Unheil: Unterschied zwischen den Versionen

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Was S. Freud noch als "Unbehagen der Kultur" beobachtete und zu einem [[Todestrieb]] [[ontologisierte]] musste aus den Verheerungen seiner Zeit des ersten Weltkriegs durch die Untersuchungen der psychischen Wirkungen von [[Vernichtungsprozessen]] als tiefgreifendes Traumata seiner psychoanalytischen Kategorie eines Lebenstriebs entgegengestellt werden. Was im Grunde dem Scheitern seiner [[Psychologik]] geschuldet war erwies sich dann immerhin als Konzept des �berlebens eines gesellschaftliche Unheils und beendete seine [[aufkl�rerische]] Ambitionen. Tats�chlich zeigte dies allerdings auch die Grenzen der [[psychologischen]] Betrachtung auf: Ohne eine stimmige Kulturtheorie lie� sich die [[Psyche]] nicht [[wirklich]] und vollst�ndig [[erkl�ren]]. Es gibt n�mlich kein innerseelisches [[Wesen]] des Menschen, keine ausschlie�lich [[pers�nlich]] bestimmte [[Interessen]] an einem Unheil der Kulturen, die zu einer [[religi�sen]] Begr�ndung verleiten k�nnten (siehe auch [[Selbstlosigkeit]]).
Was S. Freud noch als ''Unbehagen der Kultur'' beobachtete und zu einem [[Todestrieb]] [[ontologisierte]] musste aus den Verheerungen seiner Zeit des ersten Weltkriegs durch die Untersuchungen der psychischen Wirkungen von [[Vernichtungsprozessen]] als tiefgreifendes Traumata seiner psychoanalytischen Kategorie eines Lebenstriebs entgegengestellt werden. Was im Grunde dem Scheitern seiner [[Psychologik]] geschuldet war erwies sich dann immerhin als Konzept des Überlebens eines gesellschaftliche Unheils und beendete seine [[aufklärerische]] Ambitionen. Tatsächlich zeigte dies allerdings auch die Grenzen der [[psychologischen]] Betrachtung auf: Ohne eine stimmige Kulturtheorie ließ sich die [[Psyche]] nicht [[wirklich]] und vollständig [[erklären]]. Es gibt nämlich kein innerseelisches [[Wesen]] des Menschen, keine ausschließlich [[persönlich]] bestimmte [[Interessen]] an einem Unheil der Kulturen, die zu einer [[religiösen]] Begründung verleiten könnten (siehe auch [[Selbstlosigkeit]]).


Unheil unterstellt ein Heil, das zerbrochen ist, ein [[Ganzes]], was nicht heil ist, einen Zusand, der nicht sein kann, weil etwas verkehrt wurde, wie es ist. Dass es als Unheil zudem bedrohlich, also [[unheimlich]] ist, macht seine [[d�monische]] [[Wirkung]] aus: Es erscheint einem fremden, einem Ungeheuerlichen zu entstammen, dem etwas verlustig gegangen ist, das im Grunde heilig sein, einer heilen Welt entsprechen solte.  
Unheil unterstellt ein Heil, das zerbrochen ist, ein [[Ganzes]], was nicht heil ist, einen Zusand, der nicht sein kann, weil etwas verkehrt wurde, wie es ist. Dass es als Unheil zudem bedrohlich, also [[unheimlich]] ist, macht seine [[dämonische]] [[Wirkung]] aus: Es erscheint einem fremden, einem Ungeheuerlichen zu entstammen, dem etwas verlustig gegangen ist, das im Grunde heilig sein, einer heilen Welt entsprechen solte.


Aber diese kann es nicht wirklich geben, weil das Heil selbst schon ein unwirklicher, ein totaler [[Begriff]] ist, der nur durch die [[Abwesenheit]] dieser [[Identität]] [[wirklich]], also an sich nur [[Unwirkliches]] beschreiben kann. Das Unheil besteht also aus einer nicht vorhandene Ganzheit, entspringt einer [[Geschichte]], die nicht gegenwärtig ist, einer [[verkehrte]] Geschichte die aus den Brüchen der [[Gegenwart]] ein gutes Gelingen im [[Zweck]] eines [[Ganzen]] erwirken soll. Das macht seine [[Heilserwartung]] als seine [[Ideologie]] aus, die als [[Mystifikation]] dessen auch das [[Bewusstsein]] [[verkehrt]], wenn es nicht [[erkennen]] kann, was in [[Wahrheit]] gar nicht [[heil]] sein kann, in sich [[notwendig]] [[unwirklich]] ist und also eine [[Mytholigierung]] betreibt, die seine [[Wirklichkeit]] ersetzt.
Aber diese kann es nicht wirklich geben, weil das Heil selbst schon ein unwirklicher, ein totaler [[Begriff]] ist, der nur durch die [[Abwesenheit]] dieser [[Identität]] [[wirklich]], also an sich nur [[Unwirkliches]] beschreiben kann. Das Unheil besteht also aus einer nicht vorhandene Ganzheit, entspringt einer [[Geschichte]], die nicht gegenwärtig ist, einer [[verkehrte]] Geschichte die aus den Brüchen der [[Gegenwart]] ein gutes Gelingen im [[Zweck]] eines [[Ganzen]] erwirken soll. Das macht seine [[Heilserwartung]] als seine [[Ideologie]] aus, die als [[Mystifikation]] dessen auch das [[Bewusstsein]] [[verkehrt]], wenn es nicht [[erkennen]] kann, was in [[Wahrheit]] gar nicht [[heil]] sein kann, in sich [[notwendig]] [[unwirklich]] ist und also eine [[Mytholigierung]] betreibt, die seine [[Wirklichkeit]] ersetzt.


