Gespenst
"Der maître d´école beschreibt richtig den Zustand, worin die Isolierung von der Außenwelt den Menschen stürzt. Der Mensch, dem die sinnliche Welt zu einer bloßen Idee wird. Ihm verwandeln sich dagegen bloße Ideen in sinnliche Wesen. Die Gespinste seines Gehirns nehmen körperliche Form an. Innerhalb seines Geistes erzeugt sich eine Welt von greifbaren, fühlbaren Gespenstern. Das ist das Geheimnis aller frommen Visionen, das ist zugleich die allgemeine Form der Verrücktheit. Der maître d´école, der die Phrasen Rudolphs über die »Macht der Reue und Buße, verbunden mit schrecklichen Martern« wiederholt, wiederholt sie daher sehen als ein halb Verrückter und bewährt so tatsächlich den Zusammenhang des christlichen Sündenbewußtseins mit dem Wahnsinn. Ebenso, wenn der maître d´école die Verwandlung des Lebens in eine Traumnacht, die von Blendwerken erfüllt wird, als das wahre Ergebnis der Reue und Buße betrachtet, so spricht er das wahre Geheimnis der reinen Kritik und der christlichen Besserung aus. Sie besteht eben dann, den Menschen in ein Gespenst und sein Leben in ein Traumleben zu verwandeln." (Karl Marx,MEW 2, Seite 195*f)
Geistererscheinungen reflektieren Unheimliches eines wahrgehabten Lebens als Einfluss auf die Wahrnehmung, welche darin zu einem objektiven Gefühl wird, manchmal auch mit Halluzination verbunden, deren inhaltliches Sein entgegenwärtig, abwesend ist. Abwesendes ist nicht gegenwärtig aber dennoch wesentlich, denn man würde seine Abwesenheit nicht bemerken, wenn es ohne Wesen wäre, wenn sein Dasein selbst schon zu bezweifeln bliebe. Wenn es in seinem Nichtsein keinen Mangel darstellt, ist sein Wesen unwesentlich und von da her dem Gedächtnis entgangen oder mystifiziert (siehe auch Gespenst). Vergegenwärtigung unterstellt also eine Not des Denkens, eine Notwendigkeit es gegenwärtig zu machen, weil es substanziell zwar da, aber nicht vorhanden, in etwas Anderem existent oder verselbständigt ist. Vergegenwärtigung ist im Grunde eine Erinnerung an eine Entwirklichung, die dem Mangel an seinem Wesen entspringt, und nach Wirklichkeit, nach einer Tat verlangt. Es ist schon mit der Wahrnehmung seiner Abwesenheit ein Schmerz wirksam, der es im Verlauf der Zeit wieder notwendig wahrnehmbar haben muss, solange die Verhältnisse sich in ihrem Wesen nicht geändert haben, dass es nur für die Wahrnehmung anwesend sein muss (siehe auch Religion), dass es also durch irgendwelche Ereignisse entgegenwärtigt wurde, die durch Vergegenwärtigung aufgehoben werden müssen (siehe hierzu auch Fetischismus).