Politisches Subjekt

Aus kulturkritik

"Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen. Die soziale Revolution (…) kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft. Sie kann nicht mit sich selbst beginnen, bevor sie allen Aberglauben an die Vergangenheit abgestreift hat. Die früheren Revolutionen bedurften der weltgeschichtlichen Rückerinnerung um sich über ihren eigenen Inhalt zu betäuben. Die Revolution (…) muss die Toten begraben lassen, um bei ihrem eigenen Inhalt anzukommen." (MEW 8, Seite 115)

Ein politisches Subjekt ist ein Mensch, der beansprucht, seine gesellschaftliche Wirklichkeit durch seinen politischen Willen zu gestalten. Das allerdings setzt voraus, dass es ihm gelingt, hierzu politisch ermächtigt zu sein. Diese Macht wird von unterschiedlichen Gruppierungen erstrebt, die darin entweder sich repräsentieren (siehe repräsentative Demokratie) oder verwirklichen oder administrieren (siehe qualifizierte Delegation) lassen. In Jedem Fall müssen sie hierfür eine politische Haltung vergemeinschaften können. Die bisherige Geschichte ist damit allerdings noch nicht weit gekommen. Ihr politisches Dasein ist in ihrer bloßen Ideologie fixiert und durch Interpretationen dessen, was politisch sein soll verkommen (siehe auch Philosophie).

Nicht erst durch die neoliberale Position, dass das "Ende der Arbeit" eingeläutet sei, ist ein geschichtliches Subjekt erfunden worden, das sich jenseits der Geschichte aus "freien Stücken" entschließen könne, die Welt über die kritik der Arbeit zu verändern. Schon lange - spätestens seit den reaktionären Positionen des so genannten Realsozialismus - war die Kritik eines "Subjekts der Arbeit" in der linken Bewegung als Subjektkritik gegen die Arbeiterbewegung eingeführt. Besonders in den studentischen Initiativen an der Uni (siehe z.B. Marxistische Gruppe - alias Gegenstandpunkt) war die Kritik des Realsozialismus und der Arbeiterbewegungen zum Wertmaß eines kritischen Bewusstseins geworden. Nicht erst die so genannte Wertkritik hat dieses zu einer Kritik des Werts als Idee, als einen verrückten Verstand der neueren politischen Bewegungen zur Kritik des Subjekts, als Subjektkritik und zugleich Kritik der Subjektivität schlechthin zusammengefasst. Und damit sollte das marxistische Verständnis der menschlichen Arbeit abschließend und endgültig als schlichte Ontologie abgefertigt sein.

Mit großem Eifer wurde demnach überall, wo eine natürliche Beziehung sich erkennbar machte, auf eine Ontologie verwiesen und damit das größte Missverständnis des Marxismus und seiner Kritik des Warenfetischismus enthoben und die wesentliche Eigentümlichkeit des Kapitalismus dadurch zersetzt, dass der Gebrauchswert der Waren durch einen schlichten Fehler der Erkenntnis begründet sei, dass er also nicht eine wirklich die "Erscheinungsform seines Gegenteils, des Werts {sei und dass hierdurch die} Naturalform der Ware ... zur Wertform {wird}" (MEW 23, S. 70f). Das geprießene "politische Subjekt" wird dadurch zum Subjekt einer politischen Szene und kann demnach auch schon durch eine Fehlerkorrektur entstehen, wenn es endlich ihrem kleinbürgerlichen Verstand entsprechen würde.

Von daher begründet sich dessen Politik im Allgemeinen durch die Rechtfertigung und das Recht des Willens zu dem, was in solcher Szene sein soll, was hierfür nötig ist um ihre Zielsetzung zu verwirklichen: auf einem politischen Willen zu einer Existenz, die sich von der Wirklichkeit einer abstrakten gesellschaftlichen Idealisierung (siehe Ideologie) abwendet und sich vor allem ihrer selbst gerecht wird (siehe Ideologiekritik). Politik will durch derlei Zielsetzungen die Form der herrschenden Verhältnisse reformieren, aus denen sie entsteht und die sie reflektiert (siehe hierzu politische Ökonomie).

