Jung, Carl Gustav

Aus kulturkritik

Carl Gustav Jung (1875 - 1961) war ein schweizer Psychiater, der sich früh (1905) den Ansichten der Freud'schen Psychoanalyse anschloss und sich später von dessen Libidotheorie distanzierte und hiergegen eine "Analytische Psychologie" begründete. Wesentlich war daran die Abkehr von einer Triebökonomie auf der Basis eines Befriedigungsstrebens (siehe Lustprinzip) durch die Ersetzung des Libidobegriffs durch kulturelle Wesensbehauptungen aus einer archaischen Kultur, aus kulturellen Abstraktionen im Unbewussten, die er Archetypen nannte. Diese erforschte er in seinen Traumdeutungen, mit hypnotischen Methoden und aus der Beobachtung okkkulter Sitzungen (siehe auch Esoterik). Sein Ziel war eine Phänomenologie der Inhalte einer unbewussten Kultur, die im Widerstreit zur praktizierten Kultur stand (siehe hierzu auch Martin Heidegger). Von daher war es nicht weit zu einer Theorie eines völkischen Unbewussten, das von den Nationalsozialisten ideologisch belegt und propagandistisch umgesetzt wurde

Im Jahr 1930 wurde Jung zum 2. Vorsitzender in den Vorstand der Allgemeinen Ärztlichen Gesellschaft für Psychotherapie (AÄGP) gewählt. Nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten fiel ihm wegen des solidarischen Rücktrittes des bisherigen Vorsitzenden Ernst Kretschmer, der sich für seine jüdischen Kollegen eingesetzt hatte, der Vorsitz zu und bekam damit eine hohe Reputation in der nationalistisch unterlegten Psychologie.

Jung selbst verbreite in dieser Zeit im deutschen Rundfunk und in mehreren Aufsätzen Inhalte, die die sich als Sympathie mit dem Nationalsozialismus interpretieren lassen. Die nationalsozialistische Propaganda lobte anfangs Jungs Psychologie als „aufbauende Seelenlehre“, während gleichzeitig die Schriften von Freud der Bücherverbrennung zum Opfer fielen. Jung widersprach dem nicht, sondern lobte den „germanischen Geist“ der nationalsozialistischen Propagande und meinte in der Freudschen Psychoanalyse ein spezifisch „jüdisches Denken“ identifizieren zu können. Er meinte damit ein „zersetzendes Denken“ Sigmund Freuds erkannt zu haben.

"Ab 1936 distanzierte sich Jung zunehmend von der NS-Ideologie und sprach von „Wahnwitz“, der grässliche Wirklichkeit geworden sei. Dies führte dazu, dass Jungs Werke ab 1939 in Nazi-Deutschland verboten waren. Nach 1945 wurde Jung scharf wegen seiner Haltung in den Anfangsjahren des Nationalsozialismus kritisiert. Er selbst nahm zu den Vorwürfen nie öffentlich Stellung, soll sich aber privat mit den Worten geäussert haben: „Ich bin ausgerutscht“. Der Aufsatz „Nach der Katastrophe“ kann auch als Aufarbeitung seiner persönlichen Verwicklung gelten." (Wikipedia)