Aufklärung
"Die Vernunft bereitet ... dem Verstande sein Feld" (Kant, Kritik der reinen Vernunft)
Mit dem Wort "Aufklärung" wird neben seiner informellen Bedeutung auch eine geistige Bewegung bezeichnet, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts in Europa entstanden war und vor allem von Immanuel Kant an die Erordernisse einer zeitgemäßen Philosophie angepasst worden war: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. 'Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!' ist also der Wahlspruch der Aufklärung." (Immanuel Kant 1784, "Was ist Aufklärung) Dass darin ein totalitärer Anspruch an die Vernunft eines in der persönlichen Freiheit objektivierten Verstandes formuliert war, hat sich mit der Entwicklung der faschistischen Ideologie und ihrer Verwirklichung im Nationalsozialismus erwiesen. Deren (wohl eher psychologische) Kritik war die Grundlage der Kritischen Theorie von Horkkeimer und Adorno: "Aufklärung ist die radikal gewordene, mythische Angst. Die reine Immanenz des Positivismus, ihr letztes Produkt, ist nichts anderes als ein gleichsam universales Tabu. Es darf überhaupt nichts mehr draußen sein, weil die bloße Vorstellung des Draußen die eigentliche Quelle der Angst ist." (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 22) Die Kritischen Theorie richtete sich im Wesentlichen gegen den Vernunftbegriff von Immanuel Kant, der die Vernunft wie ein übergeschichtliches Subjekt – gleichsam als allgemein politisches Subjekt, als verallgemeinerbare Antiphilosophie der Aufklärung, als Negative Dialektik – verstand und betrieb und daraus die jederzeit gegenwärtige Emanzipation des bürgerlichen Individuums als kritisches Subjekt eines mündigen Menschen ansah, wie es sich in der Überwindung des Feudalismus erwiesen hatte. Was Marx der Philosophie vorhielt, dass sie die Welt nur verschieden interpretieren würde und aus deren Überwindung, aus der Verwirklichung ihrer Kritik sich eine proletarischen Revolution der bürgerlichen Gesellschaft ergäbe, befand Adorno als das Scheitern eines philosophischen "Konzepts", das seine Verwirklichung versäumt habe und im Faschismus ihr Ende erfahren müsste. Das Dilemma sah er im Glauben an eine emanzipative Kraft der Vernunft, an ihre geschichtliche Macht in der Herstellung eines "ewigen Friedens" (Kant) durch die Besinnung auf ihre Gattung über die übergeschichtlich gemeinten Gattungsbegriffe von Kant. Adorne sah im Mißlingen der Kritik an der Philosophie ein Versäumnis seiner Zeit, das unumkehrbar sei. „Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward. Das summarische Urteil, sie habe die Welt bloß interpretiert, sei durch Resignation vor der Realität verkrüppelt auch in sich, wird zum Defaitismus der Vernunft, nachdem die Veränderung der Welt mißlang.“ (Adorno 1966: 15) "Mit der Vernunft verbindet sich der Anspruch, die Welt von der Seite des Subjekts zu gestalten, sie vollständig zu durchdringen und alle Aspekte derart zu vermitteln, dass sie sich einer Totalität einfügen. Nichts darf anders sein, alles muss sich dem konstitutiven Subjekt, seinem Bewusstsein und Willen, seiner Vernunft fügen. Was sich dem verfügenden und planenden Zugriff, dem Kommando über Arbeit und Natur nicht unterwirft, muss eliminiert werden. Subjekt und Objekt bilden auf diese Weise eine zwanghafte Einheit, in der das Subjekt den Anspruch erhebt, bestimmend zu sein. Unter den Bedingungen von Herrschaft kommt es zwischen der Vernunft der Menschen und der Welt zu einer Tautologie. Deswegen können Horkheimer und Adorno sagen, dass die Aufklärung totalitär sei (vgl. Horkheimer/Adorno 1947: 28)." (Alex Demirović, "Die Selbstreflexion des Marxismus. Adornos Negative Dialektik") Die Vermittlung von Vernunft und Verstand ist allerdings schon immer wesentlich für einen philosophischen Begriff der geschichtlichen Entwicklung der Lebensverhältnisse und ihrer sozialen Bildung (siehe hierzu Historischer Materialismus). Vernunft mag logisch sein, doch sie lässt sich nicht logisch begründen. So hatte dies auch schon Immanuel Kants verstanden, um ganz im Widerspruch hierzu der "praktischen Vernunft" die überweltliche Logik einer idealisierenden "Gattungsbegrifflichkeit" vorauszusetzen. Hierdurch aber konnte er ihre Urteile nur zirkulär aus der Vernunft der Notwendigkeiten ihres Verstandes so begründet verstehen, wie diesem ihre Vernunft zugleich vorausgesetzt sein sollen. Und so bleibt die Begründung der Vernunft auch bei Immanuel Kant durch seine Gattungsbegriffe selbst nur in der geistigen Verfassung einer Gesellschaft, im zwiespältigen "objektive Sollen" einer übergeschichtlichen Natur des Geistigen befangen, indem sie dem "Sein das Geschehen" im Prinzip der Praxis ihrer Negativen Dialektik umzukehren suchen. "Als Sein und Geschehen wird von der Aufklärung nur anerkannt, was durch Einheit sich erfassen lässt; ihr Ideal ist das System, aus dem alles und jedes folgt" (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 22) Die Einheit von "Sein und Geschehen" wird vor allem bereits über die Religionen beansprucht. Dort ist allerdings vor allem von Erscheinungen die Rede, die schon in den Naturreligionen das Wirken von Göttern, Geistern und Mythen unterstellten, um ihre Huldigung an übermenschliche Wesen zu legitimieren und zu erklären. Mit der Philosophie der Aufklärung war ihrem Mystizismus durch das Erkenntnisinteresse der Vernunft entgegengetreten worden, die dem rein Geistigen das Material seiner Logik lieferte (siehe Materialismus), und das praktische Leben der Menschen als politisches Leben und zugleich als Leben der Politik vorstellen und vorkehren wollte. Nach der Kritik der praktischen Vernunft konnte aus deren Negation durch die Logik der Verkehrung, aus der Kritik der Religion schlechthin ein geschichtlicher Verstand der sinnlichen Gewissheit des Lebens der Menschen entstehen. Diese ergab als historischer Materialismus des Bewusstseins, dass nicht die Vernunft die Geschichte bestimmt, sondern in der praktischen Geschichte der Menschen ein fremdes Wesen erscheint, solange die Gesellschaft der Menschen aus der Unvernunft ihrer Lebensverhältnisse ihnen selbst entzogen, abstrakt wird und ihre Entremdung von ihren eigenen Lebenszusammenhängen betreibt und belegt. Ein verständiger Mensch will verständnisvoll sein und den Mut beisammen haben, sich "seines eigenen Verstandes zu bedienen", wie es Immanuel Kant ihm angelegen sein lässt. Um damit in Frieden zu leben, ließe sich eine allgemeine Forderung als kategorischer Imperativ zum Prinzip eigener Verantwortlichkeit formulieren, die in allgemein fruchtbaren Beziehungen aufgeht und die Menschen versöhnt, die es nicht mehr nötig hätten, sich zu bekämpfen. Doch mit dem Verstehen, was erklärlich und vernünftig ist. reicht es nur hin, wo die Verhältnisse auch dem entsprechen, was im Allgemeinen sich verhalten lässt, wo sie also sich in einem Bewusstsein vereinen, das nichts anderes formuliert als das, was sie