, zu einem politischen Fl�chbrand zu entfachen.

Der politische Wille zum "wahren Leben"

An der Kulturgeschichte des 1000j�hrigen Reiches kannn man es studieren. Es waren nicht die Arbeitsleute, nicht die Arbeiterbewegung, die damit begannen. Es war das Feuer der nazistischen Intelligenzia, welche die Revolution der Rechten in Gang setzten. Aber auch Arbeiter lie�en sich davon anstecken, um mit einer Arbeit f�r das Wohl des Ganzen, des Deutschen Reichs zum Volkshelden zu werden. Doch der deutsche Geist wurde zu allererst aus der deutschen Literatur beschworen, aus der Wesenssuche Nietzsches und Heideggers, aus dem Arbeiter- und Kriegerheldentum mit dem radikalen Subjektivismus des Ernst J�nger und Arthur Schopenhauers ausgeschm�ckt (6). Gegen die Selbstzweifel und die Selbstreflexionen der klassischen Geisteswissenschaften wandte sich der praktische Verstand des "eigentlichen Lebens", der in der Unwahrhaftigkeit, in der Verstellung die Gr�nde f�r die Seinsvergessenheit der Menschen, f�r ihre Gleichg�ltigkeit gegen das wahre Leben, das wahre Volk und den wahren Staat entdeckt haben wollte. Martin Heideggers wandte sich direkt gegen den Niedergang des wesenhaften Geistes, dem wieder zum Licht verholfen werden m�sse. Der Zynismus des Friedrich Nietzsche behauptete sich als die unverstellte Selbsterkenntnis in einer zweifelhaften Welt. Und die Sprachgewalt von Ernst J�nger und die �sthetik der Leni Riefental machte die glatte Sinnlichkeit einer unmittelbaren K�rperkultur zum Faszinosum des nationalsozialistischen Glorienscheins, dem Glanz und Glitter einer allgemein wirksamen Konzentration der Reize durch die Pr�gnanz der Einzelheit. Dagegen meinte der Glaube an das reine Gewissen der deutschen Geschichte jetzt endlich den Juden des Verstandes entdeckt haben, der sich in der Literatur und Wissenschaft sich durch Analyse und Empathie zum Beispiel in der Psychoanalyse entwickelt hatte. Er war nat�rlich eine Bedrohung des Populismus mit der Unmittelbarkeit eines "wahren Lebens" im Heil einer �bermenschlichen Kraft, dem Leben im Kosmos seiner wahren Natur, der h�chsten Gemeinschaft des Lebens, die man sich vorstellen kann. Jeder analytische Verstand kritisiert ja schon implizit eine solche Esoterik. Diese aber ist immer die Grundlage eines identit�ren Denkens.

Dieses Denken ist der vielen Auseiandersetzung, der Streits und der Kritik �berdr�ssig. In der politischen �bersetzung musste es daher auch selbst schon als Ausdruck eines mit sich identischen Lebens gelten, als wahre Unmittelbarkeit einer politischen Positiion. Es musste die Verh�ltnisse in der Selbstbez�glichkeit einer �bergeordneten "Wahrheit" bestimmt werden, in welchem der Einzelne eins mit seiner Gesellschaft ist und mit ihr auch einig zu sein m�sse, damit sie heil bleibe. Gesellschaft wurde also zu einer gedachten Pers�nlichkeit, die sich nicht mehr sachlich, daf�r aber als politischer Wille einer Ganzheit begreifen l�sst. Ihre Einheit konnte nur in der Ganzheit einer Nation als v�lkische Identit�t aufgehen, eine Staatskultur, die wie das Subjekt als kulturelle Identit�t gelten muss. Indem Ma� wie diese bestimmend wird, wird Politik unkritisierbar, politische Auseinandersetzung zum Verrat an der h�heren Wahrheit, Bezichtigung des kritischen Geistes zur Gewohnheit iner Selbstgerechtigkeit, die darin Hochverrat wittert. Bedroht ist dann das wahre Wesen der Deutschen, das v�lkische Germanentum, das um seine ehrliche Arbeit k�mpfende Proletariat und die Rationalit�t des industriellen Fortschritts (7). Kritische Texte in Wissenschaft und Literatur sollten undeutsch sein, die Erkenntnisse der Psychoanalyse und des Marxismus ein gef�hrliches Judenwerk. Sie seien die Geistermacht der Entfremdung vom Ursprung, dem wahren Wesen, welche die Fundamente des "deutschen Geistes", seine nationale Urspr�nglichkeit einrei�en wollten. Deutscher Nationalismus sollte auch deutsch begr�ndet sein - und Juden waren international. Der wahre Deutsche wollte die Pers�nlichkeit der deutschen Kultur als Herrenmensch, die Herrenrasse der Kulturalisierung der Welt sein.

Das "deutsche Wesen" war fast schlagartig und unter der Hand zu einer zentralen Angelegenheit der Deutschen Studentenschaft geworden, die im dritten Monat nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Mai 1933 an 21 deutschen Universit�ten zehntausende Werke verfemter Autoren in einer "Aktion gegen den undeutschen Geist" verbrannten, von vielen tausenden Menschen beklatscht und bejubelt. Es war nicht der Staat, der es dazu gebracht und organisiert hatte. Ereifert hatten sich vor allem Studenten und Bildungsb�rger aus der Mittelschicht. Schon w�hrend der Weimarer Republik herrschte an den deutschen Universit�ten ein deutlich reaktion�rer, chauvinistischer und nationalistischer Geist. Erst hierdurch wurde das �ffentliche Bewusstsein so richtig agil.

Der Populismus der nationalsozialistischen Propaganda verf�hrte sie nicht einfach. Sie sprach ihre Ohnmacht an und traf ihre Sehns�chte. Ihre lange schon von der Weimarer Politik bestimmte Isolation konnte in ein �ffentliches Leben aufbrechen. Sie wurden aufgerufen zum Teil eines sinnvoll scheinenden Ganzen zu werden. Die Deutschen st�rmten geradezu in die NSDAP. �ber anderthalb Millionen Neuzug�nge hatte die Partei in den ersten drei Monaten seit Hitlers Machtergreifung zu verzeichnen. Der Elan der Deutschen Studentenschaft, die 1931 ganz demokratisch gew�hlt worden war, hatte das Feuer der konservativen Revolution entfacht. Sie organisierte in Windeseile die S�uberung aller privaten und �ffentlichen B�chersammlungen von den inkriminierten Werken j�discher, marxistischer, psychoanalytischer und kulturkritischer Autoren und richtete sogar einen Artikeldienst f�r "volksbewusstes Denken und F�hlen im Deutschen Schrifttum" ein. Ihre B�cherverbrennung wurde zwar auch von G�bbels befeuert, war aber dennoch urspr�ngliches Werk aus den Universit�ten des Landes, die den politischen Willen der Intelligenz als Wille des reinen Geistes bekunden und entwickeln wollten. Die Politik verband sich mit der Bildungsmacht der v�lkischen Gesinnung, dem Ausfluss des identit�ren Denkens. Die Professuren der Universit�ten wurden danach ausgerichtet, die Wissenschaften nicht einfach nur durch den Staat, vielmehr aus dem Bed�rfnis ihrer eigenen Selbsveredelung zum Rassismus gezwungen. Der "Wille zur Macht" war schnell zur politischen Macht des Willens geworden - einfach deshalb, weil er sich als das edlere Wollen im Edelmut des "wahren Lebens" der Eliten kleiden konnte.

Das jenseitige Denken und der Traum der Erkenntnis

F�r den Christenmenschen ist das Naschen vom "Baum der Erkenntnis" nicht ohne Grund eine Erbs�nde: Es macht die Einfalt einer h�heren Wahrheit kenntlich. Das Gebotene muss zugleich verboten sein, um ihm einen h�heren Sinn zu verleihen. W�hrend dies allerdings vor allem die Katholiken verinnerlicht haben, hat Martin Luther das Gebot der Wahrheit, die Vernunft des "Pfaffen an das Herz des Laien verkettet" (Marx). Solche Wahrheit verlangt vorauseilenden Gehorsam. Das Erkentnisinteresse mag dabei verschieden sein; es m�ndet aber beides in einer Identit�t, die nicht von dieser Welt ist. So verh�lt es sich auch in den Erkenntnistheorien zwischen idealistischen und rationalistischen Wahrheitsbehauptungen oder Vorstellungen. Wissenschaft sucht das unmittelbar Unbegreifbare zu begreifen, indem sie darin Zusammenh�nge ermittelt. Die Begr�ndungen der Wissenschaft haben eine mehrere tausendj�hrige Tradition. Es ist wie ein Kreisen um den Gehalt einer sinnlichen Gewissheit, die so nicht sein kann, wie sie erscheint.

Es gibt im Ringen um Erkenntnis tats�chlich eine Wahrheitssuche, die sich in den Universit�ten leicht zu einer frei schwebenden Erkenntnistheorie verselbst�ndigt. Es ist die Beziehung von Wesen und Erscheinung, die offenbar in Widerspruch steht und in einem akademisch bestimmten Erkenntnisinteresse entschieden sein soll als empirische oder ideale, als diesseitige oder jenseitige Wahrheit. Wo b�rgerliche Wissenschaft sich noch nicht g�nzlich nur noch auf das Machbare reduziert hat und also als Wissenschaft aufgegeben hat, herrscht bis heute noch ein Erkenntnisinteresse vor, wie es Karl Marx schon in seinen Thesen gegen Ludwig Feuerbach 1845 vorgehalten hatte und als ein jenseitiges Denken bezeichnete und als Problem der Praxis, als praktische Erkenntnis aufzul�sen suchte. Hier war es noch Hegel und Feuerbach, die sich darin verhielten. Marx schrieb:

"Feuerbach l�st das religi�se Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verh�ltnisse. ...

