Metaphysik
"Metaphysik, als Naturanlage der Vernunft, ist wirklich, aber sie ist auch vor sich allein ... dialektisch und trüglich. Aus dieser also die Grundsätze hernehmen wollen, und in dem Gebrauche derselben dem zwar natürlichen, nichts destoweniger aber falschen Scheine folgen, kann niemals Wissenschaft, sondern nur eitele dialektische Kunst hervorbringen, darin es eine Schule der andern zuvortun, keine aber jemals einen rechtmäßigen und dauernden Beifall erwerben kann." (Immanuel Kant: Wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?)
Nach Immanuel Kant (1724-1804) soll Metaphysik eine Verknüpfung von Ursache und Wirkung beweisen, die durch die Kraft aus einer nicht unmittelbaren, sondern einer quasi "übersinnlichen" Vernunft zu begreifen sei. Es handelt sich hierbei um die Begründung einer Moral, die sich aus einer vergemeinschafteten Verständigkeit von selbst herausstellen ließe. Damit stellt Metaphysik diese Verknüpfung jenseits ihrer sinnlichen Beziehung von Grund und Folge und behauptet implizit den allgemeinen Übersinn einer wissenschaftlichen Erkenntnis aus einer spekulativen Vernunft, aus der sich eine selbständige Beziehung der geistigen Inhalte (z.B. Moral) gegen die sinnlichen ergeben würde. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um die Mythologisierung seines Vernunftbegriffs, die er in der "Kritik der reinen Vernunft" aus dem praktischen Nutzen seiner Moral der Aufklärung bezieht, die Moral der Mündigkeit als wesentliche Aussage eines emanzipatorischen Selbstverständnisses in seiner "Kritik der praktischen Vernunft". Moral und Vernunft suchte er in einer "Kritik der Urteilskraft" zu vereinen. Allerdings ist er als erster Philosoph einer allgemeinen Begrifflichkeit bürgerlicher Verständigung (siehe auch Verstand) auf deren Doppelbödigkeit zwischen Vernunft und Moral noch jeweils unvermittelbar einseitig verblieben, einerseits in seiner biologischen Anthropologie, die z.B. den Nationalsozialisten als Begründung ihrer Rassenlehre dienen konnte, und dem praktischen Moralismus seines "Kategorischen Imperativs" auf der anderen Seite, der einen Selbstwiderspruch im bürgerlichen Bewusstsein betreiben sollte. Es war ihm mit seiner Auffassung ihrer Dialektik nicht möglich eine wirklich emanzipatorische Philosophie zu entwickeln, was ihm von einigen der ihm nachfolgenden Denkern vorgehalten wurde, die in seiner "Kritik der Urteilskraft" keine Beziehung anerkennen konnten. Immerhin bezog er sich auf die Gedankenlosigkeit der modernen Philosophie – allerdings nur über eine Metaphysik der menschlichen Urteilskraft, die sich ihm nur aus einem unerklärlichen Gegensatz von Anschaulichkeit der Wahrnehmung und Denken als Begreifen erschließen konnte. Der Gegensatz von Wissenschaftlicher Wahrnehmung und ihrer Erkenntnismethode wurde ganz allgemein zum Anliegen und Verhängnis einer radikalen Aufklärung durch seine Trennung von Begriff und Sache, durch eine Philosophie einer im Allgemeinen abgehobenen´Bewahrheitung seiner Anschauungen durch seine Gattungsbegriffe, die eine Einheit von Begriff und Vernunft des Gedankens als Inbegriff einer Gesinnung einforderten (siehe Metaphysik).
„Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind“ (Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, A51/B75).
Durch das Verlassen der absoluten (der göttlichen) Vernunft war die Frage gestellt, was Reflexion selbst ist, wodurch das Nachdenken möglich und wodurch es beschränkt ist. Es ging darum, die Gegensätze der Wirklichkeit, ihre Entzweiung von Geistigem und Praktischem selbst zum Anliegen der Erkenntnis zu machen.