auch nötig haben. Von daher betreibt die Aufklärung einen logischen Totalitarismus, der Sein und Bewusstsein ununterschieden mit sich selbst versöhnt, jenseits des wirklichen Leben wirklicher Menschen in wirklichen Verhältnissen. Ihre Vernunft ist die instrumentelle Vernunft der Versöhnung und muss jede Freiheit einer Vernunft nichten, die ihren eigenen Notwendigkeiten nachgehen muss. Sie stellt das Ansinnen einer vorausgesetzten Allgemeinheit als Prinzip einer Allgemeinheit Wahrheit auf, das dazu zwingt, in einem Verhältnis ihrer Totatität aufzugehen, imdem sie deren Form zu ihrem Inhalt macht (siehe hierzu auch Strukturalismus) und hierdurch abstraktes Denken vom einem Begreifen der Abstraktionen abtrennt und das Denken von seinem Grund frei geschlagen, entfremdetes Denken zum inhalt eines Priozips von Positionen erhoben (siehe Positivismus). Theodor W. Adorno hat dieser Tendenz der Versöhnung seine Negative Dialektik engegengestellt, wodurch sein rein philsophischen Begriff selbst die Entzweiung seines Wesens gegen seine Vernunft darzustellen in der Lage sei: "Es handelt sich um den Entwurf einer Philosophie, die nicht den Begriff der Identität von Sein und Denken voraussetzt und auch nicht in ihm terminiert, sondern die gerade das Gegenteil, also das Auseinanderweisen von Begriff und Sache, von Subjekt und Objekt, und ihre Unversöhntheit, artikulieren will." (Theodor W. Adorno: Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/66. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, S. 15f.) Wissen und Bewusstsein entsteht nicht durch Prinzipien, nicht durch irgendeine vorausgesetzte Vernunft oder Wahrheit, sondern im Verstehen von wirklichen, also wirksamen Beziehungen und Verhältnissen, die dem bisherigen Verstand noch unerklärlich waren,kein Empathie sich hierfür gebildet hat (siehe hierzu auch Hermeneutischer Zirkel). Es. ist immer der Verstand einer nachvollziehbaren Gewissheit einer gesellschaftlich Beziehung,die durch die Aufklärung über ihre Gründe vermittelbar ist, Diese kann nur in der Gesellschaft ihren Sinn haben und finden und ihre Wahrheit beweisen. Aufklärung stellt eine Beziehung von Wissen und Sein dar, die auf das Dasein bezogen ist und in seiner Vermittlung beziehbar ist, also auch keinen Imperatif zu einer "Wahrheit des Lebens" vermittelt bekommen muss, wie z.B. durch Adorno, der aus den Menschen in ihren widersprüchlichen Existenzen kleine Philosophen machen wollte, damit sie seiner großen Philosophie von der "Negativen Dialektik" folgen können. Es geht hier nur um ein Wissen, das durch Information oder Bewusstsein von einem Bewusstsein an den übereignet wird, der es aus den Gründen seiner Existenz nicht wissen kann und für sich wissen will, weil jeder Mensch "mündig" ist und keines Anspruchs gegen Unmündigkeit bedarf, schon garnicht "selbstverschuldet" mutlos sein muss und durch Aufklärung auch nicht schuldlos wird (siehe hierzu auch Religion). Aufklärung sollte also eigentlich etwas klären, über etwas aufklären, ein notwendiges Wissen vermitteln, um Menschen aus der Vormundschaft mystifizierender Mächte zu verhelfen durch jene, die ihren Mythos begriffen haben und dies beweisen können. Indem ihnen Wissen über die Gegebenheiten ihrer Verhältnisse übertragen wird, das sie hierzu (noch) nicht haben, können sie ihre Sprachlosigkeit verlieren und für sich selbst mündig werden. Mit eigenem Mund finden sie auch ihre Sprache - und damit Bewusstsein - für ihr praktisches Dasein. Mit dieser Übermittlung wäre Aufklärung auch beendet und in ihrem Strukturalismus besiegelt. Aber als Geisteshaltung ist sie etwas gänzlich anderes, eigentlich das glatte Gegenteil: Als Appell an die Mündigkeit des Bürgers mit der Behauptung, dass Unmündigkeit selbst verschuldet sei, betreibt sie Wissensermächtigung, setzt sich als ein wissendes Subjekt über jene, die nichts wissen, indem sie den Begriff eines Ganzen, einer durch sich schon vernünftigen Allgemeinheit (siehe Kategorischer Imperativ), einem ganzen Gemeinwesen als absolute Erfordernis vernünftigen Handelns darstellen und dessen Vernunft somit einem rein instrumentellen Interesse unterwirft. In der Ideologie der Aufklärung entwickelt sich eine Verselbständigung von Vernunft zum "Schein des Himmelslichts" (Goethe in Faust I), der allseitig durch seine Güte sich ermächtigt und die Selbstgerechtigkeit des bürgerlichen Bewusstseins bis hin zum Begriff vom "ewigen Frieden" in einen Himmel von Verheißungen einer heilen Welt hebt. Darin keimt ein Totalitarismus, den Adorno fundamental kritisieren wollte - wenn auch mit einem Wahrheitsverständnis von einem "richtigen Leben" (siehe hierzu auch Falschheit), das solche totalitäre Begrifflichkeit nicht wirklich ganz negieren konnte (siehe hierzu Negative Dialektik). Adorno konnte mit seiner Dialektik sein Distanz zu ihrem Gegenstand nicht überwiesen, weil er ihn nicht subjektiv, nicht historisch begreifen konnte: "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. Feuerbach will sinnliche, von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedene Objekte; aber er faßt die menschliche Tätigkeit selbst nicht als gegenständliche Tätigkeit." (Feuerbachthesesen, MEW Bd.3, S. 533 bis 535) Auch eine Kritische Theorie, die ihre Philosophie nicht verlassen kann, die sich nicht selbst negieren kann, macht sich die Vernunft des Richtigen gegen das Falschezu eigen und fällt von daher in eine abstrakte Wahrheit zurück, die ihren Gegenstand nicht wirklich begreifen kann. "Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage."(Feuerbachthesesen, MEW Bd.3, S. 533 bis 535) In der Konsequenz verkehrt Aufklärung mit ihrem Vernunftsverständnis die Existenz der Unvermögenden und unmündig gehaltenen Menschen an ihrer Lebenslage für schuldig und sieht sie damit nicht als Objekt der Vermögenden, als verdingt durch jene, deren Geldbesitz ihre Arbeit einfordert, sondern als potenziell gleich mächtige Menschen, als Personen, die sich ihrer Mündigkeit entziehen und gegen sie versagen. Ohnmacht ist demzufolge keine existenzielle Bestimmung in einem Verhältnis, worin Aneignung ganz allgemein als Privatmacht des Vermögens gesetzt und rechtlich sanktioniert wird (siehe Privateigentum), sondern bloß individuelles Versagen gegen die zur Privatexistenz allgemein benötigten Macht (siehe Geldbesitz), welche die Menschen zu Schuldnern an den Gegebenheiten bestimmt. Von daher will Aufklärung auch nicht erklären, was hinter den Verhältnissen der Wirklichkeit steckt, sondern aufklären, wie ein Mensch sich darin vernünftig verhalten kann. Sie enthält keine Erkenntnis über das, was ist und so nicht sein kann, was als unwirkliche Wirklichkeit zu kritisieren wäre, sondern will die Folgen von dem zeigen, was ist und wo es so nicht sein soll, was also allzeitig und bedingungslos zu verbessern sei. Aufklärung folgt einem Anpassungsinteresse an das Gute der Gegebenheiten und Ausgrenzung des Bösen durch die in einen kategorischen