In der Umkehrung wird das [[Zerst�rte]], das seine Herkunft nicht wei�, seine Teile nicht [[erkennen]] kann, das [[Ganze]] nur noch als [[Heil]] begreifen k�nnen, zu dem es um jeden Preis heilen, zu einer [[heilen Welt]] werden will. Darin steckt das Prinzip einer [[Verr�cktheit]], die ihre [[Bedingung]] und [[Geschichte]] verloren hat: Sie wird zur blo�en [[Heilserwartung]], solange sie nicht auf ihre Urspr�nge zur�ckkommt.
In der Umkehrung wird das [[Zerstörte]], das seine Herkunft nicht weiß, seine Teile nicht [[erkennen]] kann, das [[Ganze]] nur noch als [[Heil]] begreifen können, zu dem es um jeden Preis heilen, zu einer [[heilen Welt]] werden will. Darin steckt das Prinzip einer [[Verrücktheit]], die ihre [[Bedingung]] und [[Geschichte]] verloren hat: Sie wird zur bloßen [[Heilserwartung]], solange sie nicht auf ihre Ursprünge zurückkommt.

Aktuelle Version vom 4. November 2025, 19:54 Uhr

Was S. Freud noch als Unbehagen der Kultur beobachtete und zu einem Todestrieb ontologisierte musste aus den Verheerungen seiner Zeit des ersten Weltkriegs durch die Untersuchungen der psychischen Wirkungen von Vernichtungsprozessen als tiefgreifendes Traumata seiner psychoanalytischen Kategorie eines Lebenstriebs entgegengestellt werden. Was im Grunde dem Scheitern seiner Psychologik geschuldet war erwies sich dann immerhin als Konzept des Überlebens eines gesellschaftliche Unheils und beendete seine aufklärerische Ambitionen. Tatsächlich zeigte dies allerdings auch die Grenzen der psychologischen Betrachtung auf: Ohne eine stimmige Kulturtheorie ließ sich die Psyche nicht wirklich und vollständig erklären. Es gibt nämlich kein innerseelisches Wesen des Menschen, keine ausschließlich persönlich bestimmte Interessen an einem Unheil der Kulturen, die zu einer religiösen Begründung verleiten könnten (siehe auch Selbstlosigkeit).

Unheil unterstellt ein Heil, das zerbrochen ist, ein Ganzes, was nicht heil ist, einen Zusand, der nicht sein kann, weil etwas verkehrt wurde, wie es ist. Dass es als Unheil zudem bedrohlich, also unheimlich ist, macht seine dämonische Wirkung aus: Es erscheint einem fremden, einem Ungeheuerlichen zu entstammen, dem etwas verlustig gegangen ist, das im Grunde heilig sein, einer heilen Welt entsprechen solte.

Aber diese kann es nicht wirklich geben, weil das Heil selbst schon ein unwirklicher, ein totaler Begriff ist, der nur durch die Abwesenheit dieser Identität wirklich, also an sich nur Unwirkliches beschreiben kann. Das Unheil besteht also aus einer nicht vorhandene Ganzheit, entspringt einer Geschichte, die nicht gegenwärtig ist, einer verkehrte Geschichte die aus den Brüchen der Gegenwart ein gutes Gelingen im Zweck eines Ganzen erwirken soll. Das macht seine Heilserwartung als seine Ideologie aus, die als Mystifikation dessen auch das Bewusstsein verkehrt, wenn es nicht erkennen kann, was in Wahrheit gar nicht heil sein kann, in sich notwendig unwirklich ist und also eine Mytholigierung betreibt, die seine Wirklichkeit ersetzt.

In der Umkehrung wird das Zerstörte, das seine Herkunft nicht weiß, seine Teile nicht erkennen kann, das Ganze nur noch als Heil begreifen können, zu dem es um jeden Preis heilen, zu einer heilen Welt werden will. Darin steckt das Prinzip einer Verrücktheit, die ihre Bedingung und Geschichte verloren hat: Sie wird zur bloßen Heilserwartung, solange sie nicht auf ihre Ursprünge zurückkommt.