Fortschritt

Aus kulturkritik

"Ein Mann kann nicht wieder zum Kinde werden, oder er wird kindisch. Aber freut ihn die Naivetät des Kindes nicht, und muß er nicht selbst wieder auf einer höhren Stufe streben, seine Wahrheit zu reproduzieren? Lebt in der Kindernatur nicht in jeder Epoche ihr eigner Charakter in seiner Naturwahrheit auf? Warum sollte die geschichtliche Kindheit der Menschheit, wo sie am schönsten entfaltet, als eine nie wiederkehrende Stufe nicht ewigen Reiz ausüben?" (MEW 13, S.641 f.)

Fortschritt kann nur aus der Entwicklung der politischen Freiheit hervorgehen, nur in ihrer Emanzipation begr�ndet sein. Ganz allgemein ist Fortschritt ein Schritt über die Gegebenheiten hinaus, nicht ihrer Fortbestimmung folgend, sondern sie überschreitend. Fortschritt ist also ein intelligenter Schritt (siehe auchHistorischer Materialismus), der nicht einfach nur Reaktion ist (siehe politische Reaktion).

Spricht man von Fortschritt oder Rückschritt, so spricht man über Geschichte, über das, was darin wesentlich ist, was die Menschen weitergebracht hat und was sie einschränkt, ihre Freiheit reduziert oder was ihre Naturmächtigkeit ausweitet. Es ist die Frage, was den gesellschaftlichen Reichtum einer Geschichtsepoche ausmacht und was die bisherige menschliche Geschichte durch die Verfügung über das geschichtliche geschaffene Material (siehe auch Materialismus) ihrer Arbeit und Bedürfnisse bestimmt hat. Reichtum ist ein gesellschaftliches Vermögen, die Vielseitigkeit und subjektive Kraft im Nutzen und Sinn des Lebens der Menschen, ihrer Fähigkeiten und Eigenschaften in einer bestimmten Zeit, einer Epoche der Geschichte, die sich mit der Ersparnis (siehe Wirtschaft) an Aufwändungen der Arbeit durch den Fortschritt ihrer Produktivkraft vermehrt und intensiviert. Von daher hat sich deren Fortschritt in der ganzen bisherigen Geschichte der Menschheit als maßgeblich erwiesen und das Wesen der unterschiedlichen Geschichtsepochen und Gesllschaftsformen durch die Verfügbarkeit über ihre Arbeitsmittel (siehe auch Produktionsmitttel) bestimmt - vom einfachen Stammeswesen der Jäger und Sammler über die Aristokratie der Sklavenhaltergesellschaften, der Feudalgesellschaften und Imperien bis hin zu den Dienstleistungegesellschaften von heute.

Was nötig ist, das fügt sich. Konservatives Verhalten ist also sachlogisch und vernünftig, notwendig nur im Formwechsel seiner Verhältnisse. Im Fortschritt aber kann es seine Not im Ganzen wenden, sein Wesen in seiner Notwendigkeit neu entfalten. Von daher folgt es nicht seinem Trieb, sondern seinem Sinn, bezieht sich durch die Substanz seiner Kraft gegen die Gegebenheiten ihrer Wirklichkeit, wo diese in Not geraten ist und wendet seine Wesensnot in ein hierin befreites Wesen. Von daher meint Fortschritt die Freiheit einer Notwendigkeit. Fortschritt ist Emanzipation sowohl von ihr wie durch sie, also Neugestaltung.

Es ist z.B. die Marktwirtschaft ein gesellschaftliches Verhältnis, worin nützliche Dinge im Tausch als Waren vermittelt werden. Die Fortbestimmung dieses Verhältnis der [[N�tzlichkeit]] ist also zwangsl�ufig durch den Warentausch gegeben und von daher zu einem notwendigen Verhalten bestimmend, durch das ein Nutzen schlechthin zu einer Allgemeinheit des Bestehenden wird. In dieser erfährt der Nutzen immer einen Wert, der sich im Austausch des Nutzens der Dinge verwirklicht, nicht aber sie erzeugt, also eine hievon getrennte Substanz haben muss. Die Menschen müssen Waren tauschen, um in solcher Gesellschaft leben zu können und müssen substanziell für etwa arbeiten, das ihnen durch den Warentausch bestimmt ist, sie aber von ihrer Arbeit trennt (siehe Arbeitsteilung). Es ist innerhalb dieses Verhältnisses ihre Lebensnotwendigkeit. Ein wesentlicher Fortschritt aber wäre, wenn sie in diesem Verhältnis einen Sinn finden, der sie über die Bedingung dieser Gegebenheiten hinausführt, also die wesentliche Not eines Waren produzierenden Verhältnisses überwindet, indem sie deren Nützlichkeit in einen Sinn wendet, der ihr eine neue Qualität verleiht. Das wäre dann auch der Sinn ihres Fortschritts.