Imperativ der Sitte und Moral verallgemeinerten Vorstellung eigener Güte (siehe Selbstgerechtigkeit). Doch Aufklärung bedeutet, dass die Ausgrenzung des Verworfenen nicht metaphysisch, sondern auch wirklich durchgesetzt, als Notwendigkeit der Wirklichkeit selbst verstanden werden müsse, einer Notwendigkeit, der sich die Menschen zu ihrem eigenen Vorteil zu beugen hätten. Dieser Vorteil beruht auf dem Prinzip des ganzen Seins, dem die Aufklärung zum guten Sein, zu einer allgemeinen Ethik, zu einer Seinsmoralität verhelfen will (siehe auch Ontologie). Als solche bestimmte sie auch eine Epoche der Aufklärung. In dieser Epoche hat sich das bürgerliche Bewusstsein als das begründet, was es ist: Selbstbewusstsein des Wissens gegen jegliche Metaphysik und metaphysische Selbstbestimmung aus den Prinzipien der Güte menschlichen Seins: Der Vernunft des Gegebenen, die zugleich als Schranke der Erkenntnis bestimmt ist. In der Abweisung des Glaubens an Gott bekämpft die Aufklärung hauptsächlich jede Form der Dämonie durch Wissensvermittlung, welche ihre Selbstgewissheit dem sinnlichen Dasein entnimmt, durch die Bindung aller Geistesregungen an die Vernunft der Güte des Seienden. In den Kategorien ihrer Ethik begründet sie sich aus der Notwendigkeit der Sittlichkeit des Menschen und bestätigt sich in dem, was sie in der gegebenen Not durch notwendig scheinende Prinzipien zu wenden vermag. Letztlich begründet sich Aufklärung also in dem Zirkelschluss zwischen der Gegebenheit der Not und ihrer Wendung durch die prinzipielle Beherrschung der Gegebenheiten. Notwendig erscheint damit die Herrschaft über diese, die somit nicht mehr als menschliches Produkt zu begreifen, sondern letztlich als Mythos einer aufgehobenen Not bestätigt sind. In dieser Verselbständigung des Notwendigen, in der Abtrennung des Gegebenen vom Nötigen, kann sich nur die Behauptung einer Richtigkeit vollziehen, die sich aus der negativen Abgrenzung ergibt, also als Negation, die keinen wirklichen Grund hat, sich aber in allem als nötig zu begründen sucht, indem es notwendig gilt. Von daher ist Aufklärung die Geistesform unwirklicher Notwendigkeit, das Selbstbewusstsein des Besitzstands, der "nivellierenden Herrschaft der Abstraktion" (Adorno). "Die Abstraktion, das Werkzeug der Aufklärung, verhält sich zu ihren Objekten wie das Schicksal, dessen Begriff sie ausmerzt: als Liquidation. Unter der nivellierenden Herrschaft des Abstrakten, die alles in der Natur zum Wiederholbaren macht, und der Industrie, für die sie es zurichtet, wurden schließlich die Befreiten selbst zu jenem »Trupp«, den Hegel als das Resultat der Aufklärung bezeichnet hat. Die Distanz des Subjekts zum Objekt, Voraussetzung der Abstraktion, gründet in der Distanz zur Sache, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 19) Aufklärung ist das Prinzip der Erkenntnis - und damit des menschlichen Fortschritts -, das auf einer vernünftigen Erklärung beruhen will und sich von da her der Erkenntnis sogleich entzieht. Sie ist zum einen die Absage an Irrationalismus, Metaphysik, Gottesfurcht u.a.m., welche die Grundlage für ein selbstbewusstes Leben der Menschen sein soll, die Befreiung aus ihrer "selbstverschuldeten Unmündigkeit", ihrer Romanze mit der Unendlichkeit abstrakter Geister. Zum Andern ist sie selbst höchst metaphysisch, als sie das Prinzip ihrer Vernunft lediglich als Vorstellung ihrer Allgemeinheit hat, als Vorstellung einer immanenten Identität von einzelnem und allgemeinem Sollen (siehe Kategorischer Imperativ), die Vorstellung einer immergleichen Beziehung der Vorstellung, die im Vorhinein ihres Entschlusses schon dem Entschlossenen adäquat sein, also auf Erschließung verzichten könne. "Die Lehre der Gleichheit von Aktion und Reaktion behauptete die Macht der Wiederholung übers Dasein, lange nachdem die Menschen der Illusion sich entäußert hatten, durch Wiederholung mit dem wiederholten Dasein sich zu identifizieren und so seiner Macht sich zu entziehen. Je weiter aber die magische Illusion entschwindet, um so unerbittlicher hält Wiederholung unter dem Titel Gesetzlichkeit den Menschen in jenem Kreislauf fest, durch dessen Vergegenständlichung im Naturgesetz er sich als freies Subjekt gesichert wähnt. Das Prinzip der Immanenz, der Erklärung jeden Geschehens als Wiederholung, das die Aufklärung wider die mythische Einbildungskraft vertritt, ist das des Mythos selber. Die trockene Weisheit, die nichts Neues unter der Sonne gelten läßt, weil die Steine des sinnlosen Spiels ausgespielt, die großen Gedanken alle schon gedacht, die möglichen Entdeckungen vorweg konstruierbar, die Menschen auf Selbsterhaltung durch Anpassung festgelegt seien - diese trockene Weisheit reproduziert bloß die phantastische, die sie verwirft; die Sanktion des Schicksals, das durch Vergeltung unablässig wieder herstellt, was je schon war. Was anders wäre, wird gleichgemacht." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 18) In der Philosophie hat sie sich aus dem Humanismus der Renaissance des 17. Jahrhunderts besonders im 18. Jahrhundert als Kritik der Religion, also in der Abwendung von göttlicher Offenbarung, metaphysischer Vernunft und göttlich begründeter Herrschaft (Monarchismus) gegründet. Nachdem Descartes mit der Feststellung menschlicher Selbstevidenz ("Ich denke, also bin ich") sich göttlicher Vernunft entzogen hatte, begann die Aufklärung als Anspruch und Vorstellung, dass im rationalen Erfassen der Lebenswelt der Menschen ihre Geschichte frei gelassen werde, sie ihr Leben überhaupt aus sich selbst begreifen und ihre Nöte in die eigene Hand nehmen und überwinden können. Der Aufklärung diente vor allem die Vernunft zur Bildung eines menschlichen Selbstbewusstseins. Es kritisierte den "Heiligenschein göttlicher Weihe" (MEW 19, S. 533) und weihte die eigenen Lebensverhältnisse dem Prinzip der Vernunft. Hierfür war Vernunft allerdings neu zu bestimmen, so sie nicht mehr gottgegeben gilt. Kant leitete sie imperativ als notwendigen Gemeinwillen zum Überleben der Menschheit gab, der sich als allgemeinmenschliches Interesse wie auch als natürliches menschliches Interesse in einem begreifen wollte. "Religion, Naturanschauung, Gesellschaft, Staatsordnung, alles wurde der schonungslosesten Kritik unterworfen, alles sollte seine Existenz vor dem Richterstuhl der Vernunft rechtfertigen oder auf die Existenz verzichten" (MEW 20, S. 16). Mit der "Kritik der reinen Vernunft" stellte sich Kant an das Ende der Aufklärung, verblieb aber zugleich als ihre höchste und äußerste Wahrheit. Für ihn war Aufklärung die Grundlage menschlicher Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung in einer ausgewogenen humanen Gesellschaft, "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant 1784). Für ihn heißt Aufklärung, den Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes ohne Leistung eines anderen zu bedienen (Kant "Was ist Aufklärung?"). Darin sieht er für sich schon die Vernunft