Feuerbach sieht daher nicht, da� das "religi�se Gem�t" selbst ein gesellschaftliches Produkt ist und da� das abstrakte Individuum, das er analysiert, in Wirklichkeit einer bestimmten Gesellschaftsform angeh�rt." (Marx-Engels-Werke Bd.3, S. 5)

Solange Wissenschaft sich nicht selbst als Produkt einer Abstraktion begreift und um ihrer selbst willen abstraktes Denken aufheben will, wird sich in ihrem Erkenntnisinteresse nur weiter verselbst�ndigen k�nnen. Sie bleibt ein "jenseitiges Denken", im Kern theologisch, wenn sie sich nicht in der Kritik des Jenseits, der Kritik des Mystizismus des sich selbst fremden Denkens begreift und die konkreten Verh�ltnisse dieser Abstraktion in der Substanz ihrer Widerspr�chlichkeit ent-deckt. Die wirklichen Widerspr�che kritisieren sich im Grunde selbst, indem sie ihre eigenen Inhalte aneinander aufl�sen und nur ihre Abstraktion entfalten k�nnen. Kritische Theorie muss dies aufkl�ren, um die Notwendigkeit ihrer wirklichen Aufhebung auch darzustellen. Marx hat dies auch entsprechend deutlich formuliert:

"Es wird sich ... zeigen, da� die Welt l�ngst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewu�tsein besitzen mu�, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, da� es sich nicht um einen gro�en Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, da� die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewu�tsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346)

Marx formulierte nach seiner Auseinandersetzung mit Hegel und Feuerbach die Einsicht, dass die Selbstverst�ndigung, welche Philosophie betreibt, sich notwendig zu einem Bewusstsein der praktische Lebenswelt der Menschen entwickeln muss und daher reelle Wissenschaft als Kritik der Hirngespinste und blo�en Vorstellungen, Kritik der ihrer abstrakten Selbstbegr�ndung und Selbstbest�tigung werden m�sse (siehe "Einf�hrung in das Kompendium zum Kapital"). Wissenschaft als kritische Theorie muss sich in der Analyse ihrer Gegenst�nde praktisch aufheben. Eine Ideologiekritik, die sich als Ideologiekritik unmittelbar politisch ins Verh�ltnis zu setzen sucht, bleibt auch als Antiideologie ideologisch, weil sie die gegenst�ndliche Analyse durch eine Wahrheitsbehauptung ersetzt. Ideologie ist erst wirklich aufgehoben wenn sie aus sie aus der Widerspr�chlichkeit der herrschenden Veh�ltnisse erkannt ist, wenn ihre Gedankenabstraktionen als Ausdruck realer Abstraktionen erkannt sind. Ohne die Kritik ihrer wirklichen Gr�nde wird sie zu einer kritischen Gesinnung, die ihren wahren Grund durch ihre blo�e Wahrheitsbehauptung verloren und nur die Falschheit der Welt, ihre Unwahrheit zu beklagen hat.

Ideologiekritik als Kritik der falschen Ideale

Man mag eine verkehrte Welt als falsch bezeichnen, aber unwahr ist sie deshalb nicht. Man muss die Verkehrung ja nur beschreiben, um sie auch in ihrer Wahrheit erkl�ren zu k�nnen. Es gibt keine Wahrheit als Wirklichkeit, wohl aber wahre Erkenntnisse der Wirklichkeit, wenn T�uschungen entt�uscht und als Verkehrungen aufgekl�rt werden. T�uschend wahr sind viele Ideologien, wenn sie ein Moment der Wirklichkeit als ein Ganzes behaupten, das darin wahr sein soll. Nat�rlich gibt es sowohl die Momente als auch das Ganze, in denen sie wirken. Doch in der Identifizierung des Einzelnen mit dem Ganzen werden sie zur L�ge.

Aufkl�rung kann Verborgenes ent-decken. Als Ideologie der Vernunft des Ganzen kann sie es auch wieder verstecken. Einigkeit und Recht und Freiheit sei die Vernunft der Marktwirtschaft, wird da behauptet. Ihr innerstes Prinzip, ihre selbstt�tige Logik allein k�nne daf�r wie eine unsichtbare Hand sorgen, durch die es sich der Warentausch zum Wohle aller wie von selbst abregelt, hei�t die Ideologie, die Liberalismus und Neoliberalimus unisono absondern. Und tats�chlich gibt es eine Gleichheit der Menschen, wo sie ihre Waren vergleichen und ihren Wert bemessen, und sie sind frei f�r alles M�gliche, solange sie ein allgemeines Tauschmittel besitzen, und sie sind sich einig, stehen in einem gemeinschaftlichen Interesse, wenn sie austauschen, was der eine braucht und der andere nicht. Doch sie tauschen nur, weil ihre Existenz v�llig verschieden ist, weil die einen das allgemeine Vergleichsmittel Geld haben, die anderen aber nur eine Ware, die sich um den Vergleich bewerben muss, um an das Geld zu gelangen, durch das alleine sie existieren k�nnen. Das Allgemeine ist die aufgehobene Not des Einzelnen, seine wirkliche Notwendung und daher immer m�chtiger als dieses. Auch die Freiheit, etwas zu erwerben kehrt sich immer wieder um in die Notwendigkeit, selbst etwas zu verkaufen, und sei es die eigene Arbeitskraft. Doch nicht diese Wechselseitigkeit macht Ideologie aus, sondern die Abtrennung des positiven Moments und dessen Idealisierung zu einer Ganzheit, die ihre Relativit�t verdeckt und ihre Negation leugnet. Damit vertauscht sie vor allem eine Abstraktion mit einem konkreten Verh�ltnis, dem sie entnommen ist und macht eine Besonderheit darin allgemein. Dies abstrakt Allgemeine mag noch eine blo�e Gedankenabstraktion sein. Real ist sie, wo es sie auch wirklich gibt, wo also das Geld auch in Wirklichkeit alle Realisierungspotenziale des W�nschens hat und die Dinge austauschbar, also wirklich gleich sind. Von daher l�sst sich in der Ideologie auch verkehrte Wirklichkeit erkennen, wenn ihr Wirklichkeit als Realabstraktion erkennbar gemacht wird. Das macht eine dahin gehende Analyse m�glich, die im Identischen Eigenes und Fremdes unterscheidet und die Abstraktion als Substanz einer Entfremdung blo�stellt.

Die Kraft gegen die Ideologie steckt in der Analyse, wenn sie die richtigen Momente eines Ganzen in ihrem Zusammenhang erkennt. Sie beruht darin, dass sie im Begreifen der Unterschiede eine Selbstentfremdung nicht nur theoretisch aufl�st, sondern auch praktisch und leidenschaftlich aufhebbar macht. Es ist nicht die Wahrheit eines Lebens, die damit erreichbar wird, sondern die Aufhebung einer falschen Identifikation, die dem Leben gerade dort ein Fortkommen er�ffnet, wo es durch die ewigen Kreisl�ufe idealisierter Widerspr�che versperrt ist.

Es ist gleich, ob eine Politik sich um eine Wahrheit bem�ht oder ob sie eine Falschheit bek�mpft: Als Politik einer blo�en Repr�sentanz bleibt dies abstrakt und damit blo�er Wille, der auf einer h�heren Gesinnung sich begr�nden muss, weil er sich in der Abstraktion zu verhalten hat und nur in seiner Ideologie unterschiedlich und zwischen Regierung und Opposition aufgeteilt ist (7a). Dessen Hoheit setzt eine Allgemeinheit voraus, die einer realen Notwendigkeit ganz allgemein entspricht und die zugleich von ihren wirklichen Widerspr�chen abstrahiert. Politik versteht sich von selbst als ein ideales Verhalten gegen die M�ngel dieser Welt. Es ist ihre abstrakte Allgemeinheit die auch gedanklich legitimiert und also abgeleitet ist und vorstellbar gemacht wurde, entweder aus einer Religion, einer Esoterik oder einer Philososophie. Es sind die Vorstellungen von einer guten und sch�nen Welt, die umso dringlicher wird, je mehr das Elend auf dieser Welt w�chst.

Der politische Wille resultiert aus dem allgemeinen Anspruch dieser Vorstellung. Er artikuliert sich als ein allgemeines Gebot das einen Imperativ formuliert, der die Aufhebung der Fehler dieser Welt behauptet, wenn sie von jedem einzelnen Handeln unmittelbar befolgt wird. Es ist von daher eine politische Moral unterstellt, die durch pers�nlichen Einsatz eine allgemeine Ver�nderung verspricht, wenn sie wie ein kategorischer Imperativ begriffen wird. Doch dessen Kategorien sind blo� vorgestellte Verallgemeinerungen, die lediglich f�r das Selbstbewusstsein des politis chen Willens n�tig sind. Indem sie in ihrer Moral eine wirklich allgemeine Not aufgehoben vorstellen verk�rpern sie doch nur eine sehr selbstbezogene Moral der Politik, indem sie deren L�cher f�llt und den Anschein eines besseren Bewusstseins verleiht. Hegel hatte das trefflich formuliert als er sagte: "Ein geflickter Strumpf mag besser sein als einer mit Loch. Nicht so das Selbstbewusstsein". Politik will dadurch vern�nftig erscheinen, dass sie das N�tige ihrem Gebot unterstellt. Und das N�tige wird sich ihm f�gen, weil es sich immer f�gen, in die Gegebenheiten einfinden muss. Und der m�ndige B�rger sieht sich darin best�rkt, dass er das gew�hlt zu haben vermeint, was die Not behoben hat. Wenn nicht, dann wird er anders w�hlen, denn in seiner W�hlermeinung soll schlie�lich auch seine M�ndigkeit als Stimme eines allgemeinen Willen selbstbewusst dargestellt gelten. So geht das ja schon seit der Zeit der Aufkl�rung. Was n�tig ist das f�gt sich aber immer. Erscheint es jedoch als Verwirklichung eines politschen Willens, so wird es in dieser Konsequenz zur Basis eines politischen Totalitarismus, der die Not der Menschen nutzt, um seine Politik als allgemeine Notwendigkeit zu verfestigen.

