Reproduktion

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„Der Arbeiter selbst produziert ... beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist die unerläßliche Bedingung der kapitalistischen Produktion.“ (MEW 23, Seite 596)

Die Reproduktion der Menschen ist in der bürgerlichen Gesellschaft durch die Lebensbedingung und Lebenumständen des Kapitals bestimmt (siehe hierzu Kapitalismus). Sie ist sowohl ein Moment der Produktion, wie auch der gesellschaftlichen Vermittlung der Produkte auf den Märkten der Welt, der Zirkulation der Waren und des Geldes (siehe Geldumlauf). Ihr Bestandteil an der zum Lebenserhalt notwendigen Arbeit. Es ist eben als Naturtatsache zu konstatieren,

".. daß jede Nation verrecken würde, die, ich will nicht sagen für ein Jahr, sondern für ein paar Wochen die Arbeit einstellte, weiß jedes Kind. Ebenso weiß es, daß die den verschiedenen Bedürfnismassen entsprechende Massen von Produkten verschiedene und quantitativ bestimmte Massen der gesellschaftlichen Gesamtarbeit erheischen. Daß diese Notwendigkeit der Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit in bestimmten Proportionen durchaus nicht durch die bestimmte Form der gesellschaftlichen Produktion aufgehoben, sondern nur ihre Erscheinungsweise ändern kann, ist self-evident. ... Der Witz der bürgerlichen Gesellschaft besteht ja eben darin, daß a priori keine bewußte Regelung der Produktion stattfindet. Das Vernünftige und Naturnotwendige setzt sich als blindwirkender Durchschnitt durch." (Briefe über das Kapital, Dietz-Verlag 1954, Marx an Kugelmann, MEW 32, S. S. 552).

Ihre Quellen der gesellschaftlich notwendigen Arbei (Arbeitskraft, Bodenschätze, Energie, Infrastruktur, Bildung, Arbeitsmittel usw.) dürfen nicht austrocknen, soll sich Arbeit als Aufwand zur Subsistenz und zur Bildung von Reichtum überhaupt erhalten können. Im Unterschied zur reinen Regeneration der Produktionsmittel (Arbeitskraft, Technologie, Verwaltungs usw.), worin diese Beziehung auf die Produktion beschränkt und für den Selbsterhalt des Kapitals (siehe auch konstantes Kapital) gleichgültig ist, stellt sich in der allgemeinen gesellschaftlichen Reproduktion die Notwendigkeit der Produktion als bestimmte Art und Weise der Regeneration als produktive Konsumtion ihrer Ressourcen (Arbeitskraft , Bodenschätze, Natur, Lebensmittel) heraus. Sie hat also einen durch Produktion bestimmten Zweck, reproduziert den Stoff im Stoffwechsel und ist unmittelbarer Bestandteil desselben - sowohl in der Funktion des konstantes Kapitals, das den Wert seiner Strukturen und Rohstoffe erneuern muss, als auch der Selbsterhaltung der Arbeitskraft. Doch während der Wert der Arbeitskraft nicht nur sie reproduziert, soindern zudem Mehrwert aus unbezahlter Arbeit erzeugt, der das Wertwachstum des Kapitals bewirkt, wird der Wert der Arbeitskraft vom Kapital als Preis ihres Lebensunterhalt bezahlt (siehe bezahlte Arbeit). Ganz unabhängig hiervon ist der Wert der notwendigen Produktionsmittel wie des konstanten Kapitals überhaupt selbsttätig. Er geht sukzessive in den Preis der Produkte ein und wird von deren Käufer bezahlt. Weil die Reproduktion des Kapitals vorgeschossen, also vor der Warenzirkulation vorgestrckt wird und der Preis der Arbeitskraft erst im Nachhinein der Produktion bezahlt wird, können Wert und Preis der Waren niemals zusammenfallen (siehe hierzu auch Wertrealisierung).

Im Kapitalismus ist die Produktion und die Reproduktion auch schon durch die unterschiedlichen Funktionen des Geldes von einander getrennt (siehe auch Teilung der Arbeit). Als Kaufmittel ist Geld das Subjekt des Marktes, alsZahlungsmittel das objektive Mittel des Selbsterhalts. Als erstres bestimmt es die Produktion in der Hand des Kapitals (siehe auch Wertwachstum), als letztres die Reproduktion als Sache der Individuen und des Staats, der Gesamtheit des Selbsterhalts der bürgerlichen Gesellschaft. Von daher beruht die Reproduktion überhaupt auf einer Arbeit, die mit den Produkten zur Selbsterhaltung und der Fortentwicklung des Lebensstandards abgegolten wird: auf bezahlter Arbeit. Was darüber hinaus gearbeitet wird ist unbezahlte Arbeit. Diese Trennung wird besonders politisch dadurch aufrechterhalten, dass sie auf unterschiedlichen Klassen des Besitzes beruht: Auf dem Besitz an Produktionsmittel und dem Besitz an Arbeitskraft und Naturquellen (siehe Ressourcen).

„Der kapitalistische Produktionsprozess reproduziert also durch seinen eignen Vorgang die Scheidung zwischen Arbeitskraft und Arbeitsbedingungen. Er reproduziert und verewigt damit die Exploitationsbedingungen des Arbeiters. Er zwingt beständig den Arbeiter zum Verkauf seiner Arbeitskraft, um zu leben, und befähigt beständig den Kapitalisten zu ihrem Kauf, um sich zu bereichern. … In der Tat gehört der Arbeiter dem Kapital, bevor er sich dem Kapitalisten verkauft. Seine ökonomische Hörigkeit.“ (MEW 23, Seite 603)

In den Dienstleistungsgesellschaften bestehen die Reproduktionsinteressen nur innerhalb der organischen Reproduktion des Kapitals als ausgegliederter Verwaltungs- und Technologiebereich, in welchem sich die Menschen Regenieren müssen, um an den Produkten teilzuhaben. Dass sie hierbei an der Produktion teilhaben, könnte ihnen gleichgültig sein, sofern sie das Geld hierfür besitzen (siehe Geldbesitz), sofern sie also schon über ihre Reproduktion hinaus Teil hätten am gesellschaftlichen Mehrprodukt. Dies aber würde bedeuten, dass der Geldwert über die Konkurrenzen der Preisbildung hinaus entwickelt wäre. Aber in einer Geselschaft, worin Dienstleistungen vorherrschen. dient das Geld der "Zukunft sichernden" Vorleistung des für ihre Kapitalisierung notwendigen konstanten Kapitals, das um so gieriger wird, je bedrohlicher wirtschaftliche Krisen für den ganzen Kapitalismus werden. Die Menschen selbst werden seinem Schuldgeldsystem unterworfen, zum Humankapital eines potenziallen Verwerzungsprozesses in der Zukunft (siehe Negativverwertung), die nurmehr über Eigentumstitel (z.B. Aktien, Wertkapiere, Staatsverschuldung) jenseits der Realwirtschaft durch fiktives Kapital verwertbar sein kann (siehe hierzu auch Feudalkapitalismus).