als Allgemeinheit des Verstandes, die sich in einem kategorischen Imperativ zur allgemeinen Verantwortung bringt. Dass das Prinzip der Vernunft seine Herkunft offenlegen muss, war das Anliegen von Hegel, das er - zum einen noch ganz Aufklärer - in einen radikalen Idealismus transzendierte als das Prinzip des Ganzen, das sich aber selbst als Weltgeist begreifen lassen soll, dessen wirkliche Geschichte wiederum sich aus der Vernunft seiner Idee erfahren soll. Solche Vernunft war die Konstruktion eines Werdens, das sich zugleich selbst rechtfertigte als Notwendigkeit des Gewordenseins, das sich sozusagen als logische Notwendigkeit aus seiner Endgensetzung ereigne. Die gedankliche Bewegung Hegels zeichnet den inneren Zusammenhang der natürlichen und geistigen Entwicklung der Geschichte als das nach, als was sie vom Standpunkt der Idee, welche die bürgerliche Gesellschaft von sich hat, auch sein muss, lediglich in der Notwendigkeit ihrer Vervollkommnung, ihrer Verwirklichung zum absoluten Geist. Sein "System" ist sowohl das vollständige System der Aufklärung wie auch ihr Bruch mit sich selbst. Es setzte sich wesentlich in einem Dualismus von Körper und Geist um. In der Selbstbegründung war sie durch Hegel wieder angekommen, wogegen sie sich begründet hatte: In der Vernunft eines Systems des Weltgeistes, das als Begriff des absolut geistigen, noch unverwirklichten Menschen dessen Geschichte erklärt. Der Gottmensch war die Antwort auf den Menschengott, jetzt aber in höchster Affirmation des Lebenssystems der Menschen. Das Hegelsche System stellte sich daher selbst schon mächtig systemerhaltend gegen die Systemstörung. Hegels Geschichtsbild bereitete auf, was war und erklärt, was sein soll als ein objektives Sollen des Geistes. So konnte sein Denken sowohl als fortschrittliches Denken vom Standpunkt notwendiger Selbstverwirklichung des Geistes genommen werden, wie auch als konservatives Rückbeziehen auf das Ganze des Systems (wie es in seinen politischen Schriften besonders zum Ausdruck kommt). Die Kritik an der Aufklärung war vielfältig und gegensinnig. Während Feuerbach und Marx sich gegen die Vernunft der Verhältnisse wandten und Marx ihre Logik als Vernunft der Entfremdung in gegenständlicher Wirklichkeit aufarbeitete, taten sich Schopenhauer und Nietzsche darin hervor, den Menschen in der Auflehnung gegen die Vernunft zu begreifen. In der Auflehnung spielte Kunst und Ästhetik für Nietzsche eine tragende Rolle, durch welche der Mensch in einen absoluten subjektiven Zwiespalt mit sich selbst gestellt sei: Die Vernunft gleichermaßen als "Gebälk der Begriffe" anerkennen zu müssen, wie die Begierden seiner urtümlichen Leibhaftigkeit, die Triebe und Gewalten seines Machtstrebens und der Lust, welche als Lebensprinzip der nach Herrschaft verlangenden Instinkte ihre Verwirklichung suche. Die Ästhetik war ihm die Wahrheit, worin die notwendige Verstellung des Menschen zu gelingen hat, ansonsten er im Grauen der Welt verzweifele. Die Psychoanalyse setzte diese Position der Erkenntnis als Dualismus um, der sich in der Erklärung des "Psychischen Apparats" bei Freud ausformulierte, der sich als Triebschicksal zwischen dem Lustprinzip und dem Realitätsprinzip ereigne. In seiner Theorie zeigt sich besonders anschaulich das Dilemma der Aufklärung, sich selbst erklären zu müssen um Erklärung zu sein, in der Kritik von Ontologie ontologisch argumentieren zu müssen: Die Vernunft habe ihren Gegenstand notwendig als unvernünftigen außer sich und müsse sich daher am Erfolg seiner Beherrschung messen. In der Psychoanalyse erweist sich die Aufklärung von selbst als Herrschaftsinteresse, weil sie sich im Gegensatz zu einem "Chaos der Triebe" versteht, welche das aufgeklärte "Ich" als Vermittler zwischen "Über-Ich" und "Es" zur Ordnung ruft wie ein "Reiter sein Pferd" (Freud). Die heutige Kritik der Aufklärung, wie sie besonders von Adorno in seiner "Dialektik der Aufklärung" unternommen wurde, ist eine etwas verborgene Fortsetzung des Nietzscheanischen und Freudistischen Verhältnisses zur Lebenspraxis: Indem Adorno den Widersinn des Scheinhaften als "falsches Leben" in Gänze abweist, wird er zum Verfechter einer Wahrheit, welche sich gegen die Fetische der bürgerlichen Kultur im Sinne ihrer Negation wendet, den Menschen im Begriff versteht, sich zu emanzipieren, indem er sein Anderssein gegen die Welt kehrt. Hierfür braucht er implizit die selben überhistorischen Konstrukte des Menschen, wie sie aller Aufklärung inne sind: Eine Ontologie, welche durch die Unvernunft der Welt gekränkt ist. Es ist allerdings implizit darin auch das enthalten, was Aufklärung angreifen will: eine - wenn auch subkulturelle - Religion des Menschseins, welche sich als Hoffnung auf Erlösung durch ein Anderssein einbringen muss. Das aber wurde konsequenter, dafür naiver und ehrlicher nur von Horkheimer ausgesprochen. Man sieht: Aufklärung ist ein totales Prinzip, welches innerhalb des theoretischen Verstandes (siehe theoretisches Bewusstsein) nicht auflösbar ist. Es wurde in aller Konsequenz nur von Karl Marx überwunden, der das Ende aller Philosophie, und damit aller Theologie, die für ihn der Inbegriff aller Philosophie war, damit verband, die Interpretation der Welt darin aufzuheben, dass sie in das praktische Interesse der Menschen gestellt ist - nicht um dieses zu bestätigen, sondern um "die Leidenschaft des Kopfes zum Kopf der Leidenschaften" werden zu lassen. Ansonsten bleibt Aufklärung das Prinzip der Schulmeisterei, das als Appell an den "guten Willen" ((Marx über Kant, MEW 3, S. 176ff)) nur vortragen kann, wonach sich die Menschen zu richten hätten, um endlich wirklich und gut und schön Mensch sein zu können. Heute tritt Aufklärung immer noch als Herrschaftsanspruch des Wissens gegen das Unheimliche auf, als "Durchblick" durch die "Geheimnisse" des Lebens, Entsublimierung des Grusels, welche die Grausamkeiten des Lebens mit sich bringen. Die Unerträglichkeit des Schmerzes der Empfindungen, der Identitätsverlust des erkennenden Subjekts der bürgerlichen Kultur, wird durch Technik, Wissen und ästhetischen Kult gebannt. Die Religion wird dabei nicht abgeschafft, sondern auf ihren sachlichsten Kern reduziert: "Zu Staub bist Du und zu Staub sollst Du wieder werden". Also: Fürchte dich nicht - es lohnt nicht. In dieser Masche bringen die neuen Propheten der Aufklärung den Durchblick auch als Plastilin oder Kameraobjektiv ins Geschäft. Ob Dr. Hagen sich bemüht, dem Tod den Schauer zu nehmen, indem er mit viel Plastik an Leichen ein Kunststoffleben installiert, oder ob vor dem Kameraobjektiv (z.B. im Dschungel) lebensgefährliche Situationen konstruiert werden, um vorzuführen, wie sich "der Mensch" darin verhält (wenn er viel Geld dafür bekommt), ist im Prinzip dasselbe: Der Tod soll überwunden sein, indem wir mit ihm spielen können. Das ist wahrlich der lebende Tod, das finale Prinzip des Bürgertums und des kapitalistischen Systems überhaupt.