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen"

Adorno wollte die Illusionen eines "eigentlichen Lebens" mit seinem ungl�cklichen Satz "Es gibt kein richtiges Leben im falschen" kritisieren und wurde sich dabei nicht gewahr, dass er damit eben genau dessen Totalit�tsanspruch befolgte. Es gibt verkehrte Lebensverh�ltnisse. Aber ein falsches Leben gibt es nicht, weil es auch kein richtiges Leben geben kann, weil Leben immer schon wahr ist, auch wenn es Fehler hat (8). Obwohl er sich gegen den Totalitarismus aufgestellt hatte, schrieb er den totalit�rsten Satz, den man �berhaupt schreiben kann, weil er eben kulturkritischer Philosoph bleiben wollte. Richtig und falsch sind Urteile der Reflexion, nicht in sich selbst begr�ndbar. In sich selbst begr�ndet aber ist die Verkehrung der gesellschaftlichen Verh�ltnisse, wie sie von Marx in der Wertform dargelegt worden war. Darin entfremdet sich die Sache der Menschen, die ihr Produkt und Gegenstand ihrer Bed�rfnisse ist, durch die Allgemeinheit ihrer einzelnen Relationen im reinen Wertquantum, das ihnen nur abstrakt gegen�ber tritt und als real wirksame Abstraktion ihre Verh�ltnisse bestimmt, sich ihnen im gesellschaftlichen Verhalten der Sachen entzieht und �ber sie als eine ihnen fremde Objektivit�t m�chtig wird. Weil die Waren damit den Glanz einer �bersinnlichen Macht bekommen, nannte dies Marx einen Warenfetischismus. Adorno, der sich gerade darin auf Marx beziehen wollte, ihn aber nur subjektiv verstand, sah darin die Verdinglichung der Menschen und verabsolutierte auf groteske Art und Weise damit gerade die Verkehrung, die Marx als Wirklichkeit kritisierte. Adorno behauptete damit n�mlich, dass sich Menschen sich selbst zur Sache machen lie�en, sich selbst darin verga�en, die doch ihnen eigentlich nur negativ als blo�er Schein, als reine Unwahrheit entgegenst�nde. Damit aber war die gegenst�ndliche Wirksamkeit eines abtrakt Allgemeinen, also die allgemeine Wirklichkeit einer Abstraktion im Verh�ltnis der Waren, unter der Hand zu einem subjektiven Versagen aufgel�st, de facto zum Fehler von Menschen entwirklicht, die sich von ihrem "wahren Leben" entfernen und einer an und f�r sich objektiv vorausgesetzten Sachwelt jenseits aller Subjektivit�t �berantworten, weil sie ihrer Verf�hrung durch den "Massengeschmack" einer Kulturindustrie ("Minima Moralia", Aphorismus 131) unterlagen, weil sie nur ihren Fetisch, ein Symbol ihres Lebens sich als "falsches Leben" zum Lebensinhalt machten. So hatte er den Warenfetischismus, wie ihn Marx analysiert hatte, leider v�llig missverstanden. Was f�r ihn falsche Leben in einem verdinglichten Bewusstsein war, war bei Marx eine Kritik verkehrter Lebensverh�ltnisse.

Es war mit dieser Symbolisierung die marxistische Kritik der Philosophie zur Wolke eines Vorwurfs gegen die Menschen regrediert, der den m�ndigen Menschen einklagt. Adorno f�llt damit auf die Aufkl�rung, auf den Appell an den vern�nftigen Menschen zur�ck, der sich Rechenschaft �ber sein Unvernunft zu geben hat, wie sie ja letztlich mit dem politischen Wille definiert ist. Nicht die Logik einer entfremdeten Sache, sondern die Unvernunft der Menschen, ihre Ergebenheit in die Verschleierung unmenschlicher Verh�ltnisse ist der Gegenstand seines Erkenntnisinteresses. Nicht das Bewusstsein verkehrter Verh�ltnisse sollte diese aufheben, sondern ein wahres Bewusstsein sollte als Wissen um die Wahrheit die Verh�ltnisse des Lebens bestimmen. Und dessen Wahrheit, die laut Adorno" nicht von dieser Welt" sein kann, musste das Wissen um seine Negation im Diesseits sein. Die negative Dialektik Adornos blieb an der Aufkl�rung kleben, die sie kritisieren wollte, wenn auch in einer weit sublimeren, weil v�llig abgehobenen Rationalit�t. Sie unterstellt ja gerade das, was sie kritisiert, als Notwendigkeit: menschliche Identit�t, als Wahrheit, die in dieser falschen Welt nicht sein kann. Dass diese Wirklichkeit zugleich unwirklich ist, dass sie also in der Tat einen Widerspruch vollzieht, wird bei Adorno zum Gegensatz einer Negation zur Wirklichkeit, wie sie nur gedacht sein kann. Von daher impliziert das die Forderung nach einem Wesen, das nicht ist, unterstellt also �hnlich wie Heidegger, dem er mit Recht einen "Jargon einer Eigentlichkeit" vorwirft, ein unwesentliches Dasein, das durch wesentliches Sein erst aufgehoben werden k�nne. Und er leugnet damit die widerspr�chliche Wirklichkeit, welche nach Marx �berhaupt erst die Bedingungen der Produktivit�t enth�lt, durch welche die Menschen die Entfremdung ihres Lebens, die Enteignung ihrer Lebenkraft und Lebensszeit auch wirklich aufheben k�nnen. Adorno verbleibt in der Grundlage einer klassischen Theologie, in der Lebensphilosophie eines unerf�llten Lebens, und behauptet damit dessen Aufl�sung in der Verwirklichung des Gedankens eines wahren Lebens, also durch die Wahrhaftigkeit des Denkens.

Die philosophische Verdopplung der Kritik der politischen �konomie zu einer Philosophie der Verdinglichung, mit der sich Adorno auf Marx beziehen wollte und die als psychophilosophische Aufkl�rung gegen ein fetischisiertes Bewusstsein des gew�hnlichen B�rgers angewandt wurde, trieb eigenartige Bl�ten in einem eitlen Denken, das �berall nur falsches Denken zu vereiteln hatte. Es sprach ja nicht den im Kapitalismus eingeb�rgerten Menschen an, sondern sprach vor allem f�r sich selbst, indem es sich gegen das falsche Leben der Anderen wandte. Daf�r konnte es nun als eine besondere Sensibilit�t auftreten und sich gegen den rohen Verstand der Gewaltt�tigen wie in einem Dom der reinen Erkenntnis behaupten, ohne sich als neue Theologie der h�heren Wahrheit erkennen zu m�ssen. Man musste den Marxismus zumindest textuell nicht aufgeben, auch wenn man ihn nur noch als "dornenreicher Weg der Selbstverwirklichung" (Hegel) abfeierte.

Die Populisten einer neuen Marxlekt�re, die Wertkritiker und Antideutsche, hatten aber gerade mal wieder diese Art von Kulturkritik neu entdeckt und wollten Marx darin einbetten. Nach dem das Desaster des Arbeiter- und Bauernstaates �ffentlich erkennbar vorlag, bem�hte man sich auch von marxistischer Seite zu analysieren, warum diese Form des Staatskapitalismus am Ende einer einf�ltigen Marxismusinterpretation stand. Aber man wollte diese Einfalt nicht innerhalb der Arbeiterbewegung als ein Fehler begreifen, wie ihn Marx schon zur Gr�ndung der SPD in seiner Kritik des Gothaer Programms formuliert hatte, sondern bei Marx selbst. Er sollte damit �berwunden werden, dass man ihn "postmarxistisch" uminterpretierte und seine Kritik der Marktwirtschaft mit einem esoterischen Marxismus vertauschte. Die Wertkritik kokettierte mit dem Einfall, dass Wert selbst schon Ideologie sei, weil die Wirklichkeit von diesem nur ideell bestimmt, eine Halluzination des fetichisierten Bewustseins sei. Das brachte die K�mpfer f�r die h�here Wahrheit, die nun radikales Denken genannt wurde, dazu, Wertkritik selbst nur noch als Ideologiekritik zu betreiben und damit die analytischen Fundamente des wissenschaftlichen Sozialismus, insbesondere die Arbeitswerttheorie zu untergraben. Damit wurde die Wahrheitsfrage einer verselbst�ndigten Intelligenz nun zum Etikett einer blo� gedachten Wertabstraktion, in die blo�e Psychologie eines neu interpretierten Warenfetischismus aufgel�st, zur Kritik eines Bewusstseins, das nicht nur dem notwendigen Schein einer verkehrten Wirklichkeit folgt und ihr unterworfen ist, sondern selbst einem falschen Leben huldigt, und dies im Inbegriff einer Barbarei, die es selbst zu verantworten h�tte. Durch solchen "Postmarxismus" wurde Adorno zum Tr�ger einer neuen linken Identit�t (9) und daraus wurde schlie�lich, was draus werden musste: Eine Religion der Linken, die einen begrifflichen Totalitarismus betrieb, der bis heute immer noch existiert und immer noch in verschiedenen Gruppierungen - besonders in Berlin und Wien - als Wertkritik und antideutsche Bewegung fortbesteht.

Die Kulturalisierung des politischen Willens

Die sogenannte Antideutsche Bewegung, in der sich viele Hochschul- und Antifagruppen eingefunden hatten, existiert heute eher nur noch in Seminaren und elit�ren Treffen, in denen sie sich als intellektuelle Avantgarde abfeiern. Aber begr�ndet hatten sie sich mit der Kritik des deutschen Chauvinismus (10) seit dem Mauerfall und eben auch gegen die Allmachtsfantasien des gehobenen B�rgertums und seiner Vers�hnlichkeit mit dem politischen Willen der b�rgerlichen Kultur und deren impliziten Totalitarismus. Aber die emanzipatorische Bewegung war mit Adorno, der sie begr�nden sollte, zugleich gegenstandslos und zu einem Streben nach einer wahren Identit�t geworden, die nur jenseits dieser Kultur der Falschheit (11) m�glich sei. Das Nachdenken �ber deutsche Geschichte und Politik war abgeschafft, weil sie an sich durch Ausschwitz schlichtweg undenkbar sei, so hatte es Adorno ja geschrieben. Den Deutschen wurde damit im Grunde die F�higkeit zu einer geschichtlichen Emanzipation schlicht abgesprochen. Und so war das Ende einer emanzipatorischen Bewegung mit dem Undenkbaren dieser Gesellschaft eingel�utet, die letztlich blo�e Erscheinung einer Unwahrheit sei (12). Die Deutsche Eitelkeit war nun in ihrer Negativform wiedererstanden als deutsche Negation der Deutschen, als letztliche Wirklichkeitsform der adornitischen negativen Dialektik. Und das wurde zum Verh�ngnis einer Bewegung der 90ger Jahre, die nach dem Zusammenbruch des sogenannten Realsozialismus ihr Verh�ltnis zum Marxismus �berdenken wollte. Mit der Einf�hrung eines negativen Seinsverst�ndnisses war jeder Wirklichkeitsbezug aufgel�st und unn�tig, weil die Negation als blo� Gedachtes dann nur total sein kann, ein Gedanke, der keiner ist. Totalitarismus ist immer eine doppelte Negation, die f�r sich geschlossen sein will, ein Ganzes, das es noch nicht gibt.

