Geschichtsobjektivismus
"Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien St�cken, nicht unter selbstgew�hlten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und �berlieferten Umst�nden. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit besch�ftigt scheinen, sich und die Dinge umzuw�lzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolution�rer Krise beschw�ren sie �ngstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kost�m, um in dieser altehrw�rdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuf�hren." (MEW8, S.115)
Wo Geschichte durch Totes oder durch ein "Sein zum Tode" (siehe Martin Heidegger) begriffen sein soll, wird der Tod zum Subjekt über das Leben. Dort lastet in der Tat die "Tradition aller toten Geschlechter ... wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden" (Marx), auf den alten Beständen, durch welche in den "Epochen revolutionärer Krise ... ängstlich die Geister der Vergangenheit" heraufbeschworen werden. Geschichtsobjektivismus vollzieht ein Geschichtsverständnis, das einer von den lebenden Subjekten getrennten Natur folgt, die einer objektiven Bestimmtheit ihrer materiellen Verhältnisse nachgehen, - entweder ontologisch oder "materialistisch" durch Triebe aus ihrer Natur begründet verstanden werden. Eine solche Begründungsmethode ist auch im Dialektischen Materialismus wirksam, wie sie von Friedrich Engels (in seiner "Dialektik der Natur") begründet und von russischen Parteientheoretiker ausgeführt wurde.
Weil Geschichte sich aber tats�chlich nicht aus der blo�en politischen Entscheidung geschichtlicher [[Pers�nlichkeiten]] begreifen l�sst, versteht Geschichtsobjektivismus ihre Entwicklung aus den Inhalten, den Bestimmungen ihrer Vergangenheit, aus ihren blo�en [[Umst�nden]]. Doch darin ist sie verkehrt dargestellt, in der Verkehrung ihrer Lebensbverh�ltnisse verewigt, von ihren wahren Subjekten getrennt, objektiviert zu einem allzeit bedingten Leben, das lediglich seine Bedingungen reproduziert, subjektlose Notwendigkeit, die keine aubjektive Not erkennt, weil sie objektiv schon als deren Wendung durch ihr Material auftritt, das durch seine Entwicklung selbst schon gel�utert werde.
Materie wird hierbei als objektiver Stoff des Lebens verstanden, die Geschichte der Menschheit wie eine Naturgeschichte ihres Stoffwechsel. Das Subjektwerden des Menschen aus seiner gesellschaftliche Natur, die Bildung seiner Naturmacht als menschliche Sinnbildung erscheint daher auch lediglich objektiv, Natur selbst schon als Substanz einer jeglichen Dialektik, Kultur als bürgerlicher Mystizismus. Umgekehrt wird Natur hierdurch selbst mythologisiert, zu einem materiellen Subjekt, das den Menschen vorgibt, was sie werden können - so als sei dies für sich schon eine wirksame Kategorie seiner Vernunft und als diese die Substanz seiner Reflektion.
Doch Natur an sich gibt es nicht, schon gar nicht eine durch eine objektive Regelhaftigkeit notwendige Bestimmung (siehe hierzu auch Logik). Die Regel selbst entsteht in den Ursprüngen der Natur und Materie aus dem Zufall ihrer Kraftverhältnisse. Wenn in der Natur etwas regelhaft erscheint, so ist es lediglich das Durchsatzvermögen der Anziehung in den Beziehungen, die Dichte der Masse, die in den Variationen der Gravitationskräfte Sinn macht und dadurch für den vorherrschenden Zusammenhang dieser Kräfte Energie freimacht. Die Logik einer Geschichte, ihre Dialektik entsteht erst durch die gesellschaftlichen Zusammenhänge menschlichen Handelns, also aus ihrer sozialen Subjektivtät (siehe historischer Materialsismus), die sich über ihre abstrakte Verallgemeinerung überzufällig verhält und hierdurch eine hiervon getrennte Objektivität erzeugen (siehe Entfremdung).
Mit der Ideologie eines Geschichtsobjektivismus stellen die gesellschaftlichen Verhältnisse lediglich Seinsnotwendigkeiten dar, die sich im Kampf von materiellen Gegensätzen entwickeln, in denen die Seinsbildung verlaufe, indem ihre negativen Bestimmungen sich über die "Negation der Negation" zu einer neuen geschichtlichen Qualität entwickeln müssten, und damit eine höhere historische Stufe der materiellen Entwicklung erreicht würde. Die von Engels postulierte Naturdialektik wurde von Lenin einer solchen Konsequenz interpretiert und von Stalin zu einem dogmatischen Bestandteil einer "kommunistischen Weltanschauung" gemacht, zur Grundlage der "ewigen Wahrheit" eines weltanschaulischen Dogmatismus, der schließlich in den sowjetischen Wissenschaften zu einem materialistischen Behavourismus führte.
Indem der so verfasste Geschichtsdeterminismus davon ausgeht, dass eine Dialektik der Materie selbst das positiv bildende Prinzip der Geschichte sei, die aus der Teleologie einer natürlichen Materie zu verstehen wäre, werden die Menschen und ihre Verhältnisse auch nur als Objekte der materiellen Notwendigkeit begriffen. Doch damit wird der Diamat selbst zur Reflexion eines objektiven Willens der Natur und bleibt damit ideologisch von der Seite eines objektiven Materialismus, der die Subjektwerdung der Natur im Menschsein nur von der Seite einer materiellen Notwendigkeit, nicht als Substanz seiner Freiheit begreift. Die menschliche Arbeit wird daher auch nicht in dieser Einheit von Freiheit und Notwendigkeit begriffen, sondern als notwendiger Tribut an die Naturgestalt des Menschseins.