Wirtschaft

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"Die wirkliche Ökonomie - Ersparung - besteht in Ersparung von Arbeitszeit; (Minimum (und Reduktion zum Minimum) der Produktionskosten); diese Ersparung [ist] aber identisch mit [der] Entwicklung der Produktivkraft. Also keineswegs Entsagen vom Genuß, sondern Entwickeln von power, von Fähigkeiten zur Produktion und daher sowohl der Fähigkeiten, wie der Mittel des Genusses. Die Fähigkeit des Genusses ist Bedingung für denselben, also erstes Mittel desselben und diese Fähigkeit ist Entwicklung einer individuellen Anlage, Produktivkraft. Die Ersparung von Arbeitszeit gleich Vermehren der freien Zeit, d.h. Zeit für die volle Entwicklung des Individutims, die selbst wieder als die größte Produktivkraft zurückwirkt auf die Produktivkraft der Arbeit. ... Daß übrigens die unmittelbare Arbeitszeit selbst nicht in dem abstrakten Gegensatz zu der freien Zeit bleiben kann - wie sie vom Standpunkt der bürgerlichen Ökonomie aus erscheint", versteht sich von selbst. Die Arbeit kann nicht Spiel werden, wie Fourier will, dem das große Verdienst bleibt, die Aufhebung nicht der Distribution, sondern der Produktionsweise selbst in höhre Form als ultimate object ausgesprochen zu haben. Die freie Zeit, die sowohl Mußezeit als Zeit für höhre Tätigkeit ist - hat ihren Besitzer natürlich in ein andres Subjekt verwandelt, und als dies andre Subjekt tritt er dann auch in den unmittelbaren Produktionsprozeß. Es ist dieser zugleich Disziplin, mit Bezug auf den werdenden Menschen betrachtet, wie Ausübung, Experimentalwissenschaft, materiell schöpferische und sich vergegenständlichende Wissenschaft mit Bezug auf den gewordnen Menschen, in dessen Kopf das akkumulierte Wissen der Gesellschaft existiert. " (Karl Marx, Grundrisse, MEW 42, S.607)

Wirtschaftlich ist ein "verlustarmer" Umgang mit Aufwänden, mit der Mühe und den Ressourcen, dem Vermögen und der Kräfte. Wirtschaft bedeutet daher eine sorgsame Durchführung von Arbeit mit dem Vermögen und den Kräften, wodurch die vorhandenen Ressourcen der optimalen Nutzung als Mittel des Genusses für Menschen, zur bestmöglichen Entfaltung und Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zugeführt werden. Wirtschaft hat zunächst nichts mit Verwertung und Kapitalbildung zu tun. Sie ist die Intelligenz der Arbeit, welche ihre wesentliche Last, der Aufwand der Produktion, zu mindern sucht und ihre Produktivkraft von daher befördert - nicht auf Kosten ihrer natürlichen Substanz, sondern durch deren Fortbildung und Entwicklung. Wirtschaftlicher Fortschritt kann nur heißen, dass immer weniger Aufwand für immer sinnvollere Produkte aufgebracht wird. Gesellschaftlicher Fortschritt kann also nur sein, wenn etwas gänzlich Subjektives - Sinn - sich mit etwas gänzlich Objektivem - dem Nutzen - vereint hat.

Dies unterscheidet die Wirtschaft von allen anderen Wissenschaften, besonders den Kulturwissenschaften, die sich mit dem Inhalt menschlicher Bedürfnisse und Strebungen befassen. Die Entwicklung und der Einsatz hochwirksamer Werkzeuge und Produktionsmittel ist daher ebenso ihr wesentliches Material, wie die optimale Verwendung des Mehrprodukts im Zweck der menschlichen Geschichte.