Wahrheit als kritische Kategorie des Widerstands macht ihn immer zu einer Religion, zu einer Verbundenheit allerh�chster Werte, die f�r sich unfassbar und undenkbar sind (13). Und gerade dadurch, dass Adorno in Ausschwitz das "Undenkbare" erkannt haben wollte, versetzte er den Anspruch auf ein "richtiges Leben", die Emp�rung des Bildungsb�rgers gegen die Niederungen der Menschheit, an die Stelle einer Analyse der "Banalit�t des B�sen", wie Hannah Ahrend die Stumpfheit des nazistischen Funktionalismus bezeichnete, diese Ausregelung der allgemeinen Gleichg�ltigkeit einer selbstlos gewordenen Masse, welche die Grundlage einer v�lkischen Massenpsyche war. Diese allerdings ist durchaus denkbar, wenn man ihre Implikationen erkennt.

Eine Gesellschaft, die in den Teufelskreis einer bodenlos gewordenen Krise geraten ist, die keinen wirtschaftlich substanzierten Wert mehr entwickelt, scheitert auch in ihren kultirellen Werten und ihren politischen Formationen. Und gerade in diesem allgemeinen Selbstaufhebungsprozess, in welchem auch der Staat in seiner Funktionalit�t von seinen politischen Repr�sentanten entt�uscht werden muss, in dieser politischen und �konomischen Sinnentleerung, identifiziert sich eine unwissende Bev�lkerung um so mehr mit ihrer Nationalit�t, je mehr der Staat disfunktional wird. Und mit den Kr�cken eines ideelen, eines blo� gedachten Staatsganzen entsteht eine allgemeine und abstrakte Identit�t als Staatskultur, der jede andere Kultur unterworfen werden muss (14). Gerade in dieser Sitiation ist Bewusstseinsbildung unabdingbar, um zu verhindern, dass aus Unwissen Bewusttlosigkeit entsteht, das verabsolutierte Gef�hl einer Ohnmacht, die ja schon auch die wirklich Existenz ausmacht.

Jeder Begrifflichkeit, die sich rassistisch, nationalistisch und antisemitisch verfasst, ist der an sein Elend gewohnte und von der gesellschaftlichen Entwicklung wirklich isolierte und ihr unterworfene Mensch vorausgesetzt. Ihn gibt es l�ngst vor dem gesellschaftlichen Zusammenbruch. Man h�tte in die faschistoide Begriffsbildung auch l�ngst eingreifen k�nnen, gerade wenn die eigene Intelligenz so tragend und r�hmlich wirksam sein soll. Die Kulturkritik des Faschismus kann sich nicht auf Ideologiekritik der Werte und Sprache der Faschisten reduzieren. Sie verlangt ein wirkliches Verhalten, ein Eingreifen in die Zerst�ckelungen und Vereinzelungen und Herabsetzung von Menschen in Verh�ltnisssen, durch die sie existenziell, personell und kulturell enteignet werden. Und das kann nur ein konkretes Verhalten in den sozialen Zusammenh�ngen sein, die sie noch haben und die durch fremde Aneignungsmacht bedroht sind.

Durch die eitle Abkehr von der Lebenspraxis der Menschen geriet f�r die ideologiekritische Linke Israel zum Garanten einer Wahrheit, "die nicht von dieser Welt ist" (15) und die es auch nicht sein muss. Israel war ja l�ngst schon ein Brennpunkt der Nachkriegspolitik, die sich auf Ausschwitz bezog. Und so fand eine gegenstandslose Ideologiekritik ein politische Subjekt, das f�r alles stehen konnte, was sich jenseits der hie�igen Kultur befindet, was als reine Negation des deutschen Nationalismus formalisiert werden kann. Das ist tats�chlich der h�chste denkbare Nationalismus, den man eigentlich nur aus dem Faschismus heraus, eben als absolut selbstlose Prinzipienhaftigkeit kennt. Der darauf gr�ndendende Antiislamismusund Belizismus lie� sich daher auch leicht mit einem wieder belebten Rassismus vermengen und wurde zur peinlichen Wiederholung eines deutsch formatierten Rassismus, der in seiner Negation nun h�chte, nein allerh�chste G�te bekommen sollte. Das schafft ganz eigenartige Identifikationen, die von der neuen Rechten auch begierig aufgegriffen werden.

Inzwischen wird die "Dialektik der Aufkl�rung" auch schon von einer Website der Rechten zitiert, die bedauert, dass dieses "kritische Potenzial der Linken" nicht konsequent von Rechts her weiter entwickelt wu rde (16). Und ein einstiger Wortgewaltiger der Antideutschen, Henrik M. Broder, immerhin ein anerkannter Publizist und Zyniker, der dies l�ngst begriffen hat, hat sich schon zum Sprachrohr einer rechten Intelligenzia gemausert, die sich auf vielen entsprechenden Webseiten auf ihn bezieht, wie es auch schon der norwegische Massenm�rder Andersch Breivick getan hatte. In der ganzen Breite der rechten Szenerie ist man sich immerhin schon zumindest in einem krassen Antiislamismus einig und einer Abscheu vor den "Kulturmarxisten" und "Gutmenschen", die als Protagonisten einer "Polical Correctness" aufgef�hrt werden, die man der 68ger-Bewegung zurechnet und heute an der Regierungsmacht w�hnt.

Die "Identit�re Bewegung"

Die neue Eigentlichkeit tritt nicht mehr als soziale Doktrin auf, sondern als Identit�t einer neuen Generation, die sich dem sozialen Prinzip ihrer Eltern entgegenstellt. Nicht als Autorit�t wird deren Generation angesehen, sondern als Versager, als "Gutmenschen", die sich nur noch politisch korrekt vefrhalten wollen und sich in den politischen Gremien hinter den Anspr�chen ihrer politischen Vergangenheit verstecken. Sie w�rden sich nicht mehr um das wirkliche Leben k�mmern, h�tten dazu nichts mehr zu sagen, weil sie sich nur noch um Randprobleme und Rangruppen bem�hen. Die allgemeinen Verwerfungen der Kultur sei ihnen dabei entgangen, vor allem die Infiltration und Vermischung durch Multi-Kulturalismus.

Kein Sozialwesen, keine Gemeinschaft verbindet diese Geretation, sondern eine neue kulturelle Identit�t. Der Kampf der Kulturen, wie er in der Theorie stattfand, hat sich dadurch er�brigt, dass man sich seine eigene Kultur zusammenbaut und f�r sie k�mpft. Die Sehnsucht nach einer eigenen Wirklichkeit, die einer neu erstellten Identit�t der Ausgegrenzten entspricht, treibt eine Europ�ische Bewegung um, die sich folgerichtig "Identit�re Bewegung" nennt (17). Auch diese Haltung tritt kulturkritisch auf und wendet sich in Stil und Text direkt an die europ�ische Jugend (18), die zu einem betr�chtlichen Teil arbeitslos ist. Ein Aufstand der Jugend will sie sein (19), gegen Gewalt, gegen Fremde, gegen Nazis und gegen die sogenannten "Kulturmarxisten" der 68ger Bewegung. Und viele der �ber 100 Gruppierungen aus der rechte Szene beziehen sich auf sie, zumindest per Verlinkung auf ihren Webseiten. Sie k�nnte zumindest f�r die Jugend zum Sammelbecken einer rechten Subkultur werden. Das liegt nicht nur an ihren Aktivit�ten in den St�dten und auch nicht nur an ihrem Szenendesign. Ihre Botschaften treffen die Gef�hle einer globalisierten Kultur, die Entfremdung einer Gesellschaft der Geldverwertung von ihrer Geschichte und den kommenden Generationen, die Vernichtung und Beherrschung ihrer Zukunft, die im Konsumismus des Tittytainments geraubte Identit�t oder kurzum: Die Sinnlosigkeit und Niedertr�chtigkeit einer nur noch geldwertig agierenden Gesellschaft. Deren Bedrohungslage wird als Fremdkultur einer selbsts�chtigen Luxusgesellschaft begriffen, die mit dem Liberalismus einer Multi-Kulti-Generation den Zusammenhalt der Menschen zerst�rt habe. Ihr Auftritt ist modern und bestimmt, auch wo sie v�llig unbestimmt beliebt. Aber ihre Botschaft ist klar:

"Wir sind Kinder dieser Zeit und K�nder einer neuen Zeit. Wir sind das Signal zu eurem Abtritt."

audio: http://identitaere-bewegung.de/?p=1268

"Wir sind die identit�re Generation! Die fetten Jahre sind vorbei und wir ernten was ihr uns ges�ht habt. Ihr habt uns in ein Land hineingeboren, das auf eine Katastrophe zusteuert. Wohin wir auch blicken - Krisen. Wohin wir uns auch wenden - Leere.

Wir glauben eure Utopien nicht mehr. Wir vertrauen euch nicht mehr. Wir wollen keine internationalistischen Weltordnungen, keine Masseneinwanderungen, keine haltlose Globalisierung, keine Multikultiprojekte mehr. Wir wollen Heimat, Freiheit und Tradition!

Wir sind Kinder dieser Zeit und K�nder einer neuen Zeit. Wir sind das Signal zu eurem Abtritt."

Der Vorwurf ist derselbe: Man muss den Schuldigen ausgrenzen, denn er hat die Unwahrhaftigkeit des Lebens, das nur noch aufgezwungen begriffen wird, zu verantworten. Um das eigentliche Leben zu finden muss man ihn absondern. Es soll aber das fremde nur auf sich selbst verwiesen werden, den unterschiedlichen Interessen und Kulturen in eigene Lebensr�ume verwiesenen werden. Ethnoplurailismus nennt man das (20). Was auf diese Weise fast liberal formuliert ist, kaschiert einen Antiislamismus, der alle Muslime ausgrenzt, weil sie ja keine eindeutige Ethnie, de facto also kulturunf�hig seien.