Politik wurde von daher reduziert auf eine gedankliche Beziehung auf die Entwicklung einer Gesellschaft von Menschen in der Urteilsbildung über die Wirklichkeit ihrer Lebensverhältnisse. Politisch ist daher ein Urteil über Einzelheiten nur, soweit es die Gesamtheit ihrer Beziehungen auf [[reflektiert. Wo diese ihnen äußerlich, alsofremd bestimmtsind, ist esnotwendig, dieEntfremdungihrer Lebenszusammenhänge vom menschlichenLebenzu kritisieren (siehekritische Theorie) und ihr menschlichesWesenzu entdecken, aufzudecken und das Handeln der Menschen menschlich zu begründen (siehe z.B.Kritik der politischen Ökonomie). Von daher kann sich Politik letztlich nur durchwissenschaftlicheErkenntnissebewahrheiten Aber derbürgerlicheVerstand, dessen wesentlicheEigenschafteine kritikloseBeziehungzu seinemGegenstandist, weil er die darin vermittelteBürgschaftnichtpolitischhinterfragen will, vermag einen äußerenGegenstand, in dem er seine Lebentätigkeit nur in einerveräußertenFormwahrhabenkann, nicht von einementäußertenGegenstandseinesLebenszu unterscheiden, weil er ihn als Gegenstand in seinemBesitzwahrnimmt, denn er erkennt in der Besessenheit seinerÄußerlichkeitselbst nichts von seinerEntfremdung, solange er an seine Gedankenlosigkeitgewöhntist. Er versteht seineObjektivitätgrundsätzlich äußerlich und daher auch wesentlichgleichgültigin seinem Denken, wodurch er sich selbst äußerlich wird. Das reineDenkengilt daher auch bloß als entwickelte Form des Verstehens, nicht als dessenEmanzipationzu einer demGegenstandinnewohnendenSubjektivität. SolchemVerstandbleiben die Objekte daher auch reinobjektiv, sein Denken als bloße Beziehungsform derGegebenheiten. Aber erst mit dem Durchdringen der äußerlichen Gegenständlichkeit bis hin zu deren Subjekt, zurErkenntnisderSubjektivitätdes Gegenständlichen, vollzieht sich dieAufhebungentfremdetenDenkens. Und nur dies kann einenBegrifffür die Gegenstände ergeben, also eineGewissheit, wodurch sie wieder greifbar werden. Von daher muss einerrevolutionärenPolitik auch dieKritikderbürgerlichen Wissenschaftenals Kritik einesveräußerlichtenWisensvorausgehen. Sie kann ihren Gegenstand als äußerlichenGegenstandnur in einemhermeneutischen Zirkelbeschreiben, wodurch ihre eigenen Vorurteile verdoppelt werden,bürgerlichverbürgtenLebensverhältnisse verabsolutiert. Sie erkennt ihrWesennur als das, was sie von ihm aus ihrerisoliertenBetrachtungsweise heraus als eine ihreeigentümlicheWahrheit, also nur für sichwahrnehmenkann, - eben weil sie dies unbedingt fürwahrbefinden soll.Bürgerliche Wissenschaftkann daher zu einerwahrenWissenschaftnur werden, wenn sie ihrenGegenstandals einen ihr äüßerlichen Gegenstand begreifen kann, der ihr einepolitischeAnalysedurch diedialektischenMethodeihrerErkenntnissederbürgerlichverbürgtenLebensverhältnisse abverlangt. Diese gründen wie überhaupt auf denElementenihres gesellschaftlichenReichtums.]]

"Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine "ungeheure Warensammlung", die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware." (MEW Bd. 23, S. 49)

Der Reichtum aller Gesellschaften ergibt sich aus der inhaltlichen Entwicklung des Arbeitsprozesses und der Produktionsmittel, durch die sich die Arbeit der Menschen mit ihren Bedürfnissen differenziert und ihre Naturmacht den Menschen immer mehr zu Eigen, immer eigentümlicher wird, wenn ihre Form ihren Inhalten entsprechen könnte (siehe hierzu Historischer Materialismus). Aber die Inhalte dieser Entwicklungen haben durch die Unvereinbarkeit ihrer Existenzweise, durch die Getrenntheit der politischen Form von ihrer natürlichen Entwicklung eine Formbestimmung nötig, die ihren geschichtlichen Prozess verbündet, seine getrennten Momente an einander festhält. Solange diese Trennung besteht ist Politik als reine Formbestimmung die eigenständige Form inhaltlicher Beziehungen. Sie kann sich aber letztlich nur in einem Sinn verwirklichen, der dem Reichtum einer Gesellschaft zusteht, weil diese ihn inhaltlich bestimmt. Politik ist bis dahin lediglich der Betrieb einer Formbestimmung, die dem Zerfall des gesellschaftlichen Reichtums entgegenwirkt, sich im Gegensatz des organisch bestimmten Wirtschaftswachstum mit dem formbestimmten Wertwachstum aufreibt, um dessen Krisen zu überwinden Politik gründet von da her auf einer Zielvorstellung, die durch Beeinflussung der allgemeinen gesellschaftlichen Verhältnisse mit der eigenständigen Kraft eines politischen Willens zu verwirklichen sein sollen. Und von daher begründet sich Politik im Allgemeinen auf einem Willen, diese Zielsetzung zu erfüllen: auf einem politischen Willen, mit dem sich die Menschen dem Sollen der ökonomischen Formbestimmungen und deren Zwänge entgegen zu stellen, um sich aus der politischen Macht der herrschenden Verhältnisse zu emanzipieren (siehe hierzu auch Kritik der politischen Ökonomie).

Die bisherige Politik bestätigt jedoch insgesamt nur die allgemeine Faktizität des Wertverhältnisses, welches den Kapitalismus als politische Ökonomie ausmacht, weil sich die Menschen bisher nicht zu dessen Überwindung entschließen konnten, bzw. an den Begründungen anderer Gesellschaftformen gefehlt haben (siehe Faschismus, Linksfaschismus), weil sie also aus vielerlei Gründen nicht in der Lage waren, den Machtwillen, das Prinzip des Egoismus aufzugeben. Dies würde die Entwicklung unmittelbarer Eigentumsverhältnisse verlangen, die Emanzipation der Menschheit aus ihrer Formbestimmung und vor allem die Aufhebung verkehrter Verlältnisse, die Umwandlung der politischen Ökonomie in eine wirtschaftliche Politik. Auch wenn hierbei ein revolutionärer Kampf entstehen kann, weil die Formationen des Bestehenden sich immer mit Gewalt verhalten, wenn sie bedroht sind, so ist diese Emanzipation letztlich nur durch Subversion - und also in einem geschichtlichen Prozess der Menschen für Menschen gegen verkehrte menschliche Verhältniss - zu verwirklichen (siehe hierzu auch internationale Kommunalwirtschaft).