Sobald ein Prozess menschliches Vermögen unwirtschaftlich nutzt, muss dieser auf seine Wirtschaftlichkeit hin neu bedacht werden. Wirtschaft muss also auch erkennen, dass und wann und warum bestimmte Formen der Arbeit für ihren Zweck optimal sind und wann nicht. Eine Wirtschaft, die für Geld produziert nicht im Zweck der Arbeit, befördert nicht deren Natur, sondern nur deren Wert.

Marx wirft der bürgerlichen Ökonomie vor, die menschliche Arbeit von ihrer Natur zu entfremden, sie der gesellschaftlchen Abstraktion der Marktwirtschaft zu unterwerfen, weil sie weitgehend nur deren politische Interessen verfolgt und daher menschliche Prudukte nur auf ihre Substanz als Produkte abstrakt menschlicher Arbeit reduzieren kann. Indem die bürgerliche Ökonomie kein kritisches Verhältnis zur Wirtschaftlichkeit von Arbeit hat und deshalb diese Abstraktion nicht erkennen kann, versucht sie auch nur die Politik der Warenwirtschaft zu begreifen, zu verstehen, wie der Geldeinsatz in der Produktion effizient ausgewertet wird, wie also mehr Geld hieraus entstehen kann.

Es ist die Verkehrung dessen, was Wirtschaftlichkeit meint (siehe Warenfetischismus), weil sie mit der Entwicklung der Produktivkraft die Gesamtarbeit der Menschen nicht reduziert, sondern vermehrt, weil das Verwertungsinteresse des Geldes auf immer weniger natürliche Substanz zurückgreifen muss, ihre Verwertung also nur in eine Massenproduktion mit immer weniger Sinn für die Menschen abtreibt und aus der Vielfältigkeit menschlicher Bedürfnisse und dem Erfindungsreichtum der Menschen nur die Einfalt eines Produkts vermehrt: Dem Geld als Träger von Mehrwert. Als dieses wird Geld selbst zum Motor der Unwirtschaftlichkeit menschlicher Produktion und erzeugt das Gegenteil von Wirtschaftswachstum, eben nur Wertwachstum.

Aber Marx zeigt auch den Widerspruch zu ihrem politischen Zweck und damit die Möglichkeit ihrer Aufhebung: In seiner "Kritik der politischen Ökonomie", die er in mehreren Werken (Grundrisse der politischen Ökonomie, Das Kapital Band 1-3, Theorien über den Mehrwert) ausführt, weist er nach, dass der Kapitalismus eine Wirtschaftsform ist, die sich selbst unnötig macht, indem sie die Produktionsmittel entwickelt, welche als Produktionsform des Kapitals in einen geschichtlichen Widerspruch zu ihrem Vermögen treten. Die gesellschaftlichen Potenzen, die sie haben, widersprechen der privaten Form der Aneignung ihrer Produkte. So wird Geld und Kapital zu einer gesellschaftlichen Vermittlungsform, die ihre eigene Entwicklung hemmt und in den Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals in seinen Krisenzyklen immer wieder zerstören muss. Die Masse der kapitalisierten Produktionsmittel lässt sich nicht mehr in dem Maß verwerten, wie es den Kapitaleignern nötig ist, um ihr Wertwachstum zu erzielen. Es kommt zur kapitalistischen Krise.

Die Entwicklung der Wirtschaft selbst treibt durch die ihr immanente Entwicklung des Arbeitsprozesses von der Abhängigkeit des Menschen von seiner Natur (siehe auch Stoffwechsel) zu einer sozialistischen Gesellschaftsform, welche die natürliche Beschränktheit des Lebensverhältnisses überwindet, weil sie die Notwendigkeit von Arbeit minimalisiert und geschichtlich zu einer freien Gesellschaftlichkeit des Menschen, dem Kommunismus, drängt. Solange diese Möglichkeiten der Entwicklung der Arbeit nicht genutzt werden, bleibt es der Zweck von bürgerlicher Politik, sich immer nur als Macht gegen die notwendige Geschichtsentwicklung zu verhalten.