Es ist das alte Lied des Kulturalismus: Das Problem sind die anderen, die Fremden und Abartigen. Nicht die Verbilligung der Arbeitskraft und das auf dem Weltmarkt produzierte Elend der armen L�nder soll es sein, nicht die Zerteilung der Menschen in isolierte Existenzen, die darin nur ohnm�chtig bleiben k�nnen, solange ihre Selbstverst�ndigung nicht m�glich ist. Es m�ssen sinnf�llige Feinde ausgemacht werden, damit zumindest die Selbstgef�hle aus ihrer Ohnmacht herauskommen und sich am Anderssein veredeln k�nnen. Es werden aus den Unterschieden der Kulturen Monster gebildet, populistisch im Ressentiment umgesetzt und die Eigendefinition einer richtigen Kultur gegen die fremde gesetzt, indem die wirklich vorhandenen Konflikte einen Kulturstatus bekommen. Es muss der Feind lediglich in dieser Form identifiziert werden, heute nicht mehr in der j�dischen, sondern in der muslimischen Kultur und man entdeckt dort, was man schon aus eigener Geschichte zur Gen�ge kennt und was man jetzt nur noch dort entdecken und bek�mpfen will: Terror, militante Gewalt, Autoritarismus, Schwulen- und Frauenfeindlichkeit und anderes mehr.

Das Ziel dieser Ressentiments ist ein Staat, der einer politischen Gef�hlswelt, einer gef�hlten Identit�t folge leistet und den Durchsatz solcher Selbstgef�hle als Gesinnungsgef�hl f�r eine Staatskultur befestigt. Auch das kennt man schon lange. Allerdings sind die Mittel hierf�r inzwischen selbst schon totaler geworden. Die Kommunikationstechniken k�nnen dies bef�rdern, indem sie dazu dienen, die Menschen durch die Kulturalisierung ihrer Probleme vollst�ndig zu beherrschen und in den Menschenpark der Staatskultur eines Kulturstaats zu sperren. Sie k�nnen aber auch ganz im Gegenteil dazu verhelfen, eine wirkliche Auseinandersetzung der Menschen um ihre Lebensbedingungen zu bef�rdern.

Ob der politische Wille von linken oder rechten Kulturvorstellungen bestimmt wird, bleibt sich irgendwann gleich, wenn er totalit�r wird (21). Und das wird er durch die Kulturalisierung selbst schon. Die Abgrenzung durch Gef�hle und vermeintliche Identit�ten blenden die Geschichte aus, in die sie nur wirklich eingreifen k�nnen, wenn sie in die Auseiandersetzungen vor Ort treten, die politische Macht der Eigentumstitel, der Haus- und Grundbesitzer, der Ressourcenbeschaffung und Geldverwertung, - nicht in den abgeschotteten R�umen der Repr�sentation sondern im �ffentlichen Raum. Kulturell werden solche Auseinandersetzungen durch Ressentiments nur verf�lscht. Der Kampf der Kulturen, wo es ihn �berhaupt gibt, ist ein Kampf der Ressentiments. Es ist daher n�tig, die Kulturen des politischen Willens mit einer Kritik der politischen Kultur zu beantworten und eine Kultur der Menschen dadurch zu erreichen, dass man sie entpolitisiert und sie als geschichtlich notwendige Form der gesellschaftlichen Auseinandersetzung dort verwirklicht und umsetzt, wo sie stattfindet.

 

(1) Was wir der politischen Entscheidung an Wirksamkeit beigeben, h�ngt davon ab, wie wir Geschichte verstehen. Besteht sie nur aus der Folge von einzelnen Momenten, die ihre Wirkung erst im Nachhinein zeigen, oder aus dem Schicksal des in die Welt geworfenen Menschen, der seine M�ndigkeit best�ndig beweisen muss, oder aus einer Seinsbestimmung, aus ewigen Wahrheiten in der die Menschen determiniert sind und nur hiernach handeln k�nnen oder vielleicht auch doch nur aus einem Streben nach Vollendung, nach einer "h�heren Wahrheit"? Was macht ihr "Erfolg" aus? Stehen Gott und Vaterland auf der rechten, Emanzipation und Fortschritt auf der linken Seite und wir alle dazwischen?

(2) W�hrend die Menschen in ihr Heim fl�chten und im Vertrauten ihre heile Welt finden, reduzieren die Wissenschaften ihre Erkenntnisse auf die blo�en Ph�nomene, folgen ihrer Einzelheit blind in ihrer Faktizit�t und leiten hieraus bestenfalls Reparaturvorschl�ge f�r ihre Funktionalit�t ab. Kunst reduziert sich auf ihre �sthetik und beschw�rt einen Wesensmythos des Augenscheins und der Intellekt verhilft sich im Nihilismus des abstrakten Begriffs. Jeder Event er�ffnet schrankenlose Phantasien und Erlebnisse, welche die Last der Ungewissheit ersetzen sollen; jeder Reiz wird zum Anreiz einer Scheinwelt, in der sich die Schwere bodenloser Abgr�nde verliert und Ursprungssehnsucht sich gestalten l�sst wie ein Himmelreich auf Erden. Je endloser die Probleme erscheinen, desto inniger entsteht im kulturellen Rauschen ein Raunen des Unendlichen, einer ewigen Geschichte der Runen und Gottheiten, vor allem die Mythologie einer Heilserwartung.

Adolf Hitler faszinierte einen gro�en Teil der Deutschen nicht nur, weil er Erl�sung aus verrotteten Verh�ltnissen und den Endsieg �ber das B�se versprach, sondern weil er ihnen das wahre Leben als Wohlfahrt einer in sich geschlossenen Nation, als Macht einer in der Nation unterstelten Ganzheit definierte, in der sich ihre Ohnmacht aufheben w�rde, wenn sie sich darin nur vergemeinschaften w�rden, sich in ihrer G�te zusammenf�nden wie in einem Verein der Guten. Die Ordnungsmacht der nationalen Eintracht sei die Notwendigkeit und Bedingung ihrer Befreiung, wenn sie sich ihr nur unterwerfen w�rden.

Wo sie �berhaupt um ihr �berleben unter Bedingungen zu k�mpfen hatten, wo nur noch der Augenblick entscheidet, ob sie gerade mal Arbeit finden oder einen guten Deal machen konnten, erschien ein solcher Verein auch tats�chlich n�tig, um den gesellschaftlichen Verwertungsbruch zu flicken, durch einen Kraftakt der Bew�ltigung die auseinanderstrebenden Individualit�ten wieder produktiv zu vereinen, sie zum Volkgenossen durch Gleichschaltung ihrer Notwendigkeiten in einem Staatsinteresse zu unterwerfen. Und so zwingend dies erschien, so gewaltsam musste dies dann auch ergehen, in einer politischen und rechtlichen Herrschaft des Progroms und der Beschuldigung aufgehen. Es ist ein R�ckfall in feudale Verh�ltnisse, aber die haben eben auch ein wirkliches Schuldverh�ltnis zur Grundlage, die absolute Staatsverschuldung und Bankenkrise.

(3) Wie war das doch noch, als Friedrich Schiller geschrieben hatte:

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und w�rd' er in Ketten geboren,

Aber die Abtrennung der Freiheit aus ihren wirklichen Verh�ltnissen hatte dies damals schon zu einer idealistischen Phrase gemacht, die sich notwendig selbst widerspicht. Derselbe Schiller hatte den Freiheitskampf auch zu einen Kampf um das Recht eigener Notwendigkeit beschworen. Der "K�mpfer f�r die Freiheit" ist idealerweise eben immer auch schon der M�chtige von morgen. Idealismus bewegt und ern�hrt ihn so, wie Friedrich von Schiller folgerichtig auch zum Dichter der Kriegerehre geworden war, als er 1797 schrieb:

Wohlauf, Kameraden, aufs Pferd,
Ins Feld in die Freiheit gezogen!
Im Felde da ist der Mann noch was wert,
Da wird ihm das Herz noch gewogen;
Da tritt kein anderer f�r ihn ein,
Auf sich selber steht er da ganz allein.
Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist,
Man sieht nur Herren und Knechte;
Die Falschheit herrschet, die Hinterlist,
Bei dem feigen Menschengeschlechte:
Der dem Tod ins Angesicht schauen kann,
Der Soldat allein ist der freie Mann!
Friedrich von Schiller, 1797

(4) Dass wir eine Verst�ndigung �ber das suchen, was menschliches Leben ist, weist daraufhin, dass wir es nicht f�r selbstverst�ndlich halten, dass Leben und Nichtleben, Leben und Tod so eindeutig unterscheidbar sind. Die Philsosophie hat dies zu einer Frage der Wahrheit gemacht, zu einer Theorie des Ursprungs und Grundes des wahren Lebens oder, wie Adorno das nannte, zu einer "Lehre des richtigen Lebens". Nach ihm und der Philosophie des Denkens �berhaupt blieb dieses nach wie vor Ma�stab der Wahrheit und erhaben �ber die Falschheit.

Die N�te und Widerspr�che der Welt werden so zu ihrem "Fehler�. Um sie zu �ndern, bedarf es innerhalb der Philosophie des intellektuellen Entschlusses als Wille, das "richtige Leben� gegen "das Falsche� zu schaffen. Und weil solche intellektuelle Politik nur aus dem Willen zur Ver�nderung der Welt besteht, ist sie selbst als deren Alternative auch an die Vorausgesetztheit der Welt �berhaupt gebunden.

(4a) Ein Staat, der Menschen ausgrenzt bis zur Ausrottung und Vernichtung w�re nicht w�hlbar, wenn er nicht als Notwendigkeit vermittelt wird, wenn nicht eine Theorie der Not die Ausgrenzung notwendig erscheinen l�sst. Sie entsteht in einer Not, welche die ganze Gesellschaft betrifft und der Idealist wird gew�hlt, gerade weil er nicht auf diese Welt reflektiert, sondern einem h�heren Gebot dient, das nicht von dieser Welt ist. Aber der Bezug auf diese Not ist doppelb�dig und hinterh�ltig. Einerseits gibt er sich als jenseitige Wahrheit der Bereinigung aus dem Diesseits; andererseits will er damit jeden Menschen zwingen, diese Gesellschaft als Notgemeinschaft zu retten. "Alle Deutsche sind in einem Boot" hatte Adolf Hitler proklamiert und er hat alles getan, um dieses Boot zu einer Trutzburg mit einer 1000j�hrigen Existenzgarantie, als gesellschaftliche Befestigungsanlage der deutschen B�rger auszustatten, sie alle zu Burgherren, zum wahren B�rger ihrer Welt machen. Er musste diese Gemeinschaft lediglich zum nationales Eigentum machen, sie zum Allgemeingut der Deutschen kultivieren, zur Hochkultur eines Deutschen Reiches, zur Staatskultur eines Kulturstaats, einer Kultur des "wahren Lebens", des eigentlichen Lebens.