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. 'Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!' ist also der Wahlspruch der Aufklärung." (Immanuel Kant 1784, "Was ist Aufklärung)
Dass darin ein totalitärer Anspruch an die Vernunft eines in der persönlichen Freiheit objektivierten Verstandes formuliert war, hat sich mit der Entwicklung der faschistischen Ideologie und ihrer Verwirklichung im Nationalsozialismus erwiesen. Deren (wohl eher psychologische) Kritik war die Grundlage der Kritischen Theorie von Horkkeimer und Adorno:
"Aufklärung ist die radikal gewordene, mythische Angst. Die reine Immanenz des Positivismus, ihr letztes Produkt, ist nichts anderes als ein gleichsam universales Tabu. Es darf überhaupt nichts mehr draußen sein, weil die bloße Vorstellung des Draußen die eigentliche Quelle der Angst ist." (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 22)
Die Kritischen Theorie richtete sich im Wesentlichen gegen den Vernunftbegriff von Immanuel Kant, der die Vernunft wie ein übergeschichtliches Subjekt – gleichsam als allgemein politisches Subjekt, als verallgemeinerbare Antiphilosophie der Aufklärung, als Negative Dialektik – verstand und betrieb und daraus die jederzeit gegenwärtige Emanzipation des bürgerlichen Individuums als kritisches Subjekt eines mündigen Menschen ansah, wie es sich in der Überwindung des Feudalismus erwiesen hatte. Was Marx der Philosophie vorhielt, dass sie die Welt nur verschieden interpretieren würde und aus deren Überwindung, aus der Verwirklichung ihrer Kritik sich eine proletarischen Revolution der bürgerlichen Gesellschaft ergäbe, befand Adorno als das Scheitern eines philosophischen "Konzepts", das seine Verwirklichung versäumt habe und im Faschismus ihr Ende erfahren müsste. Das Dilemma sah er im Glauben an eine emanzipative Kraft der Vernunft, an ihre geschichtliche Macht in der Herstellung eines "ewigen Friedens" (Kant) durch die Besinnung auf ihre Gattung über die übergeschichtlich gemeinten Gattungsbegriffe von Kant. Adorne sah im Mißlingen der Kritik an der Philosophie ein Versäumnis seiner Zeit, das unumkehrbar sei.
„Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward. Das summarische Urteil, sie habe die Welt bloß interpretiert, sei durch Resignation vor der Realität verkrüppelt auch in sich, wird zum Defaitismus der Vernunft, nachdem die Veränderung der Welt mißlang.“ (Adorno 1966: 15)
"Mit der Vernunft verbindet sich der Anspruch, die Welt von der Seite des Subjekts zu gestalten, sie vollständig zu durchdringen und alle Aspekte derart zu vermitteln, dass sie sich einer Totalität einfügen. Nichts darf anders sein, alles muss sich dem konstitutiven Subjekt, seinem Bewusstsein und Willen, seiner Vernunft fügen. Was sich dem verfügenden und planenden Zugriff, dem Kommando über Arbeit und Natur nicht unterwirft, muss eliminiert werden. Subjekt und Objekt bilden auf diese Weise eine zwanghafte Einheit, in der das Subjekt den Anspruch erhebt, bestimmend zu sein. Unter den Bedingungen von Herrschaft kommt es zwischen der Vernunft der Menschen und der Welt zu einer Tautologie. Deswegen können Horkheimer und Adorno sagen, dass die Aufklärung totalitär sei (vgl. Horkheimer/Adorno 1947: 28)." (Alex Demirović, "Die Selbstreflexion des Marxismus. Adornos Negative Dialektik")
Die Vermittlung von Vernunft und Verstand ist allerdings schon immer wesentlich für einen philosophischen Begriff der geschichtlichen Entwicklung der Lebensverhältnisse und ihrer sozialen Bildung (siehe hierzu Historischer Materialismus). Vernunft mag logisch sein, doch sie lässt sich nicht logisch begründen. So hatte dies auch schon Immanuel Kants verstanden, um ganz im Widerspruch hierzu der "praktischen Vernunft" die überweltliche Logik einer idealisierenden "Gattungsbegrifflichkeit" vorauszusetzen. Hierdurch aber konnte er ihre Urteile nur zirkulär aus der Vernunft der Notwendigkeiten ihres Verstandes so begründet verstehen, wie diesem ihre Vernunft zugleich vorausgesetzt sein sollen.
Und so bleibt die Begründung der Vernunft auch bei Immanuel Kant durch seine Gattungsbegriffe selbst nur in der geistigen Verfassung einer Gesellschaft, im zwiespältigen "objektive Sollen" einer übergeschichtlichen Natur des Geistigen befangen, indem sie dem "Sein das Geschehen" im Prinzip der Praxis ihrer Negativen Dialektik umzukehren suchen.
"Als Sein und Geschehen wird von der Aufklärung nur anerkannt, was durch Einheit sich erfassen lässt; ihr Ideal ist das System, aus dem alles und jedes folgt" (Max Horkheimer/Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 22)
Die Einheit von "Sein und Geschehen" wird vor allem bereits über die Religionen beansprucht. Dort ist allerdings vor allem von Erscheinungen die Rede, die schon in den Naturreligionen das Wirken von Göttern, Geistern und Mythen unterstellten, um ihre Huldigung an übermenschliche Wesen zu legitimieren und zu erklären. Mit der Philosophie der Aufklärung war ihrem Mystizismus durch das Erkenntnisinteresse der Vernunft entgegengetreten worden, die dem rein Geistigen das Material seiner Logik lieferte (siehe Materialismus), und das praktische Leben der Menschen als politisches Leben und zugleich als Leben der Politik vorstellen und vorkehren wollte. Nach der Kritik der praktischen Vernunft konnte aus deren Negation durch die Logik der Verkehrung, aus der Kritik der Religion schlechthin ein geschichtlicher Verstand der sinnlichen Gewissheit des Lebens der Menschen entstehen. Diese ergab als historischer Materialismus des Bewusstseins, dass nicht die Vernunft die Geschichte bestimmt, sondern in der praktischen Geschichte der Menschen ein fremdes Wesen erscheint, solange die Gesellschaft der Menschen aus der Unvernunft ihrer Lebensverhältnisse ihnen selbst entzogen, abstrakt wird und ihre Entremdung von ihren eigenen Lebenszusammenhängen betreibt und belegt.
Ein verständiger Mensch will verständnisvoll sein und den Mut beisammen haben, sich "seines eigenen Verstandes zu bedienen", wie es Immanuel Kant ihm angelegen sein lässt. Um damit in Frieden zu leben, ließe sich eine allgemeine Forderung als kategorischer Imperativ zum Prinzip eigener Verantwortlichkeit formulieren, die in allgemein fruchtbaren Beziehungen aufgeht und die Menschen versöhnt, die es nicht mehr nötig hätten, sich zu bekämpfen. Doch mit dem Verstehen, was erklärlich und vernünftig ist. reicht es nur hin, wo die Verhältnisse auch dem entsprechen, was im Allgemeinen sich verhalten lässt, wo sie also sich in einem Bewusstsein vereinen, das nichts anderes formuliert als das, was sie auch nötig haben. Von daher betreibt die Aufklärung einen logischen Totalitarismus, der Sein und Bewusstsein ununterschieden mit sich selbst versöhnt, jenseits des wirklichen Leben wirklicher Menschen in wirklichen Verhältnissen. Ihre Vernunft ist die instrumentelle Vernunft der Versöhnung und muss jede Freiheit einer Vernunft nichten, die ihren eigenen Notwendigkeiten nachgehen muss. Sie stellt das Ansinnen einer vorausgesetzten Allgemeinheit als Prinzip einer Allgemeinheit Wahrheit auf, das dazu zwingt, in einem Verhältnis ihrer Totatität aufzugehen, imdem sie deren Form zu ihrem Inhalt macht (siehe hierzu auch Strukturalismus) und hierdurch abstraktes Denken vom einem Begreifen der Abstraktionen abtrennt und das Denken von seinem Grund frei geschlagen, entfremdetes Denken zum inhalt eines Priozips von Positionen erhoben (siehe Positivismus). Theodor W. Adorno hat dieser Tendenz der Versöhnung seine Negative Dialektik engegengestellt, wodurch sein rein philsophischen Begriff selbst die Entzweiung seines Wesens gegen seine Vernunft darzustellen in der Lage sei:
"Es handelt sich um den Entwurf einer Philosophie, die nicht den Begriff der Identität von Sein und Denken voraussetzt und auch nicht in ihm terminiert, sondern die gerade das Gegenteil, also das Auseinanderweisen von Begriff und Sache, von Subjekt und Objekt, und ihre Unversöhntheit, artikulieren will." (Theodor W. Adorno: Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/66. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, S. 15f.)