"Ich musste also das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen, und der Dogmatismus der Metaphysik, d.i. das Vorurteil, in ihr ohne Kritik der reinen Vernunft fortzukommen, ist die wahre Quelle alles der Moralität widerstreitenden Unglaubens, der jederzeit gar sehr dogmatisch ist." (Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft: Vorrede zur zweiten Auflage, BXXX)
In seinem "modernen" Subjekt soll der Zusammenhang von subjektiver Wirklichkeit und objektiver Welt gestiftet werden, ohne dass dieser selbst unmittelbare Wirklichkeit haben müsse. Zum einen wendet sich Kant gegen jede übergeschichtliche Erkenntnis, damit also auch gegen die Erkennbarkeit von Geschichte als solche, zum anderen aber setzt er Geschichte als bestimmend voraus, als Erzeugungsprozess, der gegenständlich, aber auch Gegebenheit sei. Das Material der Erkenntnis, das Ding an sich (z.B. Natur) sei für das Subjekt prinzipiell unerkennbar, müsse also in seiner Gegebenheit hingenommen werden. Kant bestimmte den Sinn des Erkennens in "transzendentaler Subjektivität", die durch die ästhetischen und die logischen Ausdrucksformen gestaltend tätig sei und sich im jeweiligen Fortschreiten der Menschheit niederschlage und ansonsten seinen Gegebenheiten wie seiner Natur (synthetische Apperzeption a priori) zu folgen habe.
Emmanuel Kant wollte die Wahrheit einer Erkenntnis und ihrer Urteile durch die Art ihrer Vernunft geschieden verstehen. Er leitete daher hieraus sein Erkenntnisinteresse aus seinem Verständnis dieser Vernunft ab, die er als Grund und Wegbereiter des Verstandes ansah:
"Die Vernunft bereitet also dem Verstande sein Feld" (Immanuel Kant:, Kritik der reinen Vernunft)
Da hierdurch die Vernunft schon vor dem Verstehen stehen sollte, also deren Boden zu bereiten hatte, geriet sie in einen hermeneutischen Zirkel zwischen begreifen und Begriff, zwischen einem voraussetzungslosen (apriorischen) theoretischen Sein und gegenwärtiger Bestimmtheit, die darin zu bewahrheiten wäre. Vernunft kann sich demnach nicht geschichtlich im und durch Verstand entwickeln. Stattdessen sollte das Herabsteigen aus der Vernunft den Verstand ordnen und begründen und sich zugleich in seinen Erkenntnissen bewahrheiten. Diesen Widerspruch wollte Kant durch seine (Ein-)Teilung der Vernunft in einen theoretischen und praktischen Sinn, der sich in der Urteilskraft darstellen und vermitteln würde. Er verstand deren Vernunft also einerseits übergeschichtlich, indem er sie aus einem natürlichen Gattungsbegriff begründet verstand, der zugleich durch seine praktische Gegenwärtigkeit unentwegt hinterfragt und transzendiert werden müsse.
Mit den marxistischen Grundlegungen des historischen Materialismus wurde das Begreifen selbst aus seiner geschichtlichen Grundlage, aus dem konkreten Sein der geschichtlich entwickelten Lebensverhältnisse der Menschen heraus als deren geschichtlich bestimmtes Bewusstsein verstanden. Im Prozess einer Analyse soll ein Urteil diesen abschließen und zur Entscheidung darüber kommen, was sich daraus als ihr Ur-Teil substanziell ergeben hat. Urteile werden gesprochen, weil und sofern sich die Teile nicht in ihrem wirklichen Zusammenhang erkennen lassen und eine Ur-Teils-findung im Ganzen ihrer Interpretationen und Gewohnheiten nötig haben. Darin soll sich die Wahrheit ihrer Beziehungen erweisen, die im beliebigen Nebeneinander der Meinungen oder Auffassungen zur Bewertung ihres Gegenstands geäußert werden. Es sind dies nicht nur die Beziehungen, sondern auch die Ereignisse in den Verhältnissen der Menschen, die als scheinbar unabhängige Gegebenheiten nebeneinander geschehen. Urteile werden zu einer Frage des Rechts, wenn und wo diese einen Konflikt erzeugen und sie deshalb politisch bewertet werden müssen, wo das eine das andere ausschließt und es dennoch zu einem Schluss kommen muss. Das verlangt den Beweis, dass sie unterscheidbare Gründe haben, deren Bewertung den Abschluss ihrer Konflikte und die Widersprüche des Meinens und Dafürhaltens bewirken soll.