(5) Es unterstellt ein wahres Menschsein aus der k�rperlichen Integrit�t der Personen. Der "wahre Mensch" sei der Unverf�lschte, die unverstellte Pers�nlichkeit, die reinen Geist und reines Blut h�tte: Der wahre Blut und Boden des Menschseins. Friedrich Nietzsche hatte die Begrifflichkeit der Aufkl�rung dahin kritisiert, dass sie nur ein Geb�lk der Begriffe, eine h�lzerne Rationalit�t zu bieten h�tte, die das wahre Leben nur verstellen w�rde. "Erkenne dich selbst!" war seine Entgegenhaltung: "Sei lebendig!". Und damit hat er die Selbsterkenntnis als politische Emanzipation gegen die Verstellungen der b�rgerlichen Kultur als Grundlage seiner Kulturkritik aufgebracht und der Welt der Denker und K�nstler eine hohe Aufgabe darin zugewiesen. Menschliche Subjektivit�t sei die menschliche Identit�t, das "wahre Leben" schlechthin, der sich die Rationalit�t der Aufkl�rung durch ihre abgehobene Objektivit�t entziehen w�rde. In diesem Gegensatz zur Vernunft des aufgekl�rten Menschen hatte zuvor schon Arthur Schopenhauer die Kraft des Willens als Kraft einer allgemein menschlichen und zugleich pers�nlichen Identit�t entdeckt. Gegen die Herrschaft der aufgekl�rten Vernunft sei die ungez�gelte Anarchie der Vorstellungskraft in der Bildung eines Willens die Kraft der Freiheit gegen die Beschr�nktheiten b�rgerlicher Existenz. Der Wille sei als welten�bergreifende Lebens�u�erung dieser Kraft der letztliche Grund menschlicher Geschichte �berhaupt. Damit war der politische Wille selbst zum geschichtsbildenenden Prinzip erhoben, die pers�nliche Entscheidung der Politiker zu einem geschichtsbildenden Urteil und die Lebensverh�ltnisse der Menschen als deren ureigenstes Produkt behauptet und anerkannt. Die Geschichte wurde zu einem Gebilde der Vorstellungskraft und der Durchsetzungsf�higkeit ihrer politischen Protagonisten, zur Geschichte der m�chtigen Pers�nlichkeiten.

Aus Schopenhauers "Welt als Wille und Vorstellung" wurde bei Adolf Hitler der Wille zur Macht und die Macht des Willens zum Heilsprinzip, das er in seiner Dramaturgie als faschistischen Ethos und Populismus verstand. Es wurde auf diese Weise ein gigantisches Versprechen zum Prinzip einer Staatskultur, die eine Endl�sung der Verwerfungen der b�rgerlichen Gesellschaft durch radikale Disziplinierung der Vorstellungskraft zur v�lkischen Gesinnung abverlangte. Es wurde der deutsche Weg der Befreiung, der Nationalsozialismus.

(6) Das Dreigestirn Friedrich Nietzsche, Ernst J�nger und Martin Heidegger als Grundlage nationalsozialistischer Ideologie

"Wie Heidegger im 1945 (!) geschriebenen und 1983 postum ver�ffentlichten Nachtrag zur �Rektoratsrede� ausdr�cklich bekundet, hatte er gleich nach Erscheinen zusammen mit seinem Assistenten Brock und wiederholt mit Kollegen im Wintersemester 1939/40, als er die Nietzsche-Vorlesung �Der europ�ische Nihilismus� h�lt, J�ngers 1932 � im Vorjahr der �Machtergreifung� � erschienenes Buch �Der Arbeiter� und dessen Aufsatz �Die totale Mobilmachung� von 1930 gelesen.

Just in der Zeit der wiederholten Lekt�re J�ngers ver�ndert sich Heideg- gers Wahrheitsbegriff durch die Zentralisierung des �Willen zur Macht�- Gedankens und der Thematisierung des Nihilismus als das in der Folge inter- pretierte seinsgeschichtliche Geschick des nachsokratischen Abendlandes. � Dies wird auch durch die j�ngste Nachla�-Publikation Heideggers gezeigt, in der das Nihilismus-Thema in den Mittelpunkt ger�ckt ist. � Eindeutig belegt wird die Verbindung (Heidegger selbst zufolge) durch den w�hrend der Jahre 1936�1946 geschriebenen Text ��berwindung der Metaphysik�, wo Heidegger im zweiten der achtundzwanzig Abschnitte auf J�ngers Schrift hinweist: �[D]ie Arbeit�, so ist dort in bezug auf die besagte Publikation zu lesen, �gelangt jetzt in den metaphysischen Rang der unbedingten Ver- gegenst�ndlichung alles Anwesenden, das im Willen zum Willen west.�

J�nger hatte 1932 eine heraufkommende Zeitenwende angek�ndigt, die er dann 1956 im Buch �An der Zeitmauer� � unter Beibehaltung des Topos und wiederum in bezug auf Nietzsche � in die astrologisch-esoterische Dimension entr�ckte. Neben pr�zisen Analysen, beispielsweise die der � an Benjamin erinnernden � reprotechnischen Massenkultur, welche heute noch ihre Geltung bewahrt haben, wird in �Der Arbeiter� ein neuer universaler Stand prophezeit, der die drei alten St�nde abl�sen werde. Dies sei eben der des �Arbeiters�, von dem man im eigentlichen Sinne nicht mehr als �Stand� sprechen k�nne, da er universal sei: Grenzen, Gesinnungen und selbst T�tigkeiten �bergreifend. Es bestehe �vor allem ein Unterschied des Ranges�. Dadurch stehe er � der �Arbeiter� � dem �B�rger�, von dem die platonische Definition der drei St�nde ausgeht, im ganzen anders geartet gegen�ber.

Neben dem Zeitph�nomen der schon in der Mehrzahl befindlichen Fabrikarbeiter, deren Empirizit�t seine These belegen soll und wodurch J�nger die St�rke des marxistischen Ansatzes f�r die � heute sogenannte � �konservative Revolution� zu nutzen wei�, glaubt er eine Vorform des �Arbeiters� in Nietzsches Idee vom ��bermenschen� zu erkennen:

Vertreter des Arbeiters [...] sind ebensowohl die h�chsten Steigerungen des Einzelnen, wie sie bereits fr�h im �bermenschen [und zwar durch das Medium des b�rgerlichen Individuums hindurch] geahnt worden sind [...].

Dies sei die F�hrerfigur, die daran erkannt werde, �da� er [sc. der F�hrer] der erste Diener, der erste Soldat, der erste Arbeiter ist�, also die Vereinigung der Attribute der alten St�nde in einem neuen �Typus�. Auch dieser erkenne � gleich zu Heideggers Darstellung � die h�chste Form der �Freiheit� in der �Notwendigkeit� bzw. kennt der �Typus [...] keine Diktatur, weil Freiheit und Gehorsam f�r ihn identisch sind�." (aus http://sammelpunkt.philo.at:8080/1211/1/GuenzelLinien.pdf)

(7) zu Nietzsche:

"Nietzsche verk�rperte die Verbindung literarisch: In der schon angesprochenen Rahmenhandlung f�r seine �Bildungs�-Vortr�ge, bestehend aus Ver- satzst�cken von Erinnerungen an seine Studentenzeit, treffen sich zwei Studenten � von denen einer Nietzsche ist �, um einen Ehrentag gemeinsam und in Abgeschiedenheit zu zelebrieren. Dort werden sie allerdings von einem alten Philosophen und seinem Gehilfen in ihrer Zweisamkeit gest�rt. Die Studenten wollten den Nachmittag mit Zielschie�en verbringen und werden nun durch das Dozieren des Philosophen �ber das klassische Bildungsideal � exakt im Sinne der Aussagen in der Einleitung Nietzsches zur Druckfassung � davon abgehalten.

Nietzsche doppelt sich durch diese Erz�hlung geschickt in einen � von ihm in der Erz�hlung selbst gespielten �, welcher der F�hrung bedarf, und einen � durch den �reifen� Philosophen vertreten, in dem Ross Wagner zu erkennen glaubt �, der zu f�hren f�hig ist. Am Ende ist die gesuchte �pr�stabilierte Harmonie� zwischen beiden in Figuren dramatisierter Begriffe erreicht, die sich in dem Anspruch des siebenundzwanzigj�hrigen Basler Professors zuvor bereits schon vereinigt finden.

Zur�ck zu J�nger: Beide �Gleichnisse der Gestalt des Arbeiters�, arbeiten- der F�hrer wie gef�hrter Arbeiter, �sind�, so J�nger, �an der Vernichtung der alten Wertungen beteiligt�. �Der Wille zur totalen Diktatur [erkennt] sich im Spiegel einer neuen Ordnung als der Wille zur Totalen Mobilmachung [...].� Wie eine �Landkarte� sei diese Ordnung �ber die �Landschaft� gelegt, aus der sie �Bedeutung gewinnt�: �So ist auch die Gestalt des Arbeiters tiefer und ruhender in das Sein gebettet als alle Gleichnisse und Ordnungen [...].�

Heidegger nun nimmt J�ngers Bahnung direkt auf:

Was Ernst J�nger in den Gedanken von Herrschaft und Gestalt des Arbei ters denkt und im Lichte dieses Gedankens sieht, ist die universale Herr- schaft des Willens zur Macht innerhalb der planetarisch gesehenen Ge- schichte. In dieser Wirklichkeit steht heute Alles, mag es Kommunismus hei�en oder Faschismus oder Weltdemokratie.

Der Einebnung von linker und rechter Diktatur und wiederum Gleichsetzung beider mit der sich nach 1945 erneut konstituierenden Idee einer � in Heideggers Augen von �Amerika� ausgehenden � universalen und egalit�ren Ver- pflichtung zum Weltb�rgertum entspricht direkt J�ngers Deutung des �Willen zur Macht� als einer Doppelform von Wissen als Wissen-Wollen bzw. als �Willen zur Wahrheit� und der �Wahrheit selbst als einen Ausdruck des Willens zur Macht�. Sie entspricht aber auch Nietzsches Meinung von Demokratie, wenn sie diese nicht gar unterbietet. So unterschreibt J�nger beispielsweise im November 1933 die von �Dichtern und K�nstlern� initiierte Unterst�tzung des Austritts aus dem V�lkerbund durch die Reichsregierung.