Wissen und Bewusstsein entsteht nicht durch Prinzipien, nicht durch irgendeine vorausgesetzte Vernunft oder Wahrheit, sondern im Verstehen von wirklichen, also wirksamen Beziehungen und Verhältnissen, die dem bisherigen Verstand noch unerklärlich waren,kein Empathie sich hierfür gebildet hat (siehe hierzu auch Hermeneutischer Zirkel). Es. ist immer der Verstand einer nachvollziehbaren Gewissheit einer gesellschaftlich Beziehung,die durch die Aufklärung über ihre Gründe vermittelbar ist, Diese kann nur in der Gesellschaft ihren Sinn haben und finden und ihre Wahrheit beweisen. Aufklärung stellt eine Beziehung von Wissen und Sein dar, die auf das Dasein bezogen ist und in seiner Vermittlung beziehbar ist, also auch keinen Imperatif zu einer "Wahrheit des Lebens" vermittelt bekommen muss, wie z.B. durch Adorno, der aus den Menschen in ihren widersprüchlichen Existenzen kleine Philosophen machen wollte, damit sie seiner großen Philosophie von der "Negativen Dialektik" folgen können. Es geht hier nur um ein Wissen, das durch Information oder Bewusstsein von einem Bewusstsein an den übereignet wird, der es aus den Gründen seiner Existenz nicht wissen kann und für sich wissen will, weil jeder Mensch "mündig" ist und keines Anspruchs gegen Unmündigkeit bedarf, schon garnicht "selbstverschuldet" mutlos sein muss und durch Aufklärung auch nicht schuldlos wird (siehe hierzu auch Religion).
Aufklärung sollte also eigentlich etwas klären, über etwas aufklären, ein notwendiges Wissen vermitteln, um Menschen aus der Vormundschaft mystifizierender Mächte zu verhelfen durch jene, die ihren Mythos begriffen haben und dies beweisen können. Indem ihnen Wissen über die Gegebenheiten ihrer Verhältnisse übertragen wird, das sie hierzu (noch) nicht haben, können sie ihre Sprachlosigkeit verlieren und für sich selbst mündig werden. Mit eigenem Mund finden sie auch ihre Sprache - und damit Bewusstsein - für ihr praktisches Dasein. Mit dieser Übermittlung wäre Aufklärung auch beendet und in ihrem Strukturalismus besiegelt.
Aber als Geisteshaltung ist sie etwas gänzlich anderes, eigentlich das glatte Gegenteil: Als Appell an die Mündigkeit des Bürgers mit der Behauptung, dass Unmündigkeit selbst verschuldet sei, betreibt sie Wissensermächtigung, setzt sich als ein wissendes Subjekt über jene, die nichts wissen, indem sie den Begriff eines Ganzen, einer durch sich schon vernünftigen Allgemeinheit (siehe Kategorischer Imperativ), einem ganzen Gemeinwesen als absolute Erfordernis vernünftigen Handelns darstellen und dessen Vernunft somit einem rein instrumentellen Interesse unterwirft. In der Ideologie der Aufklärung entwickelt sich eine Verselbständigung von Vernunft zum "Schein des Himmelslichts" (Goethe in Faust I), der allseitig durch seine Güte sich ermächtigt und die Selbstgerechtigkeit des bürgerlichen Bewusstseins bis hin zum Begriff vom "ewigen Frieden" in einen Himmel von Verheißungen einer heilen Welt hebt. Darin keimt ein Totalitarismus, den Adorno fundamental kritisieren wollte - wenn auch mit einem Wahrheitsverständnis von einem "richtigen Leben" (siehe hierzu auch Falschheit), das solche totalitäre Begrifflichkeit nicht wirklich ganz negieren konnte (siehe hierzu Negative Dialektik). Adorno konnte mit seiner Dialektik sein Distanz zu ihrem Gegenstand nicht überwiesen, weil er ihn nicht subjektiv, nicht historisch begreifen konnte:
"Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt. Feuerbach will sinnliche, von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedene Objekte; aber er faßt die menschliche Tätigkeit selbst nicht als gegenständliche Tätigkeit." (Feuerbachthesesen, MEW Bd.3, S. 533 bis 535)
Auch eine Kritische Theorie, die ihre Philosophie nicht verlassen kann, die sich nicht selbst negieren kann, macht sich die Vernunft des Richtigen gegen das Falschezu eigen und fällt von daher in eine abstrakte Wahrheit zurück, die ihren Gegenstand nicht wirklich begreifen kann.
"Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme, ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, d. h. die Wirklichkeit und Macht, die Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit eines Denkens, das sich von der Praxis isoliert, ist eine rein scholastische Frage."(Feuerbachthesesen, MEW Bd.3, S. 533 bis 535)
In der Konsequenz verkehrt Aufklärung mit ihrem Vernunftsverständnis die Existenz der Unvermögenden und unmündig gehaltenen Menschen an ihrer Lebenslage für schuldig und sieht sie damit nicht als Objekt der Vermögenden, als verdingt durch jene, deren Geldbesitz ihre Arbeit einfordert, sondern als potenziell gleich mächtige Menschen, als Personen, die sich ihrer Mündigkeit entziehen und gegen sie versagen. Ohnmacht ist demzufolge keine existenzielle Bestimmung in einem Verhältnis, worin Aneignung ganz allgemein als Privatmacht des Vermögens gesetzt und rechtlich sanktioniert wird (siehe Privateigentum), sondern bloß individuelles Versagen gegen die zur Privatexistenz allgemein benötigten Macht (siehe Geldbesitz), welche die Menschen zu Schuldnern an den Gegebenheiten bestimmt.
Von daher will Aufklärung auch nicht erklären, was hinter den Verhältnissen der Wirklichkeit steckt, sondern aufklären, wie ein Mensch sich darin vernünftig verhalten kann. Sie enthält keine Erkenntnis über das, was ist und so nicht sein kann, was als unwirkliche Wirklichkeit zu kritisieren wäre, sondern will die Folgen von dem zeigen, was ist und wo es so nicht sein soll, was also allzeitig und bedingungslos zu verbessern sei. Aufklärung folgt einem Anpassungsinteresse an das Gute der Gegebenheiten und Ausgrenzung des Bösen durch die in einen kategorischen Imperativ der Sitte und Moral verallgemeinerten Vorstellung eigener Güte (siehe Selbstgerechtigkeit).