Das neue �Menschentum�, teilt Heidegger seinen Studenten nach Kriegs- ausbruch in seiner Nietzsche-Vorlesung 1940 im Geiste J�ngers mit,88 soll nicht mehr nur �Panzerwagen, Flugzeuge und Nachrichtenger�te besitzen�, sondern vom Wesen der Technik sich ganz beherrschen [lassen], um so gerade selbst die einzelnen technischen Vorg�nge und M�glichkeiten zu lenken und zu n�tzen. Der unbedingten �machinalen �konomie� ist im Sinne der Metaphysik Nietzsches nur der �bermensch gem�� [...].

Genau vierundzwanzig Stunden vor der �Rektoratsrede�, die Heideggers gut einj�hrige Amtszeit einl�utete, hatte er den zehnj�hrigen Todestag des Prototyps des Arbeiters vor den Freiburger Studenten zelebriert, des Helden des Ersten Weltkriegs aus der Provinz: Albert Leo Schlageter. Und fast ein halbes Jahr nach der �Rektoratsrede� erfolgt am 25. November die Immatrikulationsrede �Der deutsche Student als Arbeiter�, worin Heidegger die Studenten zum �Arbeitsdienst� aufruft." (aus http://sammelpunkt.philo.at:8080/1211/1/GuenzelLinien.pdf)

(7a) Repr�sentation ist schon selbst eine falsche Identifikation, weil die Repr�ntanten sich selbstverst�ndlich von dem abheben m�ssen, was sie repr�sentieren. Repr�sentative Demokratie ist daher auch nur die Demokratie der Repr�sentation. Nur deren Politikerinnen und Politiker k�nnen glauben, dass sie um die Wahrheit k�mpfen, wenn sie politische Ziele verfolgen, weil sie in Wahrheit um die Ziele ihrer Klasse k�mpfen.

(8)Solche Lebensbewertungen sind immer Anma�ungen, die auch heute wieder g�ngig sind, wenn von einem gelungenen und von einem misslungenen Leben die Rede ist. Fehler bestehen nicht daraus, dass man falsch lebt, sondern dass man etwas falsch macht, das man auch richtig machen k�nnte. Fehler bleiben immer einzeln und gegenst�ndlich.

(9) Der philosophische Intellekt stellt sich zwischen die Alternativen, beurteilt Wahrheit und T�uschung und setzt hieraus den n�tigen Willen gegen die Affirmation des Falschen. Die Alternative dazu liegt im politischen Willen. Aber dieser ist dadurch auch schon Teil der Affirmation. Denn er muss leugnen, dass er sich �berhaupt nur gegen das begr�ndet, was au�er ihm existiert und was daher auch seine Existenz ausmacht. Marx hatte dies am deutlichsten formuliert:

"Indem die Philosophie als Wille sich gegen die erscheinende Welt herauskehrt, ist das System zu einer abstrakten Totalit�t herabgesetzt, d.h. es ist zu einer Seite der Welt geworden, der eine andere gegen�bersteht. Sein Verh�ltnis zur Welt ist ein Reflexionsverh�ltnis. Begeistet mit dem Trieb, sich zu verwirklichen, tritt es in Spannung gegen anderes ... So ergibt sich die Konsequenz, da� das Philosophisch-Werden der Welt zugleich ein Weltlich-Werden der Philosophie, da� ihre Verwirklichung zugleich ihr Verlust, da�, was sie nach au�en bek�mpft, ihr eigener innerer Mangel ist, da� gerade im Kampfe sie selbst in die Sch�den verf�llt, die sie am Gegenteil als Sch�den bek�mpft, und da� sie diese Sch�den erst aufhebt, indem sie in dieselben verf�llt. Was ihr entgegentritt und was sie bek�mpft, ist immer dasselbe, was sie ist, nur mit.umgekehrten Faktoren." (MEW 40, S. 328)

(10) Die Antideutschen und der Antiislamismus

"Ihren Ursprung hatte diese ideologische Str�mung in der "Radikalen Linken" (RL), die sich in den Jahren 1989 bis 1991 in Westdeutschland unter der Losung "Kraft der Negation" den Kampf gegen den wieder erstarkenden deutschen Nationalismus auf die Fahnen schrieb. Die RL schaffte es, mittels popul�rer Parolen kurzzeitig die Mehrzahl der linken Politprominenz der Bundesrepublik um sich zu scharen - von gestandenen Parteikommunisten, �ber Noch- oder Nichtmehr-Gr�nen bis hin zu autonomen Strassenk�mpfern. Nachdem die "Niewieder-Deutschland-Kampagne" im besoffenen Wiedervereinigungstaumel des Jahres 1990 jedoch wirkungslos verpufft war, setzte ein rapider Zerfall der RL ein, der Anfang 1992 zu ihrer Aufl�sung f�hrte. Ein Teil der verbliebenen Zusammenh�nge - haupts�chlich Autoren des Monatsmagazins konkret sowie die vom "Kommunistischen Bund" abgespaltene "gruppe K" - nahm w�hrend des ersten Weltordnungskrieges gegen den Irak im Jahr 1991 Partei f�r die Angreifer. Die damaligen Argumente f�r den Frontwechsel ehemals radikaler Systemgegner �berraschten sowohl durch ihre erstaunliche D�rftigkeit als auch dadurch, dass die frischgebackenen Bellizisten es tats�chlich schafften, eine absurde Debatte in die Reihen der Linken hineinzutragen: Deutschland gleich b�se, also Israel gleich gut; Irak gegen Israel, also Saddam gleich Hitler; USA gegen Saddam, also Krieg gleich antifaschistischer Kampf." (Junge Welt vom 18.10.2003, Wochenendbeilage )

(11) Das schon zitierte Papier "Das Konzept Materialismus" beklagt die Undenkbarkeit des Kapitalverh�ltnisses, die daran l�ge, dass diese Gesellschaftsform unvern�nftig und unlogisch sei:

"Die Kapitalisierung der Gesellschaft wurde machbar, weil sie undenkbar war. Sie wurde Praxis, weil sie im Jenseits von Theorie und Philosophie lag. Sie wurde zum Alltag, weil sie dies Jenseits brachte, gerade weil ihr die Transsubstantiation der n�tzlichen Dinge in Ware & Geld & Kapital so m�helos gelang wie noch nie einer Religion die Verwandlung des Weins in das Blut Christi: Eine Gesellschaft, die sinnliche, n�tzliche Dinge in Geld und damit abstrakten Reichtum so verwandeln kann wie nur Jesus das Wasser in den Wein, eine Gesellschaft, die zwar verkehrt ist und so falsch wie alle ihre Vorl�ufer, deren synthetisches Prinzip sich jedoch durch diese Verkehrung hindurch auf sich selbst bezieht, eine Gesellschaft, die zwar so unwahr und falsch war wie die Geschichte, aus der sie entband, deren Falschheit jedoch als die dogmatisch geltende Wahrheit ihrer selbst autorit�r sich bezeugt � eine Gesellschaft mithin, die es irgendwie fertig bringt, ihre logische Unm�glichkeit als historisch praktische Wirklichkeit zu setzen.

(12) In einem Grundlagenpapier der Antideutschen Bewegung "Das Konzept Materialismus" von der antideutschen "Initiative Sozialistisches Forum" hei�t es:

"Das Denken ist Erscheinung eines als das Unwesen zu dechiffrierenden Wesens, das ohne diese seine Erscheinung nicht sein k�nnte: Es ist die Bestimmung dieses Wesens, zu erscheinen, um zu sein. Das Denken ist keine �Ableitung� minderer G�te und Qualit�t � es ist Erscheinung des Wesens in seiner sich an sich selbst verh�llenden Qualit�t. Es produziert �notwendig falsches Bewu�tsein�, weil keine andere Form des Bewu�tseins einer in sich verkehrten Gesellschaft zu haben ist, weil anders denn notwendig falsch der Wert als negative Synthesis nicht in Gedanken zu bringen ist, weil anders der Wert als Inbegriff der Identit�t von Identit�t und Nichtidentit�t nicht in einen Kopf passen mag."

(13) �hnlich verh�lt es sich mit den Antideutschen, die aus dem Imperativ Adornos, "Denken und Handeln so einzurichten, da� Ausschwitz nicht sich wiederhole", die bedingungslose Forderung ableitete, den Staat Israel in allem zu best�rken, was dieser betreibt, ganz gleich, wie dies auch begr�ndet ist und mit welchen Mitteln er dies durchsetzt.

(14) Was in Deutschland wirklich Angst machen kann, ist die Prinzipienhaftigkeit, mit der auf die Probleme von Menschen und Institutionen reagiert wird. Sie ist die Grundlage einer vollst�ndig verwalteten Gesellschaft, die nicht mehr in der Lage ist, ihre Prinzipien an ihrer Wirklichkeit zu relativieren. Das zeigte sich auch wieder mal ganz �ffentlich an der Beschr�nktheit des M�nchner Landgerichts, das nicht in der Lage war, eine absurde Regelung f�r den Zugang zum Gericht aufzugeben und den von ihm Betroffenen auch eine entsprechende Teilhabe zu sichern. Das Gericht muss sich sch�tzen gegen die Anmutung, dass ihm die Beziehung zu einem lapidaren Sachverhalt abhanden gekommen ist, dass es "Inkompetenz" offenbaren w�rde, wenn es seine Regeln ausbessert und dass es dadurch inkorrekt, also disfunktional w�rde. Die eigene Begrifflichkeit zeigt sich dann eben auch in ihrer Abgel�stheit von der Sache. Die Verkn�pfung einer Regel mit der Selbstgerechtigkeit eines Verhaltens gegen die Notwendigkeiten einer Beziehung offenbart die Versagensangst eines verselbst�ndigten Verh�ltnisses.

(15) Adorno:

"Wahr ist nur, was nicht von dieser Welt ist." (Adorno, "�sthetische Theorie", Suhrkamp, S. 335)

(16) In einem rechten Blog auf der http://www.sezession.de/36242/links-das-prinzip-illusionismus.html schrieb Heino Bosselmann:

"Man sollte sich von rechts Gedanken �ber die Linke machen. Vielleicht sogar Sorgen. Denn vom kritischen Potential her ist die intellektuelle Linke hervorragend ausgestattet. ... Tragisch, da� die politisch pr�sente Linke an dieses Potential kaum ankn�pft, sondern weitestgehend in der Konsensgesellschaft aufgeht und deren propagandistischen Erregungsfrequenzen, etwa dem mystifizierten Kampf gegen Rechts, auf eine Weise folgt, die nicht mehr politisch, sondern eher folkloristisch anmutet.

Weshalb scheint die intellektuelle Linke so am Ende, weshalb beschr�nkt sie sich auf Gesten und Theaterdonner? Ihre verh�ngnisvolle Illusion besteht darin, pauschal und kritiklos einem im Sinne des Als-ob hochgehaltenen Verm�chtnis der Aufkl�rung zu folgen, ohne je willens zu sein, auch nur deren eignen selbstkritischen Proze� � mindestens �ber Max Weber, die Frankfurter Schule, Georges Bateilles u. a. � zur Kenntnis zu nehmen." (http://www.sezession.de/36242/links-das-prinzip-illusionismus.html)

(17) "Das Ziel der identit�ren Bewegung ist die totale Umw�lzung und Ausl�ftung dieser stickigen, giftigen Atmosph�re. Wir wollen eine kulturell-geistige Revolution, die Werte wie Tradition, Heimat, Familie, Kultur, Volk, Staat, Ordnung, Sch�nheit u.v.m. wieder zu positiven, erstrebenswerten Begriffen statt zum Gegenstand f�r�s Kabarett und die PC-Inquisitoren macht. Im Gegenzug daf�r wollen und werden wir die Dogmen der herrschenden Zivilreligion und ihre tragikomischen J�nger gnadenlos verarschen und in der Luft zerrei�en. Sie sind l�cherlich, erb�rmlich, abgelebt, ideenlos und nicht in der Lage, die kommenden Probleme zu l�sen. Auf allen Ebenen glauben sie, dass Probleme, wenn man sie nur ignoriert oder sch�nredet, sowie jene, die eben diese Probleme ansprechen, einfach von selbst verschwinden. Sie palavern �ber ihre l�cherlichen, jenseitigen Gender- und Schulddebatten wie die Weisen von Konstantinopel �ber das Geschlecht von Engeln, w�hrend die Osmanen bereits die Stadtmauern st�rmten. Sie haben uns nichts mehr zu sagen, sie haben nichts mehr zu schaffen, ihre hohe Zeit ist vorbei. Sie k�nnen nur noch samt ihrer hochtrabenden, fehlgeschlagenen Utopien abtreten und uns Junge, die identit�re Generation, ans Ruder lassen! Unser Ziel ist also eine geistig-kulturelle Revolution der Jugend, im Namen unserer ethnokulturellen Identit�t, gegen die verkn�cherten, alten Hohepriester der Multikulti-Utopie, die den Karren an die Wand gefahren haben!" http://identitaere-bewegung.de/?page_id=38

Statt Adorno hilft hier Kierkegaard, der hier ebenso tiefgr�ndig zitiert wird. Der meint es ganz konkret, wenn er schreibt:

�Ich bin wieder ich selbst. Dieses �Selbst�, das ein anderer nicht auf der Landstra�e auflesen w�rde, besitze ich wiederum. Die Spaltung, die in meinem Wesen war, ist aufgehoben.... Meine Befreiung ist sicher, ich bin zu mir selbst geboren.� (Kierkegaard)

Der Dichter und Philosoph adelt das Bed�rfnis nach Innerlichkeit, das nicht minder religi�s ist wie das nach einem "wahren Leben". Es geht aber hier um eine ganz praktische Selbstbeziehung, die das Gl�ck der Rechten verspricht: Die innere Vereinigung mit sich, die in einer gespaltenen Welt allgemein ebenso n�tig erscheinen kann, wie eine abstrakte Wahrheit. Wo die Trennung von den wirklichen gesellschaftliche Lebensverh�ltnissen vollzogen ist, da stiftet jede Beziehung eine Wahrheit von eigener Art. Hier geht es jetzt um handfeste Sinnlichkeit, mit der Identit�t im Selbstgef�hl erreichbar scheint, die Identifikation mit einer Kultur der Eigenheiten, der abendl�ndischen Sitten und Religionen, dem Boden der Heimat, der inzwischen ganz Europa umfasst.

(18) Die Identit�ren

"Wir sind der Wandel der Zeit, wir sind der Wind der Bewegung, die n�chste Generation. Wir sind die Antwort auf euch, denn wir sind eure Kinder.

Entwurzelt und orientierungslos habt ihr uns in diese Welt geworfen, ohne uns zu sagen wohin wir gehen sollen, wo unser Weg liegt. Und alles was uns Orientierung h�tte geben k�nnen, habt ihr zerst�rt. Die Religion habt ihr zertr�mmert und so finden nur wenige von uns in den Tr�mmern dieser Gesellschaft noch Zuflucht.

Den Staat habt ihr entwertet, und so will niemand von uns mehr dem Ganzen dienen.
Die Familien habt ihr entzweit, und so sind Scheidung, Streit und Gewalt unsere �heimische Idylle� geworden. Die Liebe habt ihr reduziert, und so bleibt uns statt tiefer Verbundenheit nur der animalische Trieb. Die Wirtschaft habt ihr ruiniert, und so erben wir euren Berg von Schulden.

Ihr habt alles und jeden hinterfragt und kritisiert, und somit glauben wir an nichts und niemanden mehr. Ihr habt uns keine Werte gelassen, und doch werft ihr uns heute vor amoralisch zu sein?

Aber das sind wir nicht.

Ihr habt euch selbst eine Utopie versprochen, eine friedliche, multikulturelle Gesellschaft des Wohlstands und der Toleranz. Wir sind die Erben dieser Utopie, und unsere Realit�t sieht anders aus. Euren Frieden erkauft ihr euch mit immer neuen Schulden. Euren Wohlstand sehen wir heute in ganz Europa verschwinden. Eure multikulturelle Gesellschaft bedeutet f�r uns nur Hass und Gewalt.
Und im Namen eurer Toleranz jagt ihr alle, die euch kritisieren und nennt dabei die Gejagten intolerant. Wir haben es so satt!"

http://identitaere-bewegung.de/?page_id=35

(19) Die Identit�ren artikulieren den Anspruch einer neuen Generation, die ihre Kultur Identit�t stiftend nutzt. Und das kommt an. Von Frankreich als "Generation identitaire" ausgehend breitet sie sich inzwischen auch in Deutschland, �sterreich, Italien, Portugal und Spanien in einem rasanten Tempo aus. Seit dem ersten Treffen in Deutschland am 1.12.2012 hat sie schon in 46 St�dten Gruppen gegr�ndet, die zumindest im Internet auftreten. Obwohl sie sich von den Neonazis abgrenzt haben sich viele Anh�nger der NPD darin eingefunden (siehe http://www.youtube.com/watch?v=tchOxrSDgZY). In k�rzester Zeit hat sie z.B. in Bremen 290 Fans bekommen. Und sie beherrscht zumindest die zeitgem��en Kulturtechniken weit besser als jede andere politische Gruppierung. Mit Pop und Pep funktioniert ihre Botschaft, die sehr grundlegende Positionen transportiert. Mit Pop, Blogs, Plakaten, Aufklebern, Flashmobs und direkten Aktionen wirbt die Identit�re Bewegung um eine junge Zielgruppe. Gew�hlt werden Aktionsformen der Spa�guerilla. �berhaupt betten die Identit�ren ihre Botschaften gerne in (popul�r-) kulturelle Bez�ge ein. So sind Motive aus dem Blockbuster �Avatar� beliebter Bestandteil von Fotomontagen der Identit�ren. Auch hier wird eine scheinbare Parallele zwischen Filmhandlung und Position der Identit�ren aufgebaut: Das reine Naturvolk, das sich gegen die feindliche Invasion wehrt. Die Benutzung dieser bekannten und popul�ren Figuren soll die Anschlussf�higkeit der Identit�ren vergr��ern.

(20) Es geht der identit�ren Bewegung um die Wiederherstellung einer nationalen und europ�ischen kulturellen Identit�t, in der sich die unterschiedlichen Kulturen entmischen und separat sein sollen. Ethnopluralismus nennt man das und es ist ganz allgemein eine Ideologie der Neuen Rechten, deren Vertreter eine kulturelle Homogenit�t von Staaten und Gesellschaften nach �Ethnien� anstreben. Dabei definieren sie Ethnien nicht wie im Biologismus nach ihrer Abstammung, sondern nach ihrer Zugeh�rigkeit zu einer �Kultur�, um sie so von �Fremden� zu unterscheiden. Einfl�sse der als �fremd� betrachteten Gesellschaften werden als Gef�hrdung der �eigenen Identit�t� verstanden; Fremdenangst gilt als nat�rliche Reaktion darauf. Anstelle von historisch durch den nationalsozialistischen V�lkermord belasteten Begriffen wie �Lebensraum� sprechen Ethnopluralisten von �angestammten Territorien der V�lker�. Die Parole �100 % Identit�t � 0% Rassismus� klingt erst einmal unverf�nglich. Dass die Parole nur als Deckmantel f�r antimuslimischen Rassismus dient, wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Er versteckt sich hinter dem Alarmismus, dass"Europa auf dem Spiel" st�nde, weil "rassistische Gewalt" gegen "Heimat, Freiheit und Tradition" ver�bt w�rde. Es nur die neue Fassung der Besorgnis um den Untergang des Abendlandes und dass sich Deutschland abschaffen w�rde, wie Thilo Sarrazin es nannte.

(21)Rechte und linke politische Str�mungen waren sich auch fr�her schon in einer antikapitalistische Ideologie darin einig, dass das Kapital die Menschen unterdr�cken w�rde, dass es seine ungez�gelte Gier sei, die den Menschen das nehmen w�rde, was sie eigentlich verdient h�tten. Nat�rlich wird das Kapital von Personden durchgesetzt, die auf Profit gieren, aber es ist dadurch noch lange keine Pers�nlichkeit der Gier. Weil es seinem Verwertungstrieb folgen muss, der einem immanenten Sachzwang der konkurrierenden Einzelkapitale entspringt, gr�ndet es auf den sachlichen Gebotenheiten des Warentauschs, die schon existieren, bevor es auf dem Waren- und Arbeitsmarkt in Erscheinung tritt. Es handelt vor allem einer Sachlogik folgend, die nicht einfach zuf�llig und willk�rlich aus pers�nlichem Interese betrieben wird. Dass die Ausbeutung der Menschen in der Verf�gung �ber ihre Lebens- und Arbeitszeit verl�uft, ist mit Gier nicht erkl�rt. Sie resultiert aus der Konkurrenz und dem Risiko der M�rkte und treibt die Menschen ganz allgemein an die Grenze ihrer Existenzf�higkeit.