Doch Aufklärung bedeutet, dass die Ausgrenzung des Verworfenen nicht metaphysisch, sondern auch wirklich durchgesetzt, als Notwendigkeit der Wirklichkeit selbst verstanden werden müsse, einer Notwendigkeit, der sich die Menschen zu ihrem eigenen Vorteil zu beugen hätten. Dieser Vorteil beruht auf dem Prinzip des ganzen Seins, dem die Aufklärung zum guten Sein, zu einer allgemeinen Ethik, zu einer Seinsmoralität verhelfen will (siehe auch Ontologie). Als solche bestimmte sie auch eine Epoche der Aufklärung.
In dieser Epoche hat sich das bürgerliche Bewusstsein als das begründet, was es ist: Selbstbewusstsein des Wissens gegen jegliche Metaphysik und metaphysische Selbstbestimmung aus den Prinzipien der Güte menschlichen Seins: Der Vernunft des Gegebenen, die zugleich als Schranke der Erkenntnis bestimmt ist. In der Abweisung des Glaubens an Gott bekämpft die Aufklärung hauptsächlich jede Form der Dämonie durch Wissensvermittlung, welche ihre Selbstgewissheit dem sinnlichen Dasein entnimmt, durch die Bindung aller Geistesregungen an die Vernunft der Güte des Seienden. In den Kategorien ihrer Ethik begründet sie sich aus der Notwendigkeit der Sittlichkeit des Menschen und bestätigt sich in dem, was sie in der gegebenen Not durch notwendig scheinende Prinzipien zu wenden vermag.
Letztlich begründet sich Aufklärung also in dem Zirkelschluss zwischen der Gegebenheit der Not und ihrer Wendung durch die prinzipielle Beherrschung der Gegebenheiten. Notwendig erscheint damit die Herrschaft über diese, die somit nicht mehr als menschliches Produkt zu begreifen, sondern letztlich als Mythos einer aufgehobenen Not bestätigt sind. In dieser Verselbständigung des Notwendigen, in der Abtrennung des Gegebenen vom Nötigen, kann sich nur die Behauptung einer Richtigkeit vollziehen, die sich aus der negativen Abgrenzung ergibt, also als Negation, die keinen wirklichen Grund hat, sich aber in allem als nötig zu begründen sucht, indem es notwendig gilt. Von daher ist Aufklärung die Geistesform unwirklicher Notwendigkeit, das Selbstbewusstsein des Besitzstands, der "nivellierenden Herrschaft der Abstraktion" (Adorno).
"Die Abstraktion, das Werkzeug der Aufklärung, verhält sich zu ihren Objekten wie das Schicksal, dessen Begriff sie ausmerzt: als Liquidation. Unter der nivellierenden Herrschaft des Abstrakten, die alles in der Natur zum Wiederholbaren macht, und der Industrie, für die sie es zurichtet, wurden schließlich die Befreiten selbst zu jenem »Trupp«, den Hegel als das Resultat der Aufklärung bezeichnet hat. Die Distanz des Subjekts zum Objekt, Voraussetzung der Abstraktion, gründet in der Distanz zur Sache, die der Herr durch den Beherrschten gewinnt." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 19)
Aufklärung ist das Prinzip der Erkenntnis - und damit des menschlichen Fortschritts -, das auf einer vernünftigen Erklärung beruhen will und sich von da her der Erkenntnis sogleich entzieht. Sie ist zum einen die Absage an Irrationalismus, Metaphysik, Gottesfurcht u.a.m., welche die Grundlage für ein selbstbewusstes Leben der Menschen sein soll, die Befreiung aus ihrer "selbstverschuldeten Unmündigkeit", ihrer Romanze mit der Unendlichkeit abstrakter Geister. Zum Andern ist sie selbst höchst metaphysisch, als sie das Prinzip ihrer Vernunft lediglich als Vorstellung ihrer Allgemeinheit hat, als Vorstellung einer immanenten Identität von einzelnem und allgemeinem Sollen (siehe Kategorischer Imperativ), die Vorstellung einer immergleichen Beziehung der Vorstellung, die im Vorhinein ihres Entschlusses schon dem Entschlossenen adäquat sein, also auf Erschließung verzichten könne.
"Die Lehre der Gleichheit von Aktion und Reaktion behauptete die Macht der Wiederholung übers Dasein, lange nachdem die Menschen der Illusion sich entäußert hatten, durch Wiederholung mit dem wiederholten Dasein sich zu identifizieren und so seiner Macht sich zu entziehen. Je weiter aber die magische Illusion entschwindet, um so unerbittlicher hält Wiederholung unter dem Titel Gesetzlichkeit den Menschen in jenem Kreislauf fest, durch dessen Vergegenständlichung im Naturgesetz er sich als freies Subjekt gesichert wähnt. Das Prinzip der Immanenz, der Erklärung jeden Geschehens als Wiederholung, das die Aufklärung wider die mythische Einbildungskraft vertritt, ist das des Mythos selber. Die trockene Weisheit, die nichts Neues unter der Sonne gelten läßt, weil die Steine des sinnlosen Spiels ausgespielt, die großen Gedanken alle schon gedacht, die möglichen Entdeckungen vorweg konstruierbar, die Menschen auf Selbsterhaltung durch Anpassung festgelegt seien - diese trockene Weisheit reproduziert bloß die phantastische, die sie verwirft; die Sanktion des Schicksals, das durch Vergeltung unablässig wieder herstellt, was je schon war. Was anders wäre, wird gleichgemacht." (Theodor W. Adorno "Dialektik der Aufklärung" Fischer 2002 S. 18)
In der Philosophie hat sie sich aus dem Humanismus der Renaissance des 17. Jahrhunderts besonders im 18. Jahrhundert als Kritik der Religion, also in der Abwendung von göttlicher Offenbarung, metaphysischer Vernunft und göttlich begründeter Herrschaft (Monarchismus) gegründet. Nachdem Descartes mit der Feststellung menschlicher Selbstevidenz ("Ich denke, also bin ich") sich göttlicher Vernunft entzogen hatte, begann die Aufklärung als Anspruch und Vorstellung, dass im rationalen Erfassen der Lebenswelt der Menschen ihre Geschichte frei gelassen werde, sie ihr Leben überhaupt aus sich selbst begreifen und ihre Nöte in die eigene Hand nehmen und überwinden können.
Der Aufklärung diente vor allem die Vernunft zur Bildung eines menschlichen Selbstbewusstseins. Es kritisierte den "Heiligenschein göttlicher Weihe" (MEW 19, S. 533) und weihte die eigenen Lebensverhältnisse dem Prinzip der Vernunft. Hierfür war Vernunft allerdings neu zu bestimmen, so sie nicht mehr gottgegeben gilt. Kant leitete sie imperativ als notwendigen Gemeinwillen zum Überleben der Menschheit gab, der sich als allgemeinmenschliches Interesse wie auch als natürliches menschliches Interesse in einem begreifen wollte. "Religion, Naturanschauung, Gesellschaft, Staatsordnung, alles wurde der schonungslosesten Kritik unterworfen, alles sollte seine Existenz vor dem Richterstuhl der Vernunft rechtfertigen oder auf die Existenz verzichten" (MEW 20, S. 16).
Mit der "Kritik der reinen Vernunft" stellte sich Kant an das Ende der Aufklärung, verblieb aber zugleich als ihre höchste und äußerste Wahrheit. Für ihn war Aufklärung die Grundlage menschlicher Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung in einer ausgewogenen humanen Gesellschaft, "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant 1784). Für ihn heißt Aufklärung, den Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes ohne Leistung eines anderen zu bedienen (Kant "Was ist Aufklärung?"). Darin sieht er für sich schon die Vernunft als Allgemeinheit des Verstandes, die sich in einem kategorischen Imperativ zur allgemeinen Verantwortung bringt.
Dass das Prinzip der Vernunft seine Herkunft offenlegen muss, war das Anliegen von Hegel, das er - zum einen noch ganz Aufklärer - in einen radikalen Idealismus transzendierte als das Prinzip des Ganzen, das sich aber selbst als Weltgeist begreifen lassen soll, dessen wirkliche Geschichte wiederum sich aus der Vernunft seiner Idee erfahren soll. Solche Vernunft war die Konstruktion eines Werdens, das sich zugleich selbst rechtfertigte als Notwendigkeit des Gewordenseins, das sich sozusagen als logische Notwendigkeit aus seiner Endgensetzung ereigne. Die gedankliche Bewegung Hegels zeichnet den inneren Zusammenhang der natürlichen und geistigen Entwicklung der Geschichte als das nach, als was sie vom Standpunkt der Idee, welche die bürgerliche Gesellschaft von sich hat, auch sein muss, lediglich in der Notwendigkeit ihrer Vervollkommnung, ihrer Verwirklichung zum absoluten Geist. Sein "System" ist sowohl das vollständige System der Aufklärung wie auch ihr Bruch mit sich selbst. Es setzte sich wesentlich in einem Dualismus von Körper und Geist um.
In der Selbstbegründung war sie durch Hegel wieder angekommen, wogegen sie sich begründet hatte: In der Vernunft eines Systems des Weltgeistes, das als Begriff des absolut geistigen, noch unverwirklichten Menschen dessen Geschichte erklärt. Der Gottmensch war die Antwort auf den Menschengott, jetzt aber in höchster Affirmation des Lebenssystems der Menschen. Das Hegelsche System stellte sich daher selbst schon mächtig systemerhaltend gegen die Systemstörung. Hegels Geschichtsbild bereitete auf, was war und erklärt, was sein soll als ein objektives Sollen des Geistes. So konnte sein Denken sowohl als fortschrittliches Denken vom Standpunkt notwendiger Selbstverwirklichung des Geistes genommen werden, wie auch als konservatives Rückbeziehen auf das Ganze des Systems (wie es in seinen politischen Schriften besonders zum Ausdruck kommt).
Die Kritik an der Aufklärung war vielfältig und gegensinnig. Während Feuerbach und Marx sich gegen die Vernunft der Verhältnisse wandten und Marx ihre Logik als Vernunft der Entfremdung in gegenständlicher Wirklichkeit aufarbeitete, taten sich Schopenhauer und Nietzsche darin hervor, den Menschen in der Auflehnung gegen die Vernunft zu begreifen. In der Auflehnung spielte Kunst und Ästhetik für Nietzsche eine tragende Rolle, durch welche der Mensch in einen absoluten subjektiven Zwiespalt mit sich selbst gestellt sei: Die Vernunft gleichermaßen als "Gebälk der Begriffe" anerkennen zu müssen, wie die Begierden seiner urtümlichen Leibhaftigkeit, die Triebe und Gewalten seines Machtstrebens und der Lust, welche als Lebensprinzip der nach Herrschaft verlangenden Instinkte ihre Verwirklichung suche. Die Ästhetik war ihm die Wahrheit, worin die notwendige Verstellung des Menschen zu gelingen hat, ansonsten er im Grauen der Welt verzweifele.
Die Psychoanalyse setzte diese Position der Erkenntnis als Dualismus um, der sich in der Erklärung des "Psychischen Apparats" bei Freud ausformulierte, der sich als Triebschicksal zwischen dem Lustprinzip und dem Realitätsprinzip ereigne. In seiner Theorie zeigt sich besonders anschaulich das Dilemma der Aufklärung, sich selbst erklären zu müssen um Erklärung zu sein, in der Kritik von Ontologie ontologisch argumentieren zu müssen: Die Vernunft habe ihren Gegenstand notwendig als unvernünftigen außer sich und müsse sich daher am Erfolg seiner Beherrschung messen. In der Psychoanalyse erweist sich die Aufklärung von selbst als Herrschaftsinteresse, weil sie sich im Gegensatz zu einem "Chaos der Triebe" versteht, welche das aufgeklärte "Ich" als Vermittler zwischen "Über-Ich" und "Es" zur Ordnung ruft wie ein "Reiter sein Pferd" (Freud).
Die heutige Kritik der Aufklärung, wie sie besonders von Adorno in seiner "Dialektik der Aufklärung" unternommen wurde, ist eine etwas verborgene Fortsetzung des Nietzscheanischen und Freudistischen Verhältnisses zur Lebenspraxis: Indem Adorno den Widersinn des Scheinhaften als "falsches Leben" in Gänze abweist, wird er zum Verfechter einer Wahrheit, welche sich gegen die Fetische der bürgerlichen Kultur im Sinne ihrer Negation wendet, den Menschen im Begriff versteht, sich zu emanzipieren, indem er sein Anderssein gegen die Welt kehrt. Hierfür braucht er implizit die selben überhistorischen Konstrukte des Menschen, wie sie aller Aufklärung inne sind: Eine Ontologie, welche durch die Unvernunft der Welt gekränkt ist. Es ist allerdings implizit darin auch das enthalten, was Aufklärung angreifen will: eine - wenn auch subkulturelle - Religion des Menschseins, welche sich als Hoffnung auf Erlösung durch ein Anderssein einbringen muss. Das aber wurde konsequenter, dafür naiver und ehrlicher nur von Horkheimer ausgesprochen.
Man sieht: Aufklärung ist ein totales Prinzip, welches innerhalb des theoretischen Verstandes (siehe theoretisches Bewusstsein) nicht auflösbar ist. Es wurde in aller Konsequenz nur von Karl Marx überwunden, der das Ende aller Philosophie, und damit aller Theologie, die für ihn der Inbegriff aller Philosophie war, damit verband, die Interpretation der Welt darin aufzuheben, dass sie in das praktische Interesse der Menschen gestellt ist - nicht um dieses zu bestätigen, sondern um "die Leidenschaft des Kopfes zum Kopf der Leidenschaften" werden zu lassen. Ansonsten bleibt Aufklärung das Prinzip der Schulmeisterei, das als Appell an den "guten Willen" ((Marx über Kant, MEW 3, S. 176ff)) nur vortragen kann, wonach sich die Menschen zu richten hätten, um endlich wirklich und gut und schön Mensch sein zu können.
Heute tritt Aufklärung immer noch als Herrschaftsanspruch des Wissens gegen das Unheimliche auf, als "Durchblick" durch die "Geheimnisse" des Lebens, Entsublimierung des Grusels, welche die Grausamkeiten des Lebens mit sich bringen. Die Unerträglichkeit des Schmerzes der Empfindungen, der Identitätsverlust des erkennenden Subjekts der bürgerlichen Kultur, wird durch Technik, Wissen und ästhetischen Kult gebannt. Die Religion wird dabei nicht abgeschafft, sondern auf ihren sachlichsten Kern reduziert: "Zu Staub bist Du und zu Staub sollst Du wieder werden". Also: Fürchte dich nicht - es lohnt nicht. In dieser Masche bringen die neuen Propheten der Aufklärung den Durchblick auch als Plastilin oder Kameraobjektiv ins Geschäft. Ob Dr. Hagen sich bemüht, dem Tod den Schauer zu nehmen, indem er mit viel Plastik an Leichen ein Kunststoffleben installiert, oder ob vor dem Kameraobjektiv (z.B. im Dschungel) lebensgefährliche Situationen konstruiert werden, um vorzuführen, wie sich "der Mensch" darin verhält (wenn er viel Geld dafür bekommt), ist im Prinzip dasselbe: Der Tod soll überwunden sein, indem wir mit ihm spielen können. Das ist wahrlich der lebende Tod, das finale Prinzip des Bürgertums und des kapitalistischen Systems überhaupt.